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Ausgabe:

1977

Spalte:

807-809

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Carley, Keith W.

Titel/Untertitel:

Ezekiel among the prophets 1977

Rezensent:

Zimmerli, Walther

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807

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 11

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erwähnt, obwohl ich die beiden nicht nur religionsgeschichtlich
interessant, sondern gerade theologisch hilfreich
und weitreichend finde. Positive Erwähnung verdienen
einige graphische Darstellungen, wie z. B. der
Stammbaum von Levi (S. 69) oder der Plan der Stiftshütte
(S. 304), beide sehr anschaulich.

Zusammenfassend: Ein sehr nützliches Buch, in der
Einstellung des Vfs. ein wenig traditionell, aber theologisch
verantwortlich und hilfreich auch für die Gemeindearbeit
, besonders Predigt. Es steht - kurz ausgedrückt -
etwa auf dem halben Weg zwischen dem ATD und BK;
theologisch geht es wesentlich weiter und tiefer als das
meist nur historisch und sprachwissenschaftlich interessierte
HB.

Prag Jan Heller

Carley, Keith W.: Ezekiel among the Prophet*. A Study of Ezekiel's
Place in Prophetic Tradition. London: SCM Press [1975]. X,
112 S. 8° = Studies in Biblical Theology, ed. by P. R. Ackroyd,
J. Barr, C. F. Evans, F. V. Filson and C. F. D. Moule. Second
Series, 31. £ 2.80.

Der Verfasser, in Neuseeland geboren, z. Z. Lecturer
am United Church's Rarongo Theological College auf
Papua-Neu Guinea, Bearbeiter des Buches Ezechiel im
Cambridge Bible Commentary, legt in der hier anzuzeigenden
Arbeit Ergebnisse seiner 1968 an der London
University eingereichten Dissertation vor. Ziel der Arbeit
ist es, den Ort der Verkündigung Ezechiels innerhalb der
alttestamentlichen Prophetie unter bestimmten Frage-
richtungen zu beschreiben.

Nach knappen Bemerkungen über den Gang der neueren
Ezechiel-Forschung, über einige Prinzipien formkritischer
Arbeit, das ekstatische Element in der Prophetie
und über die Prophetenerzählungen der Königsbücher
wird in einem ersten Hauptteil (S. 13^47) im Anschluß an
Ausführungen über die form- und traditionsgeschichtliche
Stellung Ezechiels, die der Rezensent 1964 vor der britischen
Society for Old Testament Study in Bangor gemacht
hatte (VT 15,1965,515-527), die Beziehung Ezechiels zur
vorklassischen Prophetie untersucht. Da von der „Hand
Jahwes" nicht nur in den Eliageschichten (bei lKön 18,46
denkt der Vf. nicht an eine übernatürliche Kraftleistung
des Propheten) und Elisaerzählungen (2Kön3,15), sondern
auch bei Jeremia (15,17 steht die continuing respon-
sibility des Propheten vor Augen) und Jesaja (8,11) geredet
wird, darf von hier aus noch nicht auf eine exklusive
Beziehung zwischen Ezechiel und der vorklassischen
Prophetie geschlossen werden. Vom „Geist" wird in
beiden Bereichen oft geredet. Unter den ungefähr 50 Belegen
für rüah im Ezechielbuch ist aber, anders als in den
Königsbüchern, nur zweimal das volle „Geist Jahwes"
belegt (11,5; 37,1), einmal (11,24) vom „Geist Gottes"
geredet, obwohl auch bei Ezechiel das Phänomen der Entrückung
oft mit „dem Geist" verbunden wird. Auch die
„göttlichen Gesichte" sind oft damit verbunden. Die in
Heiligenlegenden ebenso wie in melanesischen Anschauungen
über die Kraft des Zauberers belegte Erfahrung der
Gewichtslosigkeit (levitation) und Entrückung durch den
Geist zeigt im einzelnen bei Ezechiel Elemente stärkerer
Differenzierung gegenüber den Prophetenerzählungen der
Königsbücher, so daß in letzteren eine etwas ältere Form
dieser Redeweise, der Ezechiel deutlich verpflichtet ist,
gesehen werden muß.

In der Verwendung der in Ez20,13.28 schon früher belegten
Form des Erweiswortes (der Vf. lehnt Fohrers
Spätdatierung dieser Prophetenworte ab), ist Ezechiels
Eigenart darin zu erkennen, daß er diese ursprünglich
wohl vom Kult Israels bestimmte Redeform nun auch
in der gegen Israel gerichteteten Gerichtsrede verwenden
kann. - Aus der bei Ezechiel oft belegten Gebärdehandlung
der Wendung des Angesichtes in Richtung auf einen
fernen Adressaten hin ist jeder Akzent des Magischen
fernzuhalten. Die an die ägyptische Königsmovelle erinnernde
Aussage, daß Ezechiel in seinem Hause sitzend die
zu ihm kommenden Ältesten bescheidet, geht auf älteren
Sagenstil (Jolles) zurück, der von Hause aus in verschiedenen
Bereichen verwendet werden kann. 2Kön6,32
belegt hier das Vorbild in der vorklassischen Prophetie -
dazu ist jetzt allerdings auch R. Mosis, BZ 19,1975,
161-194 zu vergleichen. Eine weitere Beziehung zwischen
Ezechiel und Elia (lKönl8) glaubt der Vf. im Eifern der
beiden für das „Bundesrecht" erkennen zu können.

Ein knapperer weiterer Hauptteil (S. 48-66) arbeitet
dann die Beziehungen Ezechiels zu anderen Hauptsträngen
alttestamentlicher Überlieferung heraus (Hosea, Jeremia
). Bei Jeremia wird die Arbeit von Miller kritisch
erwogen und stärker eine Beeinflussung sowohl Ezechiels
wie auch Jeremias durch eine ihnen beiden gemeinsam
vorliegende Tradition erwogen. Ähnlich beim Deutero-
nomium. Bei der Erwähnung der Priester- und Levitenfrage
müßte deutlicher unterstrichen werden, daß Ez 44,6ff.
zweifellos nicht von Ezechiel herzuleiten ist. Bei der Erwägung
der Beziehungen zu H, wo das Gespräch vor allem
mit Graf Reventlow geführt wird, möchte der Vf. daran
festhalten, daß Ezechiels Prophetie voll auf der Tradition
des Bundesrechtes basiert. Er vermißt aber bei seinem
Gesprächspartner eine genauere Differenzierung der prophetischen
Rede in der jeweiligen konkreten Situation.

Ein kurzer Schlußteil (S. 67-71) geht noch auf drei
Fragen ein: 1. Daß Ezechiel mit seiner unorthodoxen
Verkündigung um die Legitimität seiner Rede kämpft,
verrät sich in der Unterstreichung der autobiographischen
Züge, in der präziseren Datierung vor allem der Visionserlebnisse
, im starken Hervortreten des Erweiswortes und
der im Zusammenhang mit H schon angeführten Ab-
stützung auf die Bundestradition. 2. Im Blick auf die
Traditionsgeschichte des Ezechielwortes ist nicht zu verkennen
, daß die Beziehungen zur vorklassischen Prophetie
(Hand, Geist Jahwes) nicht nur im sekundären Gut
des Buches, sondern gerade in den autobiographischen
Elementen, die von Ezechiel selber stammen müssen, zu
finden sind, wobei in der Rede von der rütth ein Moment
der Weiterbildung bei Ezechiel nicht zu übersehen ist. In
der Weiterüberlieferung der Ezechielworte möchte der Vf.
über den isolierten Kreis einer Ezechielschule hinaus vor
allem die „Ältesten Israels" am Werke sehen. Das dafür
angeführte Beweismaterial bleibt allerdings eher schmal,
doch möchte es sich lohnen, dieser Frage einmal gründlicher
nachzugehen. 3. In Ezechiels „prophetischer Erfahrung
" ist die Spannung der beiden Elemente auszuhalten
: Ezechiel wurzelt in der Bundestradition. Er
nimmt ältere Elemente der vorklassischen Prophetie auf.
Aber zugleich widerfährt ihm ganz persönlich ekstatische
Erfahrung, wie Israel davon garade in Krisenzeiten
(Samuel-, Eliazeit) immer wieder gewußt hat. Darin ist
Wellhausen gegenüber Graf Reventlow recht zu geben,
daß des Propheten Autorität auf direkter persönlicher
Erfahrung Gottes beruhte. „His individuality is not to be
denied because he reasserted what he regarded as the
valid coneepts of his religious heritage" (76).

In allem Ausgeführten zeigt sich, daß die im Titel der
vorliegenden Untersuchung vollzogene Einreihung Ezechiels
unter die Propheten angesichts seiner Traditionsbindung
ganz ebenso wie angesichts seiner individuellen
Freiheit zulässig ist. Als Kultpropheten sollte man ihn
bei aller traditionsgebundenen Verwendung einzelner
Elemente, die letztlich vom Gottesdienst Israels herkommen
, nicht bezeichnen (das ist entgegen dem vom
Vf. S. 39 und S. 77 Gesagten auch meine Meinung).

Die Arbeit von Carley, die sich in der Dichte der Einzel -
feststellungen als Konzentrat einer zunächst wohl breiter
angelegten Dissertation erkennen läßt, enthält manche
gute, die Weiterarbeit am Ezechielbuch fördernde Wahrnehmung
. Auch wenn man etwa die Rede vom „Bund",