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Ausgabe:

1977

Spalte:

779-781

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Bericht aus Nairobi 1975 1977

Rezensent:

Brück, Ulrich

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Theologische Literalurzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 10

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dungsarbeil und Schaffung einer Atmosphäre der Gewaltlosig-
keit zur Wahrnehmung gesellschaftlicher und politischer Verantwortung
. Heide Akzente kommen der missionarisch-pädagogischen
Grundintention entgegen, die von Anfang an Für die
Chiro-Bewegung charakteristisch gewesen ist. Sie sind sodann
auch die Grundpfeiler des folgenden Programms im einzelnen.
Dies kann liier nicht näher dargestellt werden. Kiinge kritische
Anmerkungen sind allerdings nicht zu unterdrücken. Sic scheinen
oberflächlich nur auf das Programm bezogen, zeigen im
('.runde aber doch sachliche Grenzen der Arbeit insgesamt auf:

1. Um die Lage in Südafrika richtig zu erfassen, wird man
sich davon frei machen müssen, Südafrika so isoliert zu betrachten
, wie es Vf. mit vielen Weißen aus Südafrika tut. Es gelingt
ihm nur in der von Südafrika gewünschten Weise, d.h., in einer
positiven Bewertung des „Dialogs'' Südafrikas mit afrikanischen
Staaten und Völkern außerhalb des Landes. Die fehlende
Distanz macht sich vor allem bei der Behandlung des Konzepts
von Gewaltlosigkeit bemerkbar (S. 155—161). Manches wäre
ohne sie nicht so einfach.

2. Das von Bucher vorgelegte Programm ist im Endeffekt in
jedem Fall eine grundlegende Veränderung der fundamentalen
Anschauungen von Chiro. An einer Stelle aber bleibt es zu vorsichtig
. Kine ernst genommene Bereitschaft zur Kooperation
mit anderen Jugendbewegungen und gesellschaftlichen Hinrichtungen
kann noch weiter führen als es zunächst scheint, besonders
dann, wenn das afrikanische Prinzip einmütiger Beschlüsse
auf breiter liasis gemäß den Vorstellungen des Vfs. durchgehalten
wird (S. 187-190).

3. Der von den progressiven missiologischen Anschauungen
des Vaticanum Secundum geprägten theologischen Grundeinstellung
der Arbeit, wie sie z.B. in der äußersten Schonungslosigkeit
sichtbar wird, mit der Vf. die Chiro-Arheit in Burundi
unter dem Gesichtspunkt der Akkommodation kritisiert, steht
leider keine wirklieh ökumenische Denkweise zur Seite. Das
wird vor allem in der völlig uninformierten und undifferenzierten
, darum praktisch falschen Beurteilung des Programms zur
Bekämpfung des Bassismus des Ökumenischen Rates der Kirchen
deutlich (S. 159 ff.).

a. Kür viele Bewohner in den Großstädten Südafrikas sind
die sogenannten „Unabhängigen Kirchen" äußerst attraktiv.
Bücher fordert eine entsprechende attraktive kirchliche Jugendarbeit
in den Lokationen. Das kommt wie ein Konkurrenzunternehmen
zu stehen (S. 179/180). Jedenfalls trifft man die Sache
doch wohl nicht im Kern, wenn man das Gemeinschaftserlebnis
zum Kriterium macht. In den „Unabhängigen Kirchen" wird
afrikanische Religiosität gelebt, wie z. B. Krankenheilungen
u. a. Daran gemessen überzeugt das Chiro-Programm Buchers
trotz vieler Bemühungen der „Indigenization" nicht. Allerdings
bleibt eben die Krage, ob man sich an den „Unabhängigen Kirchen
" messen muß.

Zwar sind die konkreten und sehr anregenden Vorstellungen
der Programmschrift nicht immer im Forschungsteil der Arbeit
begründet. Doch läßt sich durchgängig ein äußerst mutiger
Trend zu vorwärtsweisender, evangeliumsgemäßer missionarischer
Kritik und Praxis feststellen, der das Buch zu einer herausfordernden
Lektüre für die machen kann, die über kirchliche
und missionarische Verantwortung in Belgien, Burundi und
Südafrika nachdenken.

Berlin Johannes Allhausen

Krüger, Hanfried, u. Walter Müller-Römheld [Hrsg.]: Bericht
aus Nairobi 1975. Ergebnisse—-Erlebnisse—Ereignisse. Offizieller
Bericht der Fünften Vollversammlung des Ökumenischen
Rates der Kirchen, 23. November bis 10. Dezember 1975
in Nairobi/Kenia. Frankfurt/M.: Lembeck [1970]. VI, 411 S.
8°. Kart. DM 19,80.

Zwei auf ökumenischem Gebiet publizistisch bewährte Kenner
haben den offiziellen Bericht der V. Vollversammlung des
Ökumenischen Rates der Kirchen in deutscher Sprache vorgelegt
. „Ergebnisse — Erlebnisse — Ereignisse" kennzeichnen
die wesentlichen Beiträge dieses Buches. Uber die Zukunft des

Ökumenischen Rates der Kirchen und über die Schlußveranstaltung
wird Wichtiges aus den Beratungen der Noll Versammlung
in Nairobi festgehalten, ein Anhang gibt weitere wic htige
Hinweise.

Die Sektionsberichte stellen den Schwerpunkt des als „Ergehnisse
" bezeichneten ersten Teiles des Buches dar. Jeder der
sechs Sektionsberichte gliedert sich in ein Diskiissionsprolokoll,
den Sektionsberii hl im vollen Wortlaut und in die Empfehlungen
. Durch das Diskiissionsprolokoll erhält der Leser einen zwar
kurzen, aber instruktiven Hinblick in die Beaktionen des Plenums
auf die Vorlage des jeweiligen Sektionsberii hlcs. Man muß
dabei freilich immer im Blick behalten, daß die Diskussionen im
Plenum einer Vollversammlung des Ökumenischen Balis der
Kin heu nur einen ganz kleinen Ausschnitt dessen wiedergeben,
was das Plenum sagen möchte und sagen sollte. Das Plenum der
V. Vollversammlung legte eine große Diskussionsfreudigkeit an
den Tag. Innerhalb der zu Verfügung stehenden kurzen Zeil
aber mußte dann die Leitung dafür sorgen, daß eine möglichst
breite Mannigfaltigkeil der Stimmen aus den unterschiedlichen
Kirchen zu Worte kam; aber selbst das gelang meist nur sehr
verkürzt. Die wesentliche Diskussion erfolgte vor der Verabschiedung
im Plenum in den jeweiligen Sektionsgruppen selbst.
Im allgemeinen lautet die Beschlußformel: Der Bericht wurde
von der Vollversammlung angenommen und den Kirchen zu
Studium und entsprechender Veranlassung empfohlen. Lediglich
in der Sektion III, die sicdi mit der Suche nach Gemeinschaft,
dem gemeinsamen Streben der Menschen verschiedenen Glaubens
, verschiedener Kulturen und Ideologien befaßte1, findet sic h
eine bemerkenswerte Abweichung, wenn es dort heißt, der Bericht
der Sektion III wurde entgegengenommen und den Kirchen
zu Studium und entsprechender Veranlassung empfohlen. Das
Plenum meinte, im Blick auf diesen großen neuen Sachbereich
Ökumenischen Denkens und Arbeitens besonders vorsichtig zu
Werke gehen zu sollen.

Kür die Weiterarbeil in den Gliedkirchen des Ökumenischen
Baies der Kirchen werden die Empfehlungen von besonderem
Interesse sein, die aber auch jeweils auf dem Hintergründe des
Berichtes selbst und der Diskussion gelesen und verwertet werden
sollten.

Der als „Erlebnisse" gekennzeic hnete Teil gibt auf 30 Seiten,
dem Ablauf der Vollversammlung folgend, Kindrücke und Bewertungen
in der Sicht des Mitherausgebers W. Müller-Römheld
wieder. Hier wird auch auf die Vorträge kurz eingegangen, deren
voller Wortlaut zum Verständnis der Atmosphäre und der geistigen
Lage der Vollversammlung allerdings nötig wäre. Wahrscheinlich
um diesen Berichtsband nicht zu groß werden zu lassen
, sind diese Vorträge nicht im vollen Wortlaut aufgenommen
worden; sie gehören jedoch zum Gesamtbild von Nairobi hinzu.
Unter der Überschrift: Was gesc hah in Nairobi? findet sich folgende
zusammenfassende Wertung: Nairobi war eine Station
auf dem ökumenischen Weg, keine Gipfelstation mit weitem
Ausblick — weder zurück noch nach vorn —, sondern eine der
not wendigen Stationen auf einem langen Weg. auf denen innegehalten
wird, um Kraft für die nächste Wegstrec ke zu sammeln.
Ks hat sie Ii gezeigt, daß der Weg richtig ist, aber daß er zunächst
noch auf der jetzigen Ebene weitergeht. Dazu hat .Nairobi Anstöße
und Ermutigung gegeben (Seite 151).

Im Teil „Ereignisse" finden wir zunächst die Grußworte der
Gastgeber, sodann einige Botschaften an die1 Vollversammlung
im vollen Wortlaut, u. a. diejenige des Ökumenischen Patriarchen
, des Papstes und des Leiters des Sekretariats zur Förderung
der Einheil der Christen, Kardinal Willebrands. Ferner sind
hier die öffentlichen Erklärungen zu anstehenden weltpolitischen
Geschehnissen und Problemen ZU finden, unter denen diejenigen
zur Lage im .Nahen Osten, zur Abrüstung, zum Abkommen
über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von Helsinki
, zur Frage der Religionsfreiheit und zur Weltrüstungssituation
von langfristiger Bedeutung sein werden.

Unter der Übersc hrift „Die Zukunft des Ökumenischen Rates
der Kirchen" sind von besonderem Interesse die Grundsätze zur
Nominierung der neuen sechs Präsidenleu sowie des Zentralaus-
schusses mit dessen 130 Mitgliedern sowie die Vorlagen des Weisungsausschusses
für Grundsat/.fragen I (Verfassung, Satzungen