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Ausgabe:

1976

Spalte:

103-108

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Herrmann, Siegfried

Titel/Untertitel:

Geschichte Israels in alttestamentlicher Zeit 1976

Rezensent:

Wagner, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 2

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Denn auch Israel wäre vordem nicht heimgesucht
worden, um aus dem Lande Ägypten, dem Haus der
Knechtschaft, herausgeführt zu werden, wenn es nicht
zu Gott geseufzt und unter der Last seiner (Sklaven-)
Arbeit geweint hätte.

(15) Wiederum steht in den Psalmen geschrieben
(Ps 6,7-10): „Tch hin sehr müde geworden bei meinem
Seufzen; ich will mein Bett und meine Matte mit Tränen
benetzen jede Nacht. Ich bin alt geworden unter allen
meinen [Feinjden. Entfernt euch von mir, (20) a[l]le, die
ihr Gesetzwidriges tut; denn siehe, der H[e]rr hat das
Geschrei meines Weinens erhört; ja, der Herr hat mein
Flehen erhört."

Wen[n] wir ehrlich bereuen, wi[rd] Gott uns erhören,
er, der langmütig und von großer (25) Barmherzigkeit,
ist, er, dem die Herrlichkeit bis in alle Ewigkeit gebührt. -
Amen

Die Exegese über die Seele

1 Vgl. zur Satzkonstruktion Apg 16,15 sahidisch (übereinstimmend bei
Thompson und Horner): ce eeöe atetnkrine eaat mptste mpöoeis; auf Z.4
ist übrigens <c>aas zu lesen.

2 p.130,33-35 lies nach einem Vorschlag von F. Wisse napostolos eushafi
ntckklesia] in/pnoute sina 8e ne[nhbeu]e nteei,'m[i]ne Söpe hraj nhet[s].

3 p. 130,36 lies [nroous efsloop.

4 Im Blick auf nreftorp und nrcfsrnSe ist p.131,6 wohl <m>pleonhektes so
lesen.

5 p. 131,151' pascha dürfte eine koptische Form des Inf. paschein sein;
zur Schreibung mit a vgl. vorläufig Ncbr NHC VI,2 p.14,18. 20 (arna);
Noemi NHC VI,4 p.48,9 (prassa) und EpPt NHC VIII, 2 p. 136.12 (plassa)
sowie arna und plea in: W.C.Till, Kopt. Oraium., 196I2, Register.

6 p.131,32 lies ä[ten eujsa[l]oom.

7 p.131,33 lies p[elO etre nrahjct ktoou.

ALTES TESTAMENT

Herrmann, Siegfried: Geschichte Israels in alttcstanientlicher
Zeit. München: Kaiser 1973. 427 S., 8 Ktn., gr. 8°. Lw.
1DM 45—.

Eine Geschichte des alten Israel vorzulegen, bedeutet,
heutzutage ein nicht geringes Wagnis. Einmal gilt es, ein
umfängliches Quellenmaterial vor allem aus der biblischen
und allgemein vorderorientalischen Archäologie
zu berücksichtigen, zum anderen ist es erforderlich, eine
kaum noch zu überschauende Literatur durchzuarbeiten,
die die bisher bekannten und die neuentdeckten Zeugnisse
der alten Welt interpretiert. Viele Themen innerhalb
einer Geschichte Israels sind in den letzten dreißig
.fahren neu durchdacht worden und haben liebgewor-
dene Bilder einzelner Geschichtsphasen verändert. Das
gilt nicht, nur für nebensächliche Details, sondern für
zentrale Abschnitte, nicht allein für die in antiken
Kulturen immer problematische Frühzeit, sondern auch
für die quellenmäßig für sicherer gehaltenen Epochen.
Der Bochumer Alttestamentler Siegfried Herrmann ist
dieses Wagnis eingegangen und hat eine ausgezeichnete
Darstell uii" der Geschichte des alttestamentlichen
Israel publiziert. Die genannten Schwierigkeiten hat er
überzeugend gelöst, das Ergebnis seiner Mühe kann den
großen Leistungen Alts und Noths auf dem Gebiete der
Historiographie Alt-Israels an die Seite gestellt werden.
Siegfried Herrmann bringt freilich auch die besten Voraussetzungen
für die Lösung einer so schwierigen Aufgabe
mit. Als einer der letzten Schüler Albrec ht. Alts
und als einer derjenigen, dem es als Alts Assistent vergönnt
war, mit diesem bedeutenden Gelehrten in dessen
letzten Lebensjahren eng zusammenzuarbeiten, hat er es
sozusagen von der Pike auf gelernt, methodisch sauber
und historisch exakt, zu arbeiten. Die gediegene Schale
ist in dem Buch auf Schritt und Tritt, zu bemerken.
Den Kenner freut es natürlich, daß II. wiederholt, treffliche
Formulierungen Alts aus sehr sorgsamen Kolleg-

8 p.131.35 lies tesmnt[brr]e on.

9 p. 132 13 lies hm <p>ma ngeleet.

10 p. 132,16 das vorliegende Präs. 1 fällt aus dem Erzähltempus heraus;
lies daher Imperfekt <ne>spet.

11 p. 132,20 aus syntaktischen Gründen muß wohl der Cireutnstantialis
konjiziert, werden; lies daher (e)srpmeeue.

12 p.132.32 lies nsctm[nouhm ehjol.

13 p. 132 33 lies peeifrete höö]f [a]n pc.

14 p.132 341' lies euäa[pö|h nhötr / [a]n[oJufercul.

15 M.Krause a.a.O. S.79 Anm.l hält p.l88.9f für ein Zitat aus (Jen
3,16b. Vermutlich handelt es sich hier jedoch um einen in der Antike geläufigen
und anerkannten Rechtssatz.

18 p. 133,33 lies on[askcpe etljmeetc.

17 p.134,9 lies auö <ä>asöi.

18 p.134,32f lies tchari[s] nt[elios t|e / alla tdörea mnp[cumatikc nt|mc.

19 p. 134,34 lies oueieipe m[pepnaj pe.

20 p. 134.35 lies touto [fa]äkak.

21 Da p.l35,4f der Konjunktiv ntmmou/te den vorhergehenden Infinitiv
fori führt, ist es wohl grammatisch besser, e<treu)SleI zu lesen.

22 KxAn zitiert hier ein Prophetenwort, das sieh in dieser Form im AT
nicht findet, wenn auch gewisse Anklänge u.a. an Jes 1,18 vorhanden sind.
Bemerkenswert«rweise wird dasselbe nicht identifizierbare Prophetenwort
in lClem 8,3 zitiert, wobei in IClem deutlich ist, daß es sich nicht um eine
vcrballhornisierte Form von Jes 1,18 handelt, da diese Stelle unmittelbar
danac h last Wörtlich zitiert wird. Bereits 11.Knopf, Die Apostolischen Väter
I, HNT Erg.-Bd., Tübingen 1020, S.20 vermutete, daß es sich in IClem 8,3
um „eine Anführung aus einem unbekannten Apokryphon, das mit at.
Material arbeitete", handelt. Die auf fall ige Übereinstimmung unseres Textes
mit IClem 8,3 ist einleuchtend nur so zu erklären, daß ExAn dieselbe Quelle
zitiert wie IClem.

23 p. 135,32 lies f[e ersa] ne[tjnnobe.

24 ii.]35,35 lies euko[o]g[ne auö nte]

25 p. 136,4 lies palln <n>kema.

26 Vgl. Horn Od 1.13ff.48-59.

27 p.136,32f lies efn[neu] e/bol.

28 p. 136,33f lies auösabe[l öe afei nnou] bo[etheia ebol Im tpe n[efnahö|k
o[n| a.

29 Vgl. Horn Od 4,260-264; II 3,17111.39911; 24,762ff.

30 p. 136,351' lies palln tke[hele]ne csCo / mmos fie pamerijt.

nachschriften zitiert und diese dadurch dem Vergessenwerden
entreißt. Diese enge Verbundenheit, die H. zu
Alt und ausdrücklich auch zu einem der ältesten Schüler
Alts, zu Martin Noth, bekundet, bedeutet nicht die
selbstverständliche Übernahme Altscher und Nbthscher
Thesen, sondern die Herausbildung eines eigenen Profils
auf den bewährten Fundamenten der Forschung dieser
Gelehrten. Ks gibt, nicht wenige Stellen, an denen II. diesen
Klassikern unter den Geschichtsschreibern in den
mittleren Jahrzehnten unseres Jahrhunderts sachlich
begründet widerspricht.

Was bei der Lektüre ganz allgemein auffällt, ist der
Rückgriff auf ältere Literatur, unter dieser vornehmlich
auf die genialen Ausführungen Wellhausens. Es ist ein
schöner Zug, wenn uns Heutigen ins Bewußtsein gerückt,
wird, daß keineswegs alles, was unsere Vorgänger gedacht
und gesagt haben, überholt ist. Sodann berührt
sympathisch eine entschlossene Diskussion der internationalen
wissenschaftlichen Literatur. Vergleicht man
Noths Geschichte Israels mit der Herrmanns, so ist der
Unterschied augenfällig. Sicher ist die wissenschaftsgeschichtliche
Situation heute eine andere als in den
dreißiger, vierziger und fünfziger Jahren. Heute öffnen
sich im anglo-amerikanischen, französischen und skandinavischen
Sprachraum - wie es scheint - immer mehr
Alttestamentler den Erkenntnissen der Alt-Nothschen
Forschungsergebnisse und mühen sich um ein gutes Verstehen
dieser sie fremd anmutenden Gedankenwelt.
Was weiterhin begrüßt werden muß, ist ein starkes Interesse
Herrinanns daran, bei allen historischen Aussagen
möglichst nahe und möglichst lange beim alttestamentlichen
Text zu verbleiben. Seine Geschichtsdarstellung
sucht die Textnähe, wobei alttestamentliche Texte in
ihrer literarischen Letztgestalt wie in ihrer überlieferungskritischen
Analyse immer wieder daraufhin befragt
werden, was sie historisch auszusagen vermögen.
In diesem Verfahren kommen Reflexionen zum Zuge, die
H. schon vorher an verschiedenen Stellen zu dem Verhältnis
von Tradition und Geschichte, Oberlieferung