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Ausgabe:

1976

Spalte:

835-836

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Pearson, Birger A.

Titel/Untertitel:

The pneumatikos-psychikos terminology in 1 Corinthians 1976

Rezensent:

Conzelmann, Hans

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Seite 1

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B35

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1970 Nr. 11

836

allerlei Prüfungen und durch die letzte Gefahr macht
Gott den Propheten zu seinem Knecht.

Der Wert eines Kommentars liegt besonders in der
Einzelexegese und in der Erhellung einzelner Wörter:
nur ein Beispiel unter vielen: An Hand dessen, was die
Philologie über die Wurzel naqad erarbeitet hat,
kommt R. zum Schluß, daß die noqedim die Ptink-
tierer, Markierer sind, die Leute also, die wegen größeren
Herdenbesitzes sich genötigt sehen, ihre Tiere
durch eine Eigentumsmarke zu „kennzeichnen" S. 114.

Vergleicht man diesen Kommentar mit demjenigen
über dieselben Bücher im Biblischen Kommentar, so
kann man sagen, daß im letzteren Form- und Traditionsgeschichte
vorherrschen, während im ersten Philologie
und Religionsgeschichte an erster Stelle stellen,
der eine ist mein- dogmatisch, der andere eher keryg-
matisch; wo H. W. Wolff von Aktualisierung spricht,
möchte Rudolph lieber von Antiquierung reden: interessant
ist die Auslegung Joels in dieser Hinsicht bei
beiden Kommentatoren; wo Wölfl von Erfüllung
spricht, redet Rudolph von Überbietung und Korrektur
des Alten durch das Neue Testament.

Weil aber der Ausleger des AT zugleich bestrebt ist.
die Propheten zu verstehen, wie sie sich in deutlichen
Worten aussprechen und welchen Platz sie in der gegenwärtigen
Verkündigung der Heilsgeschichte einnehmen
, wird er mit gleichem Gewinn und gleicher
Freude zu dem einen oder anderen Kommentar greifen.

Strasbourg Edmond Jacob

NEUES TESTAMENT

Pearson, Birger Albert : The Pneunialikos-Psychikos Terniino-
logy in 1 Corinthians. A Study in the Tbeology of tbe < lorin-
thian Opponents of Paul and its Relation to Gnosticism.
Puhl, for The Nag Hammadi Seminar. Cambridge, Mass.:
Society of Biblical Literature 1973. Nif. 147 S. 87 = Disser-
tation Series, 12. S 2.50.

Der Verfasser ist Mitarbeiter am amerikanischen
Nag-Hammadi-Projckt.

Der berühmte Streit über eine. ,,Gnosis in Korinth"
und über gnostische Einschläge im Denken des Paulus
selbst hängt bekanntlich mit seinem Gebrauch von
i.'t//*«V zusammen, nämlich damit, daß es als Antithese
gegen nvevjiaux6s gebraucht wird: 1 Kor 2,14:
15,44-49; vgl. im NT noch Jak3,15; Jud 19. Dies, ,,
Gebrauch glauben viele Forscher nur aus der Gnosis ableiten
zu können. Denn dort erscheint die Seele als
kosmische Potenz, getrennt vom nvsefi«, ja geradezu
als das Mittel der Bannung des zu Erlösenden in den
Kosmos. Einer der Hauptbelege war bisher die „Naas-
senerpredigt', Hippol Ref V 7,7. Eine gewisse sprachgeschichtliche
Voraussetzung mochte man in einer
gewissen Abwertung der </''/',' zugunsten des foCs in
der hellenistisch-römischen Philosophie finden.

Doch ist die gnostische Herleitung auch auf Widerspruch
gestoßen. Zum Beispiel will E. Schweizer aus
dem Judentum ableiten und verweist darauf, daß >!•<■•
/iy.de nicht den Menschen an sich als schlecht bezeichne
Und daß der Zusammenhang mit yoüx<lg (ein Hinweis
auf Gen 2,7) zu beachten sei (ThWbeh IX 662ff.). Auf
Gen 2,7 richtet nun Pearson sein Augenmerk. Es ist
ihm klar, daß für die weitere Diskussion das Material
von Nag Hammadi von wesentlicher Bedeutung ist
(vgl. dazu auch K.-H. Tröger ThWbeh IX 869ff.).

Aus dem Inhalt der Untersuchung: Kap. 2 untersucht
das Wort tpvxixde, u.a. in Plutarch, der hellenistisch
-jüdischen Exegese (von besonderer Bedeutung

für das Folgende), in der „Mithras-Liturgie". Kap. :{
bandelt über 1 Kor 15, wobei 15,12 als angemessene
Beschreibung der Gegener gilt. Hauptpunkt der Auseinandersetzung
des Paulus mit ihnen ist nicht der Begriff
eines geistlichen Körpers, sondern die Exegese
von Gen 2,7, die in das Judentum zurückgeht. Kür die
Beurteilung ist auch durchweg das Mitspielen des
Stichwortes yoüeös zu beachten.

Kap. 4 ist lKor2 gewidmet : Paulus übernimmt die
Sprache der Gegner: auch hier steht Gen 2,7 im Hintergrund
. Die Gegner lehren, daß sie aufgrund der
göttlieben Gnade in sieb selbst die Möglichkeit besitzen,
sieb aus dem Irdisch-Physischen in das Pneumatische
ZU erheben. Das bestreitet ihnen Paulus - mit Benutzung
ihrer eigenen Sprache - grundsätzlich, nämlich
durch die Eschatologie. Kap. 5 sehreibt über die Gei-
stesgaben 1 Kor 12 14.

Besonderes Interesse zieht nun Kap. (i auf sieb
(S. 51-81): Genesis 2,7 in Gnostic Exegesis und hier
natürlich neben der Besprechung der bisher schon bekanntem
Quellen die der Nag-fiammadi-Texte. Ans
diesen werden untersucht (das Buch ist P.ltiS entstanden
!): Apocr Joh; EvVer: Adam-Apokalypse; (Sophia
Jesu Christi): Wesen der Arehontcn: die ..titellose
Schrift" aus Cod II. Eine Hauptschwierigkeil liegt
darin, daß auch in diesen u ie in den anderen gnosti-
schen - Texten der Sprachgebrauch nicht einheitlich
ist. Tröger schlägt zur Orient ierungdie Unterscheidung
von kosmischer und überkosmischer Seele vor (Tb
Wbeh IX 660). Ein Beispiel für die Urteile Pearsons:
Im Rahmen des Apocr Joh spielt der Gegensatz von
uii'uk und i/'i//,' keine Rolle. Der Gnostiker is1 vom
Nicht-Gnostiker nicht mit Hilfe dieser Terminologie
unterschieden. Es liegt eine freilich bereits gnostische
- Synthese verschiedener jüdischer Traditionen
vor. überall, wo die Terminologie auftaucht, spielt
Gen 2,7 herein. Die jüdische Exegese dieser Stelle ist
der durchgehende Hintergrund. Abel' nun ist der Unterschied
zwischen der jüdischen Exegese, in deren
Rahmen die korinthischen Gegner bleiben, und der
gnostischen Umwandlung festzustellen: „The specu-
lations of the opponents of Paul in Corinth ean not
sueeessfully be placed in the same category as those
treated in Chapter Six. In fine, the Cormthian opponents
were not .Gnosties' " (88). Sie machen die Natur
des Menschen als yo%i*6t oder %ulxit nicht zum Produkt
eines inferioren Wesens. Ks fehlt bei ihnen das
„revolutionäre" Element der Gnosis, das sich primär
gegen das Judentum l ichtet.

Mit diesem Urteil steht der Vf. in einem Brennpunkt
der gegenwärtigen Auseinandersetzungen über den
Ursprung und das Wesen der Gnosis, besonders auch
mit seiner Tendenz, zentrale Motive ans der Exegese
des Anfangs der Genesis abzuleiten bzw. zu „erklären"
(vgl. zu diesem Problemkreis den Sammclband De
Originc della Gnosis. 1907.2I970 und das Referat von
K. Rudolph ThB NT 36, 1971. surf.).

Der Rezensent ist wie der Vf. der Meinung, daß in
Korinth in der Tat keine ausgebildete Gnosis zu finden
sei. Aber einmal befinden wir uns hier auf dem schlüpf -
rigen Boden der Definition dessen, was Gnosis bzw.
gnostisch sei. Zum anderen ist bei allen „exegetischen""
„Erklärungen" zu fragen, welche Voraussetzungen erforderlich
waren, daß dieser Text gerade so ausgelegt
wurde (z.B. Gen 1 im Sinn der Idee vom ..Urmenschen").

Anhangsweise sei vermerkt, daß eben ein Buch erschien
, das den gnostischen Charakter sowohl des
i/'i/zzof-Begriffs wie der korinthischen Gegner wieder
entschlossen verficht: M.Winter, Pneumatiker und
Psychiker in Korinth, Marburg 1975.

cö'Htjnwn Hans < onzrlnisinn