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Ausgabe:

1977

Spalte:

913-915

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Günther, Hansjürgen

Titel/Untertitel:

Das Problem des Bösen in der Aufklärung 1977

Rezensent:

Bertinetti, Ilse

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913 Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 12 914

Vf will unter historischen Gesichtspunkten nac hweisen, bereits Christian Wolff zu einer vom Offenbarungsglaubtfl

daß die ScVK-lli n^che Philosophie insgesamt Freiheits- völlig abgelösten Vemunftsetink übergegangen,

ph oipht u ef Jeh Tndernden Zeitläuften ist. Sein In der dann folgenden Neolog.e befinde s.eh der Mensch

LtenEheTziel ist es, mit Unterstützung SchelHngs ,n einem neutralen ^

die Voraussetzungen einer Ethik verantwortlichen Hau- 1 ugend oder Sunde, anzahlt (b. Iii)). Bei Ivan ueuu

uiaus.st,u/Aiiigcu y,n rp-ii: i da|)ej an de Frage nach dem Bosen nicht mehr universal-kosmo-

delns zu erforschen. Im Bick a ,f Ih l, 11 a d ^ unth , is(.,, ,„ |Ms ,>ostu|at

dessen Anfangen deutlich ueid . - > ' ■ ^ ?u s(.h|,)ttVn T,,,munu von Sitt.
!■•••«• »•v.l.«-.t_sph,l«,s«,1,li.sc- .«|u^ h < ■Natup_ Erkennell(1. (laß eilu, Th,„(llZee nicht

legung« er K h.k.gel. . wöbe, 1 .11,. .1 I «I < möglich sei, gründe Kan, den „.Glauben'" auf Moralitäl

sehen BbOM J"lÄorÄÄ£ unef somit letztlich auf die individuelle Entscheidung«.

Freiheit und Ethik in Bejahung einer apr onjenen^ Angebot Gottes, sich ganz auf Gnade

physik.sowie unter;,^ß^htu°« ^}« ^S^toht Sl-f L gründen, ist für Kant ein nicht nachvollziehbarer Ge-

nisse bei Schell.ng" ("L^S^ÄuBwToh eine danke" (S. 152). Kants Lehre vom radikalen Bösen lasse

Autor vermag solchem Mißverstehe* J^jj nicht. die Sünde „sondern bestenfalls eine von der .bloßen

liehen Entscheidungen V^f^f^^^^arstellungen und "'zusam.nenfassend kann Günther sagen: „Die Aufklü-
Zw,, Zitate aus den m ausgiebig n hat es u„t(.mommen, das Problem des Bösen rational
Analysen begründeten J^g^^g^^S^ und sittlich zu bewältigen und ist daran gescheitert"
schauhchung dienen und ^^^^SvSkl (S. 158). Der eigenen Standortbestimmung des Vfs. dien,
zweiten Kapitel heißt es:- EM ch ^rkennt üie veija y „Biblische Vergewisserung" (S. 166-197), die den
nisbestxmmung zwischen Metaphy ,k, Et^k«nd J » des von jfxegeten und Religionswissenschaft-
n.cht nur beim spaten, sondern.^^^Sis ^ lern aufgedeckten „ .objektive(n) Verschuldungsprin-
hng. Sem rehgionsph.losoph.schesJ^^^^ | Mittelpunkt stellt. Die Entschei-
sich Gottund ^^^^^I^^n^-: dung was Schuld und Sünde sei, liege in jedem Fall bei
muß Schellmgs Fruhph,losoph^^JJ1^. Gott. Er behalte sich das Urteil über das „Gute" und das
recht werden. Seine spatere Konzepton dej^tnicn ^ ^ ^ die Untei.
rehg.ösen Verwirklichung des Unbed igtet, m ^d'nge „,, ^ ^ ohliche Selbstbestimmung hineinkann
sieh nicht auf den wahren, so idei n zunehmen (S. 198). Auf das Buch ffiob angewandt heiße
mißverstandenen Schölling berufen jj^Hg^dS^ das: ..Die Schuld der Freunde Hiobs besteht darin, daß
trat eine aposteriorische Freiheitsphilosopmc _unt , Verschuldungsprinzip eine rationale Hand-
wie Tillich meinte eine ap™he Ontologie g58). JJ. J^,, j

Be, aHedem weiß Vf. ^rÄe" M^Schtet. Günthers stärkster Satz gegen die Versuche, das Pro-

Interpretation, sondern eine, Sache * Wem des Bösen im Sinne eines objektiven Sachverhalts

Diese Einstellung spürt der Leser, bie maent aie , ))ewaltigen scheint mir innerhalb seines ,.Resümee(s)

die - gleichfalls in der Sache begründet - schw.eng WC. zu pew, gpu^ ,g ]()g 2()2) ^ ^ £ ^ w

relativ angenehm . Vertreter gibt Wissen um Gut und Böse nur als Wissen contra Deum.

Em „Ausblick'", in dein Mich » 'Us „em ^ £ ^ ^ Wig8eil; das _ indem es vorgibt, das Böse zu

des anbrechenden 19. Jhs Schell "8 m Arbeit, kennen - ihm bereits erlegen ist" (S. 198). Tu einem letzten

Philosoph des 20. gesehen 1.^b0) bee:<l< neuere Aufklärung" (S. 203-239), versucht

die mit einer Bibliographie (in AUfwaMJ Günther modernistische theologumena auf das Aufklä-

Aamen- und Sachregister versehen ist. rungszeitalter, insbesondere auf die Neologie, zurückzu-

Borii,, Jens Langer beziehen. In E. Fromms Arbeit „Psychoanalyse und

Religion" (Zürich 1966) z. B. findet Günther das Verharren
in einer falschen Konfrontation von Vernunft und

_ Offenbarung angelegt. Fromm fordere die ..humanitäre"

SVsTFMATISCHE THEOLOGIE [nterpretation biblischer, insbesondere alttestamentlicher

JICI Texte (S. 208ff.) und folge damit Ernst Blochs Auslegung

r - , -r-r . „ ., . Riu-n :„ der 4ufklärung. von Gen 3, die das Wissen um gut und böse mit der

Hochschulschriften, Reihe XXIII: Theologie, Bei. i^n- Die Ergebnisse der Verhaltensforschung oder auch die

«fr. 41.40. Positionen einiger Neomarxisten (Horkheimer. Adorno;

_ , . f„ Arbeit ist ein vgl. S. 229ff.) sind, wie der Vf. richtig sieht, in keiner

Die ab Manuskript des Autors g^"1^^ Bestrei- Weise hilfreich für den Theologen. Ihm ist ferner zuzu-

fronta er Angriff gegen die „Infragesteliung » hu BtimmeD| wenn N gegen D. Solle festhält, daß man

tnng des Bösen durch philosophische, P01™' . , wjrd Sünde" nicht in einen „soziologisch beschreibbaren

manwissensehaftliche Theoreme (b. 9). n„, {.{r Kontext allflö«en darf" (S. 224ff.) Unter dem Aspekt von

vom Vf. gesagt, daß „der .Begriff der AulKiara Mtl6!25 werden Versuche, „aus Jesus nach dem Beispiel

ihn nicht nur eine abgrenzbare ^P0£he^°"rpn Standort Fromms. Blochs, Sölles u. a. einen psychologischen, poli-

"inaus „den Anspruch, von einem bestimrbein_ tischen oder sozialen Revolutionär zu fabrizieren" (S. 235),

aus Wirklichkeit deuten und erhellen zu Kon ^ zurückgewiesen. Günther räumt jedoch ein, daß, indem

JaHet (S. 21). Der Buchtitel ,st daher. « Walteren ^ ^ Bealiache, psychische, gesellschaftliche und

"als in einem Geleitwort vermerkt, „in L"01 moralische Verwahrlosung des Menschen zu seinem An-

sierenden Weise zweideutig" (S. 4)_ , , , p iiegen gemacht" habe, sich „die große Chance einer Ver-

Die Kapitel I bis VII (S. 31-165) behau ein d j r^ ^ ^ humanistissch orientierten Anfkla-

blem des Bösen im Aufldärungszeitalter^ on , bjete ^ dürfe theo,ogice nicht verkannt

Äant. Der vorzügliche Durchblick lun"jn' > und Mora. werden, daß die eigentlich weltverändernde Kraft Jesu

Augen, wie Rationalismus (im weitesten diu i k]if>hkeitg. nieht in der humanitären Vervollkommnung der Mensch-

<*en ßoden für, eh'POSltlV^Tisch fundierte Lehre heit, sondern „in der Inanspruchnahme der Liebe Gottes

Geständnis bereiten, das für eine Mblwcn runou ^ ^ ^ Vertrauen auf sein Reich« u (eM .

no?l ^Ü"de keinen R,aU,U n» ttl iobem Ernst und Alles in allem stellt Günthers Buch einen wertvollen

^SoJ^^ÄWSBbS war, so sei Beitrag zu einer heute notwendigen Auseinandersetzung