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Ausgabe:

1977

Spalte:

267-268

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Gaeta, Giancarlo

Titel/Untertitel:

Il dialogo con Nicodemo 1977

Rezensent:

Bertram, Georg

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Seite 1

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durch orientalisch geprägte Schriftsteller zu lesen und deshalb
auch da mit alllestameutlichen Anspielungen zu rechnen, wo
eigentlich kein Anlaß dazu vorliegt (z. B. S. 181 — 186 zu Mk
2.8—9: der Stab als Ausrüstungsgegenstand der Missionare solle
an den Stab des Mose erinnern, mit dem er beim Auszug aus
Ägypten Zeichen und Wunder tat). Aber über dergleichen wird
man erst voll urteilen können, wenn D. mit seinem nächsten
Schritt an die Öffentlichkeit tritt. Schon jetzt besteht jedenfalls
aller Anlaß zum Dank dafür, daß der Autor uns zu einem genaueren
Bild von der Hörerschaft Jesu und zu manchem exegetischen
Denkanstoß verhilft.

Naumburg Nikolaus Walter

Gaela, Giancailo: II dialogo con Nicodemo. Per l'interprctazione
dcl capitolo terzo deH'evangello di Giovanni. Brescia: Paideia
Editricc [1974]. 170 S. 8° = Studi Biblici, 26. Lire 2.500,-.

Die vorliegende Studie ist aus dem Bedürfnis entstanden, von
Gri nd auf methodisch die Kriterien nachzuprüfen, die die gegenwärtige
neutestamentliche Wissenschaft charakterisieren. Die
Besonderheit der Perikope ,der nächtliche Besuch des Nikodemus
bei Jesus', die gewöhnlich unter dem Namen geht ,der
Dialog mit Nikodemus', rechtfertigt ihre Behandlung in einer
Monographie. Die Einleitung bezeichnet als Gegenstand der
Untersuchung den Aufbau der Perikope in ihrer Bedeutung für
das Verständnis des 4. Evangeliums mit all den Fragen, vor
allem die Wiedergeburt und die Christologie betreffend, dazu
die Gestalt des Nikodemus und die religionsgeschichtliche und
geistige Bedeutung seiner Begegnung mit Jesus. So ergibt sich
die kritische Verarbeitung der Forschungsergebnisse bei der Auslegung
des Textes unter Verwertung aller Möglichkeiten der Gegenüberstellung
, der Verliefung und der Gliederung im Sinne
eines modernen Verständnisses wie der patrislischen Überlieferung
einschließlich Luther. Abgrenzung und inhaltliche Bestimmung
bestätigen die Einheit der Perikope. Das wird an den einzelnen
Abschnitten herausgearbeitet und auch an dem Kernstück
, dem Dialog mit Nikodemus, dargelegt. Die kleineren und
kleinsten Einheilen des Textes treten im Vergleich mit Parallelen
im Job Ev und anderen dialogischen Beispielen in ihrer
inneren sachlichen und ihrer formalen Bezogenheit deutlich
hervor. So beweist sich die Einheil des ganzen Abschnittes in
der Analyse. Dabei ergeben sich die Bedeutung der einzelnen
Worte und ihrer Zusammenhänge als die Elemente ihres formalen
und sachlichen Aufbaus wie auch der Wandel der wechselnden
Beziehungen. Dabei wird ihre Wesenheil berücksichtigt
und kommt in neuer, lebendiger Form zum Ausdruck. So wird
das richtige Verständnis vorbereitet. Dabei werden in den einzelnen
Sätzen und Gedankengängen statische und dynamische
Auslegungsmögliclikeiten unterschieden. Für die einzelnen Aussagen
und Abschnitte werden jeweils verschiedene über- und
untergeordnete Merkmale räumlicher, zeitlicher, begrifflicher Art
bestimmt und erläutert. Der stilistische Aufbau wie die Begrifflichkeit
sind auf die Situation, auf das Gegenüber der
Menge und Jesu ausgerichtet. Es folgt der Nikodemus betreffende
Absatz der Einleitung. Erzählung und Betrachtung gehen
abschließend ineinander über. Der Hauptabschnitt des Textes
behandelt den Dialog. Da geht es um die entscheidende Frage
der Wiedergeburt. Sie kann von dem Gesprächspartner nicht
verstanden und aufgenommen werden. Von seinen Voraussetzungen
aus muß Nikodemus zwar Jesus anerkennen. Aber
er meinte, es ginge um die Wunder. Er sieht nicht und versteht
nicht, daß Jesus die Neuschöpfung des Menschen verkündet
. Dem Unverständnis gegenüber setzt Jesus den Dialog
nicht fort. An seine Stelle tritt der Monolog. Das ,Wir' in
Vers 11 wird verschieden erklärt. Vf. verzichtet auf einen Versuch
; aber könnte es nicht das ,Wir' der Gemeinde als der Zeugen
Jesu sein, die sich zu ihm bekennen? So trifft ja das ,Ihr'
neben Nikodemus die Ungläubigen! Im iibrigeu bleibt es in
dem Monolog bei dem ,Ich' des Selbstzeugnisses Jesu. In den
folgenden Abschnitten a — i und deren Unterteilungen wird eine
genaue Übersicht über den zu behandelnden Stoff geboten. Der
Kampf zwischen Glaube und Uuglaube offenbart sich steigernde
Gegensätze. Leitmotive für den ganzen Monolog sind die eigen-

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tümlich johanneischen Stichworle. Die Erhöhung und die Gabe
des Gottessohnes kennzeichnen die Christologie. Sie weist auf
die Spannung zwischen dem drohenden Gericht und der Offenbarung
des Sohnes Gottes. Bei aller in der Sache begründeten
Schwierigkeil der Gedankenführung sind so die Grundlagen für
den zusammenfassenden und abschließenden Teil des bedeutsamen
kleinen Werkes bestimmt. Die Perikope erweist sich als
eine Einheit in ihrem ganzen Aufbau. Das wird in klarer Ge-
dankenführung dargelegt. Grundlegend sind Gegenüberstellung
und richtungweisende Deutung. Dialog und Monolog erweisen
sich als Einheit. Die Einzclangabcn führen auf die geschichtliche
Einordnung der Perikope. Die zielsicheren Ausführungen der Arbeil
werden ergänzt und unterstützt durch die Auseinandersetzung
mit dem umfangreichen in den Anmerkungen gebotenen
Material der internationalen Forschung. Dabei sind die
führenden Namen und Werke der Bibelauslegung und die wichtigsten
Thesen und Gegenthesen vertreten. Die Behandlung der
Perikope wird so zum Beispiel der modernen exegetischen Methode
in ihrer Ausrichtung auf den wesentlichen Gehalt der
Überlieferung und in der Verarbeitung der in der Forschung
gebotenen Anregungen und zugleich in ihrem kritischen Bemühen
um sachliches, alle Einseitigkeiten (Gnosis, Qumran)
vermeidendes Verständnis. Das alles wie auch die praktische
und übersichtliche Ausstattung durch den Verlag sei dankbar
anerkannt.

Kernwuld 2 Annerod Georg Bertram

Vogile, Anton, u. lludolf Pesch: Wie kam es zum Ostcrglaubcn?

Düsseldorf: Palmos Verlag [1975]. 184 S. 8° = Patmos-
Paperback.

Zwei hervorragende katholische Exegelen, vertraut mit dorn
neuesten Stand der Diskussion, zudem miteinander befreundet,
um die wichtigste Frage des christlichen Glaubens (S. 13) ringen
zu sehen — das ist schon an und für sich eine Freude!
Dazu dies freundschaftliche Eingehen auf die fremde Intention,
das ich in vergleichbarer Form seit langem nicht mehr beobachtet
habe (Peschs These forderte gleich mehrere Gegenstimmen
heraus, auch protestantische)! Man muß die Lektüre des Heftes,
in welchem Anton Vögtie einige Beiträge für die Zeitschrift
..Bibel und Leben" zusammenfaßt, nicht ohne seinem Meisterschüler
Mudolf Pesch noch einmal Baum zur Absicherung seiner
These zu gewähren, schon um dieser Vorzüge willen empfehlen:
So etwa stelle ich mir die Austragung wichtiger Streitfragen
vor, so und nicht anders! Hier wird bei exakter Klarheil der
Positionen dem anderen nicht nur eingeräumt, daß man so wie
er — unter Berücksichtigung dieses oder jenes nicht ganz überzeugenden
Zuges, der jedoch nicht unmöglich sei — fragen und
folgern kann, wenn auch selbst nicht möchte. Hier wird vor
allem zugestanden, daß so gefragt werden darf. Jeder räumt
dem anderen zuerst einmal ein, daß er nicht außerhalb des
Erlaubten stehe. Eine ähnlich kulant geführte Diskussion suche
ich seil Jahrzehnten. Die hier geübte Form setzt Maßstäbe.

Vögtlcs Beitrag ist (Vorwort) einer Verlegenheit zu danken:
1973 hat er als Mitherausgeber einer Zeitschrift „in die Bresche
springen" müssen. Als sein Beitrag teilweise gesetzt war, erschien
Peschs Anfrage, die eine breite (Vögtles Replik umfaßt
etwa 120 Seiten, Peschs Duplik 50 Seiten), verschiedenste Aus-
wiikungen der Anfrage durchleuchtende Behandlung ausgelöst
hat. Pesch referiert im vorliegenden Heft nur seiner These
nutzbare Äußerungen anderer aus neuester Zeit, und zwar von
religionswisscnschaftlichen, aber auch theologisch-systematischen
Fragestellungen aus.

Worum geht der Streit? Peschs Anfrage hat nach dessen
eigenen Worten (S. 184) den „unmittelbar gemeinten Sinn:
,Verzicht auf Begründung des Osterglaubcns von Ostcrerschei-
nungen her"'. Er arbeitet mit religionsgescliichtlichcn Mitteln
(ephthe ■'. dat. sei als altleslamcntlich begründete Relevations-
formel nicht auf sinnliches Sehen einzuengen, wie zuzugestehen
isl, so daß sich aus dem Wort kein Anhaltspunkt für ein zum
Krcuzdalum hinzutretendes „Widcrfahrnis" ergibt) und der
Überlegung, die Annahme sei Konstruktion, die Jünger „hätten

Theologische Lileralurzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 4