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Ausgabe:

1977

Spalte:

666-668

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Büttner, Manfred

Titel/Untertitel:

Regiert Gott die Welt? 1977

Rezensent:

Hübner, Jürgen

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ÖC5

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 9

066

siale e tutta l'esperienza di ascesi e di monachesimo" (S. 163)
und über die Deutung des Mönchtums durch die drei Kappa-
dokier als einer Synthese von individuellem Streben und
Einheit, wie sie in dem ekklesiologischen Corpus-Christi-
Verständnis ihren Ausdruck findet, hat Vf. einen ganz wichtigen
Beitrag zum Verständnis der theologischen Situation
in Kappadokien im letzten Drittel des 4. Jh., darüber hinaus
aber auch zum Verständnis grundlegender Auffassungen
der Ostkirchen gegeben.
Berlin Friedhelm Winkelmann

1 La terminologia misterica nel Corpus pseudo-areopagitico,
Aevum 37, 1963, 406-429; Ricerche sulla struttura del linguagglo dello
Pseudo-Dionigl Areopagita, Mailand 1967; II problema delle sacre
lcone, Aevum 43, 1969, 311 f.; La teologia dl S. Gregorlo Palamas,
Mailand 1970; Reminiscenze della polis platonica nel Cenoblo di
S. Basillo, Mailand 1970.

■ Sie hätte durch eine systematische Aufschlüsselung gewonnen.
Es leuchtet auch nicht ein, aus welchem Grunde die umfangreiche
neugriechische Literatur hier ausgeschlossen blieb, obgleich sie im
Buch selbst benutzt Ist. Leider werden in den Anmerkungen diese
Buchtitel nur in italienischer Übersetzung zitiert. Die übrigen bibliographischen
Angaben sind ausreichend und genau. Nur an wenigen
Stellen sind Versehen unterlaufen, z. B. ist S. 146 Anm. 74 die Seitenangabe
vergessen.

1 Es reicht nicht aus, wenn z. B. zu dem Echtheitsproblem des
Jesajakommentars nur mit den folgenden Worten in einer Anmerkung
Stellung genommen wird: „malgrado 1 gravissimi dubbl che
rimangono sulla autenticitä di quest'opera, 6 tutta via innegabile
che essa e nata in un ambtente basiliano" (S. 212 Anm. 189), ohne
einen Hinweis auf Literatur, und dieser Kommentar dann als
gleichwertig mit den echten Schriften behandelt wird.

4 Besonders wertvoll ist auf S. 147—162 die Kommentierung der
biblischen und theologischn Aspekte der Anaphora und S. 162-170
deren theologisch-kontemplative Auslegung.

! Vf. verwertet hier die wichtigste Literatur zum Mönchtum. Er
hätte aber seine richtige Auffassung, daß zwischen Mönchtum und
Kirche im Osten keine Diskrepanz bestand, durch den Hinweis auf
das reiche Papyrusmaterial noch besser unterbauen können.

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Scholl, Hans: Reformation und Politik. Politische Ethik bei
Luther, Calvin und den Frühhugenotten. Stuttgart, Ber:
lin, Köln, Mainz: Kohlhammer [1976]. 148 S. kl. 8° -
Urban-Taschenbücher. T-Reihe. Band 616. Kart. DM 12,-.

Dieses Buch ist historischer Fragestellung und der Erörterung
eines Gegenwartsproblems in gleichem Maße zugewandt
. Tragender Begriff des Ganzen ist der der „Freiheit".
Scholl will das „Gespräch der reformatorischen Freiheitstheologie
mit dem Freiheits- und Emanzipationsbewußtsein
im kritischen Denken heute" (S. 14) mit einem neuen
Beitrag versehen. „Zu frühe theologische Vorbehalte gegen
diese Partnerschaft sind ... verdächtig und, angesichts weltweiter
materieller und seelischer Not, unangebracht."

Der Vf., der als Dozent für Dogmengeschichte und Systematische
Theologie an der Universität Bern tätig ist, beginnt
mit einem Kurzreferat der „aktuellen Freiheitsdebatte
" und bezieht dabei die marxistische Kritik an dem
reformatorischen bzw. bürgerlichen Freiheitsbewußtsein
mit ein.

Es folgen Ausführungen über Luthers und Calvins „politische
Predigt", wobei der Predigtbegriff etwas unangemessen
weit gefaßt und nicht einmal durch den heutigen Terminus
.Verkündigung' ganz gedeckt wird. Die Bauernkriegsschriften
Luthers und einschlägige Stellen aus der Insti-
tutio Calvins werden analysiert. Ein eigenes Stück, für dessen
Darstellung Scholl auf seine Habilitationsvorlesung zurückgreift
(S. 7), bildet Calvins Auseinandersetzung mit den
französischen „Nikodemiten" (s. dazu Joh 3, 1 f.), deren
Bekenntnis- oder Verleugnungssituation ein brisantes und
geschichtlich nie ganz erledigtes Thema ist. Hier erst (S. 68)
beginnt der Anmerkungsapparat, dessen Angaben für das
eigene Weiterarbeiten hilfreich sein dürften.

Über Zwingiis beachtliche und für das Werden der Reformation
mitkonstitutive „politische Predigt" wird nicht
gehandelt. Das mag schon deshalb in der Synopse etwas

bedauert werden, weil — abgesehen allerdings von Luther
selbst — auch sonst die Frühzeit der Reformation im Rahmen
des Gesamtthemas der Arbeit wenig in den Blick
kommt. Erstaunlicherweise fehlen Müntzer und andere
maßgebliche Theologen des „linken Flügels der Reformation
", die man im Horizont von „Reformation und Politik"
vermuten würde. Statt dessen visiert Scholl verhältnismäßig
schnell (S. 48 ff.) die „neue Lage", den „Generationen-
Wechsel" an, der durch Calvin und die „Frühhugenotten"
zum Ausdruck kommt. Das „hugenottische Martyrium und
seine politischen Aspekte" werden besonders an dem Beispiel
des Staatsrates und Parlamentariers Anne Du Bourg
aufgezeigt. Am Schluß des historischen Referats bietet der
Vf. einen Einblick in die Kriterien der hugenottischen Widerstandslehre
, wie sie im „Reveille-Matin des Francois"
(S. 103) durch einen hugenottischen Anonymus 1573/74 Gestalt
gewonnen hat.

Der Schlußteil des Buches nimmt noch einmal die Gedanken
der Einleitung auf und gibt bereits 1971 zur marxistischen
Reformationskritik erschienene Darlegungen wieder
, die in dem jetzt vorliegenden Zusammenhang die Funktion
hermeneutischer Horizontbestimmung (S. 7) für das
Thema „Reformation und Politik" übernehmen. Im einzelnen
werden Passagen aus den einschlägigen Arbeiten von
Marx und Marcuse vorgestellt.

Zur Charakteristik der verschiedenen Problemfelder
durch den Vf. ließe sich vieles sagen. Von der Einschätzung
der Zwei-Reiche-Lehre Luthers bis hin zur Verrechnung
der durch Luther inaugurierten „Autorität innerhalb der
Familie" im Rahmen der „kommenden bürgerlichen Gesellschaft
", wie sie bei Marcuse nach Schölls Schilderung vorgenommen
wird (S. 134), spannt sich ein so weiter Bogen
von gerade heute vieldiskutierten Argumenten, daß der Vf.
nicht darauf hoffen kann, durchweg Beifall zu finden.

Zur Rezeption und Aktualisierung der Reformationszeit
hat Scholl durch sein kleines Buch in anregender und zum
Teil neuer Weise aufgerufen. Es ist ihm ganz offensichtlich
gelungen aufzuzeigen, in welchem Maße Gegenwart und
Reformationsgeschichte des 16. Jahrhunderts — auch und
gerade in politicis — in unserem Problembewußtsein miteinander
zu tun haben. Die kleine Studie stößt zur Erörterung
an und schließt diese keinesfalls schon ab!

Berlin Joachim Rogge

Büttner, Manfred: Regiert Gott die Welt? Vorsehung Gottes
und Geographie. Studien zur Providentialehre bei
Zwingli und Melanchthon. Stuttgart: Calwer Verlag
[1975]. 78 S., 11 Abb., 9 Taf. 8° = Calwer Theologische
Monographien, hrsg. v. J. Baur, M. Brecht, H. Bürkle,
L. Goppelt t, G. Kretschmar, M. Seitz, C. Westermann.
Reihe B: Systematische Theologie und Kirchengeschichte,
hrsg. v. J. Baur, M. Brecht, G. Kretschmar, 3. Kart.
DM 18,-.

Büttner legt in dem vorliegenden Büchlein Gedankengut
aus seiner groß angelegten Habilitationsschrift vor, die die
Geschichte des Verhältnisses von Theologie und Geographie
behandelt. Für die klassische Wissenschaftsorganisation
sind interdisziplinäre Arbeiten schwer einzuordnen, und so
ist die gesamte Arbeit bis jetzt nicht im Druck erschienen.
Hatte Büttner daher in seinem Buch „Die Geographia generalis
vor Varenius. Geographisches Weltbild und Providentialehre
", Wiesbaden 1973, in einer erdkundlichen
Reihe das Material zusammengestellt, das in erster Linie
den Geographen interessiert, so bietet er nun zwei erste
vorwiegend theologische Kapitel. Sie begründen die unterschiedliche
Entwicklung des geographischen Interesses auf
lutherischer und auf reformierter Seite.

Den Ausgangspunkt bildet ein kurzer Überblick über die
geographische Literatur um 1500 und ihr jeweiliges methodisches
Vorgehen. Vincentius, dessen um 1200 geschriebe-