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Ausgabe:

1976

Spalte:

766-768

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Texte der Kirchenväter 1976

Rezensent:

Winkelmann, Friedhelm

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765

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 10

T66

L. Parmentier (GCS, 2. Aufl. von F. Scheidweiler, 1954),
für den Briefwechsel von Y. Azema (Sources Chretien-
nes, 1955. 1964. 1965), für die „Heilung der griechischen
Krankheiten" von P. Canivet (SC, 1958), der auch eine
kommentierte Ausgabe der Mönchsgeschichte vorbereitet1
.

Nun haben wir die erste kritische Edition des ,Era-
nistes', der — als Pendant zur Auseinandersetzung mit
den ,Hellenen' — die Diskussion mit den christlichen Gegenspielern
bietet. Man übersetzt .Eranistes' oft mit
,Bettler'. Das macht den Partner des orthodoxen Gesprächsführers
in einer Weise verächtlich., die nicht Theo-
dorets Stil ist. Ettlinger betont mit Recht, daß das Wort
.Sammler' bedeutet. Es unterstellt zwar, daß die häretischen
Doktrinen aus zweiter Hand stammen, ebenso wie
der Untertitel .Polymorphos' besagt, daß sie inhomogen
sind, doch hindert das Theodoret nicht, in recht fairer
Weise auf den Partner einzugehen. Insofern atmet der
Dialog doch noch etwas vom Geist des platonischen Gesprächs
. Die Unterschiede charakterisiert Theodoret im
Vorwort: Die ,alten Weisen der Hellenen' hätten für Gebildete
und Literaten geschrieben und daher die Gesprächsform
literarisch gestaltet. Ihm selbst gehe es um
die praktische Wirkung in die Breite. So entfallen poetische
Einkleidung und indirektes Gesprächsreferat. Die
Vätertestimonien zu jedem der drei Bücher sind nur noch
mühsam angeknüpft, die resümierenden Thesen am
Schluß verzichten ganz auf die Verbindung. Trotzdem ist
die Dialogform mehr als äußerliche Einkleidung. Die Einwände
und Vorbehalte erleichtern es auch dem heutigen
Leser, dem Voranschreiten der dogmatischen Deduktionen
zu folgen. Gemeinsame Basis ist der Bibeltext, und
die Kritik des ,Häretikers' setzt immer da ein, wo ihm
die orthodoxe Lehre ohne Halt im Schriftwort zu sein
scheint. Das persönliche Anliegen wird hinter der sachlichen
Erörterung deutlich.

Die Sammlung der Vätertestimonien, von Ignatius bis
an die Schwelle des 5. Jhs., hat auch ihrerseits eine originelle
Note. Theodoret zitiert Gewährsmänner wie Apollinaris
in der psychologisch richtigen, ausdrücklich formulierten
Einsicht, daß man den Gegner am ehesten
überzeugt, wenn man Stimmen aus seinem eigenen Lager
anführen kann. Er ist zugleich unbefangen genug,
Richtiges auch auf der Gegenseite anzuerkennen.

Das Florilegium ist es vor allem, das für viele Benutzer
das Werk interessant macht. So hat auch E. besondere
Sorgfalt darauf verwendet. Der längste Abschnitt seiner
Prolegomena (II) gilt der Verzeichnung der Zitate, der
Erörterung ihrer Quellen und der Einschätzung von
Theodorets Arbeitsweise, der ,a reasonable level of ac-
curacy' attestiert wird. E. hat sich dabei die Mühe gemacht
, die russisch geschriebene, daher kaum bekannt
gewordene Arbeit von V. Bolotov „Theodoretiana"
(Christianskoe Ctenie 1892, II, 58-164), die Ergebnisse
von E. Schwartz und M. Richard vorwegnahm, auszuwerten
und zu resümieren.

Die Skizze des historischen und theologischen Hintergrundes
(I) steht voran. Auf allgemeine Informationen
dieser Art pflegen traditionelle Prolegomena zu verzichten
. Doch ist heute gewiß auch der Fachmann dankbar,
den gegenwärtigen Stand der Kenntnisse und Meinungen
bequem zusammengefaßt zu erhalten.

Der traditionell wichtigste Teil, die Vorführung der
Uberlieferung, kommt durchaus zu seinem Recht (III). Er
ist knapp und klar. Zehn Handschriften des 10.-16. Jhs.
standen E. zur Verfügung. Die bisherigen Ausgaben gehen
auf eine einzige zurück, geben also nur eine der drei
Handschriftengruppen wieder, die E. aufstellt. Keine
G'uppe verdient in sich den Vorzug, so daß der Text
eklektisch zu konstituieren ist. Für ,several passages' postuliert
E. Verderbnis der einhelligen Überlieferung, so
daß er konjiziert. Leider verzeichnet er die Stellen nicht.
!m Apparat finde ich drei Belege. S. 153,22 geben die Hss.

als Quelle das 2. Buch des Irenäus an. Das Zitat stammt
aus dem 3. Buch, also ändert E. S. 180,11—12 stellt er die
zwei Titelzeilen zu einem Augustin-Zitat um. Das Ergebnis
ist nicht ganz logisch, denn nun folgt auf Augustin
' sogleich ,Von demselben', was die Hs. J denn audi
ausläßt. S. 210,10 ist gegen die Hss. ein ,und' eingefügt.
Das ist sinngemäß richtig, doch wäre ein Asyndeton nicht
unmöglich.

Der Text ist gut gedruckt und durch die Sprechergliederung
angenehm lesbar. Die Apparate sind unaufdringlich
. Der erste weist die Bibelstellen nach. Die Zeugenliste
vor dem kritischen Apparat folgt den Gruppen, setzt
sie aber nicht voneinander ab.

Der Index der Eigennamen zeigt Spuren eiliger Herstellung
, die man im Buch sonst so nicht findet. Mehrere
Wörter haben zwei Akzente. Verlage sollten den Autoren
genügend Zeit zur Anfertigung der Register geben. S. 64,
26—29 sagt Theodoret, man denke bei Namen wie Paulus,
Petrus, Adam, Abraham, Jakob nicht an den Menschen
allgemein, sondern an die bestimmte Person. Der Index
trennt diese Belege als ,common male name' von den
übrigen Stellen der gleichen biblischen Gestalten, kaum
im Sinne Theodorets. Der ,Index of Christological Terms'
bietet mehr, als der Titel verspricht. Es ist ein voller index
theologicus. Bei zentralen Begriffen wie Herr,
Mensch, Natur, Geist verzeichnet er ausdrücklich auch
die nicht-christologische Verwendung. Zu S. 77,28 ist
,Wein' mit Bezug auf Christus verzeichnet. ,Weinstock;
ebenda fehlt.

Die Edition geht auf eine Dissertation zurück, die von
Marcel Richard angeregt, von Nigel G. Wilson gelenkt
wurde. Doktorväter scheuen sich oft, Editionen als Erstlingsarbeiten
zu vergeben. So erscheinen dann „Voruntersuchungen
zu ...", und später kommt der Bearbeiter
nicht mehr dazu, die Edition zu liefern. E. hat gezeigt,
daß eine Dissertation eine vollwertige Edition erbringen
kann. Dieses ermutigende Beispiel verdient, gerühmt zu
werden.

Berlin Kurt Treu

' Diese Arbeit ist ein interessantes Beispiel fruchtbaren Zusammenwirkens
von Philologie und Archäologie, da sie den Anlaß
gab zur genaueren Erforschung der syrischen Klöster, von denen
Theodoret berichtet, vgl. P. Canivet, Contribution archeologique
a l histoire des moines de Syrie (IV—V s.), Studia Patristica XIII
(TU 116), 1975, 444-460.

Hcilmann, Alfons IHrsg.] unter Wissenschaft!. Mitarb. v.
H. Kraft: Texte der Kirchenväter. 1—4: Eine Auswahl
nach Themen geordnet. 5: Kirchenväterlexikon und
Register. Von H. Kraft. München: Kösel [1963/64/66].
3391 S. 8°. DM 60,-.

Es handelt sich um eine unveränderte Nachauflage
einer 1963 erschienenen, nach Themen geordneten Aus-
wahlübersetzung aus Werken christlicher Schriftsteller
bis zum 8. Jh., die in dieser Zeitschrift noch nicht besprochen
wurde. Auch in der Nachauflage sucht man vergeblich
nach einem Vorwort oder einer Notiz, in der über
die Auswahlprinzipien, Ziele und Methode informiert
wird.

Die Bände 1—4 reihen unter bestimmten Themen Texte
aneinander. Jeder Text trägt eine Uberschrift, die in Beziehung
zu dem übergeordneten Thema steht, aber nicht
immer dem vorgelegten Text gerecht wird oder doch nur
einen Aspekt hervorhebt. Am Schluß des Textes steht jeweils
ein knapper Stellenverweis. Es fehlt jede einführende
Bemerkung oder Kommentierung. Nur die Hinweise
auf Bibelstellen sind in die Texte aufgenommen.
Die notwendigen historischen und theologischen Informationen
soll offenbar der 5. Band bieten. Er enthält ein
Kirchenväterlexikon von H. Kraft, ein Sachregister von
H. Gülzow, ein Verzeichnis der Vätertexte von I, Merz,