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Ausgabe:

1976

Spalte:

551-553

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Müller, Burkhard

Titel/Untertitel:

Kommunikation kirchlicher Organisationen 1976

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 7

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Storben, mit Christus auferstanden und Tempel des
Heiligen Geistes geworden. Aber das heißt nicht, daß
ihm in der Taufe bereits alles gegeben wäre. Ihm fehlt
noch das Moment der Bestätigung, des Siegels, ohne den
„die Wahrheit der Taufe weder völlig verifiziert, noch
nach den konkreten Bestimmungen des Bundes ganz
verwirklicht wäre" (S.255). In der Firmung erhält der
Täufling die Antwort des lebendigen Herrn auf seinen
(Hauben. Zugleich bekommt er Anteil an der pneumatischen
Mission der Kirche, er wird in sein prophetisches
Priestertum eingesetzt. Das Sakrament garantiert ihm
für seine geistliche Erfahrung die kirchliche Echtheit
und eröffnet ihm zugleich die Möglichkeit zu neuen Erfahrungen
, indem es ihn insbesondere auf den Weg des
Gebets weist. Die Deutung der Firmung als Ausgießung
des Geistes umsehließt und transzendiert die volkstümlichen
und teilweise von Theologen vertretenen Auffassungen
(Sakrament der Adoleszenz, des Erwachsen-
werdens, Sakrament der katholischen Aktion und der
Mission). Zum Firm-Alter überlegt sich Ligier, ob nicht
in der Ostkirche der Heilige Geistim Leben der Gläubigen
darum eine größere Rolle spielt, weil Taufe und
Firmung nicht getrennt sind. Dennoch kann er sich
Firmung als Feier für Erwachsene im Sinn einer echten
geistlichen Erfahrung vorstellen. Zu bedenken ist jedoch
die enge Verbindung von Firmung und Eucharistie.
Auch bei der Wandlung und der Opferung stellt ja der
Geist als handelndes Subjekt im Mittelpunkt. Darum
sollte normalerweise für das Kind die Firmung der
Erst-Kommunion vorausgehen.

Itcinnch Walter Neidluirt

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Müller. Burkhard: Kommunikation kirchlicher Organisationen.

Funktionell der Werbung in der Kirche. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn [1975]. 240 S. 8°. Kart.
DM 48,—.

Die Kernfrage dieses Buches heißt: Welche Kriterien
entscheiden über die Legitimität kirchlicher Werbung?
Im ersten Teil der Untersuchung werden verschiedene
theologische Beurteilungen kirchlicher Werbung mit
dem Ergebnis referiert, daß nicht zu fragen ist, ob die
Kirche werben darf, sondern ob sie Werbung braucht.
Diese Frage könne nicht durch den Hinweis auf die Krise
der Kirche beantwortet werden, sondern nur durch die
Bestimmung des Auftrags der Kirche. „Ob die Kirche
Werbung braucht, entscheidet sich nicht daran, ob sie
der Kirche helfen kann, sich besser zu .verkaufen' oder
ihre Krise zu überwinden, sondern daran, ob sie ihr
helfen kann, ein besseres Werkzeug für ihren Auftrag zu
werden" (31). Dabei muß die Kirche die Gefahr im
Blick haben, daß sie „ihre Adressaten bewußt oder
unbewußt als ,Verbraucher von Religion' betrachtet
und sich selbst analog als Produzenten von Religion',
die sich nach der Nachfrage richten" (35). Der Vf. sieht
also, daß es aus theologischen Gründen nicht möglich
ist, Methoden der kapitalistischen Wirtschaftswerbung
um kritisch für die kirchliche Werbung zu übernehmen.

Die Funktionen der (kapitalistischen) Wirtschaftswerbung
und „Public Rehitions" weiden im zweiten
Teil beschrieben. Müller deutet im Vorwort an, daß die
negativen Erscheinungen dieser Werbepraxis Ansatzpunkte
bieten, die dahinter stehende Gesellschaftsform
als Ganze zu kritisieren. Darin erblickt er jedoch nicht
die Aufgabe seiner Arbeit. Es kann auch nicht die Aufgabe
der Rezension sein, an diesem Punkt die Auseinandersetzung
aufzunehmen. Nur am Rande sei vermerkt
, daß sozialistische Planwirtschaft keineswegs
auf Bedarfsforschung und Werbung verzichtet, wie das
S.58f. erscheint. Die entscheidende Frage dürfte sein,
ob das sog. „Marketing" wirklich den Verbraucher an
den Anfang stellt (S.71) oder letztlich doch den Interessen
der Unternehmer im Rahmen der „Marktwirtschaft
'" dient. Diese Frage ist von wesentlicher Bedeutung
für die Übertragung von Werbemethoden auf den
Dienst der Kirche. Der Vf. betont wiederholt, daß die
Werbung der Kirche dazu helfen muß, „Kirche für
andere" zu sein. In dieser Hinsicht ist das „Marketing"'
schwerlich als Vorbild geeignet. Müller deutet die Problematik
an, daß es einen „Dienst" am Verbraucher
gibt, der darin besteht, ihm Wünsche zu erfüllen (und zu
suggerieren), die ihm schädlich sind. Vielleicht liegt es
an der weitgehend organisationssoziologischen Orientierung
des Autors, daß diese ethischen Fragen im
Hintergrund bleiben.

Der dritte Teil möchte, hauptsächlich in Auseinandersetzung
mit Karl Barth, die ekklesiologische Relevanz
soziologischer Aspekte nachweisen. Müller wendet
sich gegen falsche, Alternativen wie Leitung durch den
Heiligen Geist und Verpflichtung zum Gehorsam auf der
einen, menschliches Planen und Orientierung an den
Wandlungen der Gesellschaft auf der anderen Seite.
Viele diesbezügliche Ausführungen sind heute kaum noch
kontrovers. Umstritten ist nicht, daß das Arbeitsprogramm
der Kirche „nur in der Begegnung zwischen
dem, was der Kirche aus ihrer theologischen Tradition
anbefohlen ist, und der ganzen Wirklichkeit der heutigen
Welt" gefunden werden kann (140), sondern wie dieses
Programm inhaltlich zu lullen ist und wie die Schrift
norma normans gegenüber der Versuchung zur selbstherrlichen
kirchlichen „Marktwirtschaft" bleiben kann.

Der vierte Teil arbeitet die im Buchtitel formulierte
Thematik am deutlichsten heraus. Die Kirche wird
soziologisch als Organisation beschrieben, die der Werbung
und der Marktforschung als Konnnunikations-
formen von Organisationen bedürfe. Nachdem die Einheit
von Ortsgemeindc und Kirchcngemeinde sich auflöste
, sei eine Zweiteilung der Kirche in die „Vereinsgemeinde
" und die „Veranstaltungskirehc" erfolgt.
Die „Vereinsgemeinde" wird mit Rendtorff als „gemeindlicher
Innenraum" verstanden, dessen Stärkung
und Vergrößerung der Genieindeaufbau dient. Die für
I lieologische Ohren anstößige Rede von Vereinsgenieinde
und Veranstaltungskirche ist nicht nur soziologisch
sinnvoll, sondern kann auch praktisch hilfreich sein, da
es verschiedene Formen von Kirche für verschiedene
Menschen und für die einzelnen Menschen in ihren verschiedenen
Rollen geben muß. Das Recht der Veranstaltungskirche
muß deshalb auch ekklesiologisch
ernster genommen werden. Die „Gemeindlichkeit" darf
in der Tat nicht einseitiger Richtwert für die kirchliche
Existenz sein, sofern die Kirche gewillt ist, auf die
hochdifferenzierte Rollenstruktur ihrer Mitglieder einzugehen
und ihnen nicht nur eine enge Auswahl möglicher
Koinmunikationsnuister anzubieten. Trotzdem
möchte ich die parochialen Gemeindestrukturen positiver
einschätzen als der Vf., dessen Interesse wohl
auch unter dem Aspekt der Werbung mehr bei der Ver-
anstaltungskirehe liegt.

Im fünften und letzten Teil wird die Intention des
Buches am Beispiel der Diakonie und ihrer Werbung
vi.in eliaulielit. Die Werbekunst l'Yiedrieh "ii Bodel-
sehwinghs, den kein ,.Public Belations"-Kxpcrtc beriet,
verdeutlicht aber auch den grundlegenden Unterschied
zwischen einer Information, die im Dienst, der helfenden
Liebe steht, und Werbemethoden, die der kapitalisti-
clien Wirtschaft dienen. Bodelschwingh entwickelte