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Ausgabe:

1976

Spalte:

147-150

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Lange, Ernst

Titel/Untertitel:

Predigtstudien für das Kirchenjahr 1972/73 und 1973/74 1976

Rezensent:

Voigt, Gottfried

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147

Theologische Liternturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 2

HS

A. ist es gelungen, auch schwierige Positionen anderer
Theologen einfach und doch nicht vereinfachend darzustellen
. Herangezogene Bibelstellen werden fast immer
im Wortlaut zitiert, was dem zügigen Lesen zugute
kommt. Leider werden Zitate nicht nachgewiesen, was
den Wert als Arbeitsbuch etwas einschränkt. Störend
sind ein paar Druckfehler und Auslassungen (z.B. S.54,
6.Z v.u. fehlt .unmöglich'). Leitsätze am Anfang jeden
Abschnitts erleichtern den Zugang zum Inhalt der Darlegungen
.

A. wendet sich mit seinem Buch nicht nur an den
Fachtheologen, sondern auch an den engagierten ,Laien'.
Gerade letzterem kann es als Einstieg in das weite Feld
der „Systematischen Theologie" empfohlen werden.

Bayreuth Klaus A.linier

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Lange, Ernst: Predigtstudien für das Kirchenjahr 1972/73 und
1973/74, hrsg. in Verb. m. P. Krusche, D. Rössler u. R. Roess-
ler. Perikopenreihe VI,2, 1972, 268 S.; Perikopenreihe 1,1,
1972,203 S.; Perikopenreihe 1,2,1973, 257 ß.; Perikopenreihe
11,1,1973,229 S.; Perikopenreihe 11,2,1974,286 S. Stuttgart-
Berlin: Kreuz-Verlag gr. 8°.

Die „Predigtstudien", die seit 1968 - beginnend mit
Perikopenreihe III - regelmäßig erscheinen, sind in der
ThLZ bisher noch nicht angezeigt worden. Sie haben viel
Resonanz gefunden. Der (leider inzwischen plötzlich
verstorbene) Herausgeber kündigt im Vorwort zu II/2
die Fortsetzung der Arbeit an. In der Tat, was hier geboten
wird, ist in Denk- und Arbeitsweise, Zielsetzung
und Machart so originell, daß man auch künftig Interesse
erwarten darf.

„Predigtstudien": Der Leser wird an vielerlei Vorarbeiten
für die Predigt beteiligt, empfängt Informationen
, Anregungen, wird in Reflexionen und Diskussionen
einbezogen. Kr muß selber sehen, was er da
von aufnehmen und daraus machen kann. Zwar findet
sich - meist am Ende nicht selten eine (knappe)
Predigtskizze; manchmal bekommt man sogar ein Endprodukt
mitgeteilt (etwa eine Rundfunkpredigt, VI/
2,74; eine Predigt in einem akademischen Gottesdienst,
1/1,94; eine textlose - Weihnachtsverkündigung im
Kunk, EI/1,63). Aber das meiste ist Material für unterwegs
, gewissermaßen die Zettel, die sich bei der Predigtvorbereitung
auf dem Schreibl isoh sammeln, zusammengedruckt
. Kin bestimmtes Schema ist den Bearbeitern
mitgegeben: Unter A soll der Leser Hilfen für die
„textgeleitete Arbeit" bekommen (I. Übersetzungen,

II. Beispiele aus der Auslegungs- und Predigtgeschichte,

III. Exegetische Erwägungen, IV. Notizen zur Predigt).
Unter B „situationsgeleitete Arbeit" - wird sozusagen
der Berg voll der anderen Seite her durchtunnelt (V.
Wörter des Textes in der Alltagssprache, VI. Systematische
Erwägungen, VII. Erwägungen zur homiletischen
Situation. VTfk Predigtentwurf), fn der Regel
werden A und B von verschiedenen Bearbeitern bestritten
; aber diese Regel wird, wie auch das Schema der
einzelnen Gesichtspunkte und Arbeitsgänge, nicht selten
durchbrochen : durch Umstellungen, Weglassungen, Hinzufügungen
bzw. Einschlagen anderer Wege. Oft werden
erste „Einfälle" festgehalten, die sehr stark die
Merkmale des Experimentellen an sich tragen (etwa
1/2,153; 11/2,50), auch „Wünsche" werden formuliert
(1/1,191). Man findet Zeitungsnotizen, Dichterzitate,
Äußerungen von Philosophen, Psychologen, Soziologen,

Politikern, selbstverständlich auch von Theologen und,
gelegentlich, von engagiert mitdenkenden Predigthörern
. Zum Exegetischen werden nicht zum soundsovielten
Male alle Schulweisheiten der Auslegung mitgeteilt
, sondern es wird nur das vermerkt, was dem Vf.
bemerkenswert dünkt. Ähnlich wird bei systematischen
Überlegungen verfahren. Einzelne Predigtgedanken und
skizzenhaft dargebotene Predigtaufrisse aus verschiedensten
Zeiten werden mitgeteilt, vieles nur wie im
Blitzlicht. Eine Predigthilfe kann auch in der Auseinandersetzung
mit der Predigttradit ion aus drei
Jahrhunderten bestehen (1/1,78). A und B kommen
nicht selten in ein direktes Gespräch, gelegentlich so, daß
A repliziert (VI/2,225; IT/2,25). Es kann zu einem -
mehrmals hin- und hergehenden - Briefwechsel kommen
(1/1,137; 1/2,42). Es kann auch einmal ein Bearbeiter
die Aufgabe allein anfassen. Kurz, die Arbeitsweise
ist bunt und abwechslungsreich. Buntheit kennzeichnet
auch die Reihe der zahlreichen Mitarbeiter,
meist Pfarrer, seltener Inhaber akademischer Lehrämter
. Auch die theologische Jugend ist beteiligt; in
Teamarbeit haben Kandidaten von Predigerseminaren
Beiträge erstellt: Imbshausen (VI/2,83; 1/2,143; II/
2,146), Elberfeld (1/2,78 - das Inhaltsverzeichnis sagt:
Bielefeld). Ein Predigtvorbereitungskreis kommt zu
Wort (1/2,149). Evangelische und katholische Theologen
haben zusammengewirkt (VI/2,123; 1/1,201; 1/2,97.137;
11/2,172.255), auch ein Landesrabbiner ist beteiligt
(11/1,109, wobei beide Ausleger starke Übereinstimmung
feststellen). Es finden sich auch zwei englisch-
sprachige Beiträge (z.T. übersetzt, VI/2,53.246).

Pluralität bestimmt- das Bild. Die Bemerkung von den
zusammengedruckten Zetteln war nicht boshaft ge
meint; es ist ja von vornherein nicht darauf abgesehen,
zu jedem Text eine abgerundete Konzeption zu bieten.
Es kommt schon vor, daß ein Text - paraphrasierend
etwa - nachgesprochen wird (VI/2,96.1ü0), aber das geschieht
selten. Prediger, die darauf aus sind, in gespannter
Hörbereitschaft - vor allem anderen, was ebenfalls
nötig ist - den Text reden, d.h, aber: ausreden, im Zusammenhang
und als ein Ganzes reden zu lassen, müssen
dieses Stück Arbeit zumeist selbst leisten. Der Text wird
selten nachgesprochen, er ist zumeist Gegenstand der
Reflexion; wenn A und B miteinander diskut ieren, sogar
einer Reflexion zweiten Grades. Doch, doch: auch in
solchem Umgang mit der Sache kommt es zum Hören.
Vielleicht gerade dann, wenn die „Studie" selbst mehr
Fragen weckt als Antworten gibt, im Exegetischen mehr
Schwierigkeiten zeigt als Lösungen bietet, mehr davon
spricht, wie es nicht geht, als anzeigt, welcher Weg einzuschlagen
ist. Es ist ja klar: wer vorrangig auf das
letztere aus wäre, müßte die Sache in assertorischer
Redeweise kontinuierlich darlegen und entfalten können
. Darauf ist hier zumeist verzichtet. Aber der Benutzer
dieser Studien wird wachgerüttelt, oft hart gefragt
, ja provoziert, jedenfalls in Bewegung gebracht.

Es gibt bei aller Buntheit und Verschiedenheit der
einzelnen Studien, ja sogar ihrer Bestandteile, ein gemeinsames
Wollen, das sich in dem ,,Programm" des
Unternehmens kundtut. Man kann dieses Programm
schon an dem vorhin mitgeteilten Schema ablesen (A
+ B mit den Aufgabenstellungen, die unter T bis VIII
angegeben sind). Im Blick ist immer beides: der Text
und die Situation, in die hinein er zu predigen ist. Auch
ilie Situation ist also „als mitbestimmender Faktor"
„in die Predigtvorbereitung ... aufzunehmen und zur
Wirkung zu bringen" (11/1,7). Oder so: „Die Frage nach
dem Hörer, meinten wir, müsse gleiehgewichtig neben
der Frage nach dem Text stehen. Denn die Predigt sei
ein Kommunikationsversuch im Spannungsfeld von
Glaubenstradition and Hörersituat ion" (ff/2,9). Ks gibt