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Ausgabe:

1977

Spalte:

425-426

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Girard, Marc

Titel/Untertitel:

Louange cosmique 1977

Rezensent:

Westermann, Claus

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Seite 1

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425

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 6

426

führen. Im Textteil hätte man sich zwar gelegentlich eine
etwas differenziertere Darstellung gewünscht, vor allem im
Hinblick auf die Frühgeschichte Israels. Doch wird mehrfach
auf Unsicherheiten und Divergenzen in der Forschung hingewiesen
und der Leser zu Weiterarbeit angeregt. Der
Schwerpunkt aber liegt auf den instruktiven und gut erklärten
Abbildungen, die eine lebendige Vorstellung von den
geographischen Gegebenheiten und der kulturellen Entwicklung
bis in die neutestamentliche Zeit vermitteln und
die auch in der Taschenbuchausgabe erfreulich klar und
sauber wiedergegeben werden. So wird insgesamt auf engem
Raum ein breiter Querschnitt geboten, der eine bequeme
und sachgemäße Orientierung ermöglicht.

Leider findet sich eine Reihe von Versehen, die für den
fachlich nicht vorgebildeten Leser schwer erkennbar sind. Es
muß richtig heißen: S. 17 Z. 4 v. u. Karte S. 43, S. 31 Z. 15 v.
u. verwandte, S. 35 Z. 11 Thaanach, S. 57 Z. 18 Teil el-Hösn,
S. 67 Z. 3 v. u. Sukkot, S. 71 Z. 9 v. u. 70, S. 105 Z. 18 v. u. 66,
S. 143 Z. 6 150 oben, S. 176 Z. 15, 21 Jaos, S. 182 Z. 16 f. Sadd-
el-Ali-Staudamm. Auf S. 73 Z. 18—14 v. u. sind die Seitenverweise
auf die Abbildungen durcheinandergekommen. Auf
S. 174 f. ist die Beschreibung zu den Abbildungen auf S. 48
oben und unten verwechselt worden. Auf S. 180 nach Z. 5
fehlt die Beschreibung zu der Abbildung auf S. 92 unten. Die
Abbildung auf S. 76 oben ist stärker beschnitten, als die Erklärung
auf S. 178 voraussetzt. Irreführend ist die Rekonstruktion
des Zugangs zur Gihon-Quelle in Jerusalem auf
S. 102 und die Erklärung dazu auf S. 181 (es fehlt der Sinnor).
Auch die Schilderung dieses Zugangs auf S. 90 ist ungenau.

Leipzig Joachim Conrad

ALTES TESTAMENT

Girard, Marc: Louange Cosmique. Bible et animisme. Tour-
nai: Desclee; Montreal: Bellarmin 1975. 227 S. gr. 8° =
Recherches, 12. Theologie, dir. par les Facultes de la Com-
pagnie de Jesus au Quebec. $ 9.75.

Die Eigenart dieser Untersuchung besteht darin, daß sie
ein biblisches Phänomen, das „kosmische Gotteslob", mit dem
religionsgeschichtlichen Phänomen desAnimismus in Verbindung
bringt. Der Vf. geht von der Terminologie aus, den hebr.
Verben, die im kosmischen Gotteslob begegnen (Kap. 1). Er
fragt dann, was Animismus sei, indem er ihn in drei Typen
darstellt: dem Animismus beim Kind, beim primitiven Menschen
, in der Dichtung (Kap. 2, I. Teil). Dann fragt er nach
Animismus in der orientalischen Umwelt Israels (Kap. 2,

II. Teil), anschließend nach dem Zusammenhang von Animismus
und kosmischem Gotteslob in AT und NT (Kap. 2,

III. und IV. Teil). Die „animistische Mentalität" sieht er im
AT und NT in den Personifikationen, die er zusammenstellt
und interpretiert. In Kap. 3 fragt er nach der gesamttheologischen
Bedeutung des kosmischen Gotteslobes und schlägt
eine „Theologie des kosmischen Gotteslobes" vor, von der
er eine Erneuerung der Theologie erwartet (Kap. 3, II:
Louange cosmique et renouveau de la theologie).

Lobenswert ist an dieser Arbeit einmal die Erkenntnis der
Bedeutung, die der Ruf zum Lob an die Kreatur für das
Reden von Gott im AT und NT hat und daß er in der
..louange cosmique" einen neuen Ansatz für das Verstehen
der Welt als Umwelt des Menschen angesichts der drohenden
Zerstörung dieser Umwelt sieht. Was kritisch zu ihr zu
sagen ist, soll diesen Ansatz fördern und zu weiteren Vorstößen
in dieser Richtung anregen.

Was die biblische Untersuchung betrifft, so ist das Ergebnis
der Frage nach der Terminologie recht gering, weil von
dem Bestand der Vokabeln des Lobes ja nur wenige Stellen
•O Betracht kommen, die Begriffe aber nur vom Gesamtbestand
her untersucht werden können. Ich verweise auf die
betr. Vokabeln in THAT, das der Vf. wohl noch nicht kennt,
und neuerdings die Dissertation von R. Witschke: „Zum

Gotteslob Israels, eine formgeschichtliche Untersuchung von
jdh und hll", 1974 (Diss. Heidelberg). - Dazu stellt der Vf.
die Sätze vom Gotteslob der Kreatur in den Zusammenhang
des Phänomens der Personifikation. Es fehlt aber der Zusammenhang
des Gotteslobes im Ganzen, zu dem das Gotteslob
der Kreatur als ein Bestandteil gehört, und es fehlt der
Zusammenhang des Redens von der Schöpfung im Ganzen.
Was das Lob der Kreatur für einen Sinn hat, kann nur so
geklärt werden, daß nach dem Loben Gottes und nach dem
Ruf zum Lob im besonderen gefragt wird. Die Diskussion
hierzu scheint der Vf. nicht zu kennen; ich verweise nur auf
C. Westermann, Das Loben Gottes in den Psalmen, 1953,
41968, engl. 1965; F. Crüsemann, Studien zur Formgeschichte
von Hymnus und Danklied in Israel, 1969. Wie ist es überhaupt
zu der imperativischen Aufforderung an die Schöpfung
, Gott zu loben, gekommen? Der imperativische Lobruf
erwächst in den Psalmen des AT aus der Erfahrung einer
Rettung. Ein Mensch, der in Todesnot Gottes Rettung erfahren
hat, ruft den Kreis der ihm nächsten Menschen auf: „Erhebet
den Herrn mit mir ...!" (Ps. 34, 4.) Das Loben Gottes
hat eine Tendenz, sich auszuweiten. Erst wird der nächste
Umkreis zum Lob gerufen, dann die ganze Gemeinde, dann
die Könige und die Völker der Erde, dann schließlich die
ganze Schöpfung. Nur aus diesem Zusammenhang heraus
ist die Aufforderung zum Lob an die Kreatur in den Psalmen
des AT zu verstehen. Hierin besteht auch der Unterschied
zu dem schildernden Loben der Schöpfung in Ägypten
.

Der andere Zusammenhang, der ganz fehlt, ist der des
Redens von der Schöpfung im AT. Die Schöpfung kann deswegen
zum Lob gerufen werden, weil sie mit dem Menschen
zusammen zur Schöpfung Gottes gehört. Das Phänomen, um
das es geht, ist mit „louange cosmique" nicht zutreffend bezeichnet
. Das griechische kosmos und das biblische Reden
von Schöpfung gehören einer verschiedenen „Weltanschauung
" (wie der Vf. so gern sagt) an. Bei der Auslegung des
wichtigsten Textes, Ps 148, geht der Vf. gar nicht auf die
Begründung der Aufforderung zum Lob ein (V. 5. 6. 13b):
„Denn er gebot, und sie waren geschaffen." Ohne diese Begründung
aber und den Zusammenhang, auf den sie weist,
ist der Psalm nicht zu verstehen. Die Nähe des Ps zu Gen 1
hat der Vf. nicht einmal erwähnt.

Daß der Vf. diese beiden grundlegenden Zusammenhänge
nicht gesehen hat, aus denen der Ruf zum Lob an die Kreatur
im AT zu verstehen ist, hängt wohl auch damit zusammen
, daß er es als eine „Idee" versteht, die man von dem
Vorgang ablösen und abstrakt betrachten kann. Die ganze
Untersuchung ist in eine dem griechischen Denken entstammende
Sprache gefaßt; der Vf. bemüht sich, alle Phänomene
in -logien und -ismen zu abstrahieren. Er spricht nicht vom
Gebet, sondern von „Euchologie" und gebraucht Worte wie
„Christologisation". Von daher ist zu fragen, ob der in die
Mitte der Untersuchung gestellte Begriff des Animismus
wirklich eine Hilfe ist. Wenn der Vf. vom Animismus der
Kinder und der Dichter spricht, ist es kein religionsgeschichtlicher
Begriff mehr. Wenn er vom Animismus in primitiven
Religionen spricht, muß er sogleich feststellen, daß die Phänomene
sich gerade in Hochreligionen finden. Mir scheint es,
daß der Wert eines solchen Begriffes wie „Animismus" fraglich
wird, wenn er zu vieles und zu vielerlei umspannen soll
und daß es hilfreicher wäre, man spräche von den einzelnen,
klar erkennbaren und eingrenzbaren Phänomenen.

St. Leon-Rot Claus Westermann

Jaros, Karl: Die Stellung des Elohisten zur kanaanäischen
Religion. Freiburg/Schweiz: Universitäts-Verlag; Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht 1974. 496 S. gr. 8° = Orbis
Biblicus et Orientalis, hrsg. v. O. Keel u. B. Tremel, 4.

Die im Sommer 1973 von der Theologischen Fakultät der
Universität Fribourg angenommene Dissertation von Karl
Jaroä erörtert aus einer interessanten Perspektive das Ver-