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Ausgabe:

1976

Spalte:

608-610

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Valore e attualità del sacramento della penitenza 1976

Rezensent:

Kleiner, Rafael-Josef

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 8

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net, beruft sich mit ihren Thesen hauptsächlich auf ,Wider-
stand und Ergebung'. Insofern jedoch eine Entwicklung' aufzuzeigen
ist, bleibt auch das Gesamtwerk von Interesse. Die
zweite Gesamlinterpretation der Theologie Bonhoeffers stammt
deshalb aus dieser ,Schule' (H.Müller)" (S. 21).

Insoweit Mayers Buch eine Auseinandersetzung mit der
Bonhoeffer-Rezeption des Rezensenten ist, kann natürlich weder
Antwort noch — weithin eigentlich nötige — Richtigstellung
in einer Rezension gegeben werden. Jedoch kann und
will das Buch im Blick auf den in dieser Polemik zum Ausdruck
kommenden Widerspruch verstanden werden. Man
könnte — Kleines mit Großem vergleichend — diesen Gegensatz
in Anlehnung an die zur Hegel-Rezeption gebräuchlich
gewordenen Begriffe als den zwischen einer ,Bonhoefferschen
Rechten' und einer JJonhoefferschen Linken' bezeichnen. Dieser
Gegensatz ist notwendig universal: wird Bonhoeffer von
Intention, Bewegung, Entwicklung, Methode und Ziel her,
also historisch in seiner Historie verstanden — oder wird er
in ein System gebracht, das nicht ein System der Bewegung
und Entwicklung, sondern ein System der Ordnung und Statik
, eine ,Ontologie' meiul?

Diesen Weg der „Systematisierung" im Sinne ordnender
Zementierung und zementierter Ordnung geht Mayer konsequent
, gründlich und fleißig. Als Zentrum des generell statischen
, wenn auch natürlich in einer immanenten Entwicklung
sich manifestierenden Systems, als eigentlichen Schlüssel zu
Bonhoeffers Theologie in ihrem vermeintlich konstant bleibenden
Einheitspunkt findet Mayer den Begriff der „Christolo-
gischen Ontologie". Er wird in den Frühschriften Bonhoeffers
gesucht und gebildet (§ 2, S. 43—102); er wird in der mittleren
Periode als „Konzentration der Christuswirklichkeil auf di«
Kirche" (§ 3, S. 103—163) systematisch wirksam gesehen. Er
ist in der Tat — das würde auch ich so sehen, und von hier aus
habe ich Bonhoeffer gerade aus seiner eigenen Entwicklung
heraus kritisiert — wahrscheinlich adäquat für weite Teile der
Ethik; Mayer allerdings negiert diese fruchtbaren inneren
Widersprüche und stellt die Ethik widerspruchslos ganz
unter dieso klerikale These: „Die Ausdehnung der Christuswirklichkeit
auf die Weltwirklichkeit" (§ 4, S. 164-218).

Aber: § 5 trägt nun die sachlich richtige Uberschrift: „Der
Zusammenbruch der christologischen Ontologie als System";
sie signalisiert den immanenten Zusammenbruch des Versuchs
, Bonhoeffer von einem ahistorisch seiner Entwicklung
übergestülpten Zentralbegriff aus statisch zu systematisieren
und manifestiert eigentlich die Katastrophe der Bon-
hoefferschen Rechten schon in ihrer Entstehung.

In der Zusammenfassung seines Ergebnisse (§ 6 „Die Stimmo
eines Zeugen", S. 284- 341) fragt Vf. nach Ursachen und Folgen
des Scheiterns des Systems. Angetreten mit der Absicht,
„daß wir Bonhoeffers Werk als eine sich allmählich entfaltende
Einheit betrachten und untersuchen, wie das Ganze eigentlich
angelegt und gedacht war und aus welchem Material es besteht
" (S. 31), polemisiert er fortlaufend dagegen, verschiedene
Perioden in Bonhoeffers Werk zu konstatieren, „die sich
durch qualitative Sprünge' voneinander unterscheiden" (S. 26
— woraus übrigens gerade nicht folgt, daß sie „wenig miteinander
zu tun haben" und daß „eine theologische Kontinuität
nicht mehr gegeben sei" — S. 29). Dabei entbehrt es nicht
unfreiwilliger Ironie, daß Vf., nachdem er sich das Ziel gestellt
hatte, „Bonhoeffers letzte Äußerungen in den Gesamtzusammenhang
seiner Theologie zu stellen und von daher zu
interpretieren" (S. 26), die neuen Erkenntnisse in Widerstand
und Ergebung, die er nicht als qualitativen Sprung verstehen
wollte, nun als „Zusammenbruch der christologischen Ontolo-
logie als System" deklarieren muß. Dieser Zusammenbruch der
erstrebten statisch-mechanischen Einheit des Systems ist der
Preis für die Verachtung der dynamisch-dialektischen Einheit
der Entwicklung — und daß nach Meinung des Vfs. die christo-
logische Ontologie, wenn auch nicht als System, so doch als
„Eschatologicum" ihre Berechtigung behalten soll, mag seiner
Theologie, nicht aber seiner Bonhoeffer-Interpretation dienlich
sein.

Es wird verständlich sein, daß ein Rezensent ein Buch, das

wesentlich polemisch Gegenposition zu seiner Position ist,
auch nur polemisch rezensieren kann. Das schließt jedoch Anerkennung
nicht aus. Ich halte es für einen großen Vorzug dieses
Buches und meine, es könnte von elementarer Bedeutung
für die Frage sein, wem Bonhoeffers Erbe zukommt und zugute
kommt, daß der Versuch, eine Bonhoefferschc Rechte zu
konstituieren und Bonhoeffer damit dem Konservatismus, von
dem er in der Tat ausgegangen ist, zurückgewinnen, gescheitert
ist, obgleich dieser Versuch wohldurchdacht und bis in Details
sorgfältig unternommen worden ist. Dem Vf. gebührt aufrichtiger
Dank dafür, daß er dieses Scheitern nicht vertuscht, sondern
deutlich macht. Es ist nicht seine Schuld, daß Bonhoeffer
zur Reformation und nicht zur Orthodoxie, zum Neuanfang
und nicht zur Restauration gehört. Und gescheiterte Experimente
können der Erkenntnis ebenso dienlich sein wie geglückte
. Dabei erhellt das Buch im einzelnen zugleich viele
Zusammenhänge neu und schöpft bis dahin unverarbeitetes
Material aus der umfassenden Bonhoeffer-Biographie Bcthges,
das seinen Vorgängern so noch nicht zur Verfügung stand. Es
sollte auch nachdenklich machen, daß Vf., obgleich in allen
entscheidenden Fragen im Gegensatz zur Bonhoefferschen Linken
, doch mit Recht stets die Nähe Bonhoeffers zu Barth betont
und damit von einer ganz anderen Position her — als
zweiter unabhängiger Zeuge sozusagen — zeigt, daß die avantgardistische
Variante der Bonhoeffer-Interpretation kaum haltbar
ist, wenn auch bezeichnenderweise diese konservative Bonhoeffer
-Interpretation sich mit der pseudorevolutionären Theologie
Moltmanns verträgt — oder sollte man diesen Salz vielleicht
besser umgekehrt formulieren?

Berliu Hanfried Maller

Pianazzi, G., e Achille M. Triacca: Valore et Attualitä del Sa-
cramento dclla Penitenza. Convegno di aggiornamento per
Sacerdoti e per Educatori Roma, Facoltä Teologica dclla
Universitä Pontificia Salesiana 1—4 novembre 1973. Zürich:
PAS-Verlag; Roma: Libreria Ateneo Salesiano 1974. XVI,
373 S. gr. 8° = Biblioteca di Scienze Religiöse, 9.
So eindeutig der Bußruf der Propheten und die Forderung
Jesu nach Bekehrung und Metänoia in der Schrift bezeugt
sind, so vielgestaltig sind nach dem Ausweise der Geschichte
des Christentums und der Kirche die sakramentalen Objekti-
vationen des Heilsvorgangcs von Buße, Beichte, Versöhnung,
die diversen Akzentsetzungen beim „Sakrament der Schlüssel
", der theologische Stellenwert der Haltungen und Akte des
Büßenden, der Kirchengemeinschaft, des kirchlichen Vorstehers
. Das letzte Konzil ermöglichte eine erneuerte und vertiefte
Schau der biblischen, historischen, theologischen, liturgischen
und psychologischen Aspekte des Bußsakramentes.
Um zu einer echteren und wirsameren pastoralen Praxis zu
kommen, wie sie der im Februar 1974 veröffentlichte neue
Ordo Paenitantiae vorsieht, braucht es vor allem eine Late-
chetische und mystagogische Recyclage und eine praktisch«
Einübung für die im Dienst der Unterweisung und Verwaltung
des Sakraments stehenden Pfarrer und Erzieher. Mehr als
600 von ihnen nahmen an diesem Kursus teil, der ihnen von
achtzehn Fachleuten geboten worden war.

Im ersten Teil ging es um die theologisch-liturgischen Grundlagen
. Zoltän Alszcghy SJ erläuterte die Identitätskrise des
Bußsakramentes im gegenwärtigen theologischen Kontext,
sieht das Positive im dynamischen Vorgang der Erneuerung
mit Bezugnahme auf die jeweiligen geschichtlichen Bedingungen
und warnt vor apriorischen oder kurzschlüssigen Behauptungen
, um diese oder jene Praxis als alleinberechtigt herausstellen
zu wollen. Tommaso Federicis Beilrag ist eine großartige
Synthese der biblischen Themen der Buße. Sic ist eine
lebendige Wirklichkeit im AT und NT, Gottes Geschenk und
menschliches Tun zugleich, eine dauernde Lebenshaltung. F.
zeigt dies konkret auf, indem er die Grundzüge der üußlilui-
gie interpretiert und auch auf die ökumenischen Perspektiven
hinweist, in denen Gebet, Kirchenreform, Bekehrung, Dispo-
nibilitit für den Geist Jesus stehen. Burkhard Neunheuser
OSB schreibt über die Christenheit im Zustand der Buße, ihre