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Ausgabe:

1977

Spalte:

572-574

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Asmussen, Jes Peter

Titel/Untertitel:

Studies in Judeo-Persian literature 1977

Rezensent:

Blieske, Dorothea

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Theologische Literat ur/.eitiuig 102. Jahrgang li»77 Nr. 8

r.72

deren inhaltliche Bestimmung jedoch keineswegs schon
mit dem Terminus Aspekt gegeben ist (45). Wenn Kustär
allerdings den Aspekt prinzipiell nur das Verhältnis zwischen
den Handlungen unmittelbar, und das im Sinne von
determinierend-determiniert ausdrücken läßt (44.46), so
müßte diese Aspektdeutung auch für die slawischen Sprachen
gelten. Das ist unwahrscheinlich. Der Aspekt ist eben
„die Art der Beobachtung einer Handlung" (20; unterstrichen
). Es muß dann einer Aspektsprache überlassen
bleiben, ein- und dieselbe Handlung in ein- und demselben
Zusammenhang je nach der interessierenden Betrachtungsweise
z. B. als kursiv oder nicht-kursiv (punktuell
u. a.) zu betrachten. Man wird also die nützliche Unterscheidung
vor allem zwischen Aktio und Aspekt weiter
vorantreiben müssen. Ebenso ist die lexikalische (44.47)
Differenzierung der Verben zumindest in Handlungs- und
Zustandsverben vorzunehmen.

K. bietet eine Fülle näherer Umschreibungen für das
Aspektpaar determinierend-determiniert an. qtl kann als
Ausgangspunkt, determinierendes Moment, entscheidendes
Moment, wirkendes Moment, Grund,Grundmotiv,Ur-
sache, Voraussetzung oder Zielpunkt, Schlußpunkt, Zweck,
Ergebnis, Erklärung, Zusammenfassung, Bewertung der
durch jqtl bezeichneten Handlungen interpretiert werden
(46-55.58). Entsprechend kann jqtl im Verhältnis zu qtl
die Handlungen bezeichnen, auf deren Ausgangspunkt. . .
Bewertung der Sprechende hinweisen will (46f .50.55). Ferner
bietet qtl die Knotenpunkte, jqtl den Faden der Erzählung
(52), teilt qtl für den Fortgang der Handlungen
wichtige, bestimmende, jqtl unwichtige, nicht bestimmende
Bemerkungen mit und sieht jqtl Handlungen als
möglich, gewünscht oder vorausgesetzt an (51).

Die Umschreibungen für das determinierende qtl als
Ausgangspunkt wie als Zielpunkt, Ursache wie auch Ergebnis
, Zusammenfassung müssen zu Unklarheiten führen
. Das Verhältnis Ursache-Wirkung qtl—jqtl (53) ist auch
durch jqtl—qtl ausdrückbar (54). Hier hilft es wenig, wenn
im zweiten Fall qtl „auf den Zweck oder die Ergebnisse
der durch jqtl-Formen gemachten Aussagen hinweisen"
soll (54; unterstr.). Ebenso wäre man gespannt, wie K.
Hiob 1,5 (kkh j'sh; vgl. 52) deuten würde. Liegt hier nicht
eine Zusammenfassung vor? Wie ist qr' von wjqr' in Gen
1,4 (vgl. 37) abzuheben? Andererseits genügt die Deutung
jqtl-qtl bei 'sr 'mr Gen 22,2.3 im Sinne von unwichtigwichtig
(49) nicht, da auch die Nennung in V. 2 keineswegs
belanglos ist. Ez 36,26 dagegen soll jqtl gerade „die eigentlich
neue Botschaft" zum Ausdruck bringen (54).

Hier entstehen Zweifel an der inhaltlichen Bestimmung
des Aspektpaares. Tatsächlich können die beigebrachten
Beispiele die Beweislast nicht tragen. Trotz des Grundsatzes
, Textzusammenhänge zu betrachten, wird weithin
Ungleiches verglichen. In Jes 39,lf. /2 Kön 20,12f. (47f.)
stehen sich wjsm' und kj sm' gegenüber, wobei kj determiniert
. - In Gen 22,1-12 (48f.) ist V. 1 (nsh) reine Erzählung
, V. 12 (kj 'th jd'tj) Rede, ebenso 'sr 'mr (V.3 qtl, V.2
jqtl; 50f.). Die jqtl-Formen V.6 und V.8 entstammen Reden
(55).-Ez 36,22-26 (54) zeigt wnttj und die meisten
(w)qtl-Pormen an der Satzspitze, 'tn (V.26) im Satzinnern
. - Wenn auch K. meint, die Stellung der Verbformen
im Satz bei der Analyse ihrer grammatischen Funktion
unberücksichtigt lassen zu können (36), müßten dennoch
bei einer überzeugenden Beweisführung zunächst
stellungsgleiche Formen verglichen werden, um fremde
Determinanden (vgl. 47.48) auszuschalten. Lediglich Jes
36,20f./2 Kön 18,35f. kann dieser Forderung für wjhrjsw-
whhrjsw genügen. Doch schon jsjlw wird gegenüber hsjlw
durch kj näher bestimmt (46f.).

Bei der Interpretation der Verbformen mit und ohne w-
bleibt offen, weshalb zumindest die masoretische Form des
Althebräischen zwischen waqqiqtol und weyiqtol unterscheidet
und weshalb rein erzählende Texte wjqtt, Reden
wqt] bevorzugen. Hier ist den Gattungen eine größere Beachtung
zu schenken (vgl. W.Richter).

Die Literaturreferate sind im ganzen zuverlässig, weniger
die wörtlichen Zitate (15.41). Zur Darstellung Rund-
grens wird man jedoch anmerken müssen: Die enge Verbindung
von induktiver und deduktiver Methode (18) ist
auch Rs. Anliegen (Das Althebräische Verbuni, 1961, 83).
- Es ist kein methodischer Widerspruch, wenn der formal
merkmallose Term qtl funktionell merkmalhaft wird (15).
Von der formalen Ebene kann nicht direkt auf die Bedeutungsebene
rückgeschlossen werden (R., 35f.62.72f.). -
Die althebräische Aspektopposition Stativ/Fiens (qtl-jqtl)
darf nicht als Rs. Endergebnis dargestellt werden (15),
da jqtl in yäqüm-yäqom zu zerlegen ist und beide eine
2. Opposition kursiv/non-kursiv (1. punktuell, 2. neutral)
bilden (R., 92ff., vgl. 72). - Angesichts der von K. nicht
berücksichtigten Überlegungen Meyers, Rößlers (neuerdings
auch Bobzins) zu der Existenz einer zweiten Präfor-
mativform wird man die Doppelgestalt der jqtl-Form
(yäqüm-yäqom) nicht als „eingeschmuggelt" bezeichnen
können (15). - Die qtl-jqtl-Opposition wird bei R. nicht
unendlich variiert, vielmehr ist die Stellung der beiden
Oppositionen im Sprachsystem von den zahlreicheren
Realisationsmöglichkeiten im Sprechakt abzuheben (vgl.

14)-

Die Ausführungen zur hebräischen Denkweise lassen die
Frage aufkommen, weshalb andere semitische Völker, deren
Verbalsystem ähnlich wie das hebräische aufgebaut
sein dürfte, in der Geschichtsdeutung völlig andere Wege
gegangen sind.

Man wird also durch die Arbeit zum Weiterbedenken der
aufgeworfenen Probleme angeregt.

Naumburg Ulrich Schröter

JUDAICA

Asmussen, Jes P.: Studies in Judeo-Persian Literature. Leiden:
Brill 1973. VII, 135 S. m. 5 Abb., 20 Taf. gr. 8° = Studia Post-
Biblica, ed. by J. C. H. Lebram, 24. Lw. hfl. 56.-.

Dem Autor angezeigten Werkes, der englischen Ausgabe
des 1970 u. d. T. Studier i jodisk litteratur erschienenen
Originals, verdanken wir neben für Religionswissenschaft
und Iranistik gleichermaßen relevanten Publikationen
seit 1965 eine Anzahl grundlegender textkritischer Untersuchungen
und Editionen auf dem Gebiet der judenpersischen
(= jp.) Literatur, deren Erschließung Ende des
19. Jhs. vereinzelt u.a. durch H. Zotenberg, P. de Lagarde,
C. Salemann und in verstärktem Maße durch Wilhelm Bacher
begann.

Unter Judenpersisch verstehen wir die Sprache der iranischen
Juden, die sich ausschließlich der hebräischen
Schrift bedienen. Einleitend vermittelt Professor Asmussen
unter Berücksichtigung bisher bekannter und Entwicklung
neuer Forschungsergebnisse Einblick in Geschichte
, Literatur und Sprache der jüdischen Diaspora
auf iranischem Boden, deren Existenz erstmals 2 Kön 17,6
belegt ist. Die Geschichte Israels und der Juden ist mit
Iran durch Kyros, den „Gesalbten des Herrn", aufs engste
verknüpft. Dank seiner und der von persischen Herrschern
allgemein geübten Toleranz, sieht man von manchen Verfolgungen
durch Fanatiker in der 3000jährigen iranischjüdischen
Geschichte ab, waren es die Juden der unter den
Achaemeniden wirtschaftlich stärksten Provinz Babylo-
nien, welche die spätere Generationen religiös und kulturell
inspirierende Grundlage schufen (Schule von Sura und
Pumbeditha). Die ältesten uns erhaltenen jp. Dokumente
stammen aus dem 8. Jh. v.Chr. Bis Ende des 19. Jhs. berechtigte
der in europäischen Bibliotheken befindliche
Hss.-Bestand zu der Annahme, das literarische Interesse
der Juden Irans hätte ausschließlich der Übersetzung alt-
testamentlicher Literatur gegolten. Die von dem biblio-