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1976

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Kirchengeschichte: Alte Kirche

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Landeskirchenrecht und abendländisches Mönohtum".
Dazwischen wird fast ein Jahrtausend byzantinischer
Khohengeschichto abgehandelt. Der so nachhaltig
abgeschnittene Kaden wird allerdings auf beiden
Seiten durch Verweise sichtbar, dio sich auch sonst
vielfach linden und Zusammenhänge verdeutlichen.
Das Inhaltsverzeichnis ist sehr ausführlich und transparent
, so daß man von da aus das Buch auch als
Nachschlagewerk benutzen kann; leider fohlt ein
Register, das aber vielleicht für das Gesamtwerk vorgesehen
sein könnte ! Als Lernbuch für Studenten
scheint mir dieser Hand eine Linie zu hoch angesetzt
zu sein. Ks wird aber eine Küllo von Stoff geboten, die
gegebenon Seiten werden optimal genutzt. In diesem
Sinne wird das Buch von A. seinen Zweck, Grundlagenwissen
bereitzustellen, sicher gut erfüllen.

Rostock Gerl Baendler

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Gager, John G.: Kingdom und Oiiiiminily. The Social
World of Early Christianity. Englewooil Cliffs, N. J.:
Prentice-Hall [1975]. XIII, 158 S. gr. 8" - l'rontieo-
Hall Studios in Religion Serie», od. by J. P. Koodor,
J. F. Wilson.

In fünf großen querschnittartig angelegten Kapiteln
gibt der an der l'rinceton University lohrondo John
(i. Gager (hervorgetreten durch soino Arboit Mosos in
G-reco — Roman Paganism, Nashville 1072 1 einen
Durchblick durch dio Krühgeschichto des Christentums,
geleitet von der Krage nach den historischen Ursachen
für dessen Sieg über die Religionen der ausgehenden
Antike. In kritischer Weiterführung der von ihm
konstatierten, bislang ausschließlich theologischen und
literarkritischen Behandlung geht es ihm um die
soziologische Seite des Transformationsprozesses, der
von den enthusiastischen frühchristlichen Gemeinden
zu der religiösen und sozialen Organisation der Alten
Kirche führt. Dafür bietet- ihm l'eter Bergers und
Thomas Luekinanns wissenssoziologisches Verständnis
der Religion als Konstruktion der sozialen Welt 2 das
theoretische Modell, die Erforschung gegenwärtiger
Strömungen des religiös-politischen Mossianismus, vor
allem in der „Dritten Wolt", das vergleichende Anschauungsmaterial
. Daß unbeschadet der dadurch
erreichten Erweiterung des Horizonts der gesicherte
Boden dos von deutschen und angelsächsischen Neu-
testamentlern und Kirchenhistorikern Erarbeiteten
nicht preisgegeben wird, läßt die wissenschaftliche
Auseinandersetzung erkennen, dio in fast 500 Anmerkungen
mit souveräner Litoraturbehorrschung geführt
wird.

Dio das methodengeschichtlicho Panorama eröffnende
Einleitung (S. 1—18) zeigt, wo bei aller An.
knüpfung an die moderne historisch-kritische Erforschung
des Urchristentums im deutschen Sprachgebiet
Ansätze weitergeführt werden, wie sie von Europa
nahezu unbemerkt in der Schule von Chicago in den
20er und 30er Jahren durch S. J. Caso 3 ihre Ausbildung
fanden. Unter der die Spanuungsolemonto bezeichnenden
Überschrift „The End of Time and tho Riso of
Community" fragt das 2. Kapitel (S. 19—65) danach,
wie aus einer auf das Endo der Zeit fixierten Bewegung
der Anfang einer neuen Gomoinschaftsbildung entstehen
konnte. G. nennt als tragendo Kaktoren die
Wirkung der am Anfang stohendon Prophotongostalt,

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die Verankerung in bestimmten sozialen Gruppen, die
Herausbildung einer Ethik, den missionarischen Impetus
. Der oft besprochene Umstand, daß das Nichteintreten
des zunächst erwarteten Endes nicht in eine
Krise geführt hat , wird durch eine i el igionssoziologischo
Demonstration beleuchtet: Die Integration der zuvor
aus ihren bisherigen Gruppen desintegrierten Glieder
einer Gemeinschaft erweist sieh Stärker als gefährdende
Erfahrungen auf geistiger und religiöser Ebene. Legitimationsprobleme
von Charisma und Amt, Orthodoxie

und Häresie behandelt das Ii. Kapitel (S. (iti—92), wobei
die in Amerika vor allem durch Kobinson und KOester
vermittelte Sicht W. Bauers durch eine Vielzahl
soziologischer Beobachtungen ergänzt wird, dio vor
allem dio gruppenstabilisieronde Funktion des Konflikts
aufweisen. In einem «eiteren Abschnitt (S. 93 II.'!)

wird eine sorgfältig entworfene Stratographie der

römischen Gesellschaft der Kaiserzeil dargeboten, in
die dio frühe Christenheit (allzu vorkürzt) eingeordnet
wird als eine zunächst kongregationol strukturierte,
auf eschatologischo Kompensation orientierte und von
einem rational-othischon System gesteuorto Religion
der Nichtprivilegierten. Das Schlußkapitel (S. I 14- 148)
sieht unter Zurückweisung des theologischen Schemas
der praeparatio evangelica und des geschichtsphilo-
sophischen der Dekadenz (Gibbon, Spengler, Toynbeo)
den historischen Prozeß des Sieges des Christentums im
Widerspiel äußerer (Imperium, Pai Augusta. lieli-
gionsgeset zgebung) und innerer (hellenistische Synagoge
) Faktoren, verbunden mit einem Seitenblick auf
die unterlegenen Konkurrenton (Mithras, Ncuplatonis-
mUS, Judentum).

Dio im Titel des Werkes enthaltenen Stiehworto
erinnerten den Rezensenten an Alfred Loisys berühmten
Satz: Jesus hat das Reich verkündet, gekommen ist
dio Kirche. Er ist ebonso zündond formuliert wie unzureichend
. Unter den mannigfaltigen Vorsuchon, über
eine bloße Gegenüberstellung hinauszugclangcn, kann
dor hier angezeigte Entwurf einen besonderen Platz
beanspruchen. Gagor ist es mit dem von ihm gewählten
Instrumentarium gelungen, zu verdeutlichen, wio dio
den Ursprung bestimmenden Impulse (kingdom) umgewandelt
werden in dio Gestalt einer religiösen Sozietät
(cominunity). In einer Zeit, dio mit geschärftem Bewußtsein
nach dem Verhältnis von religio und soeietas
fragt, sollte dor Beitrag des ebonso kenntnisreichen
wio fonnuliorungsgewandten amerikanischen Gelehrten
nicht überhört worden.

Hallo (Saale) Wolfgang Wiofel

1 Jtcz. ü. Delling Thl.Z 08, 1973 Sj>. 429 f.

* The Social Constructlon of ßeality. A. 'J'roatiso in the Bociology of
Knowledge, (iarden City, N. Y.: 1966, ilt. Frankfurt/M. (I970)4 1974.

■ The Social Orlglimof Christianity, Chicago 19U3; The Social Triumph
of the Ancivnt Church, London 1934.

IIciins, Walter: Leitbilder der BitalfibMMtCling im 6< Jnhr-
IiiumIitI. Dio l'raofatio im Evangnlinnkodcx Hiixiaiuis (f)
und das Probloin der gotisch-lateinischen Hibelbilinguen.
Vorgelegt am 9. Dezomber 1972 von E. Dinklcr. Heidelberg
: Wintor 1973. 100 S., 5 Taf. gr. 8° = Abhandlgn der
I b-idellw.rger Akademie der Wissenschaften! PhiloS.-hlit,
Klasso, Jg. 1973, 1.

Dio vorliegondo Studio führt hinein in die Auseinandersetzungen
dos 4./5. Jhs. um den zuvorlässigen
biblischen Text, in dio auch dio hieronymoischo und die
gotische Übersetzung verwickelt waren. Hieronymus
hat te seino lateinische Übertragung u. a. gegen dio

Theologischo Litoraturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 9