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Ausgabe:

1976

Spalte:

512-513

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Untergassmair, Franz Georg

Titel/Untertitel:

Im Namen Jesu 1976

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Seite 1, Seite 2

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511

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang l!)7(i Nr. 7

.M2

Es ist aber ein großer Gewinn, daß eine so engagierte
Auslegung an wichtigen Stellen philologisch sicher fundiert
wird. Die Auseinandersetzung mit der Literatur
durch M. ist umfassend und instruktiv, die breite Anführung
von Sätzen anderer Autoren in den Anmerkungen
vertrüge indessen eine durchgreifende Kürzung. Das
gilt aber wohl z.T. auch sonst, doch zeigen Herder-
Kommentare gegenwärtig häufiger die Neigung zu übermäßigem
Wachstum. Der Prägnanz dient das nicht allemal
, und das gilt auch für den sachlichen Bereich. Im
Kern freilich läßt die Prägnanz des theologischen Verständnisses
des Gal durch M. nichts zu wünschen übrig:
„Paulus will mit seiner im solus Christus begründeten
Sola-fide- und Sola-gratia-Lehre die Menschen zu jener
Freiheit führen, zu der uns Christus nach Gal 5,1 befreit
hat" (S.422); und : „Paulus ist in der Kirche nicht über-
holbar. Zu dieser Überzeugung hat die Auslegung des
Qalaterbriefee den Verfasser endgültig geführt" (S.423).
Um aber einen zugespitzten Satz wie den: „Der Weg des
Glaubens ist an keine andere Bedingung gebunden als
an den Glauben selbst" (S.422) richtig zu würdigen, muß
man beachten, da ß nach M. „Glaube" wesentlich immer
a uch ,fides historica',,Glaube an' und darum ein , Wissen
um'ist " (S. 170 [zu 2,16]). Denn „der rechtfertigende
Glaube hat seinen objektiven Grund in jenem lleils-
geschehen, das unlöslich mit der Person und dem Er-
lösungswerk Jesu Christi zusammenhängt" (ebd.:
„objektbezogener Glaube", S. 195). Daher ist es freilich
keineswegs seltsam (wie M. meint), daß Paulus Gal 1,16
„nicht sagt: Gott hat mir das Evangelium geoffenbart,
sondern ,seinen Sohn'" (S.85 A.0.), wobei natürlich
der Term „Sohn" zur „Tradition" gehört. Folgerichtig
wieder ist für M. „das Evangelium kein bloßes .Sprachereignis
', d.h. ein nur beim,Wort', bleibendes Ereignis,
vielmehr ein Ereignis ,ontologischer' Art. Denn das
Pneuma ist nicht Wort, sondern Sein! Das Evangelium
verkündet also ein Sein" (S.280f.).

Der letzte Satz steht in dem Exkurs „Gesetz und
Evangelium nach dem Galatcrbrief". Die Erfassung des
Schlüsselbegriffes „Gesetz" in ihm dürfte indessen fragwürdig
sein. M. lehnt die Formel „Gesetz und Evangelium
" selbst ebenso wie ihre Umkehrung ab und meint
„von ,Gesetz und Evangelium' kann eigentlich nur noch
im Hinblick auf das mosaische Gesetz gesprochen werden,
und darüber lehrt Paulus, daß dieses Gesetz durch das
Evangelium endgültig abgetan ist" (S.287)2. Damit aber
dürfte die Einheit Gottes in Frage; gestellt sein. Und
wenn ich versuchen will, einem Satz wie dem (zu 2,21)
einen Sinn abzugewinnen: „Paulus stellt mit V 21 ein
Entweder-Oder auf: Entweder Gesetz oder Evange
lium ! Aber er stellt dieses Entweder-Oder im Gal für die
Christen, nicht für die Juden auf!" (S. 184), dann gelingt
(bis nur in der gleichen Richtung. M. verneint denn auch
jede Verbindung zwischen dem „Gesetz" und dem „Gesetz
Christi" (S. 280 wird noch eine analogia nomin um zugestanden
, S.286 auch diese zurückgewiesen). Schließlich
will mir scheinen, daß die Verkennung des Tatbestandes
, daß Paulus die „Insuffizienz des Gesetzes"
(S. 191 ff.) zunächst allein aus der Evangeliumsoffenbarung
und der durch sie erschlossenen Schrift erkennt
(vgl. Rom 1,18); zu Gal 3,11 (vgl. M. S. 228.336!), ebenfalls
damit in Zusammenhang steht.

Der Exkurs 6 „.Heilsgeschichte' oder y»«'/r;?" (S.334
bis 341) stellt m. E. eine ganz falsche Frage. Die Antwort
, daß Paulus „zeitlich und von der yvmprj her, aber
nicht ,heilsgeschichtlich'" denkt (S.341) widerspricht
im übrigen sonstigen Aussagen von M. direkt, z.B.
S. 73: Paulus stellt das soteriologische Heilsgeschehen
in Christus „in den größeren Rahinen der ,Heilsge-
sehichte'", oder S.370: „Paulus denkt auch in der
Ethik ,heilsgeschichtlich' "3.

Die Darstellung und Analyse der geschichtlichen und
theologischen Verhältnisse, die in Gal 1 und 2 zur
Sprache kommen, sind weitgehend überzeugend. M.
identifiziert die Verhandlungen, von denen Gal 2,1 ff
berichtet, mit denen, die Act 15 zum Gegenstand hat.
Mir scheint freilich auch aus der Situation des Gal insgesamt
sowie aus Gal 2,3f.7 insbesondere sicher hervorzugehen
, daß die Beschneidungsfrage bei den Jerusalemer
Verhandlungen eine entscheidende Rolle spielte. Das
l'rteil, in der Urkirche habe theologisch Paulus gesiegt
(S. 127 A.131 ; S. 132 A.16), ist allerdings wohl zu einlach
; die Halt ung des Paulus auf dem Apostelkonzil, im
„antiochenischen Zwischenfall" und im galatischen
Konflikt ist jeweils durchaus differenziert und jeweils
eine überaus geschärfte Antwort auf scharfe Fragen aus
bestimmten geschichtlichen Situationen. Sehr aufschlußreich
ist, wie M. Petrus an die Seite des Paulus rückt und
(durch Art) gerückt sieht. Ebenfalls aktuelle und überraschende
Bedeutung dürfte die Bemühung um die Beurteilung
des Petrus und seines Verhaltens nach Gal
2,11 ff haben (S.156f): Petrus hat in Antiochien gegen
seine bessere Einsicht gehandelt; er hat also nicht in
Sachen Lehre geirrt, sondern er hat seine theologische
Überzeugung verleugnet, also geheuchelt. Damit wäre
allerdings auch dem Konflikt selbst die scharfe theologische
Bedeutung genommen.

Es wäre gewiß noch manches zu diesem wichtigen
Kommentar zu sagen und zu fragen. So überzeugt die
S.205 begründete Zusammenfassung von 3,1-6,10 zu
einem Abschnitt nicht und widerspricht dem Einsatz der
Behandlung von 5,13-6,10 auf S.364 (dieser Widerspruch
hat auch in dem Inhaltsverzeichnis seinen Niederschlag
gefunden); auch die Zusammenfassung von
3,19-4,7 zu einem Abschnitt, S.243f, ist problematisch.
Das alles aber kann nicht das Urteil aufheben, daß M.
einen wichtigen Kommentar vorgelegt hat, dessen
gründliches Studium reichen Gewinn bringt.

Halle (SMle) Traugott Holtz

1 S.10 niuD c» dreimal l>ci der IScstiuiuiung von 2 Km II btW. A itatt
,,l Kur" hei Heu „2 Kor".

2 Zu der Behauptung, eint« Rabbi neu redeten von einer neuen Thora
in der messianiseben Zeil vgl. I'. Schäfer, Die Tonil] der messianisebeu Zell.
ZNVV 05, 1974, 27-42.

3 Zu dein Ranzen Exkurs f> vul. den üticrzeugcnden Aufsatz von W.U.
Kümmel, Heilsgcschichtc im Neuen Testament?, in: JNeues Testament und
Kirche, FS Schnackenburg, 1974, 8.434-457.

Untcrgaßruair, Franz Georg: Im Namen Jesu. U«r Namen*'
begriff im Johannenevangelinm. Mine exegotisch-idigioiis-
goschicht liehe Studio zu den johanneischen Namcnsans-
sagen. Stuttgart: Verlag Katholisches Uibelwerk - VVür/,-
burg: Echter [1974]. 378 S. gr. 8 ° == Forschung zur Bibel,
hrsg. v. R. Schnackenburg u. J. Schreiner, 13.

Die „teilweise überarbeitet(e)" (5) Würzburger
Dissertation (Promotor: R.Schnackenburg) bietet nach
Skizzierung der Forschungsgeschichte und der Methode
des Vf.s zunächst in Teil I ausführliche Exegesen der
acht bzw. zwölf Stellen, an denen im Joh.-Ev. vom
Namen des Vaters bzw. des Sohnes die Hede ist, im
Kähmen ihres Kontextes und unter weitgehender Verarbeitung
der Literatur oder in Auseinandersetzung mit
ihr (27-187). Entscheidend an dem Gebrauch des Wortes
ist für den Vf. seine Ausrichtung auf die Offenbarung in
Jesus - auch wenn in seiner Verwendung unterschiedliche
|iel<te in den Blick kommen können . ., ,< InonH
lic/.eichnct den Inhalt der Offenbarung" (210, /.u I7.<>)-
„Der Name des Vaters" meint den Vater, insofern er sich
offenbart1. Die Wendung „im Namen des Sohnes" stellt
den Bezug auf dessen Offenbarungswerk her2, das im
Emu Vollendet wird (152). An den Nninen Jesu glau-