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Ausgabe:

1976

Spalte:

467-470

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Luykx, Boniface

Titel/Untertitel:

Culte chrétien en Afrique après Vatican II 1976

Rezensent:

Nagel, William

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 6

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gen könnte. Es bleibt in vieler Hinsicht instruktiv und ist
immer anregend. Das gilt etwa von den Skizzen über die
Erwachsenenbildung bei den religiösen Sozialisten E.
Fuchs, L. Ragaz, E. Blum und C. Mennicke — obwohl
man sich wünschte, sie wären in ein Gesamtbild der
Volksbildungs- und Volkshochschulbewegung ihrer Zeit
eingezeichnet worden. Das gilt auch vom Methodenkapitel
. Das gilt vor allem vom Kapitel „Beispiele kirchlicher
Erwachsenenbildung", das die Hälfte des ganzen
Buches ausmacht. Darin wieder ist besonders lesenswert
die umfangreiche Dokumentation einer Gemeindewoche
zum Thema „Alt wird jeder" aus der Hamburger Par-
ochie des Verfassers (95—120). Die im 4. Kapitel begründete
teilnehmerorientierte und konfliktverarbeitende
Methode wird hier in interessanten Beispielen greifbar.
Dennoch muß hier noch einmal ein grundsätzlicher Einwand
geltend gemacht werden:

Die Gemeindewoche schließt mit einem Gottesdienst.
Er soll — wegen Überlastung der Mitarbeiter — ..in gewohnter
Form noch einmal die gewonnenen Einsichten
und Ergebnisse zusammenfassen" (116). Die Predigt über
Jes 46,3—5.8—13 ist abgedruckt. Was aber liest man?
Einen zeitkritischen Vortrag zum Thema ..Altern", in
den gegen Ende die Verlesung des zuvor nie berührten
langen Textes eingelagert ist, die dann Sprungbrett wird
für einen allgemein-erbaulichen Abschluß mit dem Thema
„Gottes Weite durchbricht die Enge unserer Ängste".
Warum dann überhaupt der Text? Warum nicht nur
mottohaft „Ja, ich will euch tragen ...'"! Oder grundsätzlicher
gefragt: Warum der blanke Verzicht, Exegese
für die Predigt fruchtbar zu machen — und das
bei einem Text, der auch dort, wo das berühmte
Motto steht, randvoll ist von situationsgebundener
Erfahrung und Erwartung, also von „reflektierter
Geschichte" ? Soweit Bericht und Dokumentation es
erkennen lassen, spielt biblische Botschaft explizit in
der gesamten Gemeindewoche erst beim abschließenden
Gottesdienst eine Rolle, und dann diese kümmerliche!
Kirchliche Erwachsenenbildung, die bibelabstinent bliebe
, ließe ihre beste Bildungschance fahren.

Petershagen bei Berlin Jürgen Henkys

LITURGIEWISSENSCHAFT

Luykx, Boniface, O. Praem.: Cultc chrctien cn Afriquc
apres Vatican II. Immensee: Nouveile Revue de
science missionnaire 1974. 190 S. gr. 8" = Neue Zeitschrift
für Missionswissenschaft, hrsg. vom Verein zur
Förderung der Missionswissenschaft Immensee, Sup-
plementa Vol. XXII. sfr. 26.-.

Die Liturgiekonstitution des Vaticanum II hat mit
ihrem Art. 37 die Lit. (= Liturgie) grundsätzlich für das
geistige Erbe aller Völker geöffnet. Dies Buch zeigt eindrucksvoll
, zu welchen Ergebnissen entsprechende Bemühungen
im mittleren Afrika, nämlich in der Republik
Zaire, inzwischen geführt haben, und begründet diese
sowohl theologisch wie anthropologisch. Der seit über
einem Jahrzehnt in Afrika lebende Vf., Professor für Liturgiewissenschaft
an der Universität Lovanium in
Kinshasa, darf wie kaum ein anderer dafür als Sachkenner
gelten: Er gehörte der das Konzil vorbereitenden
Lit.kommission sowie dem danach eingesetzten Consi-
lium als Vertreter Afrikas an unt hat das lit. (= liturgische
) Leben in Zaire bis zur Gegenwart, zumal auch als
Prior eines für lit. Erprobung zentralen Klosters, entscheidend
beeinflußt, sich auch an der Schaffung einheimischer
religiöser Musik beteiligt. Zugleich bezeugen
zahlreiche Veröffentlichungen seine anthropologische
Forschungsarbeit in Afrika. Wenn Vf. auch nur über die
in Zaire geleistete Arbeit Rechenschaft gibt, „wo ein

junges und lebendiges Christentum sich in eigenen Formen
auszudrücken sucht", so erwuchs doch all dieses
Neue zugleich im Kontakt mit anderen Ländern Afrikas
und der Dritten Welt und speziell unter den Voraussetzungen
der Bantu-Kultur. Das Buch bringt also die Stimme
der Dritten Welt zu Gehör, für die hinsichtlich der
Ausführung der Lit.konstitution so gut wie alles noch
zu tun bleibt, da die bisher veröffentlichten lit. Bücher
nur aus einseitig okzidentaler Sicht dem Erneuerungswillen
Rechnung tragen. Die Rückkehr zur alten römischen
Tradition widerspricht vielmehr afrikanischem
Wesen völlig; man empfindet hier eher eine gewisse Nähe
zur ostkirchlichen Tradition wie etwa zur äthiopischen
„Anaphora der Apostel". Vor allem beeindruckt an
diesem Bericht, mit welcher Leidenschaft geradezu eine
„Inkarnation" des Christentums in afrikanischer Wesensart
erstrebt wird und in welchem Umfang es bereits
in theologischer Auseinandersetzung mit der westlichen
Tradition zu eindrucksvollen Neugestaltungen gekommen
ist. In dieser Verfremdung schärft sich übrigens jedem
, dem es um eine Erneuerung des gottesdienstlichen
Lebens im Abendland geht, der Blick für manch eigenes
Problem und mögliche Wege der Lösung.

Vf. stellt im I. Kap. (Les nouveaux documents romains
et l'accueil qui leur a ete' fait) die Grundproblematik
dar, wie sie in der Spannung zwischen den für die Lit.-
erneuerung in Auswirkung des Vaticanum II maßgebenden
römischen Dokumenten und ihrer Aufnahme einerseits
im Okzident, andererseits in der Dritten Welt zutage
trat. Die einzelnen folgenden sechs Kapitel weisen
diese Spannung an Lit.komplexen auf und zeigen, zu
welchen praktischen Folgerungen, theologisch und anthropologisch
begründet, die bisherige Arbeit daran geführt
hat. Es werden nacheinander behandelt: das Kirchenjahr
(Le Calendrier), das Lektionar (Le Lection-
naire), das Stundengebet (Liturgie des Heures), die Eucharistie
(L'Eucharistie), die Aufnahme in die Kirche
(Initiation chretienne), die Weihe einer Kirche (Conse-
cration de l'eglise). Das Schlußkapitel VIII faßt die Ergebnisse
zusammen. Eine dem I. Kap. vorausgeschickte
kurze Einleitung (Presentation) macht mit den sachlichen
und persönlichen Voraussetzungen des Buches bekannt.

Rez. kann hier nur auf das Einführungs- und das
Schlußkapitel eingehen, so interessant auch immer wieder
die konkreten Einzelprobleme und deren Lösungsversuche
sind. Art. I des Kap. I stellt zuerst die Richtlinien
dar, wie sie in den lit. Dokumenten des II. Vaticanum
vorliegen, den nach Meinung des Vf. wichtigsten Ergebnissen
des Konzils, und befaßt sich dann mit der Arbeit
zu deren Durchführung. Radikaler Reformwille unter
dem Gesichtspunkt der aktiven Teilnahme der Gläubigen
am Kult und das Prinzip der Dezentralisation durch
Übertragung von Vollmachten in liturgicis an die Bischofskonferenzen
sollten leitend sein, begegneten aber
in ihrer Durchführung zunehmenden Hemmungen, ja
schon die Lit.konstitution selbst ist nicht im gleichen
Maß wie spätere Konzilsdokumente vom Willen zum
Fortschritt geprägt. Jedenfalls muß der Vertreter der
Dritten Welt die neuen lat. Bücher als rein okzidental
konzipiert und von recht diskutablen Wünschen bestimmt
beurteilen. Im Art. II (Aufnahme der Dokumente
) stellt Vf. fest, daß sie deshalb in den meisten Ländern
mit Enttäuschung und Kritik aufgenommen wurden. Er
geht deren Motiven zuerst in der westlichen, dann in der
Dritten Welt nach: Im Westen war der psychologische
Moment durch zu lange Verzögerung der Durchführung
verpaßt; die lit. Bewegung hatte bereits ihren Elan eingebüßt
, auch fehlte es den neuen Ordnungen „de goüt
pour la celebration et d'esprit pour l'organiser. L'esprit
cartesien, le sens juridique et legaliste, la hantise de l'ef-
fleience, la perte du sens de la gratuitc, le ref us de la piete
populaire dans le culte officiel, tout cela, et d'autres fac-