Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1977

Spalte:

429-432

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Allen, Leslie C.

Titel/Untertitel:

The Greek chronicles 1977

Rezensent:

Baltzer Bertram, Georg

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

429

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 6

430

rungen zu. Besonders präzise — aber auch besonders problematisch
— ist die Annahme, daß die in den Zusammenhang
der Regelung des Rechtsverfahrens gehörenden If-You-For-
mulierungen ursprünglich als königliche Anweisungen an
die beamteten Richter zu verstehen sind.

Man legt die Dissertation von G. mit durchaus zwiespältigen
Gefühlen aus der Hand. Denkanstöße sind hier sicherlich
vermittelt und hilfreiche Textzusammenstellungen vorgenommen
, aber man wird nicht sagen können, daß G. die „If-
You form" in den alttestamentlichen Rechtstexten als alte
Rechtsform erwiesen hat.

Wuppertal-Darmen Hans Jochen Boecker

Allen, Leslie C: The Greek Chronicles. The Relation of the
Septuagint of I and II Chronicles to the Massoretic Text. I:
The Translator's Craft. II: Textual Criticism. Leiden: Brill
1974. X, 240 S. u. XII, 182 S. gr. 8° = Supplements to Vetus
Testamentum, ed. by G. W. Anderson, P. A. H. de Boer,
G. R. Castellino, H. Cazelles, J. A. Emerton, W. L. Holla-
day, R. E. Murphy, E. Nielsen, W. Zimmerli, XXV u.
XXVII. Lw. zus. hfl. 88.-.

Die textkritische Arbeit am AT ist bei der festen Prägung
des Textes in der Ursprache im wesentlichen auf die Übersetzungen
, vor allem der LXX und der drei anderen hexa-
plarischen eingestellt. Andere wie Lat und Syr haben nur
geringe Bedeutung. So versucht die Textkritik, ältere Überlieferungsstufen
des HT zu erreichen und als Voraussetzung
dafür einen kritisch einwandfreien Text der LXX herzustellen
. Die Textüberlieferung ist nach Umfang und Art für die
einzelnen Bücher des AT unterschiedlich und erfordert jeweils
eine besondere kritische Behandlung. Die Methoden
dafür sind im allgemeinen gleichmäßig entwickelt. Die Zielsetzung
unterscheidet sich aber, je nachdem ob es um eine
kritische Arbeit am Urtext geht, für die die LXX Material
liefern soll, oder ob die griechische Übersetzung vor allem
die LXX in ihrer Eigenart und Besonderheit — zunächst wenigstens
— ohne Rücksicht auf den HT in ihrem Wesen erfaßt
werden soll.

Die vorliegende Arbeit sieht beide Aufgaben, bemüht sich
aber darum, die griechische Ubersetzung in ihrer kritischen
Bedeutung für den HT zur Geltung zu bringen. Der Arbeitsplan
ist umfassend und die Methode ist systematisch bis in
alle Einzelheiten ausgearbeitet. Die dafür zur Verfügung
stehenden Vorarbeiten werden nach ihrer Methode wie nach
ihren Ergebnissen sorgfältig herangezogen und benutzt. Ein
ausführliches Literaturverzeichnis steht zur Verfügung. So
kommt es wohl für die auf die beiden Bücher der Chronika
bzw. der Paralipomena begrenzte Aufgabe zu einer abschließenden
endgültigen Leistung. Der Umfang der Arbeit
und der dafür notwendige Zeitaufwand hat im Sinne der
deutlichen Darstellung der zwiefachen Aufgabe in Band I
die Leistung des Übersetzers und in Band II die Textkritik
behandelt. Beide Teile sind dem Untertitel des ganzen Werkes
entsprechend auf das Verhältnis der LXX von I und II
Chronika zum MT ausgerichtet. So wird im 1. Teil die LXX
von Chron I und II als selbständige literarische Größe behandelt
. Das bedeutet in erster Linie die kritische Benutzung
der gesamten erhaltenen und zugänglichen handschriftlichen
Überlieferung. Das sind 46 Mss und eine Anzahl
von Tochterübersetzungen mit ihren Verbesserungen
und Fehlern, die zu verarbeiten sind. Die mehr oder minder
deutlich sich abzeichnenden Textgruppen (R, L, O, A) werden
in der üblichen Weise benannt. Sehr wichtig, aber kaum
eindeutig zu beantworten ist die Frage, ob es sich in dem
vorliegenden Text wirklich um die LXX oder nicht vielmehr
um Theodotion, vielleicht auch einen Urtheodotion handelt.
Davon abgesehen wird die Besprechung der Ordnung und
des Wertes der Mss fortgesetzt, und etwaige ägyptische Einflüsse
, Nachklang der Pentateuch-Uberlieferungen und An-
gleichungen an parallele Texte werden angemerkt, wobei
auf den HT zurückgegriffen werden muß, und zwar unter

Berücksichtigung etwaiger jüdischer Textrevisionen. Die
Sichtung der Mss ergibt bei den Namen-Schreibungen vier
bestimmte Gruppen. Bei den weiteren Ausführungen wird
die Verfahrensweise der Übersetzer geprüft. Bestimmte Regeln
lassen sich feststellen. Weiter werden die Wortfolge wie
die einzelnen Wortformen untersucht und die Schwierigkeit
eindeutiger Feststellungen gegenüber der Stilmischung hervorgehoben
. Es wird die wörtliche Wiedergabe des hebräischen
„in" im Griechischen gegenüber freierer Behandlung
anderer präpositioneller Ausdrücke dem griechischen Stil
entsprechend beobachtet (vgl. dazu: R. A. Martin, Semitic
Sources in Greek Documents). Beliebige Ergänzung durch
Präpositionen und Umschreibungen ermöglichen deutlichere
und lebendigere Satzgestaltung. Daß gleiche griechische
Wörter für verschiedene hebräische Ausdrücke vorkommen,
liegt wohl an der Schwierigkeit, immer die gewünschten
Synonyme zu finden trotz der Bemühungen um sprachliche
Abwechslung, wie ja auch andererseits verschiedene griechische
Vokabeln für das gleiche hebräische Wort verwendet
werden. Bei unbekannten Vokabeln kommt es öfter zum
willkürlichen Raten oder zur Umschrift, wobei manchmal
vielleicht sogar absichtlich auch kultische Termini betroffen
sind. In den beiden folgenden Kapiteln wird eine Beschreibung
der genannten Ms-Gruppen unternommen: Zur sogenannten
lukianischen Rezension, L, gehört trotz ihres gemischten
Textes die bohairische und auch die äthiopische
Ubersetzung. Dahinter steht wohl ein protolukianischer
Text, der wohl in manchen Lesarten die ursprüngliche LXX
repräsentiert. An einzelnen Stellen dieser Überlieferung ist
Einfluß der drei jüngeren hexaplarischen Übersetzungen zu
bemerken. Die 2. Gruppe geht wohl auf ein bestimmtes Ms
zurück. Sie stellt die Revision eines früheren griechischen
Textes dar. Sie ist durch stilistische und exegetische Eigenheiten
und gelegentlich durch unabhängige Textgestaltung
in besserem Griechisch sowie dadurch, daß sie sich in etwa
dem HT nähert, bestimmt. Dieser R-Text (Rahlfs) steht
manchmal dem des Josephus nahe. Auch hexaplarische Lesarten
sind festzustellen, und gelegentlich stammen Lesarten
von L und von R aus derselben Quelle. Die 4. Gruppe, A,
steht dem R zugrunde liegenden Text wohl am nächsten.
Die Mss der 3. Gruppe bemühen sich auch um einen glatteren
griechischen Stil und um eine Annäherung an MT. Aber
Gruppe 3 nimmt sich nicht soviel Freiheit wie Gruppe R.
Mit Gruppe 4 hat 3 eine Anzahl unerwarteter Lesarten gemeinsam
. Zugleich zeigt sich hier die nächste Verwandtschaft
mit der hexaplarischen Rezension und scheint auf
einem prähexaplarischen Text zu beruhen. Sie ist so der
beste Zeuge, der die Grundlage der hexaplarischen Revision
bildet. Demgemäß Ist 3 = O (Origenes), während die 4. Gruppe
die älteste vorhandene Gestalt des Griechischen — G —
Textes der Chronika repräsentiert. Das findet sich durch
Origenes bestätigt; zugleich geben die syrohexaplarischen
Uberlieferungen Sicherheit für den hexaplarischen Charakter
der Mss der O-Gruppe. Im 7. Kapitel werden verschiedene
nicht unwichtige Äußerungen der Übersetzung
behandelt, so längere und kürzere Wiedergaben und die Auslassung
von Synonymen und Wiederholungen oder von unbekannten
, nicht verstandenen und überflüssigen Worten.
Nur von geringen Spuren theologischer oder weltanschaulicher
Beeinflussung der Ubersetzung könnte geredet werden
. Manche Anstöße anthropopathischer Formulierungen
sind nicht in der Übersetzung beseitigt, und die Absicht dogmatischer
Änderungen ist nicht nachzuweisen. Allerdings
stand der Übersetzer vor der Möglichkeit oder sogar Notwendigkeit
neuer Auffassung der Texte unter dem Eindruck
zeitbedingter Entwicklung der religiösen Lehre. Aber je
mehr die LXX-Übersetzung der Chron den Eindruck der
Wörtlichkeit zu machen scheint, desto mehr müßte jede
freiere Wiedergabe als zum Wesen der Übertragung gehörend
erkannt werden. Der im Griechischen geänderte Titel
der Chronika selber bezeichnet das Werk deutlich genug als
Ergänzung zu den Büchern Sam und Kön. Ungewöhnliche
Wiedergabe einzelner Worte in Chron finden Parallelen an