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Ausgabe:

1977

Spalte:

31-32

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ahlström, Gösta W.

Titel/Untertitel:

Joel and the temple cult of Jerusalem 1977

Rezensent:

Keller, Carl-Albert

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 1

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literarkritischeAnalyse, und nach der Auffassung des (skandinavischen
) Besprechers ist dies in den größten Teilen seines
Buches der Fall. Dies ist nicht als Kritik anzusehen, nur
als Feststellung.

Obgleich diese Besprechung spät kommt (durch Umstände,
für die derBesprecher nicht verantwortlich war),muß sofort
gesagt werden, daß es seinen Wert bewahrt hat. Untersuchungen
von dieser Art über die Qumran-Schriften sind
nützlich und notwendig. Die Zeit der schnellen Schlüsse ist
zu Ende, und Arbeiten wie die Peter von der Osten-Sackens
werden der Forschung auf dem weiteren Weg helfen.

Der scharfe Gegensatz in der Kriegsrolle zwischen Gott
und Belial ist eigenartig, besonders weil der Ursprung der
Belial-Gestalt ganz unklar ist (S. 73). Im AT wie in den Ho-
dajoth ist Belial fast ausschließlich als Abstraktum belegt.
In Nah 2,1 dagegen bezeichnet Belial wie in der Kriegsrolle
den Anführer der feindlichen Macht im eschatologischen
Krieg. In der Kriegsrolle nimmt Belial die Stelle ein, die
Antiochus IV in den Visionen in Dan 7 f. als eschatologischer
Feind Gottes innehat.

Der Erklärungsversuch des Vf.s für die Wandlung Belials
durch Einbeziehung der Stellen Ps 18,5 = 2 Sam 22,5 wirkt
nicht überzeugend (S. 74).

Daß sich die älteste Form des Dualismus von Qumran in
der Kriegsrolle findet, läßt sich gewiß nicht leugnen. Der Vf.
kommt aber zu leicht um die Schwierigkeit herum, daß die
eschatologisch-dualistischeTradition auch in ihrer ursprünglichen
Form in Qumran wie im Spätjudentum in späterer
Zeit fortlebte, wie XII Test Patr, Pescher 11 QMelch und
ApokJoh 12 zeigen. Doch muß eingeräumt werden, daß ein
Rückfall in alte Vorstellungen unter besonderen Umständen
leicht stattfinden konnte. Das zeigt ja vor allem Apok
Joh.

Der Vf. zeigt, daß die Bindung des Dualismus an die
Kriegssituation im Laufe der Zeit immer stärker zurücktrat
. Die Gemeinderegel ist sowohl traditionsgeschichtlich
als theologisch komplizierter als die Kriegsrolle. Hier wirkt
auch die iranisch-dualistische Lehre über die beiden Geister
ein, die die Welt von Anfang an beherrschten, die Herrscher
des Lichtes und der Finsternis. Als Gegensatz galt aber nicht
mehr, wie meistens in der Kriegsrolle, das Verhältnis zwischen
Israel und den Völkern, sondern das zwischen Qum-
rangemeinde und Welt.

In der Gemeinderegel 111,13 - IV,14 betrifft der Dualismus
die Existenz des einzelnen Menschen. Da wird der Streit
ausgekämpft, und erst in der eschatologischen Vollendung
wird die Lösung gefunden.

Die Träger der dualistischen Überlieferung der Kriegsrolle
sind nach der Auffassung des Vf.s Kreise, die von den
Makkabäern abgesplittert waren, wahrscheinlich Asidäer.
Der Lehrer der Gerechtigkeit hat ihre Lehre weitergeführt.
Anfänglich waren diese Uberlieferungen an die Kriegssituation
gebunden, wurden aber später von ihr abgelöst und gewannen
selbständige Bedeutung.

Das Buch gibt eine gute Ubersicht über die Wandlungen
des Dualismus in der Qumrangemeinde und ist so ein sehr
nützliches Werk.

Oslo Arvid S. Kapelrud

Ahlström, G. W.: Joel and thc Temple Cult of Jerusalem.
Leiden: Brill 1971. XII, 151 S. gr. 8° = Supplements to Ve-

tus Testamentum, ed. by G. W. Anderson, P. A. H. de Boer,

G. R. Castellino, H. Cazelles, E. Hammershaimb, H. G.

May, W. Zimmerli, XXI. Lw. hfl. 60,-.

Das vorliegende Buch, das sich leider nicht durch übergroße
Klarheit in Aufbau und Durchführung auszeichnet,
besteht aus zahlreichen, meist lose aneinandergereihten, in
der Regel wohlinformierten und anregenden Einzeluntersuchungen
zu Worten, Phrasen und Themen des Joelbuches.
Eine Zusammenfassung der Thesen und Ergebnisse findet
sich nirgends; der Leser muß sich mühsam durch das Ganze
hindurchwinden, um zu einem einigermaßen abgerundeten

Bild zu kommen. Das Vorwort nennt als „eine der Hauptthesen
" die Ansicht, der Prophet habe Vorgänge beschrieben,
die sich tatsächlich im Jerusalemer Tempelkultus seiner
Zeit abspielten, und nicht — wie gelegentlich behauptet —
gewisse Motive und Gedanken unmittelbar dem kanaanäi-
seben Kultus entnommen. Das ist ja recht einleuchtend —
aber ist es wirklich so neu? Jedenfalls scheinen die Einzelanalysen
des Buches interessanter als die „Hauptthese". Als
Tempelkult der Zeit Joels wird der traditionelle Jahwe-
Bundeskult herausgearbeitet, obwohl die letztlich kanaa-
näische Herkunft mancher Begriffe und Praktiken zugestanden
ist. Die Zeit Joels ist das ausgehende 6. Jh.; anknüpfend
an eine wirkliche Heuschreckenplage hat der Tempelprophet
Joel seine Zeitgenossen aufgerufen, sich wieder dem „Bunde"
einzuordnen.

Bedenken muß Rez. vor allem anmelden hinsichtlich der
Behandlung des Begriffes, den Ahlström als „the central
concern of the book of Joel" ansieht (S. 111), nämlich des Begriffs
sedäqäh. Ahlström verzichtet auf eine eigentliche Analyse
dieses Terminus, auch wenn er ein ganzes Kapitel dem
„Führer zur Gerechtigkeit" (2,23) widmet: dieser wird verstanden
als „Führer" des Jerusalemer Tempelkultus und als
„Personifikation" der Gerechtigkeit, als Orakelerteiler, der
die Gerechtigkeit „aufrichten" müsse. Ohne jegliche Begründung
deutet Ahlström das Wort sedäqäh als „rechte. Ordnung
", und zwar als mit der „Bundesordnung" identische
Ordnung, als Ordnung, die, ausgehend von der „rechten
Kultordnung", Fruchtbarkeit und Segen garantiere. $edä-
qäh wäre demnach „rechte Ordnung im Himmel und auf der
Erde, mit dem richtigen, idealen Leben für das Volk" (S. 91).
Die Idee einer „Ordnung", wenn nicht gar einer „Weltordnung
", treibt ja in den Arbeiten mancher Exegeten ihr Unwesen
, und es wäre an der Zeit, sich einmal ernsthaft zu fragen
, wieweit eine solche Idee sich mit der tatsächlichen Verwendung
des Wortes sedäqäh vertrage. Jedenfalls scheint
„Ordnung" viel zu statisch, um mit dem dynamischen Charakter
des „Tuns der Gerechtigkeit" gerecht zu werden. Indem
Ahlström die „Gerechtigkeit" zum Zentralthema der
Pi ophetie Joels erklärt, ohne sie jedoch genauer zu analysieren
, hat er eine Gelegenheit verpaßt, einmal gründlich
und kritisch zu fragen, was Joel und andere hebräische Autoren
eigentlich darunter verstanden haben.

Le Mont Carl Keller

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