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Ausgabe:

1976

Spalte:

108-109

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Vaughan, Patrick H.

Titel/Untertitel:

The meaning of "bāmā" in the Old Testament 1976

Rezensent:

Zobel, Hans-Jürgen

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 2

108

Stämme Israels übergreifendes .Richterauit' akzeptie
ren. Die Richter hatten ihren ,,lokal begrenzten Wirkungskreis
". „In Fällen besonderer Bedrohung kam es
zu Stämmekoalitionen" (153). Heiligtümer, die wahrscheinlich
von mehreren Stämmen zugleich besucht
wurden, konnten so etwas wie ,amphiktyonische' Zentren
darstellen wie z.B. der Thabor, ,gesamtisraelitische
Bedeutung besaßen sie nicht' (153f). So weit wie W.Richter
, der keinen Unterschied mehr zwischen den ,großen'
und ,kleinen' Richtern zugestehen möchte, scheint H.
nicht gehen zu wollen. Doch hält es auch H. für schwierig
, aus der Überlieferung heraus verschiedene Richtertypen
präzise zu beschreiben (151 u. Anm.9). So gehört
die Richterzeit für H. auch noch in die Epoche des werdenden
Israel. Ein wichtiger Markstein auf diesem Wege
wird durch die Aussagen des Debora-Liedes markiert
(157). Dieses repräsentiert „ein Stadium und nennt einen
Anlaß, der für das Zusammenwachsen und gemeinsame
Handeln führender israelitischer Stämme von weittragender
Bedeutung gewesen sein wird. Man nennt sich
,Israel', aber man verzichtet dabei auf die Erwähnung
der Gruppen im judäischen Raum. Das verdient Beachtung
. Schon früher [s.o.] war vermutet worden, daß
dieser ,Israel'-Name im Anschluß an die Jakob-Traditionen
und die Ortsangaben der Stele des Merenptah
am ehesten im südlichen Ephraim verwurzelt war oder
dort mindestens eine keimkräftige Basis hatte. Wenn das
spätere staatlich verfaßte .Nordreich' den Namen
,Israel' trug, erscheint das nur folgerichtig" (158).
Trotzdem wird man immer wieder darüber reflektieren
müssen, welche einigenden Faktoren trotz aller erkennbaren
auseinandertreibenden Elemente schon im werdenden
Israel gewirkt haben mögen. ,Die Episode des
Königtums Sauls', wie Noth in seiner Geschichte Israels
dieses Kapitel überschreibt (bei H. nur ,Das Königtum
Sauls' 169ff) findet bei H. eine differenzierte und liebevolle
Darstellung. Dabei wird versucht, alle komplizierten
Probleme in das Blickfeld zu bekommen, die den Anlaß
für das Scheitern dieses Königs-Experiments bildeten
. Mit Recht wird u.a. auch auf die territoriale
Frage aufmerksam gemacht: welchen Umfang hatte das
.Königreich' Sauls territorial gesehen, gehörte Juda
überhaupt dazu? Sicherlich ist diese Zeit außerordentlich
diffizil gewesen. Man darf sich den Übergang aus der
vorstaatlichen Periode in die staatlich verfaßte Phase
der Geschichte Israels nicht zu einfach vorstellen. Ganz
gewiß hatten, worauf auch Herrmann hindeutet, die
Eigeninteresstn der einzelnen Stämme und Stammes-
gruppieiungen noch ein so starkes Gewicht, daß die divergierenden
Elemente die konsolidierenden überwogen.
Daß das Verhältnis zwischen Samuel und Saul für
Stabilität oder Instabilität dieses Königtums eine entscheidende
Rolle spielte, läßt sich in den Überlieferungen
noch gut erkennen. Indes scheinen die Traditionen
uns jede Konkretisierung versagen zu wollen. Was
stand hinter dem Zerwürfnis zwischen Saul und Samuel ?
Möglicherweise waren auch hier Interessenskonflikte der
mittelpalästinischen Stämme der Anlaß. Das Königtum
stellte einen neuen Erfahrungsbereich der Stämme
dar, der erst verarbeitet werden mußte. Die Frage nach
der Hegemonie scheint in der Königsgeschichte noch
lange eine Bedeutung gehabt zu haben. Ob eine nähere
Verhältnisbestimmung zwischen Samuel und Saul nicht
doch möglich sein könnte und versucht werden sollte?
Vielleicht genügen diese Beispiele zur Illustrierung der
H.sehen Geschichte. Ein flüssiger Stil und interessante
Darstellungsweise werden dem Buch einen weiten Leserkreis
verschaffen. Hier liegt kein ,trockenes Lehrbuch'
vor, das man nur zum Nachschlagen zur Hand nimmt.

Es gibt in der Darbietung des Stoffes gelegentlich
Passagen, bei denen man meinen könnte, liier dürfte

gestrafft werden, an anderer Stelle wünschte man sich
eine ausführlichere Erörterung. Doch muß man dem
Autor zubilligen zu entscheiden, an welchen Stellen er
besondere Akzente setzen möchte. Im übrigen kommt
in der Verteilung der Gewichte ein Stück eigenes Profil
zum Ausdruck. Trotz dieser Zugeständnisse wird man
sagen können, daß der dritte Hauptteil vielleicht doch
etwas zu kurz geraten ist. Daß man sich bei einer sicher
bald zu erwartenden zweiten Auflage noch ein Sachregister
wünscht , ist dem Autor gewiß selber schon bekannt
. Insgesamt darf an das eingangs Gesagte angeknüpft
werden: Es handelt sich bei der vorliegenden
Geschichte Israels von Siegfried Herrin ann um eine gelungene
, wichtige und notwendige Publikation, für die
man nicht eigens zu werben braucht, da, ihre Gediegenheit
für sich spricht.

Leipzig Siegfried Wagner

Vaughan, Patrick H.: The Meaning of 'Bäma' in the Old
Testament. A Study of etymological, textual and archaeolo-
gical Evidence. London: CambridgeUniversity Press[1974].
XII, 90 8., 2Taf. 8° = Society for Old Testament Study
Monograph Series, ed. by J. A. Emerton, 3. Lw. £ 2.25.

Erstmalig wird hiermit eine umfassende Untersuchung
des Wortes bämä in Buchform vorgelegt. In methodisch
einwandfreier Weise geht der Vf. von den Bezeugungen
dieses Wortes im Akkadischen, Ugaritischen und
Hebräischen aus, befragt dann das AT danach, was es
über Lage, Konstruktion und Kultriten einer bämä
zu erkennen gibt, um abschließend die archäologischen
Fakten zu erörtern und mit dem literarischen Befund zu
vergleichen.

Die erste Beobachtung, daß zwischen den hebräischen
Varianten bämä und bömä (vielleicht auch beheinä)
und dem griechischen ßmp6s einerseits sowie den akkadischen
Wörtern bamtu und bamätu und dem ugaritischen
bmt anderseits ein etymologischer Bezug besteht
, veranlaßt den Vf. zu der Frage nach der semantischen
Verbindung zwischen diesen sechs bzw. sieben
Wörtern. Als ursprüngliche Bedeutung des mit Albright
vielleicht von der Grundform bahmatu herzuleitenden
Nomens nimmt V. „Brustkasten" (rib-cage) an. Dieser
anatomische Sinn hat sich im Akkadischen, Ugaritischen
und Hebräischen weiterentwickelt zu der Bedeutung
„Flanke/Brust/Rücken" (flank/chest/backfs]), und
möglicherweise ist dann, gleichsam als pars pro toto, im
Hebräischen auch das Wort behemä mit der Bedeutung
„Tier" hier anzuschließen (vgl. vor allem Mi 3,12 = Jer
26,18, wo bämöt yä'ar als Kontraktion aus behämöt
yä'ar „Tiere des Feldes" zu verstehen ist; vgl. auch Jes
2,22). Neben diesem anatomischen Sinn des Wortes liegt
im Akkadischen und Hebräischen (vielleicht auch im
Ugaritischen) noch ein topographischer Gebrauch vor.
Denn sowohl das akk. bamätu als auch das hebr. bämote
(und evtl. das ug. bmt) begegnen mit dem Sinn „Abhänge
von Hügeln" (hill-sides). Eine Weiterentwicklung
davon sieht der Vf. im hebr. Wort bämä „Grabhügel"
(grave-mound). Dabei ist die Feststellung von Wichtigkeit
, daß ein solcher Grabhügel ein aus Steinen errichtetes
künstliches Gebilde ist, das den Neigungen eines
Hügels ähnelt (artificial hill-slopes). In diese topographische
Bedeutungslinie des Begriffs gehört Schließlich
auch das Wort in kultischem Kontext. Von daher
wird überzeugend aufgezeigt, daß das hebr. bämä,
das moabitische bmt der Mesa-Inschrift und das griechische
ßmfxiig der LXX nicht auf eine in der semantischen
Übersicht nicht belegte Grundbedeutung „Höhe, Hügel,
Berg" zurückgehen, daß dem Begriff also nicht die Vorstellung
von Höhe oder dgl. eignet, sondern daß er aus