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Ausgabe:

1977

Spalte:

394-396

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Sensche, Klaus

Titel/Untertitel:

Christian Jensen und die Breklumer Mission 1977

Rezensent:

Krügel, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 5

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der Versöhnung und Friedensgespräch" ist (S. 204). Die
Kirche muß mit den Fremden leben. Friedli stellt den Dialog
dar als Dialog der entfremdeten Mitfremden in der Fremde
zur Aufrichtung des Friedens und des Heils. An dieser Formel
wird Stärke und Begrenzung der Arbeit deutlich. Sie bietet ein
interessantes, aufregendes und sicher fruchtbares Interpretationsmodell
für eine Theologie der Religionen, das um so bedeutsamer
ist, als es mit der weithin gut gelungenen interdisziplinären
Methode gewonnen wurde. Für die Praxis des
Dialogs müßten aber wohl erst noch weitere Zwischenübcr-
legungen angestellt werden. Das ist einer anderen Studie überlassen
.

Das Buch verarbeitet sehr viel Literatur, die ausschließlich
in sehr gründlichen Anmerkungen zitiert wird. Register- und
Bibelstellenverzeichnis helfen zur weiteren Verwendung. Eine
klare Gliederung erleichtert die Lektüre. Das Buch ist eine
gut gezogene Furche auf Neuland.

Berlin Johannes Althausen

Cherupallikat, Justinian, O. F. M., CAP: Witness Potential of
Evangelical Poverty in India. Immensee/Schwciz: Nouvelle
Revue de Science Missionnaire 1975. XXXII, 215 S. gr. 8° =
Nouvelle Revue de Science Missionnaire, hrsg. vom Verein
zur Förderung der Missionswissenschaft, Immensee, Supple-
menta, XXIII. sfr. 38.-.

Diese Arbeit eines indischen Kapuziners, geschrieben in
Rom, versucht eine Kommentierung des aus Vaticanum II
stammenden Wortes: »Poverty voluntarily embraced in Imitation
of Christ provides a witness which is highly esteemed,
especially today". Was könnte die gelebte Armut im indischen
Kontext bedeuten,und zwar, abgesehen von den ca. 60 Millionen
Mohammedanern, den 0,7 % Buddhisten u. a. Religionsgruppen
, im Bereich des Hinduismus?

Das Ziel des Dienstes wird mehrfach formuliert (1, 156, 160,
165, 178, 211 und 209): „Christian poverty is a continuation
of Christ's kenossis in the Christian", in dem „Religiösen" wie
in dem Laien. Dem Inhaltsverzeichnis von ganzen 6 Seiten,
das, wie auch ein guter Index (212-215), dem eiligen Leser
sehr hilfreich sein kann, folgt eine Bibliographie auf den S.
XVI-XXXII über die allgemeine „soziale Armut" und die „religiöse
Armut" mit Unterabteilungen für die indische Literatur.
Diese erstaunlich umfassende Zusammenstellung ist der besonderen
Beachtung wert.

Der Darstellung dessen, was Armut im biblischen Sinne ist,
irn AT wie im NT, folgt ab S. 40 ein Aufweis dessen, was
religiöse Armut im klassischen und im modernen Hinduismus
ist und wie ihr da begegnet (oder nicht begegnet) wurde. S. 56
heißt es so wahr: „The dement of servicc too (wie auch die
humilty) remains much to be desired in classical Hinduism".
Und für die angeführten lobenswerten Beispiele Gandhi und
Vinoba wird S. 57 versichert: „Both of them have freely
admitted the influence of Christ and Christianity on their lives
and work".

In Teil II folgt die Darstellung „des größten sozialen Übels
in Indien", nämlich die erschreckende Armut (71-110).

Im Teil III erst kommt der Vf. zum eigentlichen Thema
(113-206). Ihm geht es um die biblische („Evangelical") Grundhaltung
der dort lebenden und in der Kirche arbeitenden Menschen
, um eine Armut als Wirkung der Gnade, um „in der
Wüste der Armut, des Analphabetentums (70 %) und der
Lethargie" den Armen ein Christus zu sein, wenn „integrale
und totale Befreiung" erreicht werden soll. „Befreiung und
Entwicklung sind integrale Teile der Evangelisation" (113/4).
Die Kirche hat „durch ihre zahllosen schulischen und sozialen
Institutionen Lichl, Abhilfe und Befreiung und Liebe in das
Leben der sich immer mehrenden Millionen gebracht, mehr als
anderen Religionen des Landes zusammen". „Freimütig werden
Christen als solche anerkannt, die sich kümmern um einsame
Menschen, um die Verlassenen und Ausgestoßenen, die Unheilbaren
und die Aussätzigen." War doch die Frage Vinobas, als
ihn Fachärzte für Aussätzigenheilung aufsuchten, spontan:
„Sind Sie alle Christen?" (114). Wie ja auch Gandhi einst fragte
im Blick auf die Arbeit unter Aussätzigen: „Haben denn die
Christen ein Monopol auf die Liebe?!. Beispiele von „Charismatikern
" werden geboten (117 fl.), bis hin zu Mutter Therese,
deren Kongregation heute 870 Schwestern und 180 Novizinnen
zählt und neben 41 Häusern in Indien solche auch in vielen
anderen Ländern hat. Diese Schwesternschaft hat z. Z. 46 000
Aussätzige in ihrer Betreuung (134). Dazu wären, was der
Autor nicht tut, auch die vielen Dienste der evang. Missionstheologen
und -Schwestern zu nennen, auch in Ashrams; leider
sind diese auch im geschichtlichen Rückblick ganz ausgeklammert
(147 fl.).

Aber was immer auch geschah: Hingabe und Dienst müssen
vertieft und vermehrt werden. Für den Autor muß es kommen
zu einer „Hindu Christian Sannyäsa" (139). Auch dafür werden
typische Gestalten aus der christlichen Gemeinde genannt,
dabei auch deutsche Nonnen. Die möglichen Gefahren (Synkretismus
u. a.) werden gesehen (161). Was weiter zu beachten ist
und konkret zu geschehen hat, das alles wird in vielen Einzelheiten
ausgebreitet, so auch im Blick auf die Bischöfe, auf das
Leben der Priester und „Religiösen" und auch der Laien.
Immer bleibt das Modell der kenosis Christi: „The Indian
Church has to become a Church poor and a Church of the
poor" (165). Die Kirche dnrf nicht als eine reiche Kirche ins
Blickfeld treten, denn dann wäre ihre Glaubwürdigkeit dahin
(167). Was sollen Goldene Kreuze, großartige Gebäude, Eisenbahnfahrten
I. Klasse, das reichliche Essen selbst in Klöstern
und die die dort anzutreffende „variety of comforts"?! Und
das dort, wo über 230 Millionen Menschen „unter der Armutsgrenze
" leben! Die energische Hinwendung zur mitgelebtcn
Armut muß schon in den theol. Ausbildungsstätten beginnen.
Und solche Armut muß sein „frei, genuin und effektiv" (188 fl.).
Wie das alles konkret auszusehen hat, wird an deutlichen Beispielen
gezeigt bis hin zur Frage des Taschengeldes und
eigener harter Arbeit zur Selbsterhaltung (außerhalb der
klösterlichen Fürsorge, 193). Es gilt wirklich, teilzuhaben „an
den Sorgen der bitter Armen" (205). Solch ein Appell richtet
sich sehr besonders an die Franziskaner (207/8).

Selbstkritisch wird am Schluß erneut gesagt, daß „der Status
quo unseres Zeugnisdienstes viel zu wünschen übrig läßt". Die
Mit-Armut der Christen" braucht neue Ausdrucksformen, um
ein „pointer to the Kingdom" zu werden (211).

Es ist ein reiches und mutiges Buch. Nicht alles ist neu -
habe ich doch z. B. ein Photo, das einen luth. Bischof vor schon
gut 40 Jahren in einem Dorf mit dem Besen in der Hand zeigt;
aber alles ist wichtig.

Zu manchen Äußerungen über den angeblich christlichen
Offenbarungsgehalt der Hindu-Literatur wären drängende
Fragen zu stellen (113, 140, 158, 163).

In der Statistik S. 4 ist die Prozentzahl der Hindus falsch
angegeben - dies scheint der einzige Druckfehler zu sein.

Halle/S. Arno Lehmann

Sensche, Klaus: Christian Jensen und die Breklumer Mission.

Der missionstheologische Ansatz Christian Jensens und seine
Verwirklichung in der Breklumer Missionsgeschichte. Bräist/
Bredstedt: Nordfriisk Instituut 1975. XVII, 200 S., 1 Taf.
8° = Studien und Materialien, 10.

Daß das 19. Jahrhundert keineswegs „erledigt" ist, wird der
Theologie zunehmend deutlich. Die Aufarbeitung muß vorerst
in der Form zahlreicher Spezialuntersuchungen erfolgen. Auch
eine neue Studie über Christian Jensen ist deshalb sehr willkommen
. Die vorliegende Arbeit trägt jedoch zu stark apologetische
Züge, als daß sie befriedigen könnte.

Im ersten der beiden Teile („Die Missionstheologie Christian
Jensens") hat Vf. das weit verstreute Material in eine gewisse
systematische Ordnung zu bringen versucht. Zunächst geht er
dem Einfluß der Erlanger Theologie auf Jensen nach, doch