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Ausgabe:

1977

Spalte:

662-663

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Ring, Thomas Gerhard

Titel/Untertitel:

Auctoritas bei Tertullian, Cyprian und Ambrosius 1977

Rezensent:

Bräuning, Peter M.

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 9

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Doch sei zum Schluß noch einmal auf die allzu akade-
misch-distanzierte Grundhaltung eingegangen, die es vermeidet
, den Studenten etwas deutlicher mit der Nase auf
die theologische Relevanz des vielfältigen „Stoffes" zu stoßen
und ihn so — schlicht gesagt — neugierig auf die Arbeit
zu machen. Dahin gehört auch der ebenso ärgerliche wie
unlogisch formulierte Satz, die „Grundlage der modernen
exegetischen Arbeit am NT" sei „zunächst ganz allgemein
der wissenschaftliche Zweifel" (S. 37). Muß man sich 200
Jahre nach Semler und Reimarus wirklich noch die Pose
des Protests gegen „die altkirchliche Tradition über die
Bibel" (ebd.) geben? „Grundlage" unserer Arbeit ist doch
wohl das uns in der Kirche Jesu Christi gegebene Neue
Testament (gerade wenn man wie C—L die Arbeit so deutlich
auf den ntl. Kanon begrenzt, dürfte eine solche „dogmatische
" Formulierung wohl angemessen sein). Daß die
historisch-kritische Arbeitsweise eine der Voraussetzungen
unseres Arbeitens ist, ist unbestritten. Was uns aber an die
Arbeit bringt, ist doch zuerst das „kirchliche" Interesse (den
„Liberalen" wie K—L—W war das ganz selbstverständlich;
vgl. ihren § 1 „Der Theologe und das NT" — ein Abschnitt,
für den der Student von 1950 durchaus dankbar war) oder
— wenn jemandem das lieber sein sollte — die „Neugier"
des interessierten Bibellesers, aber doch nicht der „wissenschaftliche
Zweifel" eines fragwürdigen Elfenbeinturm-Radikalismus
. Zum Glück entspricht die Durchführung im
vorliegenden Buch dem Tenor jenes zitierten Satzes nicht.
Aber man wünschte sich gerade für den Anfänger doch eine
Ergänzung, die ihm die Fruchtbarkeit der Spannung zwischen
Glauben und Verstehen (-wollen), zwischen historischkritischem
Eindringen in den Text und glaubendem Hören
auf das Wort Gottes ein wenig erschließen und damit in
seelsorgerlicher Weise auf hermeneutische Grundfragen eingehen
könnte. Auch dies könnte wohl zur Ermutigung manches
Studenten und zum Anreiz, sich der Bibelwissenschaft
mit Hingabe zu widmen, beitragen.

Doch von solchen Anfragen abgesehen: das vorgelegte
Taschenbuch dürfte sich als ein brauchbarer und zuverlässiger
Studienbegleiter vom exegetischen Proseminar bis zum
Examen (und darüber hinaus) gewiß bewähren; den Verfassern
ist für alles, was sie an wissenschaftlicher Umsicht
und pädagogischer Erfahrung in dieses knappe Werk hineingesteckt
haben, herzlich zu danken.

Kleinere Berichtigungen und Vorschläge:
S. 13: Der Herausgeber des ThHK ist E. Fascher. - S. 46 f.: Im Rahmen
der exemplarischen Behandlung eines Markustextes werden
verschiedene Kommentare zitiert, womit zugleich ein hübscher Einblick
in ein Stück neuerer Auslegungsgeschichte gegeben wird. Aber
man sollte vielleicht schon die Liste der Kommentare S. 46 zeitlich
anordnen (wie S. 83 geschehen) und auch die Jahreszahlen der Jeweiligen
Erstauflage in Klammern beigeben (wie S. 83 bei Dodd!):
oel den Exzerpten sollte man Klostermann vor Lohmeyer, Grundmann
vor Haenchen stellen. Auch wäre wohl ein Hinweis darauf
Sut, daß man Kommentare vor etwa 1930 (hier bes. Wohlenberg)
nicht an den Maßstäben formkritischer Sicht messen bzw. von ihnen
Entsprechendes noch gar nicht erwarten darf. - S. 80: Einen ähn-
'ichen Versuch wie M. Dibelius unternahm H. Schürmann, Worte
des Herrn. Jesu Botschaft vom Königtum Gottes, (1955) Freiburg
19<>1. 4. Aufl. Leipzig 1966. - S. 91, Zeile 8 v. u.: das Stichwort „Novellen
" ist kursiv zu drucken, ebenso die Stichworte „Legende",
••Mythos" auf S. 92. - S. 127 Mitte lies: Targum. - S. 159 sollte die
Überschrift doch wohl besser „Samaritaner" statt „Samariter" hei-
Uen- - S. 161: im orphischen Zitat lies pantessi. - S. 186: zu 2Thess
vgl. die umfassende Darstellung der Forschungsgeschichte und Begründung
der Unechtheitsthese bei W. Trilling, Untersuchungen zum
2- Thessalontcherbrief, Leipzig 1972 (EThSt 27). - S. 278. 2. Absatz.
Wird zwar kurz erklärt, was Exorzismen sind: nötiger schiene mir
aber eine kurze Erläuterung zu „Paraklet", S. 280 Z. 12 v. u.; S. 288
oben. — s. 283. Z. 3 v. u. lies Quattuor. — S. 289: Zur Johanneslnter-
Pretatlon von L. Schottroff vgl. Jetzt: K.-W. Tröger. Ja oder Nein
zur Welt. War der Evangelist Johannes Gnostiker?, in: Theol. Versuche
VII, Berlin 1976. - S. 318 unten: Symbolisiert die Frau von
APk 12 die „Kirche" oder nicht vielmehr das von der Apk als kontinuierlich
angesehene Gottesvolk des AT und NT? - S. 381 unten:
Aktueller und leichter zugänglich als die Arbelt von Lindeskog (19381
'st wohl der Bericht von E. Gräßer in VF 18, 1973. H. 2, S. 30-34:
mindestens als Ergänzung wäre er zu erwähnen, der ganze Bericht
<S- 3-45) auch zu S. 46. - S. 390: Was spricht eigentlich dafür, die
Ustervision des tempelfrommen Herrenbruders Jakobus In Galiläa
«•U vermuten, wenn nicht einmal die des Petrus dort stattgehabt
haben soll? — Die Querverweise innerhalb des Buches könnten vielleicht
vermehrt werden: z. B. von S. 245 auf S. 59 (Mk-Schluß), von
28" f. auf 169 ff. (Gnosls). Die Literaturangaben am Kopf der Paragraphen
sind vielleicht doch besser nach Sachsesichtspunkton als
nach dem Alphabet der Verfasser zu ordnen, damit z. B. nicht Kommentare
zwischen Einzelstudlen zu stehen kommen. Vor allem aber

ist zu erbitten, daß in solchen Literaturverzeichnissen Buchtitel nicht
willkürlich abgekürzt werden (vgl. nur S. 219 oben: „Der Phil.. .",
„An die Phil. . .", „Der Phil . . ."). Was bei Rückverweisen selbstverständlich
möglich ist, sollte hier auch bei Raumnot nicht gehandhabt
werden — die Studenten könnten das als Rechtfertigung allzu
„genialischer" Literaturverzeichnisse empfinden!

Naumburg/Saale Nikolaus Walter

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Ring, Thomas Gerhard, O.S.A.: Auctoritas bei Tertullian,
Cyprian und Ambrosius. Würzburg: Augustinus-Verlag
1975. XVI, 269 S. 8° = Cassiciacum. Eine Sammlung wissenschaftlicher
Forschungen über den hl. Augustinus und
den Augustinerorden. Hrsg. im Auftrag des Augustinus-
Instituts der deutschen Augustiner von W. Eckermann,
C. P. Mayer, M. K. Wernicke u. A. Zumkeller, XXIX.
DM 98,-.

Die vorliegende Arbeit des Augustiners Thomas Gerhard
Ring sieht sich auf dem Hintergrund der gegenwärtigen
Diskussion um den Begriff „Autorität" und möchte in diesem
Rahmen „einen Beitrag zur Erforschung der voraugu-
stinischen, christlichen Autoritätsvorstellung leisten" (S. V).
Sie ist unter demselben Titel von der Theologischen Fakultät
der Universität Würzburg als Dissertation angenommen.

Wie der Vf. zur Motivation seiner Untersuchung bemerkt,
gibt es „wohl nur wenige Begriffe aus der römischen Antike,
die dermaßen geschichtswirksam wurden und blieben wie
gerade auctoritas" (S. 1). Deshalb stellt er sich die Aufgabe,
„einen Beitrag zur Erhellung der historischen Voraussetzungen
zu liefern, unter welchen aus der römischen auctoritas
die moderne Autorität wurde" (S. 1). Dabei konzentriert
sich die Analyse auf drei Schwerpunkte: Tertullian. Cyprian
und Ambrosius. In ihnen sieht der Vf. die wesentlichsten
Traditionsströme in der Verwendung des auctoritas-Be-
griffes auf Augustin hin, mit dem „die auctoritas-Vorstellung
der Patristik ihren Höhepunkt und ihre Vollendung"
erreicht (S. 2).

Der eigentlichen Untersuchung vorangestellt ist ein Abschnitt
„Die außerchristliche Auffassung von auctoritas"
(S. 3—32). Dieser kurze, aber für die weitere Darstellung
wichtige Teil befaßt sich mit den verschiedenen Verwendungsbereichen
des klassischen römischen auctoritas-Be-
griffes: auctoritas im privaten Leben (Privatrecht, Persönlichkeit
, Tradition), im öffentlichen Leben (Rechtsprechung,
Politik, augusteischer Prinzipat) und die Relevanz zu anderen
tragenden Begriffen aus diesen Bereichen (potestas, ius,
religio, ratio). Auctoritas erweist sich nach der Darstellung
des Vfs. als „eine dauernde oder im Einzelfall aktuierte personale
Überlegenheit, die vom anderen aus Gründen des
eigenen Wohls innerlich bejaht wird und ihn in sittlich positiver
Weise beeinflußt" (S. 32).

Der eigentliche Hauptteil der Arbeit, der 2. Abschnitt, beginnt
mit einem Exkurs „Geschichtliche Vorüberlegungen"
(S. 33—48). Das erste Kapitel behandelt „Auctoritas bei Tertullian
" (S. 49—91): Innerweltliche auctoritas-Formen, die
auctoritas Gottes, göttlich beglaubigte auctoritas-Formen,
auetorias und ratio. Das zweite Kapitel handelt über „Auctoritas
bei Cyprian" (S. 93—110): Ausgehend von der zentralen
Größe der „auctoritas Gottes" wird als davon abgeleitet
behandelt die auctoritas der Bischöfe, weiterhin die
der Bischofssynode und die des römischen Bischofs. Den
weitaus größten Umfang hat das dritte Kapitel über die
„Auctoritas bei Ambrosius" (S. 111-220). Der Vf. behandelt
hier in einem ersten Teil die „menschliche auctoritas", vor
allem Bedeutung und Funktion, und in einem zweiten Teil
die „göttliche auctoritas", wobei wieder die „auctoritas Gottes
" der Ausgangspunkt ist und in der Folge die abgeleiteten
Formen (auctoritas der Apostel, der Heiligen Schrift und der
Kirche) behandelt werden. Im vierten und letzten Kapitel
erörtert der Vf. „Die auctoritas-Vorstellung bei Tertullian,