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Ausgabe:

1977

Spalte:

580-583

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lattke, Michael

Titel/Untertitel:

Einheit im Wort 1977

Rezensent:

Walter, Nikolaus

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 8

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(84-91), der sich inhaltlich teilweise mit dem eben genannten
berührt, stellte M. die Rolle des Paulus und im Zusammenhang
damit die Bedeutung des Apostelkonzils als des
großen Einschnitts in Acta stärker heraus; in einem weiteren
(1957) klärte er an Hand von Ag 1,15-26 das Lukani-
sche Verständnis des Apostolats und damit die Bedeutung
der Zwölfe bei Lukas (91-100). In Ag 1,3 begründet Lukas
- auf ihn geht die Aussage (in der 40 nur eine runde Zahl
ist) zurück - die besondere Autorität dieser speziellen Zeugengruppe
mit den besonderen Offenbarungen des Auferstandenen
zwischen Ostern und Himmelfahrt (110-118).
Der Aufsatz korrigiert (1962) Ausführungen von 1954, in
denen Lk 24,50-53 und Ag 1,1-5 als nachlukanisch angesehen
wurden (76-84). Die Pfingsterzählung beurteilt M.
(ebenfalls 1962) als historisch in dem Sinn, daß sehr wahrscheinlich
am Pfingsttag die Apostel die geistliche Kraft
empfingen, erstmals Christus zu verkündigen (118-124,
spez. 122). Die Aussagen der Acta über das Brotbrechen
(63-76), die (einschließlich 16,34) guter Überlieferung zugehören
, sind solche über die Eucharistie (die Bezeichnung
in Acta erklärt sich aus Arkandisziplin); Lukas unterscheidet
auch terminologisch zwischen ihr und (damit verbundenen
) gewöhnlichen Mahlzeiten. Für Ag 27,33-36 redet
M. (1953) von einer prefiguration de l'eucharistie (73).
In der Eucharistie - ohne die es keineiKirche gibt - erweist
der Auferstandene sich als machtvoll gegenwärtig3.

Mit dem JohEv befaßt sich einmal eine Übersicht über
die Forschung (1958) von Bultmann bis Barrett (175-199),
an deren Schluß M. nachdrücklich die Originalität des
Autors des JohEv betont (193). Die religionsgeschichtliche
Eigenständigkeit des Johanneischen Gedankens (151-157)
gegenüber dem Synkretismus (dem M. heute als gnostisch
bezeichnete Merkmale gibt, Dualismus Geist/Materie usw.
[153]) wies M. 1940 an derLogos-Christologie, der Eschato-
logie und dem Verständnis der Eucharistie (als Zeichens,
das die Gegenwärtigkeit des Sohnes unter den Seinen vermittelt
[171 f.]) nach. Der Autor des JohEv, der von einem
geschichtlichen Denken jüdischer Herkunft geprägt ist
und einen realisme historique vertritt (174), gehört in eine
Linie mit dem Urchristentum und Paulus4, nicht mit
(Philon und) Ignatius von Antiochien.

Von den acht Aufsätzen über Aspekte der neutesta-
mentlichen Theologie (Teil IV) überhaupt kreisen bemerkenswerterweise
vier um das Thema Kirche. Einmal geht
M. von der Frage aus, warum der Ausdruck une Eglise
(trotz der Paulinischen Reihe Eph 4,4-6) im Neuen Testament
nicht vorkommt (201-205). Ebenfalls 1946 stellt M.
zunächst triadisch den Grund der Einheit der Kirche dar -
sie ist das Gottesvolk des Neuen Bundes, die Gesamtheit
der durch Jesu Tod und Auferweckung Geretteten (der
Leib Christi usw.), die Ganzheit der durch den Geist Christi
regierten Heiligen -, dann die geschichtliche Verwirklichung
der Einheit (unite, nicht uniformite [211]) als ständige
Aufgabe, exemplifiziert an der Übernahme der Jerusalemer
Tradition durch Paulus, an dem Miteinander von
Juden- und Heidenchristen und an der die Einheit wahrenden
Ausgrenzung der Häresie (205-219). Daß es für die
Urchristenheit nur ein einziges Gottesvolk6 - von Abraham
her - gab, belegt M. (1964) vor allem durch Paulus
(337-346). 1952 erschien die ziemlich eingehende Darstellung
des Verhältnisses zwischen der Frühkirche und dem
Judentum (276-313), das in seinen Spannungen - in Gemeinsamkeit
(von alttestamentlichen Gegebenheiten her)
und Unterschied - nach M. letztlich theologisch, speziell
christologisch begründet ist, aber sehr praktische Konsequenzen
hat (bis in den politischen Bereich). Den meisten
Raum (231-275) beansprucht der Nachdruck des Heftes
L'Eglise et les ministeres (1949). Für das neutestament-
liche Verständnis der Kirche betont M. zugleich die Bedeutung
des Geistes und der Tradition von Jerusalem her.
Die Institution ist der Ort für das Wirken des Geistes (239).
Priesterdienst über die Kirche zumal in der Bezeugung des
vollendeten Priesterdienstes Christi (242f.). M. hebt die

einzigartige Autorität der durch den Auferstandenen beauftragten
Apostel, des Fundamentes der Kirche (nächst
(Ihristus), in Leitung, Lehre und Zeugnis (und die Universalität
ihres Amtes) heraus (245-253). Doch sind auch die
(von Anfang an bestehenden) ministeres von Gott bzw.
Christus gesetzt (Dieu veut une ßglise organisee [256J).
Die Kirche ist une christocratie apostolique bzw. hierarchi-
que (273; im Zusammenhang geht es um die Einsetzung in
Ämter). Im letzten Aufsatz (1968) kommt M. zu der These,
die Sakramente seien in der frühen Christenheit durch alle
mit der Wortverkündigung Beauftragten vollzogen worden
(347-354). Von den Texten des 2. und 3. Jhs. schloß
M. 1948 auf die Übung der Kindertaufe vom Anfang der
Christenheit an (219-231).

Eine Doppelvorlesung schließlich handelt vom biblischen
Verständnis des Todes und dem Sieg über den Tod
(314-336). Dem Gedanken der Unsterblichkeit der Seele
setzt M. (1952) nachdrücklich die ganzheitliche Auffassung
des Todes entgegen, der Trennung von Gott bedeutet
.6 Die Überwindung des Todes ist von der Auferstehung
Jesu her gegeben, durch die für den Christen der Anfang
des wahren Lebens in der Gemeinschaft mit Gott durch
Christus gesetzt ist (330-334).

Ein Stellenregister wäre auf jeden Fall erwünscht. Mancher
Leser würde wohl auch eine Bibliographie Ms. begrüßen
.

Die Sammlung gibt einen Überblick über die Arbeit Ms.
zu wichtigen Bereichen der neutestamentlichen Theologie,7
zumal zu den Themenkomplexen Kirche (einschließlich
ihrer Ordnungen), Ämter (bleibende Bedeutung des Apostolats
im Blick auf das Zeugnis der Kirche), Tradition,
Sakramente8; immer aber ist der im Titel des Bandes angedeutete
Aussagenbereich zentral. Macht M. auch die
verschiedenen theologischen Ausprägungen in den verschiedenen
Schriftengruppen des Neuen Testaments sichtbar
, so sieht er zuletzt insbesondere das Gemeinsame der
Aussagen (das zeigt sich nicht erst in Teil IV), die Einheit
des Neuen Testaments in der Vielfalt. M. ist offensichtlich
daran gelegen, die theologischen Aussagen des Neuen Testaments
entscheidend innerhalb dessen eigener Redeweise
und Denkform deutlich zu machen. Von dem allen her
scheint mir die Bedeutung der Aufsatzsammlung in bemerkenswerter
Weise über die eines Gedenkbandes für
Ph. H. Menoud - den Mann und Freund, den Exegeten
und Historiker9 - hinauszugehen.

Halle/Saale Gerhard Delling

1 VkI. ThWNT VII 124 A. 213; 413f. A. 22f.25f.29. Die Auslegung vertrat
schon 1952 (im rcz. Hand 285-287).

■ Über den Beitrag zu Lk 16,16 (125-130) s. ThLZ 96, 1971,333.

* dem Referat (Iber das Heil durch den Glauben nach Acta (180-149) s.
ThI.Z 96, 1971, 588.

' Bezüglich des Abendmahles spricht IC von iiarallelen Linien (173).

• Vgl. für Acta Jakob Jervell, The Divided l'eople of God. The Eestoration or
Israel and Salvation for the Gentils, in: Ders., Luke and the iwople of God.
Minncapolis 1972, 41-74 (zuerst deutsch: StudThcol 19, 1965, 68-96.

1 Vgl.Menoud,Lesort des trcpasses(1945;überarbeitet "1966), dazu G. Stählin.
ThI.Z 75, 1950, 665-667.

' Auch in dem einzigen Beitrag zur Textkritik (1951) handelt es sieh um die
Theologie des sog. westlichen Textes (D) der Acta (49-62).

" Dazu vgl. auch Menoud, It'l'lil'li 38. 1950. 138 117;Tli/ 8. 1952. 161-183.

"So die Überschriften der einführenden Worte von J.-L. Leuba (7f.) und
0. Cullmann (9-12).

Lattke, Michael: Einheit im Wort. Die spezifische Bedeutung von
äydnrj, äyniä» und tpcXetv im Johannesevangelium. München:
Kösel 1975. VIII, 279 S. gr. 8° = Studien zum Alten und Neuen
Testament, hrsg. von W. Richter und R. Schnackenburg, XU.
Kart. DM 45,-.

Die von E. Käsemann angeregte, von A.Vögtle betreute
Kreiburgcr Dissertation untersucht' die johanneischen Aussagen
mit „lieben", wobei rn. R. die Belege für philein mit
denen für agapan usw. zusammengenommen werden. Der
l.Teil stellt den philologischen Befund dar und wirft die
einschlägigen religionsgeschichtlichen Fragen auf (S. 11 bis