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Ausgabe:

1976

Spalte:

828-829

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schenker, Adrian

Titel/Untertitel:

Hexaplarische Psalmenbruchstücke 1976

Rezensent:

Soisalon-Soininen, Ilmari

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827

Theologische Literat nrzeitung 101. Jahrgang 1970 Nr. 11

S28

werden. Eine Besonderheit der Priesterschrift ist der
Hinweis auf die Schöpfung.

Ankündigungen von Unheil, und vor allem von Heil
im Deuteronomium liegt die Erwartung zugrunde, daß
Jahwe weiterhin huldvoll an Israel handeln wird. Diese
Zusagen von Segen, Wohlergehen, langem Leben und
Bleiben im Lande gehören in die Situation des Volkes
vor dem Exil. „Zugleich ist die Heilsankündigung auch
auf dem Hintergrund der Gerichtsdrohung der vor-
exilischen Propheten zu sehen: gegenüber dieser Gerichtsdrohung
kündigt die deuteronomisehe Paränese
bei Gehorsam gegen Jahwes Satzungen Heil an" (78).
Im Vergleich zum Deuteronomium treten die Heilsverheißungen
im Heiligkeitsgesetz weit zurück (nach der
Katastrophe!). Der Herrschaftsanspruch Jahwes gegenüber
seinem Volk wird stärker herausgestrichen, er
kann Gehorsam erwarten, ohne Heil und Segen versprochen
zu haben. In der Priesterschrift finden sich
Heilsverheißungen im dinglich-materiellen Sinn noch
seltener, da Jahwe wieder als unbedingter Herr verstanden
wird; für den Fall des Ungehorsams kann Unheil
angesagt werden. Eine eigene Gruppe von Begründungen
haben die Opfervorschriften bei sich.

Hinweise auf „Heiligkeit" sind nach Art und Häufigkeit
sehr unterschiedlich. Nach dem Deuteronomium
hat Jahwe das Volk geheiligt, indem er bei der Herausführung
huldvoll an ihm gehandelt hat. Will es ein heiliges
Volk bleiben, muß es die Gebote beachten.
Ebenso ist das Land heilig, weil es Jahwe gehört. Mißachtung
der Gebote würde es entweihen. Für das Heiligkeitsgesetz
sind vor allem Jahwe selbst sowie sein
Name heilig. Diese Heiligkeit „soll dadurch respeki iert
werden, daß man seine Satzungen befolgt" (89). Nur
so bleibt das Verhältnis zu ihm erhalten. Unter den
Mensehen sind die Priester heilig (die Trennung heilig
[= heilig-profan] profan geht mitten durchs Volk),
auch Dinge werden heilig genannt. In der Priesterschrift
wird unter heilig noch stärker etwas Abgesondertes
(heilige Personen und Dinge) bezeichnet. Diese
Heiligkeit muß beachtet werden, damit das Verhältnis
Jahwe-Menschen nicht gestört wird.

Die sozialen Begründungen (Achtung vor der Ehre,
dem Leben des Mitmenschen u. a.) im Deuteronomium
(hier spielt die Sorge für die Notleidenden die größte
Rolle), Heiligkeitsgeselz und Bundesbucfa sind einander
ähnlich. In der Priesterschrift fehlen sie.

In allen Sammlungen finden sich Begründungen, die
vom Volk in seiner Gesamtheit sprechen. Am ausgeprägtesten
ist das Gemeinschaftsdenken im Deuteronomium
: Jahwes Weisungen sollen um des ganzen Volkes
willen beobachtet werden, denn Israel ist als ganzes
heilig. Auch kann die Strafe für das Vergehen eines
einzelnen das ganze Volk mitbetreffen. Demgegenüber
steht in den Begründungen des Heiligkeitsgesetzes und
der Priesterschrift stärker der einzelne im Vordergrund.

Die Begründungen des Dekalogs stammen aus verschiedenen
Zeiten. Sie wurden angefügt, um zum Gehorsam
gegenüber den Satzungen zu mahnen.

Für alle Begründungen gilt als Ergebnis, daß durch
sie „die Satzungen mit den Grundlagen des Glaubens
Israel verbunden" werden (100). Da jene überwiegend
im Blick auf die jeweilige Sammlung gestaltet sind,
können sie die Forderungen in Israels Glaubensnussagen
integrieren.

Die Arbeit sammelt und ordnet das Material und ist
insofern sehr hilfreich. Sie ist aber in der Methode zu
wenig differenziert bzw. zu schematisch, was sicher
auch das Ergebnis beeinträchtigt hat. Hätte man nicht
viel stärker überlieferungsgeschicht lieh fragen müssen
(etwa in Anknüpfung und in Auseinandersetzung mit

W. Beyerlin, Die Paränese im Bundcsbuch und ihre
Herkunft. Festschrift H. W. Hertzberg, 9-29)? Zusammenhänge
und Unterschiede der Begründungen
wie ihre Entstehung in den einzelnen Sammlungen
hätten dann genauer aufgezeigt werden können. Zwar
stellt R. fest, daß viele Begründungen tradit ionsge-
schichtlich sekundär sind, verwertet aber diese Beobachtung
kaum (nur für einen Hinweis auf den „Sitz im
Leben"). Durch die oft fehlende zeitliche Einstufung
des Materials hat sich R. eine scharfe Erfassung der
Flagestellung entgehen lassen: In den Begründungen
versteckt sich ja auch das für die gegenwärtige Forschung
wichtige Problem einer Datierung (proto-)deu-
teronomischer Sprache. Hier hätte man eine Behandhing
des Stoffes gewünscht, die über Sammeln und Beschreiben
hinausgeht.

Leider ist zwischen Fertigstellung der Arbeit und
ihrem Erscheinen im Buchhandel ein längerer Zeitraumverstrichen
. Die jüngste berücksichtigte Literatur
ist von 1970 (zwei Titel von 1!)71).

EM (icuru W'.mnuili

Schenker, Adrian, O. P.: Hexaplarische P.salnienbrurliKtürke.

Die hexaplarisehcn Psalnicnfragniente der Handschriften
Vaticanus graecns 752 und Canonicianus graecus Ii:.'. Frei-
burg/Schweiz: Universitätsverlag; Göttingen: Vandcn-
hoeck & Ruprecht 1975. XXVII, 446 S. gr. 8° = Orbis
Hibbens et Orientalis, hrsg. v. O. Kcel u. B. Tr&nel, 8.

Die Psalmenausgabe von Rahlfs in der Göttinger
Septuaginta enthält noch keinen hcxaplarischcn Apparat
. Irgendwann muß diese Ergänzung gemacht werden
. Bis dahin muß man sich noch mit der Ausgabe
von Field begnügen. Sehr wichtiges neues Material
haben wir jedoch schon in den aus der Kairoer Geniza
sta mmenden Bruchst ücken des hexaplarischcn Psalters
( Taylor 1900) und vor allem in den Mailänder Fragmenten
(Mercati 1957). Einen bedeutenden Zusatz.

stellen die hexaplarischen Randnoten zu den Psalmen
77-82 in den Catencnhss. Vaticanus Graecus 7Ö2
(=1173 von Rahlfs) und Canonicianus Graecus (»2
(= 1122 von Rahlfs) dar. die uns in der Arbeit von
Schenker vorgelegt werden. Das Material deckt sich
nicht mit dem von Mercati. und ein erheblicher Teil
desselben war auch nicht aus anderen Quellen bekannt.
Ein jeder, der sich mit dem hexaplarischen Material
oilerden jüngeren Übersetzern beschäftigt, muß dieses
willkommene neue Material beachten. Von Nutzen ist
auch, daß Sch.s Buch eine kritische Ausgabe mit Umfangreichen
Begründungen und mit gründlich bearbeiteten
Indexen gibt.

Seh. gibt zuerst eine ausführliche Beschreibung der
Hss., ihrer Catenen und ihres gegenseitigen Verhältnisses
. BisPs 103,9sind beide Hss. fast identisch -1122
scheint eine Abschritt von 1173 zu sein , dann gehen
sie eigene Wege. Für die hcxaplarischcn Fragmente
bedeutet dies, daß I 122 neben 1173 keine größere Bedeutung
hat.

Dem Text der Fragmente werden einige Beobachtungen
über die Arbeitsweise der jüngeren Übersetzer
vorausgeschickt. Sie bilden kein Ganzes und in den Erläuterungen
werden viele hier nicht erwähnte Beobachtungen
zur Hille herangezogen. Instruktiv ist besonders
die Behandlung des Vokativs von :nik und
h'<k, sowie die der Kongruenz des Prädikats bei einem

Neutrum Pirnal.

Den Hauptteil bildet naturgemäß die kritische Edition
der Fragmente (S. 03 100) zusammen mit den Erläuterungen
(S. 107 354). Die hcxaplarischcn Notizen
enthalten viele seltene Abkürzungen, die aufgelöst wer-