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Ausgabe:

1976

Spalte:

905-907

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Westermann, Claus

Titel/Untertitel:

Genesis, 4.-10. Lfg 1976

Rezensent:

Zobel, Hans-Jürgen

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905

Theologische Literaturzcitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 12

906

ben: an den Herrn der Kirche, der den Sündern das Leben
der mündigen Kinder Gottes in und für diese Welt schenkt.

1 Agnes v. Zahn-Harnack, Adolf von Harnack, Berlin 19502, S. 231f.

2 Die Entstehung der christlichen Theologie und des kirchlichen
Dogmas, Gotha 1927, S. 18.

3 Karl Holl. Rede bei der Gedächtnisfeier der Universität Berlin am
12. Juni 1926; in: Aus der Werkstatt des Vollendeten. Heden und
Aufsätze, Neue Folge, Bd. 5, hrsg. v. Axel v. Harnack, Gießen 1930,
S. 286.

* D. Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, Briefe und Aufsätze
aus der Haft, Neuausgabe, hrsg. v. E. Bethge, München 1970, S. 141.

5 Neuausgabe mit einem Geleitwort von R. Bultmann, Berlin 1950,
S. 4.

6 Darmstadt 1964, S. 84f. (Unveränderter reprografischer Nachdruck
der 4., neu durchgearbeiteten und vermehrten Auflage, Tübingen
1909.)

' a. a. O., S. 2.

* in: Erforschtes und Erlebtes. Reden und Aufsätze. Neue Folge IV,
Gießen 1923, S. 390.

9 Lehrbuch der Dogmengeschichte I., S. 349f.

10 a. a. 0., S. 54 f.

" Zitat nach K. Barth, Klärung und Wirkung, hrsg. v. W. Feurich,
Berlin 1966, S. 359.

" „Die Religion Goethes in der Epoche seiner Vollendung", in:
Reden und Aufsätze, Neue Folge IV, S. 141, Elmauer Vortrag v.
Aug. 1921.

13 Reden und Aufsätze II, Gießen 1906, S. 171.

14 «Uber das Verhältnis der Kirchengeschichte zur Universalgeschichte,
Rede auf dem wiss. Weltkongreß in St. Louis, Sept. 1904; in: Aus
Wissenschaft und Leben. Reden und Aufsätze. Neue Folge. Gießen
1911.

15 Harnack-Nachlaß, Kasten 13, zit. nach C.-J. Kaltenborn, A. v. II.
als Lehrer D. Bouhoefters. Berlin 1973, S. 93 f.

" in: Reden und Aufsätze Bd. II, S. 264.
" a. a. O., S. 162.

18 Leipzig 1910, S. VII.

19 Brief an Marie von Oeningen aus dem Jahre 1883, zit. in: Agnes
v. Zahn-Harnack, Adolf von Harnack, S. 70 f.

20 Vgl. C.-J. Kaltenborn a. a. 0., S. 33.

21 Reden und Aufsätze II. S. 375; Wenn wir hier von einer kontroverstheologisch
angelegten Ekklcsiologie reden, so deshalb, weil Ilar-
nacks innerkirchliche Polemik aus seiner intensiven Reschäftigung mit
dem Katholizismus resultiert. Dabei wird jedoch seine Kontroverstheologie
insofern umfunktioniert, als sie sich schwerpunktmäßig auf
den „Katholizismus" in der eigenen Kirche konzentriert.

22 Harnack-Nachlaß, Kasten 13, Manuskript, Bl. 10, zit. nach C.-J.
Kaltenborn, Adolf von Harnack als Lehrer D. Bonhoeffers, S. 78.

23 Protestantismus und Katholizismus in Deutschland; in: Aus Wissenschaft
und Leben. Reden und Aufsätze. Neue Folge I, S. 234 f.

24 Aus der Werkstatt des Vollendeten. Reden und Aufsätze. Neue
Folge V. S. 81 f.

25 zit. nach: Aus der Werkstatt ... S. 82 f. AI.

26 zit. nach: Aus der Werkstatt ... S. 60.

27 zit. b. Agnes v. Zahn-Harnack, A. v. H., S. 424 f.
" ebd.

29 zit. nach: Aus der Werkstatt. . . S. 125 ff.

ALTES TESTAMENT

Weslcrmann, Claus: Genesis, 4.—10. Lfg. Neukirchen: Neu-
kirchener Verlag des Erzichungs Vereins [1970 — 74].
S. 241-824, VIII S. gr. 8° = Biblischer Kommentar.
Altes Testament, hrsg. v. M. Nothf, H. W. Wölfl, S. Herr-
mann, I, 4—10.

Die Lieferungen 4—10 biclen zunächst den Schluß der
Exegese des prieslerlichen Schöpfungsberichts und führen
sodann die Auslegung der Genesis weiter bis zum Ende
der Urgeschichte. Zugleich ist mit Lfg. 10 auch der erste
Hand dieses neuen Genesis-Kommentars abgeschlossen, dessen
erste Lieferung bereits 1966 erschien (s. ThLZ 93, 1968
Sp. 180-181; zur Lfg. 2-3 s. ThLZ 96, 1971 Sp. 93-94).
W. behandelt Gen 2,4b—3,24 als einen literarischen Komplex
unter der Überschrift: „Die Erschaffung des Menschen
und die Vertreibung aus dem Paradies" (S. 245—380). Er ist
von J aus zwei ursprünglich selbständigen Erzählungen zusammengebunden
und um das Motiv des Lebensbaumes erweitert
worden. Eine von J zu unterscheidende zweite
jahwistische Quellenschicht L oder N nimmt V. also nicht
an. Von e. 3 her wird diese Ganzheit als „Schuld-Strafc-
Erzählung" bestimmt. Weil es sich um Urgeschichte handelt
, sieht W. ihre Erzählabsicht darin, das Menschsein als
..iirzeilliches Gewordensein" zu erklären, „und zwar das Gc-
schaffenscin im Kontrast zum Begrenztsein des Menschen
in Tod, Leid und Sünde" (S. 376). Genauso konsequent wird
die Erzählung von „Kain und Abel" (Gen 4,1 — 16; S. 381 —
467) als Bestandteil der Urgeschichte gedeutet, womit das
stamniesgeschichlliche Verständnis etwa der Gestalt Kains
als des Stammvaters der Keniler rundweg abgelehnt wird.
Ebenso energisch wird jene Deutung dieser Erzählung, die
in ihr ein gegenüber Gen 2—3 zu beobachtendes Anwachsen
der Sünde sieht, zurückgewiesen. Kain und Abel werden als
Individuen interpretiert. In der Erzählung geht es um die
Urbeziehung des Nebencinanders von Brüdern, d. h. von
Gleichberechtigten, in deren Verhältnis die Ungleichheit einbricht
und den Konflikt ausbist. Ist die Sünde von Gen 2—3
unter dem personalen Aspekt zu sehen, so die von Gen 4
unter dem sozialen. Mithin wird hier als neue Erscheinungsform
der Sünde das das Leben in der Gemeinschaft störende
oder gar zersetzende Handeln des Menschen herausgestellt.
Dabei gelingt es W. in imponierender Stringcnz, seine These
von den beiden Möglichkeiten des Menschseins, der positiven
und der negativen, d. h. Menschsein als göttliches Geschaf-
fenseiu und zugleich in seiner Begrenztheit, stets neu zu

belegen. Wie in der Kain-Abel-Erzählung zu der positiven
Aussage von der zunehmenden Arbeitsteilung in der menschlichen
Gesellschaft die negative Feststellung des daraus entstehenden
Konflikts hinzutritt, so sieht W. in Gen 4,17—2^.
den Gedanken der Kullurentslehung und des Kulturfort-
schritles ausgesprochen, der einerseits eine Steigerung der
Dascinsmöglichkeiten des Menschen, anderseits aber zugleich
eine Steigerung seiner „Ansprüche" (s. das Lamech-Lied)
ermöglicht. Das trifft in etwa auch für Gen 6,1—4 zu; denn
das durch die Schönheit der Frau ausgelöste und an sich
gute Begehren des Mannes birgt in sich die Möglichkeit des
Zerstörens von gesetzten Grenzen. Auch in der Sintflut-
Erzählung geht es dem J nach W. um die Herausstellung
der Möglichkeit des von Gott geschaffenen Menschen, daß
sich sein Bösesein so zu steigern vermag, daß es eine große,
Gruppe oder gar eine ganze Generation erfaßt und sie ins
Verderben stürzt. Und schließlich zeigt die von W. als in
ihrer Jetztgestalt einheitlich gewcrtelc Turmbauerzählung
ebenfalls das zum Menschsein gehörende „Streben nach
Buhm durch ein Größe verkörperndes Werk" und zugleich
die darin liegende Gefährdung des Menschscins; denn bei
diesem Streben kann der Mensch seine von Gott ihm gesetzte
geschöpfliche Grenze überschreiten und sieh nicht
mehr als Gegenüber zu Gott verstehen.

In diese Interprelationsstrukturen, die gewiß von vielen
Lesern als wohlbegiündet angesehen werden, ordnet sieh die
Erzählung von Noah und seinen Söhnen (Gen 9,18—27)
indes nur schwer ein. Man spürt es mehrfach, welche Mühe
es W. bereitet, auch dieses Stück als eine Schuld-Slrafc-
Erzählung des Urgeschchens zu interpretieren, deren Urform
nur einen Spruch, nämlich das Fluchwort über Kain, aufwies
und das Sich-Vergehcn des Sohnes gegen den Vater
zum Gegenstand halte, deren Jetztgestalt mit den Worten
über die drei Söhne aber ebenfalls noch vorpolitisch-familiür
gemeint sei und die Verknechlung des einen unter die anderen
als einen sozialen und nicht als einen politischen Vorgang
verstehen wolle. Mithin dürfte man bei Kanaan, aber
auch bei Sem und Japliet nicht an ein bestimmtes Volk denken
. Gewiß entgeht es W. nicht, daß die Fluch- und Segensworte
Nnahs ihre sachliche Parallele viel eher in den l'luch-
und Segensspriichcn Isaaks und Jakobs (Gen 27; 49) als in
den Worten von Gen 3,14f. haben, weil nicht wie dort Gott,
sondern der Vater straft und segnet. Aber W. zieht die Konsequenz
daraus, daß Gen 9, (18—19.) 20—27 mehr zu den
Vütercrzühlungen als zur Urgeschichte gehört, nicht. Denn
das würde die stammcsgeschichtliche oder gar völkcrge-
schichtliche Interpretation nahelegen. Und schließlich vermag