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Ausgabe:

1977

Spalte:

875-878

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Childs, Brevard S.

Titel/Untertitel:

The Book of Exodus 1977

Rezensent:

Osswald, Eva

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875

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 12

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Lenkt man zum Schluß noch einmal auf Colpes Basisaufsatz
zurück, so zeigt sich, daß zwar eine große Zahl
von speziellen Problemen zur Sprache kam4, der Blick
auf den Synkretismus als kultur- und sozialgeschichtliches
Phänomen, die Relevanz seiner Motive, Sprach- und
Denkstrukturen aber kaum freigegeben wird. Fast alle
Beiträge bewegen sich in dem Rahmen, der durch die
z. T. umfangreichen Studien ihrer Verfasser längst abgesteckt
war. Der Weg vom Programm zur Realisierung
eines neuen Modells religionsgeschichtlicher Forschung
könnte sich als langer Marsch erweisen.

Halle/Saale Wolfgang Wiefel

1 In ihrer Fortf ührung bereitet C. eine Studie unter dem Titel „Synkretismus
als Phänomen der Kulturgeschichte und als Kategorie historisch-genetischer
Erklärung" vor, vorgesehen als Publikation VIII des Göttinger Sonderforschungsbereiches
(SFB) 13 (Orientalistik).

"Kann das Thomasevangelium aus Edessa stammen? NovTest 12, 1970,
298-314.

3 S. 110, Anm. 1 werden über 20, z. T. sehr ausführliche Rezensionen gezählt,
darunter die der ThLZ 92, 1968 Sp. 435-437 (C. Colpe).

'Nur erwähnt werden können: Sebastian Brock, Some Aspects of Greek
Words in Syriac (S. 80-108) und Sven S. Hartmann, Der Name Ahura Mazdah
(S. 170-177).

Meyer, Marvin W.: The „Mithras Liturgy" ed. andtransl. Missoula,
Montana: Soholars Press for The Society of Biblical Literature
[1976]. X, 27 S. gr. 8° = Tests and Translatioris. Graeco-
Roman Religion Series, ed. by H. D. Betz and E. N. O'Neil, 10.

In der verdienstvollen Reihe „Texts and Translations"
legt M. W. Meyer einen Text und eine englische Übersetzung
des unter dem Namen „Mithrasliturgie" durch
A. Dieterich 1903 isolierten und berühmt gewordenen
Stückes Z. 475-834 des großen Pariser Zauberpapyrus,
Pap.gr.mag. IV, vor. Der gebotene Text ist der von
K. Preisendanz (Papyri GraecaeMagicael, 31973, 88-101),
„though a few minor changes have been made (e. g., the
paragraphing)" (S. X). Die Übersetzung ist die erste vollständige
in das Englische. Sowohl dem Text als auch der
Übersetzung sind einige wenige Fußnoten beigegeben, die
einerseits auf andere Lese- oder Verstehensmöglichkeiten
des Textes hinweisen, andererseits kurze und allgemeine
Informationen über sachliche Fragen des Textes bieten.

Die Einleitung informiert kurz über den literarischen
Charakter - des Textes, seinen religionsgeschichtlichen
Hintergrund sowie über seinen Inhalt und Aufbau. Meyer
weist den Text wieder dem Bereich des Mithraskultes zu,
freilich „aMithraismon the fringe, aMithraism preoccupied
with individualism, syncretism, and magic. The Mithras
Liturgy may thus illustrate a direction taken by those
carrying on the Mithras tradition in Egypt" (S. VIII).

Es ist in jedem Falle zu begrüßen, daß so handlich und
billig ein religionsgeschichtlich wichtiger Text zugänglich
gemacht worden ist. Die Zeilenzählung, nach der er
zitiert wird, ist leider nur für je fünf Zeilen gegeben,
wodurch eine genaue Zitierung problematisch wird. Der
(zumutbare) Aufwand eines Wortregisters, das allerdings
wegen der zahlreichen Un-Worte im Text etwas kompliziert
würde, aber auch gerade dadurch besonders interessant
sein könnte, hätte den Wert des Werkes beträchtlich
erhöht; es ist sehr zu wünschen, daß man sich zukünftig
in vergleichbaren Fällen zur Beigabe eines Registers
entschließen könnte.

Halle (Saale) Traugott Holtz

ALTES TESTAMENT

Childs, Bi evard S.: The Book of Exodus. A Critical Theological
Commentary. Philadelphia, Pa.: The Westminster Press [1974].
XXV, 659 S. gr. 8° = The Old Testament Library, ed. by P.
Ackroyd, J. Barr, J. Bright, G. E. Wright. Lw. $ 15.-.

Der Vf. des vorliegenden Kommentars, Professor für
Altes Testament an der Yale University, hat sich über die

methodischen Grundsätze, die nach seiner Ansicht für die
alttestamentliche Exegese und für die Darstellung der
Theologie des Alten Testaments maßgebend sein sollten,
bereits in anderen Publikationen geäußert1. Es ist sein
besonderes Anliegen, die Trennung zwischen „neutraler"
historisch-deskriptiver und theologischer Interpretation
unter Berücksichtigung des Kontextes des Kanons zu
überwinden, gehört es doch zu den Aufgaben der Interpretation
der Schrift, zu erfassen, was der Text bedeutete
und was er bedeutet.

Childs hat nun seine Grundsätze in dem umfangreichen
Kommentar zum Buche Exodus, der das Resultat der
Arbeit eines Jahrzehnts ist, noch einmal dargelegt und bei
der Exegese selbst angewandt. Die ersten Sätze des Vorwortes
tragen programmatischen Charakter: "The pur-
pose of this commentary is unabashedly theological. Its
concern is to understand Exodus as scripture of the church.
The exegesis arises as a theological discipline within the
context of the canon and is directed toward the Community
of faith which lives by its confession of Jesus Christ"
(S. IX). Obwohl sich der Vf. bewußt ist, daß ernsthaftes
theologisches Verständnis von einem sorgfältigen Studium
der textkritischen, quellenkritischen, syntaktischen, geschichtlichen
und geographischen Probleme abhängig ist,
setzt er doch bei der Auswahl des Materials Prioritäten,
was sich z. B. darin zeigt, daß sich philologische Anmerkungen
nur da finden, wo es das Verständnis des Exodus-
Textes unbedingt erfordert.

In der Einleitung (S. XIII-XVI) äußert er sich ausführlich
über Ziel und Gestalt des Kommentars. Nach
seiner Ansicht muß die Bedeutung des Buches Exodus,
das in seiner kanonischen Form zum heiligen Erbe der
Kirche gehört, in jeder Generation neu erfaßt und seine
Botschaft durch das Werk des Heiligen Geistes neu angewandt
werden. Wie ersichtlich, teilt der Autor nicht die
hermeneutische Position derjenigen, die annehmen, daß
biblische Exegese ein objektives, deskriptives Unternehmen
ist, dem der christliche Theologe bestenfalls einige
homiletische Reflexionen anfügt. Er schreibt: "In my
judgment, the rigid Separation between the descriptivr
and constructive elements of exegesis strikes at the roots
of the theological task of understanding the Bible"
(S. XIII).

Der Kommentar ist so angelegt, daß die Erklärung der
Textabschnitte in sechs Teilen erfolgt. Nach einer neuen
Übersetzung des hebräischen Textes, bei der den syntaktischen
Problemen wegen ihrer Bedeutung für die aktuelle
Exegese besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, versucht
der Vf., mit Hilfe der literarkritischen, formkritischen
, traditionsgeschichtlichen und redaktionsgeschichtlichen
Methode die Entwicklung, die hinter dem heute
vorliegenden Text liegt, aufzuhellen, wobei er sich teilweise
um eine neue Quellenanalyse bemüht. Sein Hauptziel
ist, die kanonische Endgestalt des Textes verständlich
zu machen. Danach wendet sich der Vf. dem alttestament-
lichen Kontext zu, sodann der Verwendung des betreffenden
Abschnittes im Neuen Testament. Es folgt die Geschichte
der Exegese und die theologische Reflexion im
Kontext des christlichen Kanons.

Die üblichen Register sind dankenswerterweise beigefügt
. Besonders hervorzuheben ist, daß in der Bibliographie
die mittelalterlich-jüdischen, die reformatorischen
und nachreformatorischen Kommentare nicht fehlen.

Bei dem vorliegenden Kommentar handelt es sich ohne
Zweifel um eine sehr beachtenswerte Leistung, für die man
dem Vf. Respekt zollen muß, auch wenn man zu seinen
hermeneutischen Voraussetzungen kritisch steht. Er verfügt
über eine umfassende Kenntnis der einschlägigen
Literatur, die er so aufgearbeitet hat, daß er sie für die
eigene Interpretation nutzbar machen kann. Besonders
positiv sind die ausführlichen Abschnitte über die Geschichte
der Exegese zu beurteilen. Der Vf. verfügt über
das gesamte methodische Rüstzeug der modernen alt-