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Ausgabe:

1977

Spalte:

884-885

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Venetz, Hermann-Josef

Titel/Untertitel:

Der Glaube weiss um die Zeit 1977

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 12

884

turgeschichtlieh verwandter Texte bei der kirehlielicn
Kanonsabgrenzung gewesen sind. Auf diese Frage geht V.
aber überhaupt nicht ein, und es ist schade, daß diese
ungenügenden Reflexionen den Schluß des Buches bilden
statt einer umfassenden Überlegung über die Art und
Eni wicklung der literarischen Gruppen innerhalb der
urchristlichen Literatur. Doch soll abschließend betont
werden, daß Vielhauer mit seiner „Literaturgeschichte"
ein lehrreiches und weiterführendes Buch ueschrielien
hat, von dem unzweifelhaft jede weitere literaturgeschichtliche
Betrachtung des Urchristentums und
ausgehen müssen.

Leider läßt die äußere Form des Buches mancherlei zu
wünschen übrig. Ich meine dabei nicht die große Zald der
Druckfehler (weit über das dem Buch beigelegte Verzeichnis
hinaus), die wohl auf den Satz im Ausland zurückgehen
und die hier aufzuzählen sich nicht lohnt. Ich meine
vielmehr einerseits die Literaturbenutzung, andererseits
die Literaturzitierung, a) Niemand wird etwas gegen das
im Vorwort genannte Prinzip einzuwenden haben, die
..Uteraturangaben mögliehst knapp" zu halten, „allerdings
nicht auf Kosten der älteren Literatur". Trotzdem
ist es kaum verständlich, daß z. B. folgende wichtigen
neueren Arbeiten nicht berücksichtigt worden sind (ich
nenne keine nach 1973 erschienene Literatur und zitiere
abgekürzt): § 6 W. Trilling, Untersuchungen zum 2 Theas;
§8 fehlt jede Auseinandersetzung mit dem angeführten
Buch von J. C. Hurd, The Origin of I Cor, 1965; § 9 fehlen
J.-F. Collange, Enigmes de la deuxieme epitre de Paul aux
Corinthiens. 1972 und N. Hyldahl, Die Frage nach der
literarischen Einheit des 2Kor, ZNW 64. 1973, 289ff;
§ 12 fehlen die Aufsätze zur geschichtlichen Einordnung
des Rom von J. JervellundH. W. Bartsch. StTh 25,1971,
61ff, 81ff. und U. Börse, BZ 16, 1972, 84fT.; es fehlen zu
§13 W. Bujard, Stilistische Untersuchungen zum Kol,
1973, zu § 14 K. M. Fischer, Tendenz und Absicht des
Eph. 1973, zu § 15 die Aufsätze von N. Brox zu den Past o-
ralbriefen, BZ 13, 1969, 76ff. und Kairos 11, 1969, 81ff.,
zu § 16 F. Renner, An die Hebräer, 1970 und 0. Hofius,
Katapausis, 1970. zu § 24 T. J. Weeden. Mark-Tradition
in Conflict, 1971 und F. Neirynck, Duality in Mark, 1972,
zu § 27 E. Plümacher. Lk als hellenistischer Schriftsteller,

1972. zu § 28 J. L. Martyn, History and Theology in the
Fourth Gospel. 1968, zu § 29 J. C. O'Neil. The Puzzle of
I John, 1966, zu § 31 W. Schmithals, Die Apokalyptik,

1973. zu § 32 der Literaturbericht zur Apokalypse von
H. Kraft, ThR 38, 1973 und F. Hahn, Die Sendschreiben
der Johannes-Offenbarung, Festschr. K. G.Kuhn, 1971,
357ff., zu § 36 K. Beyschlag, Clemens Romanus und der
Frühkatholizismus, 1966. Ich betone ausdrücklich, daß es
sich in allen diesen Fällen um wichtige Literatur handelt,
nicht um überflüssige Vollständigkeit!

b) Im AbkürzungsVerzeichnis fehlen zahlreiche Abkürzungen
(aufgefallen sind mir ADAK, AThD, DThC,
OLZ, Or, PTS. SCh); es fehlt ein Verzeichnis der „Einleitungen
in das Neue Testament", trotzdem werden Jülicher
(S. 776) und Kümmel (S. 248, 274) und mehrere
Autoren (S. 207) mit bloßem Namen zitiert. Kümmel
außerdem mehrfach bloß mit „Einleitung" (S. 188, 197,
199). S. 54 wird E. Kamiah genannt, der Titel fehlt aber
S. 10; S. 61 begegnet Thraede, er fehlt aber S. 58: Ochel
(S. 209) und Rost (S. 524) sind nur dem Fachmann verständlich
. S. 410 wird Malatesta als „Forschungsbericht"
genannt, es handelt sich aber bloß um eine Bibliographie;
S. 411 ist P. Winter, Historical Tradition in the Fourth
Gospel. 1963 falsch, der Titel ist S. 410 richtig für C. H.
Dodd genannt ; S. 411 Anm. 1 müßte C. H. Dodd. The
Present Task ergänzt werden zu „The Present Task in
New Testament Studies; S. 126 fehlt zu dem Titel
G. Theissen, Die Starken und die Schwachen in Korinth
der Fundort: EvTh 35. 1975. 155ff. Die Begriffe Catene
(S. 92), Eschatokoll (S. 112), Itazismus (S. 178) sollten
erklärt werden. Es wäre zu wünschen, daß diese Lücken

und Ungenauigkeiten in einer 2. Auflage beseitigt werden
könnten.

Marburg/Lahn Werner Georg Ktiniim l

Venelz, Hermann-Josef: Der Glaube weiß um die Zeit. Zum pau-
linischen Verständnis der „Letzten Dinge". Fribourg: Verlag
Schweizerisches Katholisches Bibelwerk [1975]. 188 S. 8° =
Biblisehe Beiträge, 11. Hrsg. d. alttestamentl. Hefte: W. Baier
u. 0. Keel, Hrsg. d. neutestamentl. Hefte: H.-J. Venetz u.
J. Wiek. sfr. 24.-.

Bibelarbeit und Information über die moderne Schriftforschung
für Nichttheologen galten lange Zeit als das
Proprium eines bibeltheologisch ausgerichteten Protestantismus
. In den Jahren nach dem 2. Vatikanischen Konzil
hat in der Katholischen Kirche, vor allem im deutschen
Sprachgebiet, eine Bewegung eingesetzt, die (sieht man
auf die von ihr her vorgebrachte Literatur) das bislang auf
diesem Gebiet Geleistete inzwischen weit überholt hat.
Auch die hier anzuzeigende Schrift , mit der sich der Leitet
des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks und Mitherausgeber
der Biblischen Beiträge, vorstellt, ist aus der
Bildungsarbeit mit theologisch aufgeschlossenen Laien
erwachsen. Sie setzt Leser voraus, denen die Lehre von
den „Letzten Dingen" in jener Gestalt vertraut ist. wie
sie sieh in der mittelalterlichen Theologie herausgebildet
und in der nachtridentinischen Dogmatik (und Katechismuslehre
) verfestigt hat. Ihre Essenz: strenge Trennung
und linear-vertikale Aufgliederung von individueller und
kosmisch-heilsgeschichtlicher Eschatologie. Den solchermaßen
Orientierten soll durch die Präsentation der in
diesen thematischen Umkreis gehörenden biblischen, vor
allem paulinischen Texte zu einem Verständnis verholfcn
werden, das um Auferstehung und Parusie Christ i zentriert
erscheint, zugleich aber „durch Festhalten an der Zukünftigkeit
und Leibhaftigkeit des Heils" gekennzeichnet
ist. Eine mit mannigfachen Seitenblicken auf aktuelle
Fragen entfaltete, gleichsam modern-positive Konzeption,
wie sie dem Absolventen der Gregoriana und Schüler von
J.-D. Barthelemy nahe liegt.

Als Einstieg wird der Weg von der Diesseitsorient ierl -
heit des Alten Testamentes über die Apokalyptik Iiis zum
Disput Jesu mit den Sadduzäern Mkl2,24-27 gewählt
(S. 11-30), wo ein Leitmotiv der ganzen Darlegung aufklingt
: nicht auf die Bilder kommt es an, sondern auf die
Zusage des Gottes der Lebendigen. Die eigentliche Darbietung
setzt (völlig sachgemäß) mit 1 Thess4,13-5.11
ein (S. 31-42). Hier zeigt es sich aber auch, daß es leichter
ist, den Hintergrund der Einzelbilder aufzuweisen als ihre
paulinische Rezeption darzutun. Die Aussage, daß es in
4,15-17 nicht um die „chronologische Abfolge", sondern
um die „Stimmung" geht (S. 36), überspielt die Schwierigkeiten
. So wird zwar die Verbindung der Parusie mit der
Auferstehung Jesu herausgestellt, daß sich Paulus dabei
zu den „Übrigbleibenden" rechnet, jedoch verdrängt.
Was im folgenden in weitgespannter Paraphrase (S. 43
bis 80) über den Römerbrief gesagt wird (Schwerpunkte:
5,12-21; 3,21-46; 6,1-11; 8) geht über eine Skizze des
Gedankengangs nicht hinaus und folgt darin bewährten
Vorbildern. Das mehrfach angewandte Prinzip sehema-
tiseher Aufgliederung (etwa S. 61f.; später S. 114f.) ist für
den um Orientierung und pädagogische Hilfestellung
bemühten Leserkreis gewiß angemessen.

Im Sinne des derzeit igen kritischen Konsens profiliert,
erscheinen die Gegner, mit denen sich Paulus 1 Kor 15
auseinandersetzt (S. 81-99). Sie gelten als Vertreter eines
Enthusiasmus, der von der Auferstehung absehen kann,
weil er auf die Geistesgaben fixiert ist. Ihnen gegenüber
fällt das Schwergewicht auf einen Geistbegriff, der sich in
der Vorstellung des „geistigen Leibes" konkretisiert,
wobei V. 35-49 eine Schlüsselstellung erhalten. Auch hier
stört die Verschwommenheit, mit der die Verwandlungs-