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Ausgabe:

1976

Spalte:

907-910

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Archeologia Palestyny 1976

Rezensent:

Rohde, Joachim

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907

W. die Spannung zwischen v. 18, demzufolge Harn der
Zweitälteste Sohn Noahs ist, und v. 22, wo Hain sieh vergeht
, hzw. v. 24, wo diese Tat dein jüngsten Solln zur Last
gelegt wird, und v, 25, in dem Kanaan verflucht wird, nicht
zu lösen. Denn wenn W. v. 24 superlativisch „der jüngste
(Sohn)" übersetzt (S. 644) und diese Übersetzung auch sogleich
begründet (S. 645), so ist das ohne Zweifel richtig.
Aber gerade das pliidiert für ein Verständnis von v. 20—27,
demzufolge diese Erzählung eben nicht wie die genealogische
Notiz v. 18—19 von Sem, Ilam und Japhet handelte, sondern
den dann auch verfluchten Kanaan als jüngsten Sohn
Noahs kannte, dessen Brüder Sem und Japhet waren. Daß
W. dann bei der Auslegung von v. 24 (S. 654) Harn als
„jüngeren Sohn" bezeichnet, den Superlativ also umgeht, und
sodann nicht zu der Merkwürdigkeit des jetzigen Zusammenhangt
, daß Ilam sich vergeht, aber dessen Sohn Kanaan
dafür bestraft wird, Stellung nimmt, laßt Fragen an der
Gültigkeit der vorliegenden Auslegung von Gen 9 entstehen.

Abgeschlossen wird dieser 1. Band des Genesis-Kommentars
außer von umfangreichen Registern der Bibelslellen,
Namen und Sachen sowie der hebräischen Wörter von einer
fast monographischen Abhandlung: „Entstehung und theologische
Bedeutung der Urgeschichte". W. liebt an mit der
methodischen Überlegung, wie die literarkritische Analyse
mit der traditionsgeschichtlichen Erklärung zu verbinden sei.
Sodann mustert er die Kriterien der Quellenscheidung durch,
d. h. den Stil- und Sprachgebrauch, die Gollesbezeichnun-
gen, Widersprüche und Unausgeglichenheiten, Dubletten und
Wiederholungen, Verschiedenheiten theologischer und sonstiger
Auffassungen und Absichten, wobei es ihm darum
geht, stets behutsam abzuwägen, welche Beweislast diese
Beobachtungen zu tragen vermögen. Danach wendet er sich
der Uberlieferungsgeschichte in der vorliterarischen Phase
zu, legt die methodischen Grundsätze dafür dar, und fährt
dann fort mit der Uberlieferungsgeschichte in der literarischen
Phase, wobei das Werk des J, der P und des R,
letzteres leider auf nur knapp einer Seite mit dem Fazit:
„Geschehenes kann nur mehrstimmig wiedergegeben werden
", behandelt wird. Schließlich wird die theologische Bedeutung
der Urgeschichte unter den Gesichtspunkten der Besonderheit
und der Hauptzüge des Redens von Gott sowie
des Urgeschehens im Ganzen des AT erörtert.

Dieser neue Genesis-Kommentar ist schon jetzt ein monumentales
Werk. Die Fülle der ausführlich besprochenen Fragen
und die umfassend herangezogene Literatur, nicht zuletzt
auch die zahlreichen Exkurse, in denen oftmals sogar
längere Passagen aus außeralttestamenllichen Quellen, aber
auch aus der Sekundärliteratur wiedergegeben werden, verleiht
diesem Kommentar manchmal schon den Charakter
eines Nachschlagewerkes. So sehr das einerseits begrüßt
werden wird, weil es die Arbeit mit diesem Kommentar ungemein
erleichtert und der Fachmann ohnedies eine gründliche
Arbeit schätzt, nicht zuletzt aber auch die theologischen
Probleme und Fragestellungen der Urgeschichte zu einer
breiteren Darstellung Anlaß geben, so wird man doch andererseits
bedenken müssen, ob ein Theologiestudent diesen
806 Seiten umfassenden Kommentar zur Urgeschichte noch
wird durcharbeiten können. Indes sind diese oder ähnliche
Erwägungen angesichts der Bereicherung, die dieser Kommentar
sowohl in methodischer als auch in theologischer
Hinsicht darstellt, doch nur zweitrangig. Dem aufrichtigen
Dank an den Autor entspricht der Wunsch, es möge ihm
vergönnt sein, dieses sein größtes Werk recht bald zu Ende
zu führen.

Greifswald Hans-Jürgen Zobel

Stefaniak, Ludwik W. [Hrsg.] : Archeologia Palestyny —
Praca zbiorowa (Sammelwerk), unter Mitarbeit von M.
Halawa, Z. J. Kapera. S. Medala und J. Sliwa. Fremdspra-

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eilige Beiträge übersetzten T. K?sik, D. und A. Pasicki, E.
Sitarz und L. W. Stefaniak. Reproduktionen, Zeichnungen
und Landkarten fertigten M. Baran, K. Pollesch, J. Sajdera
und J. Sliwa. Poznan, Warszawa, Lublin: Ksiggarnia Sw.
Wojciecha 1973. 1075 S. gr. 8°. Lw. Zloty 390,-.

Das vorliegende Sammelwerk enthält auf 871 Seiten Text
insgesamt 45 Beiträge zu Einzelthemen der Archäologie
Palästinas. Sie wurden von 18 Autoren polnischer, 3 Autoren
englischer und einem Autor deutscher Muttersprache verfaßt
. Hinzu kommt ein Beitrag mit einer kurzen Lebens-
darslellung des gegenwärtig berühmtesten polnischen Archäologen
, Ägyptologen und Museologen, des Professors Kazimierz
Michalowski, dem der Band zu seinem 70. Geburtstag am
14. Dezember 1971 gewidmet ist (mit Porträt). Innerhalb dl 3
Textes sind 189 reproduzierte Zeichnungen aufgenommen,
während 300 Abbildungen, 6 Tabellen und 17 Landkarten
in einem Anhang den Band abschließen.

Das Vorwort schrieb der bekannte amerikanische All-
testamentler und Palästina-Archäologe W. F. Albright unter
dem Datum des 18. August 1969, in dem er den Fortschritt
der archäologischen Forschungsmelhodcn, speziell auch des
Radio-Carbon-Tests, in den letzten Jahren für die Erforschung
der materiellen Kultur, der gesellschaftlichen und
politischen Organisationsformen, der Glaubensanschauungen
und der praktischen Religiosität würdigt und mit weiteren
Fortschritten dieser Forschung in den nächsten Jahren rechnet
. Albright hat nicht nur das Werden des Projektes dieses
Sammelbandcs von Anfang an verfolgt und es im Falle seines
Gelingens als „Standardwerk in der vollsten Bedeutung
dieses Wortes" (praca standarowa w najpclnieszym tego
slowa znaczeniu = a Standard work in the füllest possible
at present.. .) bezeichnet (Brief vom 30. 11. 1965), sondern
auf seinem Spezialgebiet auch selbst einen Beitrag beigesteuert
(Die Eisenzeitepoche, S. 311—338). Das Werk ist in
erster Linie als akademisches Lehrbuch für Studenten der
Archäologie und verwandter Wissensgebiete, speziell für die
Ausbildung von Archäologen des östlichen Mittclmeergebio-
tes, gedacht (S. 7).

Im ersten Hauptteil (S. 23—195) wird eine Einführung
in die Archäologie Palästinas gegeben. Hier werden von
sieben Autoren folgende Themen behandelt: „Begriff und
Abriß der Geschichte der Archäologie Palästinas", „Datierung
der archäologischen Funde mit Hilfe der Keramik",
„Bestimmung des Jahrhunderts mit Hilfe der Messung der
Strahlungsintensität des Kohlcnstoffisotops CM", „Archäologische
Terrain-Untersuchungen", „Entwicklung der For-
schungsmethoden", „Physische Geographie", „Historische Geographie
". Den Abschluß dieses Teils bildet eine ausführliche
und entsprechend den Themen des Sammelbandes übersichtlich
gegliederte Bibliographie, wobei neben der polnischen
die einschlägige ausländische Literatur in englischer, französischer
und deutscher Sprache gebührend berücksichtigt
wird, gerade auch über die Ausgrabungsergebnisse der
neuesten Zeit.

Der zweite Hauptteil (S. 199—460) gibt einen „Abriß der
Geschichte der Zivilisation Palästinas". Von sieben Autoren
werden folgende Zeitabschnitte behandelt: Die Steinzeitepoche
, das Eneolithicum, die Bronzezeit, die Eisenzeit, die
persische Periode (Späteisenzeit), die hellenistische und römische
Periode, die byzantinische Periode, die arabische
Periode bis zu den Kreuzzügen, die Periode der Kreuzzüge,
die Periode der Herrschaft der Mameluken.

Während die Darstellung von Stein- und Bronzezeit sich
naturgemäß auf die Darbietung der Ergebnisse der Ausgrabungen
beschränkt, werden in den Beiträgen, die sich
mit späteren Epochen befassen, auch die vorliegenden literarischen
Quellen ausgewertet. Insofern bieten sie auch eine
kurze Darstellung der Geschichte Israels, wie die Beiträge
von Albright und Wolski über die Eisenzeit und die persische
Periode, sowie eine Darstellung der neutestamentlichen
Zeitgeschichte, wie der Beitrag von Wolski über die helleni-

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 12