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Ausgabe:

1977

Spalte:

421-422

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Latinitas, Christianitas 1977

Rezensent:

Heidrich, Peter

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421

Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 6

422

stattung des Buches zugute, die zudem durch zahlreiche
Karten-, Abbildungs- und Grundrißskizzen unterstützt wird.
Auch zwei Zeittafeln sowie ein Auswahlliteraturverzeichnis
werden dem Leser willkommen sein. Für die schnellere Erschließung
der Darstellungen steht ein knapp gehaltenes
Namen- und Sachregister zur Verfügung.

Die größte Schwierigkeit besteht in der Interpretation archäologischer
und textlicher Quellen. Hier herrscht unter den
Gelehrten keineswegs Einigkeit. K. weiß darum und erklärt
dazu: „Wenn ich nun den Versuch einer zusammenfassenden
Darstellung vorlege, kann es nicht um die Darlegung
endgültig gesicherter Ergebnisse, sondern vielmehr nur um
die Markierung von Standpunkten derjenigen Fachvertreter
gehen, die meiner Meinung nach die Diskussion anregen
und weiterführen könnten. So habe ich versucht, den augenblicklichen
Stand der m. E. zur Zeit verläßlichsten Forschungsergebnisse
darzustellen" (10). Bei dieser Sachlage
der Dinge bleibt es nicht aus, daß eine gewisse Hypothesen-
und Kombinationsfreudigkeit zu einer „vorläufigen Gesamtdarstellung
" (ebd.) verhelfen muß. Hypothetisch bleiben u. a.
die Ausführungen zu der Hyksos- und zur Philisterproblematik
sowie die Interpretation der Santorinkatastrophe
(s. auch Klappentext!). Es ist natürlich nicht überzeugend zu
erweisen, daß sich die Erinnerung an diese Vulkanexplosion
in antiken Texten niedergeschlagen hat (etwa in ägyptischen
Papyrosrollen des Neuen Reiches, in Hesiods Theogonie
oder im alttestamentlichen Buch Exodus, 117).

Das Ziel, das sich K. mit dieser Publikation gesteckt hat,
kann mit Fug und Recht als erreicht angesehen werden. „Es
wird sich bei allen Vorbehalten hinsichtlich der Deutung der
Quellen doch zeigen, daß man die minoisch-mykenische Kultur
nicht mehr als eine mysteriöse, isolierte Wesenheit betrachten
darf, sondern in ihr einem integrierenden Bestandteil
der Alten Welt begegnet" (10).
Leipzig Siegfried Wagner

Hauschild, Wolf-Dieter [Hrsg.] in Zusammenarb. m. Oswald
Utermöhlen: Latinitas — Christianitas. Lateinisches Textbuch
für das Theologiestudium. Mit einem Beiheft. Stuttgart
: Calwer Verlag [1975]. 122 S. Beiheft: 32 S. gr. 8°.
Kart. DM 12,80.

In der Einleitung spricht der Herausgeber davon, daß
innerhalb der Kirche wie der Theologie aller christlichen
Denominationen die notwendige Reflexion auf Wesen und
Wert der Tradition vernachlässigt werde, daß es geradezu
zu einer Krise der bisher prägenden abendländisch-christlichen
Tradition gekommen sei. Das drücke sich in der Sprachenfrage
des theologischen Studiums aus. Dabei werde das
Lateinische am ersten als entbehrlich angesehen. Die Gegenargumente
werden jedem Geschichtskundigen bekannt sein.
Das vorliegende Buch geht auf einen Auftrag westdeutscher
ev. Kirchen zurück. Es verfolgt ein dreifaches Ziel: es will
erstes Hilfsmittel beim Lernen sein, wobei schon der Anfänger
theologische Sachfragen kennenlernen soll, es enthält
Texte für Seminare der Historischen wie Systematischen
Theologie; es will zum Selbststudium anregen. Die vier Teile
bieten Texte römischer Autoren (Cicero, Tacitus, Plinius),
aus der Alten Kirche, dem Mittelalter und aus Reformation
und Neuzeit. Der letzte Abschnitt ist dem Vaticanum II entnommen
. Der letzte Teil nimmt die größte Seitenmenge in
Anspruch. Jeder der 60 Abschnitte ist mit einer kurzen Einführung
versehen (nur bei einigen Cicero-Abschnitten ist auf
eine entsprechende Wiederholung verzichtet worden). Die
Textquelle wird angegeben, ein Hinweis auf etwaige Übersetzungen
fehlt.

Das Beiheft setzt Heinichens Taschenwörterbuch voraus
und bietet Spezialbedeutungen, selten auch grammatische
Hinweise. Die Mühe der Ubersetzung ist dem Benutzer dadurch
nicht abgenommen. Der Bund der Ev. Kirchen in der
"DR hat auch ein solches Textbuch in Auftrag gegeben, mit
ahnlicher Textauswahl. Einzelheiten solcher Auswahl werden
immer Ermessensfragen sein.

Das Buch ist ansprechend gedruckt. Was es zu leisten vermag
, kann erst die Erfahrung zeigen. Ob es zum Ziel kommt,
wird nicht ein Problem des Sprachunterrichts sein. Es wird
von den Kirchenhistorikern wie von den Systematischen
Theologen abhängen. Ihre Konzeption von Theologie wird
das Gewicht der abendländisch-kirchlichen Tradition bestimmen
, die Selbstverständlichkeit ihres Umgangs mit lateinischen
Quellen wird die Studierenden bilden.

Rostock Peter Heidrich

Haelst, J. van: Catalogue des papyrus litteraires juifs et
chretiens. Paris: Publications de la Sorbonne 1976. XI,
424 S. 8° = Universite de Paris IV, Paris-Sorbonne. Serie
Papyrologie, 1.

Zum erstenmal erscheint ein Gesamtkatalog der christlichen
(und jüdischen) Papyri. Der Autor, der sein Unternehmen
schon 1961 angekündigt hatte, hat ein umfassendes
Werk geschaffen, das eine knappe, gründliche und kritische
Orientierung in vorbildlicher Übersichtlichkeit bietet. Das
Material ist sachlich geordnet und umfaßt 12 Kapitel. Wir
haben 325 Nummern AT, 245 NT, 53 Apokryphen, 81 patri-
stische, 14 hagiographische, 4 Symboltexte. Es folgen 345 liturgische
und Gebetstexte, darunter auch Amulette, je 9
gnostische und magische Texte (Zauberbücher), dann 110
nicht identifizierte Texte, die sich zur Weiterarbeit anbieten
, schließlich 11 Varia, z. B. Briefe mit Bibelzitaten, 14 lateinische
Stücke und in einem Anhang 14 griechische und
lateinische Papyri, die in Bibliotheken erhalten geblieben
sind. Insgesamt sind es 1 235 Nummern, zu denen 5 a-Num-
mern als Nachtrag treten. Wie der Begriff literarisch, so ist
auch — nach der guten Sitte der Papyrologen — der Begriff
Papyrus weit gefaßt. Er umschließt neben den Papyri im
engeren Sinne (wie er unter Neutestamentlern noch verbreitet
ist), die nur etwas über die Hälfte des Gesamtbestandes
ausmachen, alle übrigen Schriftträger, vor allem
Pergamente, dann auch Texte auf Tonscherben, Wachstafeln
, Holz, Stein, Metall, schließlich Graffiti. An jüdischen
Texten verzeichnet das höchst aufschlußreiche Register
16 Nummern. Die Zuweisung ist z. T. umstritten und verdient
erneute Prüfung. Für solche und andere Untersuchungen
bietet van Haelst jetzt eine vortreffliche Basis.

Berlin Kurt Treu

[Sasse, Hermann:] Theologia crucis. Studies in honour of
Hermann Sasse, ed. by Henry P. Hamann. Adelaide: Lu-
theran Publishing House [1975]. 136 S., 1 Porträt, gr. 8°.

Dadurch, daß „eine kleine Kirche am Ende der Welt" (S. 6)
eine Festschrift zum 80. Geburtstag des 1976 verstorbenen
H. Sasse herausbringt, wird auch die Kirche im deutschsprachigen
Raum angesprochen. Denn der Jubilar hatte als Deutscher
seit 1927 einen Namen in der ökumenischen Bewegung,
der auch mit Barmen 1934 verbunden bleibt und der unter
verschiedenen Artikeln der ersten Bände des ThWBNT erscheint
. Damit ist die Feststellung K. Barths, des eigentlichen
Kontrahenten in Barmen, zur Frage geworden, wonach in
der Theologiegeschichte der Erfolg unter Absehung von der
Konzeption nicht entscheidend sein kann.

Sieben Mitglieder des Luther-Seminars in Adelaide sowie
ein ursprünglich der Reformierten Kirche der Niederlande
angehörender Pastor steuern je ein „essay" bei. Der Band
wird ergänzt durch ein Bild des Jubilars, durch einen biographischen
Abriß sowie ein Vorwort vom Herausgeber,
eine Bibliographie „Sasse in English" (1931-1974) und
schließlich ein dreiteiliges Register.

Aufs erste scheint allen Aufsätzen das erklärte Ziel zu
sein, die Hauptthemen aus Sasses Forschungs- und praktisch
-kirchlicher Arbeit in voller Zustimmung nachzuzeichnen
. J. T. E. Renner (Der Schatten des Kreuzes im AT) und
V. C. Pfltzner (Die Geschichtsschau des Lukas in den Acta)
arbeiten das Thema der Heilsgeschichte heraus. S. P. Hebart