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Ausgabe:

1977

Spalte:

739

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Sirch, Bernhard

Titel/Untertitel:

Der Ursprung der bischöflichen Mitra und päpstlichen Tiara 1977

Rezensent:

Maser, Peter

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Seite 1

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739

interessante Ausschnitte wie die einschlägigen Kanonos der Synode
von Elvira (um 324), des Konzils von Niknia (325), des
Laterankonzils von 1131) oder des Tridentinum. Die gegenwärtige
Entwicklung spiegeln verschiedene Briefe und Dokumente,
vorab aus dem Pontifikat Pauls VI. wider, so eine Statistik der
Dispensgesuche von 1969 oder die „Richtlinien und Brief der
Kongregation für die Glaubenslehre Uber die Bück Versetzung
eines Klerikers oder Religiösen in den Laienstand" vom 13. Januar
.1971.

Halle/Saale Hans-Joachim Diesner

1 Zu nennen sind insbesondere: Mansi, J. D., Sacrorum conciliorum nova
et n mplissima collectio, Bd. 1 —31, Florenz — Venedig 1757 — 1798; Ncudruck-
umt Fortsetzung lirsR. v. I.. Petit und .1. H. Martin, Bd. 1 —60, Paris 1899 f>is
1927 (Naehdruek: Craz 1960 — 1941); Mij*ne, ,1. P.. Patrologiae Conus com-
plelus. Series Latina, lid. 1—217, Paris IS'i'i — I8.">~>. Series Craeca, Md. 1 —
161, Paris 1857 — 18(i*i; Eloskovdny, A.. Coelibatui et breviarinm: duo gra-
vissima elerienruni offieia, e innnumenlis omnlum seeulorum denionslrala.
Ac rcssit eoniplctn literatura. lld. 1—4, Pest 18(11, Hd. (i-7, Nitra 1877, Dd.
9 — 10, Nitra 1881. Suppleuienta ad colleclioncs nioniiinc nlnrum et lilera-
turae, ])d. 3 — 4, Nitra 1888.

Sirch. B.: Der Ursprung der bischöflichen Milra und päpstlichen
Tiara. Si. Ottilien: EOS Verlag der Erzabtei St. Ottilien 1975.
XI, 212 S., 133 Ahh. a. 36 Taf. gr. 8° = Kirchengeschichtliche
Quellen und Studien, 8. Lw. DM 08, — .
Am 13. Nov. 1964 legte Papst Paul VI. auf dem Confessio-

Altar der Konzilsaula seine Tiara nieder und sei.....kte sie den

Armen. Seit dieser /.eil trägt Paul VI. keine Tiara mehr. Dieser
innerhalb der katholischen Kirche keineswegs unumstrittene
und niemals autoritativ interpretierte Vorgang gab für S. den
Anstoß, in einer 1973 von der Katholisch-Theologischen Fakultät

München angenommenen Dissertation den Ursprung der bischöflichen
Milra und päpstlichen Tiara erneut zu untersuchen. Dabei
halle sieh der Vf. einerseits mit der bis 1948 weithin gültigen
Auffassung auseinanderzusetzen, die die bischöfliche Milra vor
dem Hintergrund der alttestamentlichen Priesterkleidung sah,
und andererseits Th. Klausers These kritisch zu beleuchten, nach
der der Ursprung der bischöflichen Milra in die Zeil. Konstantins
des Grollen zu datieren isl. S. prüft deshalb die Frage : ..Seit
wann gibl es bildliehe oder schriftliche Zeugnisse von einer bischöflichen
Mitra: schon im vierten Jahrhunderl oder erst im
zehnten oder elften Jahrhundert:*'' (S. 1) In Beantwortung dieser
Frage breitet der Vf. die bedeutende Fülle der einschlägigen
schriftlichen und bildlichen Quellen vor dem Leser aus, kommentiert
zumindest jeden schriftlichen Beleg ausführlic h und
verdeutlicht seine eigenen Schlußfolgerungen in präzise formulierten
„Zusammenfassungen" und „Exkursen".

S. lehnt einen Zusammenhang zwischen alttestamentlicher
Priesterbekleidung und bischöflicher Mitra mit dem II i n weis dar-
auf ab, daß bis ins 11. Jh. 1 Kor 11,4 unumstößliche Geltung
besaß. Erst seil dem L2. Jh. wird die Mitra allgemein üblich, wobei
noch die unterschiedlichsten Formen zu belegen sind. Im L3.
Jh. bildet sich dann die Mitra mit den zwei cornua (=Altes und
Neues Testament) heraus, deren Form von da an verbindlich
wird. Seil dem 9./10. Jh. ist eine besondere Kopfbedeckung des
Papstes anzunehmen (Bericht über das camelaucum Konstantins
I.). Der erste bildliche Beleg für eine päpstliche Kopfbedek-
kungin Kegelform stammt aus dem Beginn des 10. Jhs. (Sergius
III.). Eine eindeutige Scheidung zwischen außcrlilurgischcr und
liturgischer Kopfbedeckung des Papstes isl erstmalig bei Innozenz
III. festzustellen. Seit der Mitte des 14. Jhs. trügt der Papst
das Triregnum, das seit dem 16. Jh. die offizielle Deutung durch
den Kardinaldiaknn bei der Papstkrönung erfährt: ..Accipe

thyaram tribus coronis ornatam, et scias te esse patrem princi-
pum ei regum, rectorem orbis, in terra vicarium salvatoris Jesu
Christi, cui est honor et gloria in saeeula Saeculorum."

Wenn S. mit seiner äußerst sorgfälligen und kenntnisreichen
Untersuchung die im Titel gestellte l'Vage nach dem ..Ursprung"
von Milra und Tiara auch kaum endgültig beantwortet haben
dürfte, so verdanken wir ihm doch eine wertvolle Darstellung
des tatsächlich Belegbaren in der Geschichte dieser bischöflichen
bzw. päpstlichen Kopfbedeckungen, die möglicherweise zu neuen
Hypothesen über deren „Ursprung" ermutigt.

Münstcr/W. Peter Maser

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Barion, Peter F.: 1800 Jahre Christentum in Osterreich und Sudostmitteleuropa
. Eine Einführung in seine Geschichte. Bd. I,
1: Die Frühzeil des Christentums in Osterreich und Südostmitteleuropa
bis 788. Wien— Köln—Graz: Bühlau 1975. 287 S.
m. Abb., 8 Taf. 8° = Studien und Texte zur Kirohengeschich-
le und t !c schichte. I. Reihe, [n Zusammenarb. mit dem Institut
für protestantische Kirchengeschichte, W ien. hrsg. v. P. F.
Barton. DM 52,-.

Der Verfasser des vorliegenden Buches hat ein kühnes Unternehmen
beg........n: die Darstellung der kirchengeschichte (KG)

in... hier stocke ich schon — was isl eigentlich Sudostmitteleuropa
? Wenn wir das heulige kleine Österreich hinzufügen, ist
es schlecht und recht der Kaum der ehemaligen österreichisch-ungarischen
Monarchie. Kino Gesamtdarstellung der KG dieses
Baumes im Laufe der Jahrhunderte hat bisher noch niemand
unternommen.

Das Buch zerfällt in drei Abschnitte: I. Die Frühzeil des
Christentums. II. In den Stürmen der Völkerwanderungszeit.
III. Neubau des Kirchentums. Die einzelnen Kapitel werden
fortlaufend von 1 bis 32 durchgezählt. Tin Anfang der Kirchengeschichte
sieht für den Verfasser die Legende; denn über die
früheste Zeit sind sichere Daten weder durch Ausgrabungen
noch durch sc hriftliche Nachweise zu erhalten, und die Politik
späterer Kirchenfürst(m spielte für den Anfang eine grolle Holle.
So erfahren wir, daß I lermagoras von Markus, den Petrus sandte,
zum Bischof von Aquiloio eingesel/l winde. Die Forschungen
Hildulf Eggers haben aber erwiesen, daß Hermagoras mit ller-
mogenes identisch ist, der mit Aquileia nichts zu Inn halle, sondern
Lektor in Singidinum (Belgrad) war und der diokletianischen
Verfolgung zum Opfer fiel (15—17). Die KG dieses Baumes
beginnt in der Spätzeit des Römischen Reiches. Ks werden
die Provinzen aufgezählt, die Völker, die sie bewohnten, geschildert
, die römischen Namen der beutigen Siedlungen genannt —

es sind eine Fülle voii Namen, wobei etwa Lauriacum (Lorch) in
Ufernoricum die diesem Ort gebührende Rolle zugewiesen erhält
; denken wir nur an den heiligen Florianus (48 — 54), Modellfall
des Märtyrers in der Zeil der Verfolgung, die 313 durch die

„religio lieita" abgelöst wird(.Vi). Der in diesen Dingen bewanderte
Leser wird sich nicht allzu schwer tun. geographische Skizzen
wären aber äußerst vorteilhaft, soll nicht alles ineinander
verschwimmen. Was es an Aufbau des Christentums in der spät-
römischen Zeit gab, wird auf Grund von Ausgrabungen ausführlich
geschildert. Der Streit der Anhänger des Arius mit den Athanasianern
wird gestreift; daß die Ostgermanen durch Wulfila
Arianer wurden, als Katastrophe bezeichnet (83); die christlichen
Funde im Räume des heutigen Österreichs ziemlich eingehend
geschildert (87-95).

Die Völkerwanderung hat dieses Christentum zum großen
Teil vernichtet. Sengend und brennend durchzogen die „Barharen
" das Land — damit sind wohl die Germanen gemeint. Ks

w ar eine Zeh der Verheerung und des Leidens für die Bewohner,

denen der Schulz der römischen Waffen nach und Dach entzogen
wurde. Von diesen fürchterlichen Zuständen gibt der Kirchenvater
Hieronymus eine Darste llung (99). Er stammle aus
Dalmnlien und w ar „ein typischer Vertreter der zur Welt flucht
neigenden Frömmigkeit dieser Zeil" (107). Diese ist eine der wenigen
Bemerkungen des Vfs. über das damalige Glaubensleben.
Damals war noch eine zweite Persönlichkeil wirksam, der wundertätige
Severin (119). F'r war verbunden mit Klosterneuburg,
Tulbi, Mauiern und Heiligenstadt. Ob er hier wirklich begraben
wurde, isl mehr als zweifelhaft (125). Neben die kirchlichen treten
die weltlic hen Größen: der Skire Odoaker, der dem Weströmischen
Reich ein Knde setzle, und Thooderich. der Oslgolen-
könig in Italien (130). Schließlich erfahren wir von Kirchen im
„römerzeitlichen österreichischen Raum" (143). Nachrichten
über die Ausgrabungen in Kärnten und über die Deutung des
Mosaiks in Teurnia (149) könnten diesen Abschnitt beschließen;
wir Werden aber noch hingewiesen auf die iroscholIische Mission
(160) und auf jene Volksstämme, die das wiedererstarkende

Theologische Litcraturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 10