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1976

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Systematische Theologie: Allgemeines

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rie zur Existenz ist wie diejenige Barths von der
Historie zur Offenbarung (S. 43).

Der II. Teil führt mit reichen Beobachtungen R II in Abhebung
gegen R I (1919) vor. An die Stelle der „drängenden
Kraft der Wirklichkeit", mit Bildern aus der Natur, tritt „die
kritische Macht der Wahrheil", mit der Bildersprache der Geometrie
(S. 53 f.). Wendung von der Ontologic zur Kritik (S. 58),
von der „Wirklichkeit der Offenbarung" zur „Wirklichkeit
der Offenbarung" (S. 59) so, daß zwischen diesen
beiden Römerbief-Kommentaren d i e Zäsur im Rarthschen
Denken zu sehen ist (S. 70). — Die Deutung der Theologie des
frühen Barth durch F.-W. Marquardt liegt Bakkcr erst in
dessen Aufsätzen bis 1970 vor. Vf. würde wahrscheinlich auch
angesichts des Marquardtsrhen Hauptwerkes (,Theologie und
Sozialismus. Das Beispiel Karl Barths', 1972) sein Urteil aufrechterhalten
, daß für R II dem gesellschaftspolitischen Engagement
Barths nicht der hermeneutische Rang zukommt, den
Marquardt postuliert (vgl. S. 69). — Wertvoll die Herausarbeitung
des Einflusses von F. Overbeck,, F. Nietzsche, H. Cohen,
S. Kierkegaard, F. Dostojewski und der Reformatoren auf R 11.
Die „Kritik von Overbeck, Nietzsche, Cohen, Kierkegaard und
Dostojewski war an einer Stelle konvergent: Zerstörung
von Ontologic und Metaphysik, um dem ,Totaliter aliter' der
Offenbarung zu seinem Recht zu verhelfen" (S. 104). Die Theologie
von R II „hat ihre völlig eigene Prägung . . . Will man
trotzdem einen für die Wesensbcstimmung nützlichen Vergleich
, dann halten wir die Verwandtschaft dieser Theologie
mit der der Reformatoren, vor allem Calvins, für die einflußreichste
und wichtigste" (S.106f.). R. sieht aber hinsichtlich
der Wiederentdeckung des exklusiven Sinnes der Offenbarung
die Theologie K. Rarths „für noch reformatorischer als die der
Reformatoren selbst" (S. 108). übrigens ist es nicht zuletzt
Cohen, der Rarth mit dem Alten Testament, „in verdünnter
Lösung", verbindet (S. 93. J27f.). Und Dostojewski sorgt für
einen gewissen östlich-ostkirchlichen Zug in RH (cf. S. 1021.).

Der III. Teil ist der Frage nach der biblischen Begründung
der Barthschen Hermeneutik gewidmet. B. geht strukturanalytisch
zu Werk, unter Heranziehung der Arbeit von R. C. M.
Ruijs, De slructuur van de brief aan de Romeinen, Nijmegcn
1964. Er vermag zu zeigen, daß „R II methodisch sehr stark
von 1 Kor 15 abhängt" (S. 137); 1924 nennt Barth dann das
15. Kp von 1 Kor „die Methodologie der Apostclprcdigt" (,Die
Auferstehung der Toten', S. 62). Im paulinischen Römerbrief
fußt R II unverhältnismäßig stark auf dem kritischen Teil des
Briefes, insbes. auf Rom 1,18—32. So kommt die paulinische
Wendung von der Kritik zur Versöhnung bei Barth, im Unterschied
zum Römerbrief selbst, nur rein eschatologisch, nicht
ckklesiologisch, nicht horizontal zur Geltung. R II ist somit
nicht unpaulinisch, jedoch verengt paulinisch (cf. S. 141), dies
indes wohl anders, aber durchaus nicht mehr als die reformatorische
Exegese auch (S. 142f.). Resonderes Lob vermag Vf.
dann Barths ,Kleinem Römerbrief' (,Kurze Erklärung des Römerbriefes
', 1956) zu zollen: „Alle Aspekte der paulinischen
Verkündigung gruppieren sich um den einen Mittelpunkt der
Offenbarung, und zwar ohne daß diesmal den Strukturen des
Briefes Gewalt angetan wird. Alle Einseitigkeiten sind ausgemerzt
, Themen und Motive kommen alle einzeln zu Wort,
ohne einander zu überstimmen oder zu verdrängen. Jeder
Teil beleuchtet das Ganze unter einem jeweils anderen Aspekt.
Wir halten R III für ein Meisterwerk der Auslegungskunst"
(S. 144). Ohne „das Experiment von R II", die Suspendicrung
der Historie um der Sache der Offenbarung willen wäre aber
solche „hcils s a c h 1 i c h c " , die verschiedenen Heilsmo-
mente von der kerygmatischen Mitte her zur Geltung bringende
Auslegung nicht möglich geworden (S. 146)!

Im IV. Teil skizziert B. Ilauptlinien von RH und dessen
hermeneutischen Prinzipien zur Kirchlichen Dogmatik und
ihrer dogmatischen Methode. Es ist erstaunlich, wie Vf. dabei
Barths ganzes Werk in eine verhältnismäßig kurze Studie
cinzufangen versteht, außer wichtigen Partien der K. D. besonders
noch ,Die Christliche Dogmatik im Entwurf (1927)
und ,Fides quaerens intellectum' (1931). „Barth tendiert in
der R II folgenden Periode seines Schaffens in zunehmendem

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Maße zu einem theologischen Wirklichkeitsbcgriff, der da«
biblische concretissimum ernst nimmt, ohne das alienissimum
der Offenbarung (R II) zu beeinträchtigen" (S. 156). Indem
der offenbarungstheologische Ansatz den biblischen Realismus
gewinnt, wird auch R I (1919) im Kern rehabilitiert (vgl. den
Neudruck 1963).

B.s Studie vollzieht sich in gut-kritischem Gespräch insbesondere
mit den großen katholischen Barth-Interpreten II. U.
v. Balthasar und H. Bouillard und führt in dankenswerter
Weise niederländische Interpreten und Freunde Barths wie
K. II. Miskotte, O. Noordmans und F. II. Breukclman auf den
Plan. Zu dem von B. noch nicht berücksichtigten Ruch von
W. Schlichling, Biblische Ucnkform in der Dogmatik (Zürich
1971), stellt diese Arbeit eine durch ihren Ausgang vom
Rümerkommentar sinnvolle Ergänzung dar. Alles in allem ist
B.s Buch mehr als eine Spezialuntersuchung. Indem es vom
Ur-Sprung aus das Ganze zur Sprache bringt und indem es
bei seiner besonderen Umsicht, Verständigkeit und methodischen
Gediegenheit Würdigung und Kritik optimal verbindet,
darf es als eins der Barth-Bücher von Rang gellen. In N.T.
Bakker begegnet uns ein Autor, der nicht alles zu durchschauen
meint und der gerade so beim Kern der Sache und
beim lebendigen Gegenüber ist.

Wuppertal J. Faagmeier

Vanneste, Alfred, Prof.: The Dogma of Original Sin, transl.
by E. P. Callcns, with an Introduclion by R. W. Gleason, S.J.
Rruxelles — Paris: Vander; Louvain: Nauwelacrts [1975'.
V, 187 S. gr. 8°. bfr. 520,-.

Die erstmals 1969 in niederländischer Sprache in Ticlt und
Utrecht erschienene Arbeit (Ilet Dogma van de Erfzondc)
liegt jelzt in englischer Ubersetzung vor. Die französische Fassung
(Le Dogme du Pechö Originel. Trnduit du N6erlundais
par A. Freund. Louvain: Nauwelacrts) Paris: Beatrice-Nau-
welaerts [1971]. VII, 162 S. gr. 8° = Bcclierches africaincs de
Th6ologie. Travaux de la Facult6 de Theologie de l'Universite
de Kinshasa, 1) wurde in ThLZ 98, 1974 Sp. 705-707 ausführlich
von mir besprochen.

Die englische Ausgabe gibt den Text in wortgetreuer Uber-
Betzung wieder. Hin Vorwort von Robert W. Gleason (S. 3—24)
führt unter Berücksichtigung der im Katholizismus um den
Polygenismus geführten Diskussion in die Problcmlage ein.
Dabei wird auch auf einige schon früher veröffentlichte Arbeiten
von A. Vanneste zur gleichen Thematik verwiesen.

Bedauerlicherweise enthält die vorliegende englische Übersetzung
eine ganze Anzahl von Druckfehlern, die bei einer
Neuauflage korrigiert werden sollten (so muß es zum Beispiel
auf S. 7, Zeile 15 heißen „. . . has started ils discussion" statt:
„. . . it discussion"; auf S. 8, Zeile 4 von unten „It is remark-
able ..." statt „It si rcmarkable..."; auf S. 12, Zeile 15f.
„Paul does not meditate.. ." statt „Paul dose not medita-
te .. ."; auf S. 16, Zeile 17 „causality" statt „causlity" usw.).

Polsdam-Babelüberg Qu Dertinetti

Amsler, Samuel: Le dernier et ravant-dernier. Les rapports
entre le Nouveau et l'Ancien Testament (Recherclies de
science religieuse 63, 1975 S. 385-396).

Auer, Johann: Auferstehung des Fleisches. Was kann mit dieser
Aussage heute gemeint sein? (MThZ 26, 1975 S. 17-37).

Backes, Ignaz: Tod und Auferstehung Christi in der Christo-
logie und Soteriologie des 13. Jahrhunderts (TThZ 84, 1975
S. 65-72).

Battke, Achim: Die Gesellschaft und das Böse. Was kann die
Soziologie zur Auseinandersetzung mit dem Bösen beitragen
(Bibel und Kirche 30, 1975 S. 51-55).

Beinert, Wolfgang: Das Amt, die Ämter und die Cicmcindc
(ThGl 65, 1975 S. 38-60).

- Gott - der Grund unserer Freiheit (MThZ 20, 1975 S. 141
bis 158).

Biser, Eugen: Der ersehnte Fremdling (Wort und Antwort 16,
1975 S. 161-166).

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 8