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Ausgabe:

1977

Spalte:

729-731

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schmithals, Walter

Titel/Untertitel:

Der Roemerbrief als historisches Problem 1977

Rezensent:

Jervell, Jacob

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Theologische Lilcriiturzeitung 102, Jahrgang 1977 Nr. 10

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sie hier die Symbolik des Joh.-Ev. — in der das gleiche Bild-
worl in verschiedenen Zusammenhängen unterschiedlich bezogen
sein kann — vor an den Abschnitten über die Samarita-
nerin, das Erscheinen vor Pilatus, Golgata. In den beiden letz»
ten Abschnitten wird herausgestellt, daß im Joh.-Ev. auch Motive
der Erzählung zun) Zeichen, zum Sinnbild werden. Besonders
erhellend sind in c. II die mannigfachen H ückbezüge auf das
Judentum. In c. III zeigt A. J. Le paradoxe du »croire« ;mf
(87—11(1). I,e dr.'iine de l'inerediilite est au eoenr <le l'cvangile
de Jean (87). 103-110 ist vom Werk des Geistes die Hede. In
<■. IV schließlich, Le Fils dans le monde, wird die spezielle Chri-
Stologie skizziert (111—113).

Wesentlich ergänzt wird insbesondere c. I V in mehreren ch>s-
siers. In IV (155—161) wird der Titel Solin Gottes in der Anwendung
auf .lesns vom paganen nnd vom jüdischen Gebrauch
abgehoben; sie Führt den letzteren entscheidend weiter. In V
(162—167) wird altteslamenlliches ;ini Im als Hintergrund des
Jobanneischen Ich bin dargestellt. In VI (168—174) werden best
iininte Aussagen hei Philon und im Joh.-Ev. verglichen, zumal
solche über den Logos. In II (140—146) erhellt A. J. den
Hintergrund der Aussagen über das lebendige Wasser nnler anderem
von jüdischen Texten zu dein Felsenbrunnen (vgl. 1 Kor
10,4) und der Tempelquelle her (vgl. Ez 47,1— 12 usw.). Für das
Verständnis des Hildes vom Lamm im Munde des Täufers erscheint
vor allem die vom Judentum herkommende Vorstellung
vom Lamm als dem Sieger bedeutsam; die Christen verbanden
sie mit dem Gedanken von des 51!,7 und dem des Passa-
lammes. In III schließlich wird I Juli 5,6 -8 interpretiert. Bibliographie
, Stichwort- und Stellenregister (jene und dieses in
A uswahl) schließen den Band ab. I Iber die dorl genannte hinaus
ist auf die moderne Literatur mannigfach Bezug genommen.

Der Hand erörtert, wie schon der Titel andeutet, nicht die
Probleme des Joh.-Ev. als ganzen, sondern erschließt einem
größeren Leserkreis4 Zugänge zu Ihm. Das geschieht in. E. schon
dadurch, daß A. .1. für die Entstehung des Joh.-Ev. in jeder

Hinsieht einen weilen Flaum ins Auge faßt; sodann insbesondere
durch das Aufzeigen der Beziehungsfülle seiner Bildersprache
(wie man a iirh ü her Einzelheiten urteilen mag): sc hl iel.il ich durch
den Uber blick über zwei maßgebliche theologische Aussa genkomplex
c des Joh.-Ev. Den Fachmann werden zumal die Aufweise
der Beziehungen zum Judentum interessieren, nicht zuletzt in
den sog. Beigaben (in Petit), die keineswegs nur Heiwerk sind,
sondern im wesentlichen vertiefende und begründende Ausführungen
.

t« mm

Haue/Saale c.crhard Delling

t VgL iti«' Besprechung ihres Werkes über den Bundesgedanken durch

II --F. Weilt in TbLZ SO, lf)G5 Sp. 111-113.

2 Wenn gelegentUeh von einer terooin-f ource die Hede ist (51), so verbindet
sich damit nicht die Vorstellung einer rekonstrnierburen Quelle.

^t Von einer /.cicliciiqucllr ist nirgends die Hede; mich dem zu c. I Referierten
erübrigt sie sich. Die Vermutungen über Blatt vertauschungen betrachte
« A. .1. mit Humor (14).

4 II ricchischc Wörter werden nur begren/l angeführt (in Umschrift).

Schmithals, Waller: Der Römerbrief als historisches Problem.
Gütersloh: Gütersloher Verlagsbaus Gerd Mohn [1975]. 228 S.
8° = Studien zum Neuen Testament, hrsg. v. G. Klein,
W. Marxsen, W. Sehrage, 9. Kart. DM 48,-.
Die neue Arbeil von Schmithals bestätigt, was einige Aufsätze
jüngster Zeit ankündigen: Die Diskussion über die historischen
Probleme des Künierbriefes hängt neu an. Es ist höchste
?Wt, denn die an sich berechtigte theologische Erklärung des
Briefes, zuletzt programmatisc h scharf von E. Käsemann herausgestellt
, darf nicht ohne erneute Berücksichtigung der historischen
Probleme des Rom vor sich gehen. Vor allem: Warum
setzt sieh Paulus ausgerechnet in einem Brief an Heiden-
Cnristen mit dem IVnagOgalen Judentum auseinander? (Sog.
Doppclcharakter des Uriefes). Daß die Leser des Briefes Heiden-
christen sind, sieht für Schmithals außerhalb jeder Diskussion
Und wird von ihm auch nicht viel diskutiert.

Kap. A behandelt Hörn 1 — 11, worin der Inhalt des Briefes
nicht als Gerechtigkeit Gottes, Glaube etc., sondern als die Uni-

versalität des Heils, die Gleichheit von .luden und Heiden, bestimmt
wird. Das soll durch eine Analyse des AllfbaUS von Rom
erhärtet werden: 1,18 — 7,10 ist eine Auseinandersetzung mil
der Synagoge, während 7,17 — 8.1(9 als eine Hede au die Christen
in Rom den dogmatischen Schlußabschnitt bildet, wozu Kap.
9—II alsein im paulinischen Schriftganzen analogieloser Nachtrag
angeschlossen isi. Ausführlich und dankenswert nützlich
werden Versuche der Lösung des Doppelcharakter-Problems
dargestellt, diskutiert und abgelehnt: judenchristliche Leser,
Verzicht auf eine historische Erklärung, Jerusalem als Adresse,
die radikale Kritik. Röm als Rundschreiben, literarkritischc
Versuche etc. Die einzig annehmbare Lösung isl nach Schmithals
durch eine Analyse des Charakters der Christenbeil in Rom

zu finden. Das römische 11 eide llchrisl eil 1 u in ist nicht auf das

zahlenmäßig schwache Judenchristentum Jerusalems, sondern

auf das hellenistische Eieidenchristentum des '.Nahen' Ostens

zurückzuführen. Die Christen in Rom machen keine ekklesia
aus. sondern es dreht siidi um einzelne Christen bzw. Hausge-
meinden aus christlichen Kreisen des Ostens, die z. T. den Bruch
mit der Synagoge nicht vollzogen haben. Die römischen Christen
waren ehemalige „Gottesfürchtige", die bereits als solche in einer
Verbindung zur Synagoge standen. Aus dem Kreis der Got-
tesfürchtigen setzten sic h nicht nur die frühen heidenchristlichen
Gemeinden im allgemeinen zusammen, sondern auc h die römischen
Christen. So ist der Doppelcharakter des Briefes verständlieh
.

In dem tiauptteil cles Buches, Kap. Ii— F, kommt das besondere
Interesse des Verfassers /um Ausdruck: das literarkri-
I i sc-1 ic- (vgl. 'Ergebnis' S. 210f.!) Denn der Schlüssel zur Lösung
cles historischen Rätsels cles Röm liegt in der Einsicht, daß Röm
seine vorliegende Gestalt dem Redaktor der ältesten Sammlung
der Paulusbriefe verdankt, dessen Eingriffe rückgängig gemac h I
werden müssen. Die Analyse von 14,1 — 10,0 in Kap.B ergibt,
daß es sicdi hei den 'Sc hwac hen' um Li nie handelt, die prinzipiell
auf Fleisch und Weingenuß verzichten, um nicht unwissentlich
zu sündigen: es könnte Libationswein und Götzenopfcr-
fleisch gewesen sein. .Nun besteht die Mehrheil der Gemeinde
aus 'Starken', die sich von der Synagoge losgelöst haben. Dies
paßt aber zu der Situation der Angeredeten in Kap. I — 11 durchaus
nicht. Kap. 14— 15 und Kap. I—II gehörten ursprünglich
nicht zum selben Brief. Die Doxologie, 16,25—27, Kap. C, gehört
zum Abschluß der ältesten Pauhisbrief-Sammluiig, stammt
also vom Redaktor der Sammlung. Röin 16, 1—20, Kap. D. isl.
ein selbständiger Brief (ohne Präskript), ein Empfehlungsschreiben
an Onesiphoros in Ephesus gerichtet (2 Tim 4,19), das seinen
Platz in Köm durch den Redaktor der Briefsammlung gefunden
hat.

Diese Untersuchungen leiten zur Frage der Integrität von
Kap. I— 15 über, Kap. E. Mit Forschern aus dem vorigen Jahrhundert
bestreitet Schmithals die Integrität von Kap. 1—15,
besonders von Kap. 12—15. Zu Kap. 1—11 gehört 15,8—13,
nicht aber das übrige in Kap. 12—15. Die literarische Analyse
ergibt, daß es sich 12,1-21 + 13,8-10 + 14,1— 15,4a.7.5f. +
15,14 — 32 + 16,21 — 23 + 15.33 um einen fast vollständigen
Brief (=Höm B) handelt, der eine andere Situation voraussetzt
als in dem ersten Römerbrief (Heim A): 1,1 — 4,25 -f- 5,12 bis
11,36 + 15,8—13. Dieser Brief ist bis auf den Briefschluß vollständig
erhallen. Die literarische Analyse wird durch inhaltliche
Gründe gestützt; vor allem taucht das Thema des ersten
Hömerhriefes, das Verhältnis von Juden und Heiden, in Röm
I! nicht mehr auf. Eine Reihe von Problemen findet jetzt ihre
Lösung, u. a. das schwierige Verhältnis zwischen 1,11.13—15
und 15,20: Einmal wi'l Paulus in Beim Missionsarbeil treiben,
dann aber nicht, weil der Name Christi in Rom bereits bekannt
ist. In Hörn B ist aber die Lage im Verhältnis zu der in Röm A
in dem Sinne gewandelt, daß die Gemeinde jetzt wirklich ekklesia
, und zwar apostolische und paulinische ekklesia, geworden
ist. und nur dort predigt Paulus nicht, wo schon eine rechtgläubige
Mission getrieben worden ist. Das gab es in Rom vor dem
ersten Brief nicht.

Röm A ist auf der dritten Missionsreise geschrieben, um die
Christen in Rom für das paulinische Evangelium zu gewinnen
und so die weitere Missionsarbeit, zu sichern. Die zerstreuten