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Ausgabe:

1977

Kategorie:

Judaistik

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Neuerscheinungen

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Theologische Ijtcralurzcitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 4

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Neueren Datums sind die Beiträge in den beiden übrigen Tei- (S. 217). Angesichts dessen ist es schon erstaunlich, daß bei der
leu des Buches. Unter der Überschrift ..Religion" finden sich Auslegung dieses „Buches mit sieben Siegeln" ein so gut les-
im ersten Teil drei Studien aus den Jahren 1972—1974: „The barer Kommentar entstanden ist, gut und nützlich zu lesen
Menning of Oral Torah: With Special Refcrencc to Kelim keineswegs nur für den spezialisierten Fachtheologen (auch
and Ohalot" (S. 3—33), ursprünglich ein Vortrag, der im wenn — gemäß dem Erscheinen des Kommentars im „Hand-
wesentlichen auf des Autors „History of the Mishnaic Law of buch zum Neuen Testament" - - die Kenntnis der griechischen
Purities", Leiden 1974ff., basiert; „Emergent Babbinic Judaism Sprache vorausgesetzt wird). Ein gutes und nützliches Buch
in n Time of Crisis: Four Besponses to the Destruction of the also, aber auch — was bei einer Auslegung der Apk durchaus
Second Temple" (S. 34—49) und der anregende Aufsatz: zu begrüßen ist — ein nüchternes Buch, als solches weniger
„.Pharisuic-Rabbinic' Judaism. A Clarification" (S. 50—70), der beeindruckend durch irgendwelche sensationellen neuen Ergeb-
sich mit dem Problem der Definition des sog. „pharisäisch- nisse zu dieser oder jener Stelle der Apk (abgesehen allenfalls
rabbinischen'' Judentums nach 70 n. Chr. beschäftigt. von der hier vorgetragenen neuen Deutung der Schlüsselzahl
Fragen der mündlichen und schriftlichen Überlieferung ist 060 in Apk 13,18 auf den römischen Kaiser Nerva: vgl. dazu
der zweite Teil des Buches („Literatur") gewidmet, der ebenfalls S. 183—185 und bes. S. 222); beeindruckend vielmehr durch
drei Beiträge enthält (aus den Jahren 1971—1973): „The den bermeneulischen Ansatz, von dem der Vf. ausgeht, und
Babbinic Traditions about the. Pharisees before 70: The zwar in Übereinstimmung mit dem Selbstverständnis des
Problem of Oral Transmission" (S. 73—89); „The Wrilten „Propheten" Johannes. Dieser für den Vf. bestimmende herme-
Tradition in Pharisaism before 70" (S. 90—99) und „Types neutische Ansatz wie dann auch seine Durchführung in der
and Forms in Ancient Jewish Lilerature: Some Comparisons" Einzelauslegung tritt freilich in der Einleitung zum eigentlichen
(S. 100—136). Der Autor wendet sich hier u. a. gegen die ver- Kommentar (S. 7—17) noch gar nicht unmittelbar hervor, son-
breilete These von der ausschließlich mündlichen Entstehung dem wird in seiner Konsequenz wie auch in seiner Fruchtbar-
und Weitergabe des rabbinischen Traditionsmalcrials und keit erst bei durchgangiger Lektüre des ganzen Kommentars
mochte auch mit der Möglichkeit früher schriftlicher Fixierung deutlich. Darauf ist sogleich näher einzugehen. In der Einlei-
rtchnen. Diese in sehr vorsichtiger Form vorgetragenen Erwä- tung wird zunächst jedenfalls in der Tat nur „Allgemeines"
gungen sind zweifellos brisant und werden die weitere For- (so die Überschrift des Abschnittes) erörtert, wobei siel» der Vf.
schung beeinflussen; vorläufig vermag jedoch das etwas eilig hinsichtlich der Frage der in der alten Kirche umstrittenen
an Hand eines einzigen Kriteriums (die Verwendung des Part. Kanonizität der Apk (S. 7—9) wie auch hinsichtlich der Ver-
Plur Praes.) aus dem Mischnatraklat Berakhot herausgefilterte fasserfrage (S. 9-11) weitgehend an die Ergebnisse der bis-
,-liturgische Handbuch" (S. 94ff.) noch nicht so recht über- herigen kritischen Forschung anschließt oder doch jedenfalls an
'eigen. sie anknüpft (z. B. zur Verfasserfragc: Der Verfasser der Apk
Eine kurze Einleitung und verschiedene Begistcr runden das ist nicht mit dem Zebedaiden Johannes und auch nicht mit dem
Ruch ab. Insgesamt sind die Studien von unterschiedlichem Verfasser des vierten Evangeliums identisch, steht vielmehr einGewicht
. Manches ist überholt und nicht mehr sonderlich ak- deutig bereits in der „uachapostolischen" Zeit). Eigene Wege
tucll, manches kann man in den umfangreichen Werken des geht der Vf. des vorliegenden Kommentars dann freilich schon
Vfs. ausführlicher und genauer nachlesen, und über manches ist im Zusammenhang seiner Überlegungen zur „literarischen Gesicher
das letzte Wort noch nicht gesprochen. Dennoch gibt stall der Apk" (S. 11—15): Er geht davon aus, daß die Apk in
diese Ai.fsatzsammlung einen guten Einblick in die Themen- ihrer vorliegenden Gestalt sich nicht als „strikte Durchführung
bereiche und die Arbeitsweise des Autors und ist als will- eines einheitlichen Entwurfes" verstehen läßt (S. 14); dement-
kommenc Einführung in einige zentrale Fragestellungen des sprechend ist — was Entstehungszeit und Entstehungsgeschichte
rabbinischen Judentums zu begrüßen. der Apk betrifft — mit Erweiterungen eines ursprünglichen

Entwurfes (= die „Siegelvisionen" in Apk 5—7) zu rechnen, zu
denen der Verfasser der Apk selbst sich durch die Ereignisse

.-- der Zeitgeschichte veranlaßt gesehen hat (Christein erfolgung

unter Domitian!). Die Entstehungsgeschichte der Apk erstreckt

Henrix, Hans Hermann: Der Dialog mit dem Judentum als sich SOmit vom Ausgang des ersten Jahrhunderts bis zur

Aufgabe ökumenischer Theologie (US 31, 1976 S. 136-145). Schlußredaktion, d. h. bis in die Zeit der Einfügung der „Send-

Magonet, Jonathan: Angst_ und Hoffnung in jüdischer Erfah- schreiben" (Apk 2 und 3), die - wie Vf. in einem eingehenden

fung (US 31, 1976 S. 12o-135). Vergleich mit den Briefen des Ignatius von Antiochien deutlich

zu machen versucht (S. 87—94) — erst in der Zeit des Trajan,
nicht viel früher als die Ignatiusbriefe, entstanden und in die

|^r£ijr£r^ TESTAMENT ^''k l"1'^c"ommcn worden sind. Der Verfasser der „Sendschreiben
" kann dabei „mit dem Verfasser des Ganzen möglicherweise
identisch sein" (S. 15). Darüber hinaus sind die „Sendschreiben"

Kraft, Heinrich: Die Offenbarung des Johannes. Tübingen: durchaus in das Ganze der Apk integriert, wie sich u. a. beson-

Mohr 1974. 297 S. gr. 8" = Handbuch zum Neuen Testament, der? im Blick uuf das in Apk 1,19 genannte Gliederungsprinzip

hrsg. v. G. Bornkamm, 16a. Hlw. DM 37,—. (Berufungsvision — Sendschreiben — Visionsteil der Apk) zeigt

fc Der Verfasser des vorliegenden Kommentars zur „Offen- » 49). Aus solchen für den Leser plausiblen und nachyollzieh-

tarung des Johannes" (Apk), bisher vor allem als Patristiker baren Überlegungen zur Entstehungsgeschichte der Apk ergibt

bekannt, hat sich bereits im Jahre 1973 in einem Beitrag in der »ich dann auch die Bestimmung der Absicht des Buclies: Nicht

geologischen Rundschau" (Jg. 38, S. 81-98) zu den aktuellen Primfir ous ell,cm «Interesse an der Darstellung von Sensal.o-

Pwblemeu einer sachgemäßen Auslegung der Apk geäußert, »en > -»"»f™ um der k™>ahnung willen (S 260) will der

d.ort freilich lediglich den gegenwärtigen Forschungsstand refe- P"'Phet Johannes seinen Lesern den Ablauf der Endere.gnisse

»rrend. Mit um so größerer Erwartung greift man nunmehr zusammenhangend schildern (S. 12; vgl. auch S. 94: „Johannes

z" seiner t i i- • ■ i i • xi- • u. will die indercignisse aus der Sicht Gottes schildern und will

»einer eigenen Auslegung dieses in vielerlei Hinsicht pro- , " . , , , , , „ ., . ,. . _ , ,

klematischen und umstrittenen Buches, zu einer Auslegung, die "m Gemeinden klarmachen, daß ihre irdischen Erfahrungen

- dies sei gleich zu Beginn betont - im Rahmen der neueren den BeSlnn der Endfrt "ewe»en )• Daraus ergibt sich wiederum

e**ctischen Literatur zur Apk wie auch im Vergleich mit den für die Auslegung der Apk im einzelnen eine Verbindung von

•''"•«eti und atnleicn Kommentaren durchaus ihren eigenen „cndgeschichthdicr' und „zeitgeschichtlicher" Betrachtungsweise

'■atz behauptet. Dabei weiß der Vf. sehr gut um die beson- (S. 217). Wird darüber hinaus neuerdings — so u. a. von

«*en Schwierigkeilen, die gerade dieses Buch des Neuen Testa- W. G. Kümmel (Einleitung in das Neue Testament13, S.

"*enls dem Vorhaben einer sachgemäßen Auslegung stellt: 347; — für ein sachgemäßes Verständnis der Apk die Anwen-

^l^n" die Voraussetzungen, die für Johannes und seine Hörer dung der ..tradilionsgcschichtlichen" Methode als notwendig er-

ersländlich waren, müssen wir uns mühsam erarbeiten" achtet, die Befragung also der in der Apk benutzten Bilder und

Köln Peter Schäfer