Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1976

Titel/Untertitel:

Liturgiewissenschaft

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

• 17

In einer Schlußbetrachtung (361ff.) hat Vf. die
Ergebnisse seiner Untersuchung unter den Aspekt
zusammengefaßt: Welche Impulse lassen sich aus
dem mittelalterlichen Streit um das Predigtamt für die
heutige Theologie und Pastoral der Verkündigung und
genauerhin für das Problem der Laienpredigt gewinnen ?
Aus dem historischen Befund ergibt sich jedenfalls,
daß eine „Beteiligung der Laien an der Verkündigung
gar nicht nur im Widerspruch gegen die Predigtamtsentwicklung
des Mittelalters möglich ist, sondern auch
als Entfaltung dort gewonnener Ansätze unter den
Bedingungen der Gegenwart" (364). Abschließend
geht Vf. auf Denkanstöße ein, die von jenem mittelalterlichen
Streit auf die Theologie und die Praxis
kirchlicher Verkündigung heute ausgehen können.
Zunächst käme es darauf an, „die Dimensionen exakter
in den Blick zu nehmen, die mit dieser Frage kirchlicher
Praxis angeschnitten sind, und mit den Begriffen behutsamer
umzugehen, die diese Praxis ins Wort fassen"
(364). Vf. stellt das skizzenhaft an den Begriffen
exhortatio, praedicatio und missio dar. Bei ihrer
Untersuchung darf z. B. nicht unberücksichtigt bleiben,
daß die Sprache der Quellen der Durchsetzung bestimmter
Zielvorstellungen der Amtsträger dienstbar
gemacht wird, die sieh in ihrer amtlichen Praxis mit
widerstrebenden Tendenzen auseinanderzusetzen haben.
Auf die Gegenwartsbed eutung solcher pastoralgesehicht-
lichen Untersuchung in des Vf.s Sicht habe ich im
übrigen schon zu Anfang hingewiesen.

Greifswald William Nagel

Nleck, Wolfgang: Der Pfarrer zwischen Kernt und Wissenschaft
. Plädoyer für eine Erneuerung der Pastoraltheologie
. München: Kaiser [1974]. 57 S. 8° = Theologische
Existenz heute, hrsg. v. T. Rendtorff u. K. (!.
Steck, 183. DM 7,20.

Mit dem Untertitel dieser kleinen Studie hat man
eigentlich schon ihren ganzen Inhalt zur Kenntnis
genommen, vorausgesetzt, man weiß einiges über den
Verlust der Berufssicherheät des heutigen Pfarrers und
erinnert sich daran, wie Pastoraltheologie bei und nach
Schleiermachcr im 19. Jahrhundert (Harms, Vilmar,
Palmer) aussah. Wer es nicht weiß und sich nicht
erinnert, kann es bei Steck nachlesen. Diese Studie
ist in zwei Punkten für die gegenwärtige Situation in
Theologie und Kirche charakteristisch: Sie konstatiert
eine Krise — gesellschaftliche Integration, spezielle,
geschlossene Kultur und sinngebende Identität des
Pfarrerberufs sind in Gefahr —, und sie äußert die
Befürchtung, auf dem Eilmarsch der theologischen
Wissenschaft in die Neuzeit sind unterwegs theologische
Güter liegengeblieben, die wir heute dringend brauchten
. Die wissenschaftliche Praktische Theologie als
umfassende Theorie der Praxis ist nicht in der Lage,
die Aufgabe der Pastoraltheologie als einer Theorie
pastoraler Erfahrung mit zu übernehmen, die an der
Person der Pfarrers Interesse nimmt und etwas wie
„eine Moral für den Pfarrer" darstellte. Genau solche
Pastoraltheologie brauchten wir aber in der Gegenwart,
da die Hilfe für den Pastor auf dem praktischen und
dem existentiellen Gebiet nötig wäre. Solche These
würde man sich gern gefallen lassen als Einleitungskapitel
für eine moderne Pastoraltheologie. Solange
Wolfgang Steck diese aber nicht geschrieben hat, fragt
man sich etwas betreten: Ist es nicht gerade die Situation
des Pfarrers in unsrer Gegenwart, wie er sie am
Anfang skizziert, die es verhindert, daß heute jemand
mit der geistlichen Unbefangenheit und Unmittelbarkeit
eines Claus Harms oder Christian Palmer eine

68

Pastoraltheologie entwirft ? Wir wären sehr froh, eines
Besseren belehrt zu werden.

Jena Klaus-Peter Hertzsch

LITURGIEWISSENSCHAFT

Jahrbuch für Lltnrgik und Hymnologic. 18. Bd. 1973/74.
Hrsg. v. K. Ameln, Ch. Mahrenholz, K. V. Mttllerf.
Kassel: Stauda 1974. XVI, 302 S., 4 Tnf. gr. 8°.

Das Jahrbuch beginnt diesmal mit zwei Nachrufen,
und zwar auf den amerikanischen Musikwissenschaftler
und Hymnologen Professor Dr. Walter E. Buszin, der
wesentlich zur Erneuerung des Gottesdienstes und
der Kirchenmusik in Nordamerika beigetragen hat,
und den em. Superintendenten D. Hellmuth Heyden,
zuletzt in Stralsund, den profunden Erforscher der
pommerschen Kirchengeschichte. Einschneidende Bedeutung
für die Weiterentwicklung des Jahrbuchs wird
der Heimgang des Mitherausgebers Dr. Karl Ferdinand
Müller am 26. 8. 74 gewinnen, da. er sieh den Gegenwartsaufgaben
der Litnrgik (= Lit.) in besonderer
Weise geöffnet hatte. Als Schriftleiter für Lit. hat er
den vorliegenden Band noch abschließen können; der
folgende erst wird das Lebenswerk des Heimgerufenen
würdigen können.

Der liturgische (— lit.) Haupt! eil erweist erneut die
erfreuliche Hinwendung des Jahrbuchs zu Gegenwartsaufgaben
. Kainer Volp untersucht unter dem Thema
„Perspektiven der Liturgiewissensehaft. Forschungsergebnisse
im Interesse eines erneuert en Gottesdienstes"
das Material wie die Methode der Lit. mit dem Ziel,
ilie Bemühungen um neue Gottesdienstgestaltung
unter theologische Kontrolle zu bringen. Er legt hier
seine 1971 in Marburg gehaltene Antrittsvorlesung in
erweiterter und überarbeiteter Form vor. Die zentrale
Aufgabe der Lit. sieht Vf. darin, die theologisch notwendige
Identität der Sache „Gottesdienst" mit einem
„theologisch wie empirisch überzeugenden Instrumentarium
" herauszuarbeiten. Die Identität allein des
Begriffs „Gottesdienst" oder die Bezugnahme auf
vermeintlich „elementare" lit. Formen reichen dazu
nicht aus. Es gilt vielmehr auf drei Fragen Antwort zu
gewinnen: „Wie lassen sich die wissenschaftlichen
Postnlate verifizierbarer Vergleichsmöglichkeiten t heologisch
und generell an einem doch offensichtlich emotional
so hochbesetzten Vorgang wie dem Gottesdienst
erfüllen ? Wo liegen die für den Gottesdienst relevanten
Probleme und wie sind sie in der lit. Forschung weiterhin
zu bearbeiten 1 Wie lassen sich, statt wahre Antworten
zu geben, die richtigen Fragen stellen ?" (2). In einem
ersten Teil „Zwischen Agendenreform und Aktionsmodell
" wird an exemplarischen Praxis- und Theorieberichten
die Aporie zwischen dogmatischen und
pragmatischen Positionen hinsichtlich der Identifikation
eines Gottesdienstes verdeutlicht. Es genügt nicht,
Liturgiewissenschaft als „Zweig des kanonischen
Rechts" oder als Aufgabe der Kirchengcschichte zu
betreiben.

Der zweite Teil „Theologische Prinzipien und empirische
Kontrolle" geht darum auf nichthistorische Methoden
ein, „die einen Zugang zur Liturgiewissensohaft
bieten und welche Fragen daraus hervorgehen", nämlich
sozialempirische und sprachtheoretische Aspekte. Di«'
Frage nach dem Verhältnis funktionaler und Inhaltlicher
Bestimmungen des Gottesdienstes führ! dann zu
dem „Differential von .Gesetz und Evangelium' " (26).
Aus dem allen ergibt sich das Postulat einer „lit.
Syntaktik", die verhindern soll, daß angesichts der

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. I