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Ausgabe:

1976

Spalte:

523-530

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Köpf, Ulrich

Titel/Untertitel:

Die Anfaenge der theologischen Wissenschaftstheorie im 13. Jahrhundert 1976

Rezensent:

Hoffmann, Fritz

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r.23

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 7

524

Alexandriners zu zeigen, wie Apologetik eine legitime
Entfaltung von Theologie sein kann, einer Theologie, die
nichi von vornherein Verzicht darauf geleistet hat, auch
außerhalb ihrer eigenen Voraussetzungen verständlich
zu sein.

Zwei andere Schriften betrachten bestimmte Aspekte
dieser apologetischen Methode, die 1967 in Nijmegen erschienene
französische Arbeit von H. Steneker, Peithous
demiurgia die Bedeutung der rhetorischen Stilmitte]. Die
1971 in Oxford erschienene von W.E. G.Floyd über
Clement of Alexandria's Treatment of the Problem of
Evil stellt dar, wie diese Methode mit einer energischen
Polemik gegen die Gnosis Hand in Hand gehen kann.

Ganz besonderes Interesse aber dürfte die Dissertation
von M. Mees, Die Zitate aus dem NT bei Clemens
von Alexandrien, Bari 1971, verdienen. Mees vermag anhand
von Clemens' NT-Zitaten zweierlei zu zeigen: Daß
Clemens' Text nicht dem sogenannten westlichen Typ
zugeliört und daß der NT-Text schon um 200 in Alexandria
nach den Regeln der klassischen Homerphilologie
redigiert worden ist. Man sieht, von der Textkritik her
sind noch manche Aufschlüsse für das Verständnis des
NT zu erhoffen. Grund genug, die Väterstudien nicht
nur Spezialisten zu überlassen!

Hoffentlich ist es mir wenigstens andeutungsweise
gelungen, klarzumachen, daß der gelehrten Herausgeberin
für ihre entsagungsvolle Arbeit nicht nur von
Patristikern wärmster Dank gebührt, sondern von allen,
deren geschichtliches Interesse nicht durch Kirchturm -
horizonte begrenzt ist.

Naumburg WoIfgnnK Ullmann

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Köpf, Ulrich: Die Anfänge der theologischen Wissenschafts-
theorie im 13.Jahrhundert. Tübingen: Mohr 1974. XII,
310 S. gr. 8° = Beiträge zur Historischen Theologie, hrsg.
v. G.Eboling, 49. Lw. DM 79,—.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht in einer
Untersuchung der wissenschaftstheoretischen Reflexion,
die im 13. Jahrhundert die Theologie in eine neue Phase
ihrer Geschichte führte. Zu den theologischen Sachfragen
kam nun die Frage nach ihrer Methodik, nach der
Eigenart der theologischen Argumentation. So entstand
eine Art Einleitungslehre, die an den Anfang der
Sentenzenkommentare und Summen trat. Die Bezeichnung
„Wissenschaftstheorie" ist freilich modernem
Sprachgebrauch entnommen. Dabei muß bedacht werden
, daß die sich wissenschaftlich begreifende Theologie,
der Scholastik immer in der Nähe und in der Verbindung
zu einer Theologia affectuosa verblieb. Darum ist auch
die von G. Ebeling vorgelegte Definition der Theologie
als ..diszipliniert denkende Rechenschaft über die Sache
des christlichen Glaubens" (G.Ebeling: Theologie. In:
RGG [31962] S. 754) nicht so allgemein anwendbar, schon
gar nicht bis zurück auf Paulus (S. 2). Der wissenschaftstheoretische
Ansatz von Köpf, angeregt durch G.Ebe
ling, ist allerdings durchaus legitim und entspricht einer
geschichtlichen wie modernen Aktualität. Der Verfasser
hält diese Thematik in seiner sorgfältigen und mit reichem
Quellenmaterial belegten Studie konsequent
durch und hat damit einen entscheidenden und bleibendes
Beitrag für die Methodenforschung und die Geschichte
der Theologie geleistet.

1. In der „Einleitung" (S. 1-9) finden wir eine Würdigung
der Arbeit von M. Grabmann über die Methode der
scholastischen Wissenschaft (S.3-4). Köpf will daran anknüpfen
, aber auch weiterführen, besonders durch eine

breitere Quellengrundlage, die aeben Thomas von Aquin
Bonaventura, Alexander von Haies, Albertus Magnus,
Heinrich von Gent auch andere, „oft sehr originelle
Autoren" berücksichtigt, die „von der Forschung ganz
stiefmütterlich behandelt wurden" (S.5). Allerdings
sind die von Köpf herangezogenen Autoren schon seit
einiger Zeit keine ganz unbekannten mehr, wenn sie auch
in wissenschaftstheoretischer Hinsicht hier erst gründlich
vorgestellt werden.

Vf. gliedert seine Darstellung in den zehn folgenden
Abschnitten (2.-11.).

2. In dem zweiten Abschnitt: „Voraussetzungen der
theologischen Wissenschaftstheorie" (S. 10-52) wird zuerst
eine kurze Begriffsgesohiehte des Namens „Theologie
" gegeben. Sodann zeigt Vf., wie die Entwicklung
einer eigenständigen Methode in der Theologie von
mehreren Faktoren abhing: vom Einfluß der Unterrichts
- und Literaturformen (S.30ff); von den benutzten
Quellen (S.36f); von den Erkennt nissen anderer Wissen
Schäften, bes. der Philosophie (S.37ff): Wisscnschnfts-
theoretische Erörterungen gab es ja nicht nur in der
Theologie. Die Impulse dazu reichen weit zurück. „Ein
wichtiges Deuteschema stellt die von Boethius überlieferte
, in viele Wissenschaftslehren aufgenommene Einteilung
der spekulativen Wissenschaften dar" (S.48).
Aber der Kontakt mit den anderen Wissenschaften
hatte auch Konkurrenz und Konflikt zur Folge, besonders
von Seiten der Philosophie, die den Anspruch
auf ihre Eigenständigkeit auf Gebiete ausdehnte, in
denen die Theologie ihre Zuständigkeit nicht aufgeben
durfte (S.41). Für diesen wissenschaftstheoretischen
Konflikt konnten die Errores Philosophorum des Aegidius
Romanus einen anschaulichen Beleg bieten, zumal
daraus die Verbindungslinien der scholastischen „Artisten
" zu arabischen Philosophen zu erspüren sind. Der
Abschnitt schließt mit einem Hinweis auf „Elemente der
Fundamentaltheologie" (S.49-52), die vor allem die
Rechtfertigung des Glaubens und sein Verhältnis zur
Vernunft betreffen. Damit wagt sich Vf. an ein sehr
schwieriges Problem, für das nur vier Seiten zur Verfügung
stehen. Er stellt fest: „Man gelangt im 12. Jh. zu
der Ansicht, eine innere Rechtfertigung des Glaubens
aus der Überzeugungskraft von Glaubensvollzug und
Glaubensinhalt sei unmöglich, und bemüht sich daher
um eine äußere Stützung" (S.50). Es stimmt, daß in der
Scholastik die apologetische Rechtfertigung des Glaubens
immer rigoroser in die externa argumenta verlegt
wurde, am entschiedensten im 14. Jh. Jedoch gegenüber
der Argumentation des Anseimus von Canterbury versagt
diese methodische Zweiteilung, wie es bereits
G. Söhnten in einer Analyse des Proslogions dargetan
hat (vgl. G.Söhngen: Die Einheit der Theologie. München
1952, 24-62; 140-172).

3. Der folgende Abschnitt 3: „Der geschichtliche Ort
der theologischen Wissenschaftstheorie im 13. Jh."
(S. 53-78) dient der Untersuchung der „genaueren Umstände
, unter denen eine solche Reflexion einsetzt, nach
ihren Gründen und nach ihrem Schöpfer" (S.53). Hier
geht es dem Vf. um eine erste Abwägung der Quellen in
ihrer Bedeutung für die wissenschaftliche Reflexion
(S.53-66), den literarischen ,Ort' dieser Reflexion
(S.67ff) und ihre Stelle in der Problemdiskussion
(S.69ff). Die „Verwendung profaner Elemente in der
theologischen Arbeit" haben schon die Kirchenväter
gerechtfertigt (S.51).

4. Tm vierten Abschnitt wird der „Gegenstand der
Theologie" erfragt (S.79 115). eine sehr differenzierte
Thematik! Die Frage kann sich richten auf Gott als
Gegenstand der Theologie, auf die „Struktur" von
„Gegenstand" überhaupt, auf das literarische Material
für den Theologen, wo nun zur III. Schrift und den