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Ausgabe:

1977

Spalte:

226-228

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Boureau, Daniel

Titel/Untertitel:

La mission des parents 1977

Rezensent:

Haufe, Christoph Michael

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Theologisohe Literaturzeitung 102. Jahrgang 1977 Nr. 3

226

dient Pannenbergs Kritik: daß nämlich „die Versöhnungslehre
noch einmal als Auslegung der Inkranation" entwickelt
, also letztlich gcschichtslos gedacht wird (88) -
unter den drei liest immungen der Versöhnung im Kreuz
nach ihrem Personalaspekt (85ff.), Tataspekt (194ff.) und
Urteilsaspekt (287ff.). „Ist Jesus Christus als der versöhnende
(Werk) Gott der wahre (vere deus), sich erniedrigende
(status exinanitionis) Gott und als der versöhnte
(Werk) Mensch der wahre (vere homo), erhöhte
(status exaltationis) Mensch, so sind die Koinzidenz der
beiden Stände, das Ineinander von Naturen und Ständen
und infolgedessen die Interpretation der Gottheit von der
Erniedrigung und der Menschheit von der Erhöhung her
nach Harth notwendige Implikate des Versöhnungsgeschehens
iM seiner zeitlich koinzidierenden Doppelbewegung
von versöhnendem Gott und versöhntem Sien
sehen" (IUI).

Vf. setzt von der Subjekt-Frage her ein, wie sie sieh für
Barth im Kontext der Menschensohn-Problematik stellt
(102ff.): ..Jesus ('Iirist us ist der qualitativ andere in axio-
tnal ischer Selbstevidenz", in der Autopist ie, in seiner persönlich
werkhaften Selbstbezeugung (1501'.). Aber weder
die Auferweokung (Tödt, Pannenberg), noch der '<>ll
tnaohtsanspruoh Jesu begründen die Einheil Jesu mit dem
Menschensohn (112, 120) sondern allein die Selbsterniedrigung
des Sohnes Gottes ins Kreuz als Offenbarung der
Gottheil Gottes (131 ff.). Einzig die kreuzeschristologisehe,
staurologische Überwindung des Subjekt-« »bjekt-Sehemas
vermag die Subjekt,-Krage als den entscheidenden Punkt,
der gegenwärtigen christi.logischen Debatte so zu beantworten
(147 mit Am». 18, 250 mit Anm. 22), daß man der
Scylla einer adoptianischen Auferweekungsehristologie
and der Charybdis einer rein funktionalen Jesulogie entgeht
. An diesem Punkt wäre es notwendig gewesen, T.
Rendtorffs Harth-Interpretation am Leitfaden der Autonomie
-Frage für die Christologie zu diskutieren (Radikale
Autonomie Gottes, in: Theorie des Christentums, 1972,
161 ff.).

Der Personalaspekt wird weiter entfaltet, indem von
der Kont ingenz des Kreuzes iber seine Potentialität (Demut
) und Xezessität (Gehorsam) zur innertrinitarischen
Analogie fortgeschritten wird (17.1). Dabei zeigt sieh, daß
'las Kreuz niemals auf ein ontisches Paradox in Gott
selbst hinweist (gegen Gloege), sondern als Existential-
paradox (H. Vogel) und besonders als Gerichtsparadox zu
verstehen ist (192). Der Tataspekt des Kreuzes bringt dies
ebenfalls zum Ausdruck, sofern er ein vierfaches pro nobis
impliziert: Richter, Stellvertretung, Genugtuung und Gerechtigkeit
(KDIV/1, 254ff.); Richter, Gerichteter, Getickt
und Recht - als propter sc Gottes, als contra nos des
Gerichtes Gottes, als extra nos einer objektiv geschehenen
lleilsgesehiehte in Abhebung vom Kerygma und als cum
OZW. in nobis (220-284), ohne dal.! sich dieses pro nobis
anthropologisch, hamartiologiseh, schöpfungstheologisch,
nomologison oder heilsgeschichtlich verifizieren läßt. Dassel
I». gilt schließlich für den Urteilsaspekt der Versöhnung
"n Kreuz (287ff.): nämlich in der dreifachen Struktur des
Urteilscharakters der Auferweckung, des Offenbarungscharakters
der Auferstehung und des von ihnen auf Grund
der Identität des Gekreuzigten mit dem Auferstandenen
implizierten raumzeitlichen Geschehenseharakters. Das
Kreuz ist mit der Auferstehung nicht retroaktiv (Pannen-
berg), sondern retrospektiv durch den Identitätsaspekt,
Sach- und Zeitaspekt differenziert verbunden (348ff.). Das
Kreuz ist als Integral im Leben Jesu antizipiert (157, 289,
320, 322) und die Auferstehung ist als Validierung der
^ersöhnungstat im Kreuz zu verstehen (308ff'.), nicht als
ontische Entscheidung der Gottheit Jesu (Pannenberg)
oder bloße Bedeutsamkeit der Sache Jesu (Marxsen).

3. Fazit: Die teleologische Einheit von Kreuz und Auferstehung
besagt, daß die „inhaltlich am Kreuz und dessen
Integralbedcutung orientierten Stände und ihre zeitliche

Koinzidenz . . . Implikate des Versöhnungsgeschehens in
seiner zeitlich koinzidierenden Doppelbewegung von versöhnendem
Gott und versöhntem Menschen als Aufrichtung
des Bundes im Kreuz" sind (375). Diesem Ansatz
werden im abschließenden 3. Teil nochmals Marxsens
Jesulogie der Inkarnation, Gogartens Kreuzes-Jesulogie,
Rannenbergs Auferweckungs-Jesulogie und Künneths
Christologie der Präsenz des kommenden Menschensohnes
gegenübergestellt (381 ff.). Ein Literatur- und Abkürzungsverzeichnis
, ein Bibelstellen-, Namen- und Sachregister
runden diese klar gegliederte, belesen informierende und
st ringend diskutierende Arbeit ab.

4. Anfragen: Hier können keine Details, nur einige
Grundprobleme angesprochen werden. So ist a) zu fragen,
ob man Begriffe wie Autopistie, axiomatische Selbstevidenz
, Jesus Christus als souveräner Richter, als der qualitativ
andere verwenden kann, ohne daß mit dieser radikalen
Christozcntrik als Anzeige der absoluten Souveränität
Gottes die Subjekt-Frage eo ipso mittels des „Mono-
loges im Himmel" (Zähmt), also noch einmal klassisch
metaphysisch aufgelöst wird. - b) Begriffe für das Kreuzes
Versöhnungsgeschehen wie Integral (so bei E.Jüngel, 160),
tmplikat, Koinzidenz u. a. weisen einerseits auf die konstitutive
Bedeutung von Kreutz und Auferstehung hin,
fordern aber andererseits zur Frage heraus, ob in der Kl)
nicht der Bundes- und Erwählungsgedanke das eigentliche
Integral sind, die im Christus-Geschehen „gegenständlich
" werden. Die Frage geht zunächst sicherlieh dahin
, ob das Kreuz-Integral im Christ us-Geschehen ist
(gegenüber Auferstehung oder historischem Jesus); dann
aber vor allem dahin, ob dieses Christusgeschehen als Gau
zes „vom Standpunkt Gottes" aus konstruiert ist (239
Anm. 12), also Theologie Logifizierung lies Christusgeschehens
ist (G. Sauter: Vor einem neuen Methodenstreit
in der Theologie?, 1970, 64, 42f). - e) Daß nur
„barthianisch" (außer 260f. Anm. 30) bzw. innertheo-
Jogisch argumentiert wird, zeigt letztlich doch eine inkarnationstheologische
, sogar doketische (modalistische?)
„Motivation" an (die durch das Denken Barths vorgegeben
wird), selbst wenn innerhalb dieser Argumentations-
bewegung dann das Kreuz im Vordergrund steht. So gesehen
läßt sieh Pannenbergs Kritik - auch Dembowskis
Kritik der Barthschen „Mächtigkeitschristologie" - mit
den hier gewählten methodischen Mitteln gerade nicht
zurückweisen (etwa 239 Anm. 12). -d) Kann man KD 1/2
§ 15 als geschichtslose Argumentation von der „sachgemäßen
" Deutung in KD IV/1.2 absetzen, indem man
etwas schnell eine Akzentverschiebung konstatiert (136
Anm. 4)? Genau besehen würde es sieh ja dann nicht nur
um eine Akzentverschiebung, sondern um einen Bruch im
ehristologischen Ansatz Barths handeln. Diese Diskussion
auf den Begriff gebracht zu haben, ist das Verdienst dieser
1970 in Bonn angenommenen Dissertation.

Loccum Uwe Gerber

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Bourean, Daniel: La Mission des Parents. Perspectives Conciliaires.
De Trente ä Vatican IL Paris: Les Edition* du Cerf 1970. 425 >S.
8°. ffr. 52.—.

Vf. möchte mit dieser Studie „die wachsende Bedeutung
der Laien, besonders der Eltern, in der nachkonziliaren
Kirche" zeigen (S. 11) und er thematisiert dabei: „Bisher
haben Priester und Katechisten die Hilfe der Eltern erbeten
; von nun an wird es umgekehrt sein: sie werden den
Eltern helfen, daß diese ihre eigenen Kinder selber unterweisen
" (S. 9).

Diese These wird aus den Akten der Konzile gewonnen,