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Ausgabe:

1977

Spalte:

501-502

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Corpus of Jewish inscriptions 1977

Rezensent:

Delling, Gerhard

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5(1]

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 7

502

JUDAICA

Frey, Jean-I!apt iste: Corpus of Jewish Inscriptions. Jewish In-
scriptions froni the Third Century B. 0. to the Seventh Century
Ä..D.I: Kin-opc. Prolegomenon by B.Lifshitz. New York :KTAV
Publishing Housc 1975. 107, CXLIV, 678 8., 7 Abb. gr. 8°
The Library of Biblical Studies, ed. H. M. Orlinsky. Lw. $ 46,-
[Nachdruok von Frey, J.-B.: Corpus Inseriptionum ludaicarum.
Reeeuil des inseriptions juives qui vont du III0 siccle de notre
ere. Vol. I. Rom 1936.]

Der vorliegende Nachdruck von CL1 l1 bestätigt die editorische
Leistung des Pater J.-B.Frey (gest. 1939) als grundlegend. B.Lifshitz
würdigt in dem vorangestellten Prolegomenon kurz Freys
Werk sowie neuere Untersuchungen besonders zu den Inschriften
Korns (8.21-23*) and nimmt zu einigen Problemen Stellung, vor
allem zu dem der Namen (S.23L). In den Addenda et Corrigenda
arbeitet er die Ergebnisse der Forschung seit 1936 auf, darunter
nicht wenige eigene (S.25-95; Bibliographie: S.96f.). Mit ihm ist
ein ausgesprochener Fachmann der jüdischen Epigraphik am
Werk.3 Einmal werden durch ihn dem Benutzer wichtige neuere
Beobachtungen zu Textgestalt und Aussagen der von Frey gesammelten
Inschriften präsentiert. Sodann werden je am geographischen
Ort 794 neue Texte (mit etwa 15 Namen biblischen Ursprungs)
der Sammlung eingefügt und im gegebenen Rahmen erläutert, in
den Zusammenhang des jüdischen Inschriftenmaterials der Zeit
eingeordnet usw., unter vielfältiger Bezugnahme auf die Literatur.
Ausführlicher behandelt wird die besonders bemerkenswerte Inschrift
der samaritanischen Synagoge von Thessalonich, auf der
Num 6,22-27 in von LXX abweichender Übersetzung5 zitiert wird
(S. 70 75). I nsgesamt wird unsere Kenntnis des antiken Judentums
Europas Im Prolegomenon mannigfach bereichert und darüber hinaus
die Forschung zu neuen Fragestellungen angeregt. Besonders
zum ersten tragen auch die Indices der Namen und Wörter in den
neuen Texten bei (S.98-103), die weitgehender gegliedert sind als
bei Frey (Religion, Organisation der Gemeinden, spezielle Wendungen
und Ausdrücke der Grabinschriften usw.). 7 Abbildungen
runden das Ganze."

Die Sarkophag-Inschrift. Nr.693h (nehen einem siehenaniiigen
Leuchter; Thessalonich) „(Der) Herr (ist) mit uns" geht kaum speziell
auf Ps 46(46),8.12 zurück; das Bekenntnis gibt eine der Grund -
aussagen des Alten Testaments wieder, Jos 8,10; 2Chr 32,8; Jdc 6,13,
vgl. Jdt 13,11; 3 Makk 6,15.7 ,Kyrios' bezeichnet hier (wie. anderswo
in der Diaspora) den Gott des jüdischen Volkes. Das Prädikat.
,theosebes' möchte ich nicht mit L. in Nr. 731c (Euphrosyne) durch
God-fearer in einem technischen Sinn wiedergeben, vgl. die Erklärung
des Adjektivs in Jdt 11,17 (Judit). Entsprechendes gilt für
dio Deutung des Epitheton in Nr. 619a. Es bezeichnet im jüdischen
Bereich denjenigen, der den alleinigen Gott in der rechten Weise
(einschließlich des rechten Verhaltens) verehrt; deshalb wird es
auch auf Juden angewandt."

Auf Gnmd des zu Cl J I Gebotenen dürfen wir der Bearbeitung
von 11 (zuerst, hrsg. von G. Bclvedori 1952) erwartungsvoll entgegensehen
. Zunächst vermißte der Benutzer von 11 bisher schon
sehr Register der Namen und Wörter,0 außerdem wären Indiecs
dor gebrauchten Symbole10 - die bemerkenswerterweise zu einem
erheblichen Teil auf den Tcmpelkult Bezug haben - und der Fundorte
der Texte zu begrüßen. Vor allem aber ist in den letzten Jahrzehnten
eine ganze Anzahl jüdischer Inschriften erstmals ediert
oder neu bearbeitet worden, nicht nur aus Palästina,11 sondern
etwa auch aus der Cyrenaica,12 deren Texte in CIJ bisher überhaupt
noch fehlen. Übrigens handelt es sich bei den Inschriften aus
Jerusalem, Ägypten, der Cyrenaica häufig auch um solche aus der
Zeit vor der Zerstörung des Tempels, für die sie unser Wissen vom
Judentum nicht zuletzt der Diaspora ein gutes Stück bereichern.
So begleiten die weitere Arbeit am CIJ die besten Wünsche.

Balle/Skala Gerhard Delling

1 Dali dem ursprünglichen Titelblatt, ein anderes in englischer Sprache vorgesetzt
worden Iii, hat »'»Iii vertagt technische Gründe; man wird heim Zitieren
vom lateinischen Obertitel aussehen. Lifshilz kürzt dementsprechend im
f rulcgonicnon (JI Jud; wir setzen mit anders!) CIJ.

■ S. 11-111 des Vorspanns sind S. 679-887 des KrstdruckB.

3 Vgl.: Bibliographie zur jüdisch-hellenistischen lind intertestamentarischen
Literatur I(MIO 1070 (TL 1116») Xr.506.804-818.836f.3031.
' Wenn ich recht zahlte.

' E. Tov, (Ine inseription grecque d'oiigine samaritaine trouvee ä Thessalont-
cpic, RcvBibl Ol (1074) S. 304-300 denkt an einen revidierten Scptuaginlatext.

■ Unverhesserte Druekversehen stellt der Lesei' meist ohne besondere Mühe
seitist richtig* In der Liste der Krrata zum Prolegomenon (8. 104) ist. zu den
Seitenangaben jeweils 8 zuzuzihl'ii. - Zu Joh 13,23 am Ende wird wohl versehentlich
Judas [schartol genannt (S. 74).

' Vgl. W. (J. van Lunik, Dominus Yohiseiim: The Background of a Liturgical
Eformuia, in: Xew Testament Lssays. Studies in Memory of Th. V. Mausen,
Manchester 1050, 270 305, spez. 277-270.

■ Vgl. u.a. das Material hei G. Bertram, ThWXT III 1251'.

' Bslvederi kündigte Indiecs zum ganzen Corpus an (S. VII).
" S. schon CIJ1 I, S. 663f.
" Vgl. o. A. 3.

" Allein auf den Grabinschriften in SupplBpIgrGraec I« (1050) Nr. sTli 930
begegnen zahlreiche Juden von Teucheira (Arsinoe) in der Cyrenaica aus dem
l.Jh. vor und dem l.Jh. nach Chr.

Dey, Lala Kalyan Kumar: The Intermediary World and Patlerns of
Perfection in Philo and Hebrews. Missoula (Montana): Scholars
Press 1975. XI, 239 S. 8° = Society of Biblical Literature Diss.
Ser. ed. H. C. Kee - D. A. Knight, 25. 8 4.20.

Unbefriedigt durch das bisherige, zumal das religionsgeschichtliche
Verständnis entscheidener Züge des Heb (1-3 u.ö.), ordnet
Dey den Brief einem besonderen Ideenbercich des hellenistischen
Judentums zu, den er hauptsächlich von Philon her darstellt
(Teil 1). In Philons Aussagen über die Welt der Mittler zwischen
Gott und Mensch haben - so die grundlegende These in e. 1, die
nach Dey für das Verstehen der allegorischen Deutung Philons
maßgebend ist - Mittlerwesen, Logos, Sophia, Engel, himmlischer
Mensch,1 im entscheidenden die gleichen Funktionen; die Bezeichnungen
sind dementsprechend weitgehend aust auschbar. Insbesondere
Logos und Sophia sind Mittler dor Schöpfung und einer Offenbarung
zweiten Ranges; sie gewährt, nicht den direkten Zugang zu
Gott, den Status der Vollkommenheit, der zumal Mose, Melchise-
dek, auch Aaron und Levi zuteil wurde. Über diese beiden Ebenen
der Vollendung handelt Dey in c. 2 insbesondere an Hand Philoni-
scher Äußerungen zu deneben Genannten und weiteren Erzvätern.2
In der unmittelbaren Beziehung zu Gott - die allen zugänglich ist -
erreicht man die gleiche Ebene, die Logos und Sophia innehaben
(7H). Hat Dey schon in c. 1 f gelegentlich außerphilonische jüdische
Texte herangezogen (insbesondere aus Sap), so widmet er c. 3 ausdrücklich
einen Vergleich der Aussagen über Engelwelt und Verständnis
der Vollendung in solchen und bei Philon; dabei werden
vor allem Unterschiede zwischen Philon einerseits und Qumran
(84-86.96-98) und test XII (87-89.92f.98-l 10) andererseits herausgestellt
: Hier schließen die Mittelwesen nicht, wie bei Philon, eine
Kluft zwischen Gott und dem Menschen, und die Vollkommenheit
wird als völlige Treue gegen die religiösen Pflichten verstanden.
Heb gehört dabei an die Seite Philons.

In dem ungefähr gleich langen Teil II, The Superiority of Jesus
over the Intermediaries and Exemplars of Perfection (119-233),
wird in c. 4-6 Jesu Überlegenheit über die Engel (Heb 1,1- 2,4),
Mose (3,1-6) und Melchisedek, Levi, Aaron (7,1-28) erörtert. Nach
Dey dachten die Adressaten des Briefes im Kähmen einer Gedankenwelt
, wie sie in I dargestellt war (123). Von daher erschließt
sich ihm das Verständnis der besonderen Themen des Heb (1241.).
Der Brief wehrt der Einordnung Jesu unter die Mittler, die nicht
zur Vollkommenheit, der Nähe zu Gott, verhelfen können. Von der
Zweitrangigkeit der nach Titulierung und Funktion untereinander
austauschbaren Mittlergestalten und der durch sie ermöglichten
Gottesbeziehung in jener besonderen jüdischen Tradition her wurde
es notwendig, die schlechthinnige Einmaligkeit Jesu aufzuzeigen,
durch den das volle Heil der unmittelbaren Nähe zu Gott gewährt
wird (154). Von daher klären sich für Dey eine Reihe von Fragen,
die sich mit den vorhin angeführten christologischen Abschnitten
des Heb verbinden.

Im Verständnis der Vollendung Jesu (c. 7; zu Heb 2,5-18; 4,14
bis 5,10) vollzieht sieh in Heb eine revolutionäre Umdeutung der
nach Philon dargestellten Tradition: Jesus trat ein in das Reich der
Ulivollkommenheit (Heisch, Blut, und Versuchung), erlangte Vollkommenheit
eben in diesem lieieh und öffnete dadurch den Weg
für andere, innerhalb des Reiches der Schöpfung an der Voll-