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Ausgabe:

1977

Spalte:

286-287

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Harkianakis, Stylianos

Titel/Untertitel:

Orthodoxe Kirche und Katholizismus 1977

Rezensent:

Schulz, Günther

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Theologische Literalurzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 4

286

Sekretariates und der Anglikanischen Kirche, zwischen Vertretern
der Oilhodoxen und Anglikanischen Kirchen (S. 200—252).

Dank der skizzierten Methode scheint uns Kapitel IV des
historischen Teils besonders gelungen zu sein: „Wie sich die
drei Kirchen gegenseitig sehen". Gelragen ist dieses Kapitel, wie
das gesamte Buch, von der C.rundthese: „die Orthodoxe Kirche
ist der Meinung (considers), daß sie allein fortfahrt die Eine,
Katholische und Apostolische Kirche zu sein, die auf unsere
Tage ohne Neuerungen oder Veränderungen vom Apostelkolle-
giuin gekommen ist'- (S. 81).

Im Unterschied zur katholischen Kirche erkennt die orthodoxe
Kirche die anglikanischen Weihen an. „Der Angliknnis-
mus ist keine protestantische Kirche, sondern eine, katholische
Reformkirche. die ihre Kinheit mit der Tradition der Alten
ungeteilten Kirche behauptet" (S. 88).

.,Die Kirche von Rom ist eine unter den vielen Apostolischen
Kirchen Christi" (S. 79). Die Errichtung des römischen Primats
hat einen tiefen Graben zwischen ihr und der östlichen Katholischen
Kirche geschaffen. Außerdem stehen einer Verständigung
zwischen Rom und der Orthodoxie das filioque (S. 206—208)
und die katholischen Mnriendogmen (S. 208f.) im Wege. Es
«ilii kaum einen Orthodoxen, der kein Ressentiment gegenüber
Rom hätte.

Der Schwerpunkt de» Ruches liegt unserer Meinung nach bei
der materialreirhen und detaillierten Darstellung (Teil III, S.
200—252) der theologischen Dialoge, und zwar sowohl ihrer
Vorgeschichte als auch ihres Standes (1971). Die orthodoxe ökumenische
Grundkonzeption ist wie folgt formuliert: „Obwohl
die Sakramentsgemeinschaft noch nicht möglich ist, ist die Orthodoxe
Kirche bereit, mit anderen christlichen Kirchen, besonders
der Anglikanischen und Römischen, in allgemein praktischen
und anderen Fragen zusammenzuarbeiten. Es ist jedoch
zu hoffen, dal! die Anglikanische Kirche durch Neuformulierung
ihrer Lehre in gewissen Punkten und die Bereicherung ihres
Gottesdienstes Verständigung in der Lehre mit der Orthodoxie
erreichen wird. Dann wird der Tag zur Sakramentsgemeinschall
mit der Orthodoxen Kirche ollen sein" (S. 242),

Uns erscheint diese Konzeption einseitig ckklesiologisch, all-
zuwenig ehristologisch begründet zu sein. Orthodoxe Theologen
jedenfalls formulierten im März 1975 in Kreta als orthodoxe
l'inheitskonzeption: „Die Orthodoxe Kirche erwartet nicht, daß
andere ('bristen zur Orthodoxie konventieren . .. und Glieder
der Orthodoxen Kirche werden. Es ist ihr Wunsch, daß alle in

ihr......igenen Kirchen und Traditionen danach streben, die

Fülle des apostolischen Glaubens zu vertiefen . . ,"r>

Man hätte erwartet, daß der Vf. auch den traditiousreichen
a'tkatholisch-orthodoxen Dialog darstellen würde, um ein vollständigeres
Bild des ..katholischen" Flügels der Christenheit zu
zeichnen. Das hätte um so näher gelegen, als auf panorthodoxer
Ebene dieser Dialog weithin den orthodox-anglikanischen Gesprächen
parallelisiert wurde. Es seheint, daß die Branchlheorie
den Vf. an dieser Darstellung hinderte.

Das Interesse des griechischen Vfs. an den theologischen Ge-
•prflehen auf panorthodoxer bzw. Weltcbene läßt ihn wichtige,
°ft früher begonnene Dialoge auf nationaler Ebene übersehen.

Der orthodox-katholische Dialog in den USA begann 1966
und konstatierte im Dezember 1974 seine XX. Begegnung6.
Seit 1967 führen Vertreter der Russischen Orthodoxen Kirche
und der römisch-katholischen Kirche theologische Gespräche.
Das vierte fand im Juni 1975 in Trient statt und war der
-Verkündigung des Evangeliums in einer sich wandelnden
Welt" gewidmet7.

Die „Anglikanisch-orthodoxen theologischen Konsultationen"
ja den USA begann 1965. Die 20. Konsultation, für Oktober
U/5 geplant, sollte so grundlegende Probleme wie: „Tradition
und historisch-kritische Methode in den beiden Gemeinschaften;
Säkularisierung oder die Beziehung zwischen Kirche, Reich
(Gottes) und Welt" behandeln8.

Die anglikanisch katholischen theologischen Gespräche auf
»Vitebene (seil 1970) werden inzwischen von sieben Gcsprä-
*c" auf nationaler Ebene begleitet9. Die Gespräche in den USA
begannen 1965. Die Begegnung von 1967 bestätigte die „Iden-
'"ä' in der Substanz" der Lehre der beiden Kirchen über das

eueharistische Opfer. 1969 formulierte man als Zielvorsleliung
..füll communion and organic unity".

Um ein Bild von der wirklichen Fülle der Beziehungen und
Gespräche auf dem anglikanisch-kalholisch-orthodoxen Flügel
der Weltchristcnheit zu gewinnen, wird man gewiß neben dem
eben rezensierten Buch auch Ehrenström, N., Gassmaun, G.,
Confessions in Dialoguc, 3. Aufl. Genf 1975, benutzen müssen.
Innerhalb der aufgezeigten Grenzen bietet Fouyas ein solides,
imtterialreiches, detailliertes Bild der anglikanisch-katholisch-
orlhodoxen Beziehungen. Um über diese in der protestantischen
Welt allzu leicht übersehenen Beziehungen informiert zu
sein, sollte man dieses Buch gewiß gelesen haben.

Ein Index erleichtert die Lektüre.

Errata: In der Zilation des Voronov-Aufsatze«, S. 109, fehlt der Zusatz
(In Flussian). Die 8. Vollversammlung des ORK fand nicht 1958, sondern
1961 (S. 62), die 3. Panorthodoxe-Konferenz nicht 1966, sondern 1964 statt

(S. 2'.1).

Naumburg Günther Schul/

' S. 212, Kirchliches Jahrbuch 1962, hg. v. Beckmann, HJ., Gütersloh
1962 8 396

* S. 212; Kirchliches Jahrbuch 1964, 3. 344.
S. 213; Kirchliches Jahrbuch 1964, S. 347.

* S. 248; Ehrenstrom, N., Gassmann, G., Confessions in Dialoguc, II
Aufl., Genf 1975, S. 18-22, S. 44-4«.

5 Orthodox Contributions to Nairobi, Genf 1975, S. 32.

6 Ehrenström, N-, Gassmann. G., Confeasions in Dialogue, 3. Aufl.,
S. 117-119.

; Ebd. S. 115-117; Stimme der Orthodoxie, Berlin, Nr. 10/1975,
S. 42-45.

* Ehrenström, N., Gassmann, G., Confessions in Dialogue, 3. Aufl.,

S. 57-60.

* Kbd. S. 60-72.

Harkianakis, Stylianos: Orthodoxe Kirche und Katholizismus.

.Muilirl.es und Verschiedenes. Mit einem Vorwort von J.
Ratzinger. München: Köscl [1975]. «8 S. 8°. DM 12,-.

Vorgelegt werden dem Leser drei Vorträge des Metropoliten
Stylianos vom Patristischen Institut Vlatadon bei Thessaloniki,
die dieser 1974 auf einem orthodox-katholischen Symposium
in Regensburg gehalten hat. Die Symposien finden auf Initiative
Bischofs Dr. R. Graber von Regensburg, des Leiters der
Sektion Kirche des Ostens bei der Ökumenischen Kommission
der Deutschen liischofskonfercnz, und nach Absprache mit dem
ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Athcnagoras,
seit 1969 statt. Wohl nicht zufällig begann der Dialog zwischen
Theologen des ökumenischen Patriarchats und der EKD ebenfalls
1969'. Das wichtigste Material der Symposien ist von E.
Suttner im Verlag F. Pustet, Regensburg, ediert worden2.

Der Vf. geht das Hauptthema „Orthodoxe Kirche und Katholizismus
" unter drei Aspekten an: 1. Kirchenverständnis und
Kirchenverfassung, 2. Mönchtum und allgemeinere Spiritualität
, 3, sakrale Kunst, insbesondere Bildmalcrei. Die Ausführungen
zum Kirehenvcrsländnis sind am interessantesten. Für sie
ist der Vf. durch die Dissertation „Uber die Unfehlbarkeit der
Kirche in der orthodoxen Theologie", Athen 1965 (griecli.), und die
Habilitation „Die Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanums",
Thessaloniki 1969 (griech.), sowie eine Monographie über die
Vollversammlung des ORK in Uppsala besonders ausgewiesen.

Der ekklesiologischen Konzeption des Vfs. liegt die These
zugrunde, daß „die Trinitätslehre, wie sie von der ungeteilten
Kirche in den ersten ökumenischen Konzilien entwickelt wurde,
auch auf die Kkklcsiologie anzuwenden" sei (37). Daraus ergeben
sich für den Vf. als „ekklcsiologischc Grundprinzipien"
die Prinzipien „von Kollegialität und Autokcphalie, die heute
nur noch im Raum der Orthodoxie eine greifbare Wirklichkeit
darstellen". Sic „sind früh genug in der Kirche festgelegt worden
". Als literarischer Beleg kann dafür aber erst der 34. Kanon
der sog. apostolischen Kanones (4./5. Jh.) beigebracht werden
. (38f.) Die Bezüge zwischen Trinitätslehre und Ekklesiolo
gie werden im Grunde nach dem der orthodoxen Kirche aus der
Anthropologie und Bildcrlehre sehr vertrauten Urbild-Abbildschema
konzipiert, das die theologisch gebotene Differenz zu
nivellieren droht.

Die Bedeutung der Ortsgemeinde bringt Stylianos mit Hilfe