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Ausgabe:

1976

Spalte:

941-943

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Vögeli, Jörg

Titel/Untertitel:

Schriften zur Reformation in Konstanz 1519 - 1538 1976

Rezensent:

Hamm, Berndt

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 12

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Breton, Stanislas: Metaphysique et mystique chez Maitre

Eckhart(Recherches desciencerelitieuse64,1976 S.161—182).
Condren, Conal: On Interpreting Marsilius' Use of St.

Augustine (Augustiniana 25, 1975 S. 217—222).
Efthimiou, Miltiades: B.: Greeks and Latins of Thirteenth

Century Cyprus (The Greek Theological Review 20, 1975

S. 35-52).

Hagemeyer, Oda: Die Regula Benedicti in der neueren Forschung
(Theol. Revue 72, 1976 Sp. 89-94).

Hufnagel, Alfons: Die Bewertung der Frau bei Thomas von
Aquin (ThQ 156, 1976 S. 133-147).

Müller, Wolfgang: Frühes Christentum im deutschen Südwesten
(Erbe und Auftrag 52, 1976 S. 79-84).

Rose, Mary Carman: The Timeliness of St. Bonaventure
(Franziskanische Studien 57, 1975 S. 378-387).

Ruello, Francis: Le depassement mystique du discours
theoiogique selon Saint Bonaventure (Recherches de science
religieuse G4, 1976 S. 217-270).

Seckler, Max: Thomas von Aquin und die Theologie (ThQ
156, 1976 S. 3-14).

Steidle, Basilius: Memor periculi Heli sacerdotis de Silo.
Zum Abtsbild der Regel St. Benedikts (Kap. 2,26) (Erbe
und Auftrag 52, 1976 S. 5-18).

Trapp, Damasus: Dreistufiger Editionsprozeß und dreiartige
Zilationsweise bei den Augustinertheologen des 14. Jahrhunderts
? (Augustiniana 25, 1975 S. 283-292).

Ypma. E.: Recherches Sur la produclivite litteraire de Jacques
de Viterbe jusqua' ä 1300 (Augustiniana 25, 1975
S. 223-282).

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

Vögeli, Jörg: Schriften zur Reformation in Konstanz 1519—
1538. Mit Gregor Mangolts Konstanzer Reformationsge-
schichle von 1562 zum Vergleich. Erste Gesamtausgabe,
bearb. u. aus zeitgenössischen Quellen ergänzt u. erklärt
von A. Vögeli. I. Halbband: Texte u. Glossar, II. Halbband
I. Teil: Beilagen, II. Teil: Kommentar u. Register.
Tübingen: Osiandersche Buchhandlung in Komm.; Basel:
Basileia-Verlag in Komm.; Köln: Böhlau 1972/73. XIV,
XIV, 1505 S., 8 Taf. gr. 8° = Schriften zur Kirchen- u.
Rechtsgeschichte, hrsg. v. E. Fabian, 39—41. Lw. DM 94,— ;
DM 52,- u. DM 94,-.

Nachdem das Konstanz des Reformationszeitalters während
der letzten Jahre in der Forschung eine bemerkenswerte
Beachtung gefunden hat — man denke an die Arbeiten
von 0. Feger, P. Meisel, B. Moeller, H. Buck, E. Fabian,
D. Heu sehen und H.-Chr. Rublack —, ist nun endlich eine
der wichtigsten Konstanzer Quellen für jene Epoche, die
Reformationsgeschichte von Konstanz des Jörg Vögeli (ca.
1483—1562), in einer kritischen Edition erschienen. Sie beruht
auf dem Autograph Vögelis, das der Editor Alfred
Vögeli noch rechtzeitig vor ihrem Abschluß entdecken
konnte.

Der Stadlschreiber der Reichsstadt behandelt in seinem
Geschichtswerk, das er wahrscheinlich in den Jahren
1536—38 in einem Zug, allerdings auf umfangreiche Materialsammlungen
zurückgreifend, niederschrieb (s. Einl. I
27—30), den Zeitraum vom Bekanntwerden Luthers in
Konstanz 1519 bis zur Verabschiedung der Konstanzer
7,ii( Iiiordnung 1531, in der er die Krönung des reformatorischen
Neuaufbaus sieht. Nachdem er so die innerstädtische
Konsolidierung auf der Basis des Schriftprinzips beschrieben
hat (1 57—465), folgt in einem kurzen Anhang (I 465—
468) ein Ausblick .auf die außenpolitischen Absicherungs-
bemühungen des Rates bis 1538 durch den Abschluß des
Burgrechlsvertragcs mit Zürich und Bern und den Beitritt
zum Schmalkaldischen Bund. Der eminente Quellcnwcit
des Werkes beruht darauf, daß Jörg Vögeli, als Stadtschreiber
mit der Ratspolitik und allen amtlichen Dokumenten
intim vertraut, den weitaus größten Baum den urkundlichen
Belegen selbst — Ratsverordnungen, Schriften an den
Rat, Briefen, Reden etc. — einräumt, hingegen seine eigene
Darstellung und Kommentierung in den Hintergrund treten
läßt, ja oft nur durch verbindende Zwischentexte das Wort
ergreift. Der Editor spricht daher der Reformationsgeschichte
Vögelis den Rang einer „historia diplomatica" zu
(I 26). Freilich ist zu bedenken, daß der Stadtschreiber die
Ereignisse nur unter einem bestimmten Aspekt vorführt,
sofern nämlich in ihnen der Konflikt zwischen der geistlichen
Gewalt des Bischofs und der „recht ordenlich ober-
kait" des städtischen Rates als geschichtsmächtiger, schon
im Mittelalter angelegter Faktor in Erscheinung tritt (I 26:
E. Egli). Hinzu kommt, daß er dieses Ringen der beiden
Gewalten auf einseitige Weise aus der Perspektive des Rates
und seiner Aktivitäten zur Kenntnis bringt (vgl. I 38f.l,
wobei städtische und reformatorische Mentalität eine interessante
Verbindung miteinander eingehen. Wollte man ein
ausgewogenes Bild erhalten, so müßte man neben das Werk
Vögelis eine bischöfliche Chronik legen können; hingegen
bietet der Abriß der Konstanzer Reformationsgeschichte von
Gregor Mangolt (verfaßt 1562), den der Editor zum Vergleich
mit Vögeli aus einer Zürcher Handschrift zum Abdruck
bringt (I 548—562), wiederum auch nur den städtisch-
reformatorischen Blickwinkel.

Ebenfalls noch im ersten Halbband finden sich fünf
Opuscula Jörg Vögelis (I 470—547). Vier davon stammeu
aus den spannungsvollen Jahren 1523/24: die ,Drei Mis-
siven' (Luther betreffend) und die umfangreiche ,Schirm-
rede' für den reformatorischen Prädikanlen Metzler, beides
Flugschriften, sowie die beiden ungedruckten, da wohl geheimen
Mahnschreiben an die Stadtpolitiker Gaisberg/
Schulthaiß und Wellenberg/Kern; bei der fünften Schrift
handelt es sich um den ebenfalls nur handschriftlich erhaltenen
Dialog über den Ursprung der Stadt Konstanz (keine
Bischofsgründung) von 1529. In diesen Gelegenheitsschriften
zeigt sich ihr Verfasser als ein eifriger Parteigänger der reformatorischen
Sache, der als Laientheologe auf erstaunlich
selbständige Weise zwischen den so verschiedenen Ansätzen
der Theologie Luthers und Zwingiis vermittelt. Mit Luther
verbindet ihn vor allem die Hervorhebung des Verheißungsgedankens
, mit Zwingli das starke Interesse an der
bleibenden Gültigkeit des Gesetzes. Er gelangt so einerseits
zu einer Tiefendimension der Werkkritik, wie sie in den
zeitgenössischen Schriften der Konstanzer Reformatoren nur
selten zu finden ist, andererseits zu einer ethischen Zuspitzung
der lutherischen Rechtfcrtigungslehre, durch die sie
für ihn als Bürger einer freien Reichsstadt erst nachvollziehbar
und praktikabel wird.

Den Edilionsgrundsätzen, die in der Einleitung (I 24—26)
dargelegt werden, ist vorbehaltlos zuzustimmen (buchslaben-
und laulgetreue Wiedergabe des Textes bei minimaler Normalisierung
, etwa des vokalischen und konsonantischen Gebrauchs
von u und v sowie von i und j); in der Durchführung
freilich läßt die Edition der Chronik und der
Opuscula manche Wünsche offen: 1. Ein in Stichproben
(in der ,Schirmrede') durchgeführter Vergleich zwischen dem
Editionstexl und seiner Vorlage ergab im Schnitt drei
Flüchtigkeitsfehler pro Seite. 2. In den Opuscula, z. T. auch
in der Reformationsgeschichte (z. B. I 75), sind weder die
zahlreichen Bibelstellen noch die sonstigen Quellenangaben
Vögelis verifiziert. 3. Man vermißt eine Zeilcnzählung.
4. Es fehlt ein Uberblick über die Druckgeschichte und die
erhaltenen Exemplare der beiden edierten Flugschriften.

Die Einleitung (I 19—53) enthält zwar sehr viele wichtige
Informationen über die Person Vögelis und seine Chronik
, doch ist hier neben einer gewissen Weitschweifigkeit
und allzu großen Hypothesenfreudigkeit, die auch den Anmerkungsband
(II/2) kennzeichnet, vor allem das Fehlen
einer klaren chronologischen Ubersicht über das erhaltene
reiche und vielseitige Schrifttum des Sladtschreihers zu kritisieren
. So bleiben drei Kirchenlieder Vögelis (gedruckt bei
Ph. Wackernagel IV 146f.) unerwähnt, während man über