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Ausgabe:

1976

Spalte:

550-551

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Ligier, Louis

Titel/Untertitel:

La confirmation 1976

Rezensent:

Neidhart, Walter

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54!)

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 7

660

fen, da ihnen die Schriften der Juden genügten, sofern
diese der Autorität Jesu zugeordnet werden konnten
(vgl. S.75). Aber die „Zerdehnung der Zeit", das „Ausbleiben
der Parusie" und die damit verbundene Notwendigkeit
, sieh auf längere Zeit in dieser Welt einzurichten
- Sand nimmt Argumente von H. J. Holtzmann
auf-stellt vor die Notwendigkeit, die Verbindung zu Jesus
und zu den Aposteln nicht abreißen zu lassen (vgl.
8.64). „Das heißt aber nicht, daß aufgrund dieser neuen
Situation eine ganz neue Autorität gefunden werden
mußte" (ebd.), sondern die von Jesus Christus her gegebene
sollte gegenüber den aufkommenden apokalyptischen
Schriften festgehalten werden.

Sand verdient m.E. Zustimmung, wenn er im letzten
Kapitel als die entscheidende Frage die nach der Autorität
herausstellt. Dem Reden von Autorität begegnet
man zwar heute häufig ausgesprochen zurückhaltend,
mißtrauisch, ja ablehnend. Grund dafür ist die Erfahrung
von Autoritätsmißbrauch (vgl. S.86). „Aber Autorität
darf nicht gleichgesetzt werden mit Macht und
Zwang. Denn zur recht verstandenen Autorität gehört
die Anerkenntnis von Freiheit: Autorität zwingt nicht,
sondern ruft zur Entscheidung in Freiheit" (ebd.).

So bedurfte und bedarf es auch im theologischen Bereich
, im Kaum des Glaubens, der Autorität, denn in ihr
und mit ihr stellt sich die Frage nach Gott und nach
seiner Offenbarung und damit vor allem nach der Gültigkeit
seines Wortes. Die Autorität der jüdischen
Schriften war so lange unbestritten, bis eine neue Autorität
aufkam. Daß sie in und mit Jesus Christus auf den
Plan getreten ist, ist gesamtchristliche Überzeugung.
Unbestritten sollte ebenfalls sein, daß das Auftreten
Jesu von Nazaretli „nicht nur die Wirksamkeit der
Apostel und der Urgemeinden legitimiert, sondern auch
später die Kirche bevollmächtigt hat, mit diesem auf
Jesus und die Apostel zurückgehenden Auftrag in der
Welt aufzutreten" (S.88).

Noch nicht geklärt ist, die Finge und zwar vor allem
zwischen der reforina.1 orischen und römisch-katholi
sehen Tradition -, wie Kanon und kirchliche Autorität
einander zuzuordnen sind. Der Stellenwert, den Sand
der kirchlichen Autorität sowohl bei dem Zustandekommen
des Kanons als auch bei dem interpretierenden
Umg ang mit ihr zumißt, ist erheblich. Er weist die von
H.v.Campenhausen vertretene These, „daß der Kanon -
inhaltlich begriffen - sieh selber durchgesetzt habe"
(S.88) ebenso ab wie die Frage nach einem „Kanon im
Kanon" (vgl. 8.89). Die besonders mit dem „Kanon im
Kanon" angesprochenen Sachprobleme leugnet er zwar
"icht. Aber die „Vielzahl von widersprüchlichen Definitionen
eines solchen Kanons im Kanon" (S.89) im
evangelischen Lager ist für ihn die Bestätigung seiner
Position: „Die Schrift ist keine absolute Größe, keine
sieh aus sich selbst interpretierende Instanz; vielmehr
bedarf sie immer wieder der Auslegung durch die
Kirche" (S.90).

Es soll damit kein falscher Eindruck von der Gesamt-
"dention der Arbeit gegeben werden. Sand will durch
die der Kirche im (reiste zugefallenen Autorität weder
Jesus „lediglich Deuterokanonizität" zuweisen (vgl.
JV.M). noch die Schrift kirchlich einebnen. Als von der
•örche auszulegende steht sie der Kirche faktisch immer
Segenuber (8.90). Diese Erkenntnis und dieses Ein-
K"ständnis dürften ein Ansatzpunkt für die weitere

theologische Besinnung sein. Vielleicht liegt die Ver-
^'ßungfürdie Kirche im Blick auf ihren Dienst und ihre
^"kunft darin, daß sich Theologie und kirchliche Praxis
daran orientieren.

NniH'iKleUelsau Wilhelm Andersen

Reetz, Ulrich: Das Sakramentale in der Theologie Paul Tillichs
. Stuttgart: Calwer Verlag L1874J. IV, 152 S. 8 = Calwer
Theologische Monographien, hrsg. v. J.Baur, M. Brecht,
H.Bürkle, L.Goppelt, G.Kretsohmar, M.Seitz, C.Westermann
. Reiho B: Systematische Theologie u. Kirchengeschichte
, hrsg. v. J.Baur, M.Brecht, G.Kretschmar, 2.
Kart. DM 22,—.

Vf. legt mit der anzuzeigenden Monographie seine
gekürzte Straßburger Dissertation vor, die im Sommersemester
1971 von der dortigen Evangelisch-theolo-
gisclien Fakultät angenommen wurde.

Sorgfältig werden die bekannten loci Tillichscher
Theologie dargestellt: u.a. das religiöse Symbol, das
Verhältnis von Religion und Kultur, Autonomie, Hetero-
nomie und Theonomie. Es wird einmal mehr deutlich,
wie eng die Begriffe ineinander verwoben sind. Wer das
eine sagt, kann schwerlich vermeiden, das Ganze zu
sagen oder doch wenigstens anzudeuten. Dem Thema
entsprechend, tritt auch weniger Vertrautes in das
Blickfeld des Lesers, wie etwa der „gläubige Realismus"
und natürlich «las Sakramentsverständnis samt den
sacramentalia. Das Literaturverzeichnis entspricht im
wesentlichen den guten Möglichkeiten des Göttinger
Tillich-Archivs. Allerdings fehlt die Angabe zweier
Arbeiten aus unserem Bereich1.

Eine Fleißarbeit wie die vorliegende hat ihren Sinn
vor allem für den Verfasser selbst. Wer sich einmal solcher
Mühe unterzogen hat, kennt den Gewinn dieser
Anstrengung für die eigene theologische Position. Einen
Grund dafür, diese Arbeit durch die Aufnahme in die
Calwer Theologischen .Monographien einem weiteren
Leserkreis zugängig zu machen, kann Rez. freilich nicht
l inden. Überlegungen, die das von Tillich Gedachte und
im Umkreis des Vf.s ja leicht Nachzulesende weiterführen
, sind mir nicht aufgefallen. Mit diesen Bemerkungen
sollen Herausgeber und Verlag, nicht der Autor
angefragt werden, «lern gern und nochmals Genauigkeit
im Rahmen seiner Aufgabe und Zielstellung bescheinigt
werden kann.

Berlin Jens Langer

1 J{. Cl'ii'kner, Di r Mensch /.« isehen Untoln^ie und rersennlisnius in der
pliiliwn|ildselieu und theologischen Darstellung i'.Tillichu, 'l'Iieol. Disg. Jena
1982; H.Moritz, Sein, Sinn und (ieschichtc heim frühen F.Tillieh, Tlieol.
Diss. Leipzig i960.

Ligier, Louis: La Confirination. Sens et conjoneture oecumeni-
que hier et aujourd'hui. Paris: Beauchesne [1973]. 302 S.8°
= Theologie historique, dir. par Oh.Kannegiesser, 23.

Ausgehend von der Apostolischen Konstitution „Divi-
nae consortes naturae" über die Firmung (1947) untersucht
der Verfasser, Professor an der Gregoriana in Rom,
mit eindrücklichen Interpretationen und Vergleichen
von liturgischen Texten und Kirchenord nungen die
komplizierte Geschichte dieses Sakraments in allen
Kirchen des Ostens und des Westens. Es lassen sich zwei
Traditionsströme verfolgen: In Rom und Alexandrien
findet man schon früh Handauflegung und Salbung im
TaufritUS nach dem Eintauchen; in Kappadokien,
Antiochien und später in Konstantinopel wird die Salbung
in Verbindung mit dem Glaubensbekenntnis und
dem Eintauchritus vollzogen. Erst im 9. und 10. Jahrhundert
werden im Westen Taufe und Salbung als zwei
Riten zeitlich voneinander getrennt.

In den letzten Kapiteln entfaltet Ligier seine eigene
Firmtheologie: Er deutet sie als das Sakrament der Aus-
gießung des Geistes. Heilsökonomisch bestimmt er ihr
Verhältnis zur Taufe als Ergänzung und Vervollkommnung
. Der Täufling ist zwar bereits der Sünde ge-