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Ausgabe:

1976

Spalte:

830-833

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Ruppert, Lothar

Titel/Untertitel:

Der leidende Gerechte 1976

Rezensent:

Conrad, Joachim

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Seite 1, Seite 2, Seite 3

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 197(i ffr. 11

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den müssen. Dabei hilft die Feststellung, daß solche

Abkürzungen meistens nur dann gebraucht worden

sind, wnn der betr. Text mit dem de]- L.XX identisch
ist. Zuweilen sind Sigel der jüngeren Übersetzer weggefallen
, mitunter z. B. zu einem geworden usw.
Die Fragen werden mit gesunder und vorsichtiger Kritik
behandelt und gelöst, nötigenfalls ist es auch erwähnt
, wenn die Lösung unsicher bleibt. Vergleichsmaterial
wird in großem Maße aus anderen Quellen
herengezogen, und oft wird auch dies kritisch geprüft.
Schon das Verzeichnis der angeführten Bibelstellen
zeigt, daß die kritische Behandlung auf sehr umfangreichem
Vergleichsmaterial beruht.

Die Wortwahl der jüngeren Übersetzer, besonders
Aquilas, wird sehr gründlich untersucht. und die Resultate
sind meistens gut begründet. Seh. unterscheidet
zwischen sichererem und unsichererem Material und
beachtet auch den Sondercharakter des ^'-Materials in
Jer-Ez. Er vertritt die Auffassung, daß «' in Beiner
Systematisierung der Übersetzungsweise nicht bis ins
Letzte folgerichtig verfahren ist. Obgleich ich diese Ansieht
teile, würde ich in einigen Fällen vorsichtiger
sein, was die endgültige Phase seiner Übersetzung betrifft
. Sowolil die Wortwahl als auch die Fragen der
Satzlehre bei ' bedürfen noch einer systematischen
Untersuchung, um näher bestimmen zu können, in
welchen Fällen eine gewisse Freiheil in seiner Wiedergaben
möglieh ist. Die Unterscheidung der verschiedenen
Fälle - wie aus der Herbeiziehung des Vergleichsmaterials
zu ersehen ist - geht bei Seh. nicht ins kleinste
Detail.

Die Erläuterungen sind sehr weitläufig geschrieben.
Es ist wohl klar, daß sie nur von einem Sachkennei im-
prüft weiden. Für ihn wäre es leichter, wenn die Tatsachen
und die Folgerungen möglichst kurz erwähnt
würden. Es ist unnötig, immer aufs neue zu erklären,
wie z. B. bei t' der Artikel in gewissen Fällen fehlt, wie
er zuweilen im Gegensatz zum Hebräischen gebraucht
ist. weil er dem 'z oder dem rx entspricht usw. Der Text
könnte gut um die Hälfte reduziert und dann als Apparat
unter dem Text gedruckt weiden. Das Ganze wäre
viel übersichtlicher.

Die Weitläufigkeit der Erklärungen hat mitunter
auch zu Ungenauigkeiten geführt (ein einziges Beispiel.
S. SIS: im Hebräischen wird nur eine .Jussivform verneint
), die allerdings ohne weiteres richtig zu verstehen
sind. An einigen Stellen ist die griechische Syntax nicht

richtig interpretiert, so S. 13!» Exzerpt 14, Lesart 1:
..Absolute Zeitangaben können bei A' wie bei 0' (und
C) im Genetiv stehen" (in dem hier vorkommenden
Ausdruck steht aber das Relativpronomen wegen der
Attraktion im Genitiv, die Zeitangabe ist dativisch,
eine genitivische Zeitangabe wäre in diesem Fall nicht
möglich) und S. 13J). 140. 143, 140, 148, 100 wird er-
wähnt, daß der genetivus absolutus bei a' oft vorkommt
: die hier vorhandenen Genitive können aber
nicht als gen. abs. erklärt werden. Für die Herstellung
des Textes haben diese Anmerkungen keine Bedeutung.

Die Textausgabe mit den Erläuterungen ist das Resultat
einer langen und sorgfältigen Arbeit. Der Vf. hat
sieh gründlich mit dem weiten hexaplarischen Material
' i t raut gemacht, die Krit ik beruht im allgemeinen auf
genauen Kenntnissen. Die Ausgabe kann man mit
großem Vertrauen benutzen. Die Erläuterungen enthalten
viele nützliehe Beobachtungen, die das ganze
In xaplarischc Material betreffen, und die Indexe erleichtern
den Gebratich dieses Materials. Hoffentlich
hat der Vf. die Möglichkeit, seine Arbeit an dem hexaplarischen
Material fortzusetzen.

ii. iml ihu.'iri Mialon-Solatom

Kuppen, Lothar: Der leidende Gerechte. Eine motivgeschioht-
liche Untersuchung zum Alten Testament und zwischen-
testamentlichen Judentum. Würzburg: Echter Verlag;
Stuttgart: Rath. Bihelwerk [1972]. XII, 274 S. gr. 8° =
Forschung zur Bibel, 5. Kart. DM39.—.

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sieh sachlich
um den ersten Band der von der Kath. Fakultät Würzburg
L970angenommenen Habilitationsschrift des Vfs.,
die aus publikationstechnischi n Gründen in Form von
drei selbständigen .Monographien erscheint.

Im ersten Teil, der das erste Kapitel (Einleitung,
S I 20) umfaßt, nennt der Vf. zunächst den Anlaß für
seine Untersuchungen, nämlich die von neutestament-
licher Seite geäußerte Vermutung, daß das für die
Schilderung Jesu maßgebliche Motiv vom leidenden
Gerechten seine Wurzeln im Alten Testament habe.
Da auf Seiten der alttestamentlichen Wissenschaft im
wesentlichen nur Vorarbeiten im Zusammenhang mit
den sog. Feindpsalmen vorliegen, gibt er anschließend
einen Überblick über die augenblickliche Forschungslage
auf diesem Gebiet. An letzter Stelle erörtert er
terminologische Probleme hinsichtlich der Definition
und Abgrenzung seines Themas. Für den Begriff des
Gerechten setzt er generell die bekannte Auffassung
von als Norm für gemeinschaftsgemäßes Verhalten
, die zugleich dir göttliche Hcilssphäre umschreibt,
voraus. Unter beiden v ersteht er speziell das von außen,
und zwar von menschlicher Seite, zugefügte Unrecht.
Andere Formen, wie Straf- und Sühne- oder Erziehungsleiden
sowie Krankheit als eine von Gott verhängte
Not ble iben außer Betracht.

Im zweiten Kapitel, das zusammen mit dem dritten
den /.weiten Teil der Arbeit bildet, wendet er sich den
einschlägigen Texten des Alten Testaments und der
Apokryphen, also des Septuaginta-Kanons, zu (S. 22
bis 106). Er beginn! mit den Feindpsalmen im hebräischen
Text, wo er folgende Entwicklungslinie herausarbeitet
: In den älteren Psalmen (so besonders in
Bs 18) wird der Bedrängte um seiner eigenen Gerechtigkeit
willen errettet. In den jüngeren wird der Akzent
insofern verschoben, als der Bedrängte Errettung
durch Jahwes Gerechtigkeit erwartet, also kein juridisches
, sondern ein theologisches Verständnis bestimmend
ist. Eine weitere Verschiebung tritt in dem
Weisheit lieh geprägten Psalm 119 ein, da dort der
Fromme nicht trotz, sondern wegen seiner Gerechtigkeit
, nämlich seiner Treue zum Gesetz, verfolgt wird
und damit eine Verfolgungsleidenstheologie entstanden
ist. Kürzer geht der Vf. auf die übrigen Belege innerhalb
des hebräischen Alten Testaments ein, die er nach
Gattungen geordnet vorführt (Gesetzestexte, Prophetenbücher
, geschichtliche Überlieferung. Weisheitsschriften
. Psalmen und Klagelieder, Danielapokalypse
). Sie zeigen, daß die Bedrückung des Gerechten
bereits frühzeitig eine geprägte Vorstellung war, die
nur in der frühen, durch das „Vergeltungsdogma" geprägten
Weisheit auf Vorbehalte stößt. Im einzelnen
sei hier hervorgehoben, daß der Gottesknecht bei
Deuterojesaja nicht nur als leidender Prophet, sondern
nach Jes ö:!.l 1 auch als leidender Gerechter verstanden
werden soll und daß dies in der Danielapokalypse aktualisiert
wird, indem nun alle die, die in der Verfolgung
unter Antioehus IV. standgehalten und das Martyrium
erlitten haben, leidende Gerechte sind und insgesamt
einer Auferstehung entgegengehen (Dan 12,2f.). Dagegen
werden die Konfessionen Jeremias ausgeklammert
, weil hier lediglich vom leidenden Propheten die
Rede ist und der Gedanke des leidenden Gerechten
erst von einem späteren Interpolator eingetragen
wurde (.Ter 20.12).