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Ausgabe:

1976

Spalte:

740-742

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Whybray, Roger N.

Titel/Untertitel:

The intellectual tradition in the Old Testament 1976

Rezensent:

Smend, Rudolf

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 10

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to it the linguistic tools appropriate for the study of any
newly discovered inscription. In Dahood's case niore
weight is given to evidence from Old Canaanite litera-
ture (mainly from Ugarit) than to any other data." Als
Beispiel legt dann Dahood seine Erklärung von Hiob 3
und Is 14,30 f. 30,17 13,2 f. und 47,1 vor.

2. Ein Gegenstück zu Dahood ist der Beitrag von James
Barr (Manchester): „Philology and exegesis. Some ge-
neral remarks, with illustrations from Job". Barr befaßt
sich zuerst mit der Kritik seines Buches „Comparative
Philology and the Text of the Old Testament" (1968),
dann legt er seine kritischen Bemerkungen zur Arbeit
von Dahood vor, und letztlich erklärt er seinen Standpunkt
zur Philosophie und zur modernen Diskussion über
Sprache und Semantik. Der bekannte Skeptizismus des
Vfs. ist auch hier zu spüren; er wehrt sich zwar gegen
die Beschuldigungen, die ihm „an extreme positivist and
formalist attitude" (S. 57) zuschreiben, doch liegt der
Kern seiner Arbeit nicht in neuen Ergebnissen und Behauptungen
, sondern in der Problematisierung einiger
seines Erachtens unsauberen Methoden. Recht typisch für
ihn finde ich seine eigene Zusammenfassung: „To sum up
the case about comparative philology, there is nothing
wrong with the method of using cognate languages in
order to derive novel senses for Hebrew words; but of all
the products said to have been derived from this method
in the last decades, only a small Proportion are satis-
factory."

3. Der kurze Beitrag von J. F. A. Sawyer (Newcastle
upon Tyne) „The ,original meaning of the text' and other
legitimate subjects for semantic description" problema-
tisiert — m. E. sehr richtig — die Verengung der exegetischen
Arbeit nur auf der Suche nach dem „original meaning
" des Textes. Entscheidend ist die Frage nach dem Kontext
, in dem die untersuchte Aussage steht: „The original
meaning of the final form of the text is, to coin a phrase, no
less original than the original meaning of its separate
units ... The numerous homonyms discovered in modern
times, and critically examined by Barr, are glaring ex-
amples of this tendency to study the final form of the
text at the phonological and grammatical levels, but at
the semantic level to attempt to get back to what it
meant at an earlier stage" (S. 68).

4. Wie wir schon erwähnt haben, dreht sich der größte
Teil des Buches um den Begriff des Bundes (berit).
Der bekannte Spezialist hierfür ist E. Kutsch (Erlangen);
sein Aufsatz „Gottes Zuspruch und Anspruch" mit dem
Untertitel „berit in der alttestamentlichen Theologie" behandelt
besonders den Abrahambund (Gen 15,18), den
Sinaibund (Ex 19-34) und den Davidbund (Ps89,4f.). Er
wiederholt hier seine Behauptung, daß berit ursprünglich
eine Verpflichtung bezeichnet, die dann entweder als
Anspruch oder Zuspruch zu deuten sei. Sehr klar und
deutlich ist das Ergebnis: „Abraham-b. und David-b.
enthalten Gottes Zuspruch, die Sinai-b. Gottes Anspruch
an den Menschen. Abraham-b. und David-b. sind Ausdruck
der göttlichen Gnade, die Sinai-b. ist Verpflichtung
auf Gottes Gesetz" (S. 90).

5. D. J. McCarthy (Roma), „Covenant-relationships",
verteidigt gegen Kutsch die ältere und geläufige Auffassung
, daß das Einverständnis der beiden Seiten eine notwendige
Voraussetzung des Bundes sei. Nach der Meinung
des Referenten gibt es doch im AT die Stellen
(Kutsch erwähnt sie), wo dieses Einverständnis kaum
vorauszusetzen sei.

6. P. A. H. de Boer (Oegstgeest) legt als Beispiel der
berit-Problematik eine kurze, schöne exegetische Arbeit
über Gen 9,8-17 vor, genannt „Quelques remarques sur
l'Arc dans la Nuee". Er endet mit der m. E. völlig überzeugenden
Feststellung, daß „le terme berit n'a certaine-
ment pas eu la mcme signiOcation tout au long des tik-
cles" (S. 113). Daraus ergibt sich, daß in bestimmter Zeit

oder in einem bestimmten Kontext berit durchaus auch
eine „relation unilaterale, un decret, une ordonnance" (S.
113, Anm. 16) bedeuten kann.

7. L. Dequeker (Leuven) lieferte den Aufsatz „Noach
and Israel" mit dem Untertitel „The everlasting divine
covenant with mankind". Im Bezug auf berit kommt er
zu demselben Schluß wie de Boer: „The evolution in
terminology which we indicated appears to favour the
translation of berit proposed by Prof. Kutsch. The original
meaning of b. is not properly a relation or covenant
between two parties, rather it is the decision or the
pledge (Verpflichtung) of one party in favour of the
other" (S. 128).

8. P. Buis (Chevilly-Larue, France) fragt: „Comment
au septieme|siecle envisageait-on Pavenirde l'Alliance?"
(Etüde de Lv. 26,3-45). Er kommt zu dem Schluß, daß es
kaum möglich ist, an allen Stellen, wo das Wort berit vorkommt
, in ihm denselben Inhalt vorauszusetzen.

9. R. Martin-Achard (Geneve) schrieb „Quelques remarques
sur la nouvelle Alliance chez Jeremie" (Jer 31,
31-34). Er bemüht sich zuerst, die vor ihm dargelegten
Meinungen über berit zu werten, dann vergegenwärtigt
er seinen Hörern besonders die Meinungen des verstorbenen
Mgr. J. Coppens, der darüber mehrere wichtige
Artikel schrieb. Obwohl Martin-Achard die Vorbehalte
von Kutsch versteht und anerkennt, neigt er doch dazu,
bei der üblichen Ubersetzung von berit als „alliance" zu
bleiben.

10. H. D. Preuss (Neuendettelsau) fragt: „Alttesla-
mentliche Weisheit in christlicher Theologie?" Diese besonders
anregende und theologisch tiefe Arbeit erwägt
die Beziehung zwischen der christozentrischen und der
weisheitlichen Auffassung der biblischen Theologie. Das
Ergebnis: „Der Glaube an Gott, den Vater Jesu Christi,
als den Schöpfer und Erhalter dieser Welt, meint etwas
anderes als den Gott eines Tun-Ergehen-Zusammenhangs
. Das sollte nicht vergessen werden in einer Zeit, in
der das Thema .Weisheit' en vogue ist."

11. J. Levcque (Paris) bemüht sich, in dem Artikel „Le
contrepoint theologique apportc par la reflexion sapien-
tielle" die Weisheit doch einigermaßen zu rechtfertigen,
und zwar als menschliches Gegenstück der göttlichen Anrede
. Besonders befaßt er sich mit der Sprache des Kosmos
(le language du cosmos) und mit dem Geheimnis des
Menschen (le mystere de l'homme). Es ist eine Weisheitsinterpretation
ad optimam partem, jedoch interessant
und beachtenswert.

Zum ganzen Buch: Es ist eine frische, manchmal sogar
spannende Lektüre, sehr informativ und belehrend. Auch
die Auswahl der Hauptthemen der Tagung finde ich sehr
gelungen; das hohe wissenschaftliche Niveau verbindet
sich durchwegs ganz glücklich mit einer sachlichen Polemik
, die die in dicken Bänden oft verschütteten Probleme
hier klar zum Vorschein bringt. Herzliche Glückwünsche
an den Herausgeber!

Prag Jan Heller

Whybray, R. N.: The Intcllcctual Tradition in the Old
Testament. Berlin-New York: de Gruyter 1974. XII,
158 S. gr. 8" = Beihefte zur Zeitschrift für die alttesta-
mentliche Wissenschaft, hrsg. von G. Fohrer, 135. Lw.
DM 68,-.

Die zahllosen Arbeiten, die im letzten halben Jahrhundert
über Probleme der alttestamentlichen Weisheit veröffentlicht
worden sind, weisen bei aller Verschiedenheit
der Sicht und Bewertung doch in wichtigen Punkten häufig
eine solche Ubereinstimmung auf, daß man von einer
communis opinio sprechen kann, die für viele eine fast
ungeprüfte Grundlage der Arbeil an diesem auch in seiner
theologischen Bedeutung heute oft sehr hoch einge-