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Ausgabe:

1976

Spalte:

470-471

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Cantate Domino 1976

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 6

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teurs culturels encore avaient depuis longtemps mis le Seilschaft kommen kann, dergestalt, daß er zu einer

sens de la celebration sous le boisseau de complexes et de fortgesetzten Selbstprüfung und so zu einem würdigen

deformations" (17). Daran hat sich im Grunde wenig ge- und opferbereiten Leben führt.

ändert: Man ist von einem Ensemble von Texten und Nachdem an den obengenannten Komplexen der Lit.
Rubriken zu einem anderen übergegangen; man tat es, die bisherigen praktischen Ergebnisse der Neugestaltung
weil man dazu verpflichtet war oder weil man eine ge- in Afrika aufgezeigt sind, zieht Kap. VIII das Gesamtwisse
Überlegenheit gegenüber dem Bisherigen festzu- ergebnis. Art. I begründet, in welcher Hinsicht bei die-
stellen meinte (nach des Vf. Uberzeugung zwar „eine ser ganzen Arbeit das Ziel einer „Inkarnation" des Chri-
lebendige Sprache, aber kein lebendiges Feiern, ein kür- stentums im afrikanischen Volksleben zu verwirklichen
zeres Brevier, aber nicht ein glühenderes Beten" u. a.). ist: Deren Bedingung ist ein Verstehen des gesellschaft-
Vf. sieht die geringe Wirkung der lit Dokumente vor al- lichen Bereichs in der Dritten Welt in seiner religiösen
lern auch im Kontext der schweren Glaubenskrise, die Dimension, und das führt gegenüber der europäischen
der okzidentalen Christenheit gegenwärtig zu schaffen Kultusreform zu ganz anderen, vielfach entgegengesetzmacht
; ihre Zeichen sind für ihn die Theologie vom ten Folgerungen. Art. II, Begegnung mit Gott, weist zu-
„Tode Gottes" und der Verlust der Vertikale des Glau- erst nach- inwiefern man auch in Afrika von einem
bens, ohne die Gebet und Lit. nicht möglich sind, zugun- "Streit um Gott" (contestation de dieu) sprechen kann,
sten eines einseitigen Engagements des Glaubens nur in In dessen Perspektive gilt es aber, in Afrika den wah-
der Horizontale. Wären die Absage an das kirchliche und ren Kult als Begegnung zwischen Gott und Mensch wiegesellschaftliche
„establishment", der Ruf zu wirklicher derzuentdecken. Die Lit. muß in ihrem eigentlichen We-
Bekehrung und eine dem Evangelium gemäßere Konzep- sen begriffen werden: „c'est l'homme en quete de Dieu
tion für das Leben von Christen in den neuen Dokumen- avec ses freres et Dieu en quete de l'homme par son Fils
ten auch zu ihrem Ausdruck gekommen, könnte man mit dans le Saint-Esprit" (171). Die beiden so paradoxen
ihnen der tiefgreifenden Glaubenskrise wirksamer be- Aspekte der Transzendenz und der Immanenz Gottes
gegnen. Sehr unterschiedlich gegenüber dem Okzident müssen sich in der Lit. begegnen: „II ne s'agit pas, au
und viel differenzierter gestaltete sich nach Art. III die sens strict> d'une 'Uturgie ä la taille de l'homme-, mais
Aufnahme der Dokumente in der Dritten Welt. Durch d'un culte Pleinement humaine ä la taille de Dieu" (175).
ihren so ausgesprochen okzidentalen Charakter haben Im kurzen Schlußabschnitt „Suggestions finales" erkennt
sie ein Gefühl des Unbehagens wachgerufen. Der reli- Vf-> daß die anstehenden Aufgaben nur auf der vertief-
giöse Sinn des Afrikaners beurteilt z.B ihre Tendenz zur ten theologischen Basis des Ostermysteriums und der
Vereinfachung als Verarmung. Es bedarf also einer nach eschatologischen Dimension geleistet werden können,
afrikanischen Maßstäben würdigen und totalen Anpas- weil nur beide verpflichten können, immer unterwegs zu
sung (adaption). Angesichts des in ganz Afrika wachsen- bleiben (s. 176). Für die Marschrichtung werden zum
den Wissens um die Werte der eigenen ererbten Tradi- Schluß Richtlinien gegeben. -

tion mit dem Ziel einer eigenständig zu entwickelnden Bei der in diesem Buch aufgewiesenen hohen Bedeu-

Kultur etwa im Bereich der Musik, der Literatur der tun§ des Kultes für ein Einwurzeln des Christentums in

sozialen Formen bedeutet solche Anpassung eine konpli ■ Afrika wird das vorliegende Werk einen wichtigen

zierte Aufgabe. In ihr kann es nicht um Lit. im Sinn Dienst, auch über die eigene Konfession hinaus, zu lei-

eines Ensembles von Formeln und äußerlichen Vorschrif- sten berufen sein.

ten gehen, sondern man will Kult als Ausdruck eines GreUswald William Nagel
Volkes, welches im Gebet seinem Gott begegnet und seine
Lit. schafft, indem es von der tiefen Erfahrung solcher

Begegnung ausgeht. Dabei sind die beiden Grundge- Cantate Domino. Ein ökumenisches Gesangbuch. Neue
Sebenheiten das Erbe des Herrn, das nicht länger mit Ausgabe, veröffentlicht im Auftrag des ökumenischen
dem ritus Romanus identifiziert werden darf, und die Rates der Kirchen. Kassel—Basel—Tours—London: Bä-
einheimische Kultur; außerdem wird eine vertiefte renreiter Verlag [1974], XXIV, 379 S. 8°. Kart. DM 19,—.
Kenntnis ostkirchlicher lit. Tradition diese als mit den „Cantate Domino" war ursprünglich das Liederbuch
Aufgaben in Afrika verwandt erweisen, vor allem auch des christlichen Studentenweltbundes und wurde in des-
n deren Konzentriertsein auf das Ostergeschehen. Ech- sen Auftrag redigiert und herausgegeben. 1924 erschien
tes Feiern als Zentralanliegen neuer Gestaltung erfor- es zum ersten Mal; Neubearbeitungen folgten 1930 und
aert vor allem, „qu'on se sente libre dans le cadre pres- 1951 (dje letzte mit 120 Liedern). wie phHip Potter
ww, comme jouant le Jeu Sacre devant la face de dieu - selber damals Vorsitzender des Studentenweltbundes -
■I dans son style; qu'on sache diriger le culte de la com- in seinem Geleitwort schreibt, sah sich der Bund zu Be-
munaute si c'etait son oeuvre (car il est en veritc) et cela ginn der 60er Jahre nicht mehr in der Lage, eine wei-
en beautü et dignite et avec un sens aigu du sacre; qu'on terC) dringend erwünschte Neuauflage herauszubringen;
Jche de disparaitre devant le mystere de la presence de er übergab das Projekt dem ökumenischen Rat der Kir-
Uieu en respectant aussi bien l'esprit propre de la Parole cheri) der 1968 mit den Vorarbeiten für eine Neuausgabe
et du Sacrament que la piete des gens, sans heurter ni begann. Die Verantwortung lag dabei letztlich in den
un ni l'autre; qu'on se sente parfaitement ä l'aise dans Händen eines Redaktionskomitees, dem u. a. Erik Rout-
e cadre des prescriptions, toutenles viviflantdeparl'in- iey (ais Vorsitzender), Dieter Trautwein, Erich Wein-
erieur, dans une grande foi et, donc, en les adaptant aux gärtner, Konrad Raiser, Joseph Gelineau, Dimitri Stefa-
'tuations concretes" (23). Doch dazu bedarf es Men- novic, Fred Kaan und Doreen Potter angehörten. Erklärten
, die im Gebet leben und sich zugleich helfen lassen tes Ziel der Arbeit war, „ein neues internationales Ge-
Ufch eine diesen Aufgaben geöffnete gesunde Theologie. sangbuch herauszubringen, das viele Experimente und
daraus ergibt sich eine zentrale Bedeutung der Klöster, neue Sing- und Spielarten vorstellt". So entstand denn
wie das Beispiel des vom Vf. geleiteten Klosters er- ein ökumenisches Liederbuch, das sich in mancher Hinweist
. Nur wenn Menschen da sind, die sich fortgesetzt sieht von seinen unter dem gleichen Namen erschienenen
durch Bekehrung weg von sich selbst rufen lassen, kann Vorgängern unterscheidet: Nicht nur, daß die Zahl der
^s zu einem „Volk unterwegs" kommen, einem durch Lieder bzw. Gesänge auf 202 vermehrt wurde; nicht nur,
°stern in Marsch gesetzten Volk, welches zugleich dieser daß sich „neben den traditionellen Liedern auch eine
entscheidenden Dimension in ihrem Kultus zur Gestal- Reihe von antiphonischen Gesängen und volkstümlichen
tung verhelfen kann. Schließlich geht Vf. auch darauf Liedern" finden; nicht nur, daß die Zahl der beteiligten
ein, wie es zu einer Bezogenheit des Kultus auf die Ge- Sprachen und Kulturen erheblich vermehrt und gleich-