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Ausgabe:

1977

Spalte:

768-771

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Svenska Kyrkans gudstjänst 1977

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 10

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Youngs Forschung die Entwicklung der Visilalid von ganz einlachen
zu reichen Formen als „logisches" Leitprinzip benutzt,
während doch {raglich erscheint, ob das Mittelalter eine derartige
„Logik" überhaupt kannte. Demgegenüber erschein! die
chronologische Methode geeigneter, wenn auch ..das Studium
der- Chronologie nicht alles sagt" (136). Der 2. Abschnitt befaßt
sieh sodann mil dem Problem des Ursprungs des ' Quem qnaeri-
lis'. .Nach einer Wertung der verschiedenartigen Quellen ergeben
sich gegenüber der früheren Behauptung, die Visitatio gehöre
mil der < Isternachl feier zusammen, das Ende der Me1 te am
Oslerinorgen und der Inlroilns der Ostermesse als deren LTr-
sprungsort und als textliche Grundlage das Osterevangelium
nach Lukas, Solange das „Quem quaeritis" die Form eines Tropus
ohne szenische ('estalt ung behält, eröffnet es die Messe szenisch
gestaltet, schlieBl es sich der Melle an. Das Kap. schließ!
mil dem lilick auf wcilere Dramatisierungen der Lit., vor allem
im licreich des ("hrisifesies. Im 4. Kap. werden Texte der Visitatio
analysiert: Zuerst w ird Im Anschluß an L. Marin die Oster-
erzählung nach Mi 28 (nicht 18!) in ihren Strukturen erörterl
und dann deren szenische Ausgestaltung. Dieser gehl es nichl
um das Osterereignis als vergangenes Geschehen, sondern um
seine für den Glauben faßbare Gegenwart. Dabei sind zwei Al len
von Dramatisierung festzustellen: eine, die mil Symbolen ..das
Wort" auslegt, vollzogen durch einen Handelnden, der eine bestimmte
Funktion ausübt, und eine nachahmende, die mil stellvertretenden
Zeichen eine literarische Auslegung (und Anwendung
) des Wortes gibt, ausgeübt durch einen Schauspieler, der
eine Holle spiell (180). Beides kann sich in ein und dem selben Text
der Visitatio nebeneinander vorfinden. So läßt sich zur Frage
des Ubergangs von Lit. ZU Theater erst etwas aussagen, wenn
man die Entwicklung des lit. Dramas in Richtung einer zunehmenden
symbolisierenden oder einer nachahmenden Dramati-
gierung verfolgt. Das geschieht im folgenden Abschnitt unter
den Fragen ..Wie vollzieht sich der I bergang der Lit. zu einer
mehr darstellenden, mehr theatermäßigen Ausdrucksform?"
und danach „Mit welchem Typus von Theater haben wir es zu
tun?" Diesen kennzeichnen drei grobe Prinzipien: „heilige Geschichte
" als Inhalt, lit. Atmosphäre in Ausmalung und Kinprä-
gung des geheiligten Iii. Vorgangs, lehrhafte Abzwcckung als
Sehlde des Glaubens. Zusammenfassend werden schließlich die
aus der Textanalyse erhobenen Elemente der symbolischen und
der nachahmenden Dramatisierung schematisch einander gegenübergestellt
(213). Im 5. Kap.. ..Liturgie und Theater", wird das
Ergebnis gezogen: Für den Zusammenhang beider' wird der Zeitpunk
I entscheidend, ,,oü la liturgie introduisil au sein meine de
ses offices des Clements de pure Imitation, (die fit entrer la the-
atralile dans son deploicment" (216). Wenn es sich dann auch
lange noch um einen Typ sehr besonderen, religiösen, christlichen
Theaters handelte. Strebte dies 'Theaterhalle doch mehr
und mehr zur Unabhängigkeit von seinen Iii. Bindungen in Richtung
auf literarische Schöpfung und psychologische Vertiefung.
Doch fortdauernd bleibt Lit. von „Theatralisierung" bedroht
w ie das Theater von „Liturgisicrung" (vgl. H. Wagners Bühnen-
wcihfestspiel „Parsifal"). Darum ist es wichtig, das Lit. und das
Theatergemäße zu spezifizieren wie die in beiden wirksame Dynamik
zu erlassen. Vf. unternimmt das anhand einer Anzahl von
Kategorien, wie sie sich im Verlauf ihrer Untersuchung im Bereich
des Begriffs „Dramatisierung" ergeben haben. Zuerst wird
die Untersc hiedlichkeit im Verständnis von Zeil und Geschichte
dargestellt, und zwar unter den Gesichtspunkten „Souvenir e1
memorial", „Pennanence et e.temitc", „Le suspenso" (denn
Drama bedeutet vorwärtstreibende Handlung, während Lit. das
Vorher und .Nachher des Geschichtlichen vermischt), „temps
lineaire et temps ponctuel". Die verschiedenartige Bezogenheil
auf das Wirkliche wird in den Gegensätzen „apparence et rcali-
te", „cfficncitc et transformation*' entfaltet. Dann geht Vf. auf
die unterschiedlichen „signes representatifs imiiatifs et Bignes
representatifs symboliques" ein, um ihnen „le Symbole" gegenüberzustellen
, das sie dahin definiert: „Le Symbole est, Jvii nessi.
un niode de lecture, unc maniere de voir le mondc qui rapproche
deux realites, Tune concrete. Lautre abstraitc, pour leur donncr
ainsi Tune par Lautre leur pleiiilude de sens, mais il n'est point

arbitraire, car il possede toujours un fondement in re" (231).

Beim 'Theater nun .,1c Symbole nc sc situc pas dans les objctt
eux-memes, il reside dans la pensee ä laquelle ils foul acceder",
in der Lit. ..les objets eux-memes sollt syinboles" (233). Im letz-

ten Abschnitt werden die verschiedenartige Bedeutung der Rolle

und des Spielens als solchen erörtert. Während beim Theater
darzustellende Person und eigene Persönlichkeil zweierlei sind,
gibt es diese Verdoppelung in der Lit. nicht: ..la fonetion du
liturge esi donc de rendre present pour la communaute, par des
gestes, des paroles, des chants, tont im ensemble de oioyens ex-
terieurs, l'echange entre l'homme et Dien permis par l'interme-
diaire du ( brist"* (23!)). Der Lit. ist in der Interpretation seiner

Funktion festgelegt durch ilie Kirche, darum auch die Vorliebe
der Lit. für den Gesang, der die Stimmen vereint und den Vortrag
entpersönlicht. Vom Spielen als solchem gill: ..Le ihcälrc
est un jen de l'homme pour l'homme, la liturgie est le jeu de I'
nomine pour Dieu"(243). In diesem Schlußkapitel wird der Theologe
tieflotende Erkenntnisse über das Wesen der I ii. dankbar
zur Kenntnis nehmen. In einer kurzen „Conclusion" stellt Vf.
als Ergebnis fest, dal.! die fortschreitende Dramatisierung der
Lit. zwar als eines der wichtigsten Phänomene für die Entstehung
des Theaters zu gelten hat, aber nichl das einzige ist. Dramatisierte
Iii. Handlungen sind die ersten Zeugen für das dem

Theater Wesentliche, doch sind die eigentlich dramatischen Kategorien
in den A n langen noch aufs engste mil der Lit. vermischt.
Ers! beim Studium ihrer Entwicklung Irin das Phänomen zunehmender
Dramatisierung — oder exakter: der „Theatralisa-
tion" — Zutage und gestattet ..de diseerner la speeificitc de l'ar!

liturgique ei de I'arl theätral" (246). Die klare Abgrenzung der

Funktionen beider ermöglich! erst der Lit. wie dem Theater,
ihre je eigentliche Funktion Im Menschenleben zu erfüllen:
..La liturgies'epurcrn en rejetant les elem?nts qni Torienteraient

vers Ic spcctaclc, en devenant toujours davantage parnlc (le
Dien centree sur Dieu, ei le theätre, en poursuivant son propre
chemin, deviendra veritablemenl le fruil de la creation d'un
artiste, parolc de l'homme centree sur l'homme, un Art" (246).
Ein Anhang bietet noch folgendes: I. Presentation chrono-

logique des soiirees, 2. Repertoire des lexles chanlcs. 3. .Nonicn-
clature des prineipaux objets ulilises dans la visitatio sepulchri,
4. Textes ei iraduclions. T'.in Such- und ein Namenverzeichnis
bitten den reichen Gehall des Buc hes zugänglicher gemachtI

P. Pierre Jounel, dem Vf. für ihr Buch viel zu danken ha!,
hat. diesem eine Vorrede mitgegeben. In der er dessen l'orschuugs-
gegenstand in einen weiten lit urgiegeschiebt beben Bahineu stellt.
Er kennzeichnet den Wert dieses Buches dahin:,,C'est un grand
art que de savoir choisir un fail en apparence minime, mais lourd
de consequences, pour en lirer des lois. Blandine-Dominique
Berger en donnc la preuve dans son livre'" (14). Diesem Urleil
eines Großen der Liturgiew issensehaTl ineinl Bez. nichts hinzufügen
zu müssen.

In der Bibliographie (21—25) wäre jetzt nachzutragen die in f>
Teilen seit 197") erschienene. In weiteren 2 Teilen vorbereitete,
von Walther Lipphardl herausgegebene Saniinlung ..Lateinische

Ostcrfeiern und Osterspiele" (Walterde Gruyter, Berlin—New
York), die mit mehr als 800 Texten die heute umfangreichste
Saniinlung dieser Art darstellt und auch forscbiingsmältig über
K. Lange, K. Young und N. C. Brooks hinausführt.

Graifiwctd William Nagvl

Svenska kyrkans gudstjänsl. Huvudgudstjänster och övriga
gudstjänster. Bd. 1: Gudstjänstordning m. m. XXVII. ISOS.
gr. 8°. Bd. 2: Gudstjänstmusik I. VI, 126 S. 4°. Bd. 3: Gu.ls-
tjänslmusik IL VII, 118 S. 4°. Bilaga 1: Gudsljänst i dag.
Lilurgiska utvccklingslinjer. 428 S.; Bilaga 2: Den liturglsk,i
försöksverksamheten 1969-1972. 409 S. Stockholm: Utbild-
Dingsdepartementet. 1968 ärs kyrkohandhokskommitle 1974.
gr. 8° = Sutern offentnga utredningar 1974: 06, 67, 68, 97,

98. L!tbild ni ngsdepari einen tct.

Im Jahre 1968 wurde eine Liturgische Kommission unter der
Leitung von Bischof Dr. Ragnor Askinark beauftragt, die aus
dem Jahre 1942 stammende Agende der Schwedischen Kirche
einer Bevision zu unterziehen. Die Kommission erhielt gleich-