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1976

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Kirchengeschichte: Neuzeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 6

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41959 doch noch nicht ganz vergessen sein!), sieht sich im
Jedinschen Handbuch auf mehr als dürftige Notizen beschränkt
. Und wie kümmerlich ist schließlich — ausgerechnet
— die Geschichte der protestantischen Frömmigkeit
und Spiritualität ausgefallen, obwohl doch gerade
hier für katholische Autoren alle möglichen Anknüpfungspunkte
gegeben wären! So wird z. B. Johann Arnd
auf S. 602 von W. Müller als protestantischer Erbauungs-
schriftsteller zwar kurz erwähnt, aber — schon vorher —
auf S. 476 von Cognet als „Pietist" bezeichnet. Umgekehrt
scheint selbst eine so tiefgreifende Erscheinung wie
Jakob Boehme (vgl. H. Bornkamm, Luther und Boehme,
1925) für das Handbuch überhaupt nur in einzelnen Anhängern
zu existieren (S. 469ff.); eine Darstellung seiner
selbst fehlt. Gänzlich indiskutabel ist schließlich die
Darstellung des Pietismus, also der bedeutendsten protestantischen
Frömmigkeitsbewegung diesseits von Luther
überhaupt. Zwar wird J. Wesley — freilich nur er — im
Zusammenhang der englischen Spiritualität von P. J.
Corish auf mehreren Seiten (S. 472 ff.) besprochen, aber
wenn dann die eigentlichen Väter des Pietismus, also
Spener, Francke, Zinzendorf, Arnold, Terstegen, erst
über 100 Seiten später (!!) auf einer einzigen Druckseite
(S. 587f.) nachgetragen werden, wenn die Wegbereiter
dieser Bewegung, also Voetius, Labadie usw. vollständig
übergangen, weil unbekannt sind (nur Poiret wird im
Zusammenhang mit dem Quietismus mehrfach erwähnt),
so kann von einer „zuverlässigen" Unterrichtung (so Je-
din in Band I, S. VI) im Ernst nicht mehr die Rede sein.
Vielmehr zeigt sich in solcher Unterbelichtung, daß die
Kenntnis des nachtridentinischen Protestantismus auf katholischer
Seite (mit der Reformation steht es anders)
noch immer weit geringer und der geistige Weg zwischen
Protestantismus und Katholizismus noch immer viel weiter
ist, als es scheint und wir alle es heute gern wahrhaben
wollen. Es wird noch mancher Bemühung bedürfen
, bis die getrennten Konfessionen einander wirklich
„kennen" werden.

Addenda et Corrigenda (soweit sie mir aufgefallen
sind): S. 12, Z. 19: Johanna von Chantal sollte mit dem auch in
Bd. IV, S. 588 u. 603 gebrauchten bekannteren Vornamen Franziska
genannt werden. - S. 38, Z. 3 muß lauten: Septuagesimae. -
S. 64, Z. 9 muß lauten: vgl. Kap. 19. - S. 65 wird P. Hazards
Werk nur mit französ. Titel genannt, die deutsche Übersetzung
erst S. 368. - S. 276 ff. fehlt die Berücksichtigung des Standardwerkes
von H. Boehmer, Die Jesuiten, s1957. ebenso fehlt In Kap. 17
(Die Aufklärung) irgendein Hinweis auf das Standardwerk von
E. Hirsch (O. Köhler), auf das aber W. Müller. S. 585. verweist. -
S. 475, Z. 21 muß die Zahl lauten: 1738. - S. 476, Z. 12 v. u. lies:
Arnd. — S. 553/Anm. oberste Zeile, lies: nach und nach. - S. 588.
Z. 12: Arnolds Unparteiische Kirchen- und Ketzerhislorie erschien
1699-1700. - S. 618 fehlt bei der Überschrift zu Benedikt
XIV. die Jahresangabe: 1740-58. - Wie schon in früheren Bänden
so weist auch diesmal das - übrigens erfreulich umfangreiche -
Register noch zahlreiche Lücken und Ungenauigkeiten auf. Ich
notlere folgende zusätzliche Stichworte bzw. zusätzliche Seitenangaben
: Amortisationsgesetz (das Wort wird nicht erklärt!).
S. 192 u. 542; Annaten (etc.) S. 167; Ablaßwesen. S. 588: Arnd.
Joh. S. 476; Aufklärung (kath.) S. 490, 493. 544 f.. 577 Anm. 3; Augustinismus
S. 36f.; Atheismus S. 377f. und 384 : Böhmische Brüder
(nur genannt, nirgends erklärt) S. 474 ff.; Calvin S. 47: Calvinismus
S. 44, 98, 234. 249. 382. 389. 477 (zwischen den Stichworten
.Calvinismus', .Reformierte' und .Hugenotten' fehlen die hier nötigen
Querverweise), v. Chantal (s.o.) S. 12: Cromwell. Oliver
S. 667 (wird im Register von Bd. IV. S. 694 mit dem Lordkanzler
Thomas Cromwell unter Heinrich VIII. kontaminiert!): Deismus
S. 522; Dogmengeschichte S. 583 (das Thema hätte natürlich auch
bei Petavius, S. 111 u. 113 angesprochen werden müssen: überhaupt
ist die Schilderung der kath. Patristik des 17. Jh., insbesondere
der Maurlner denkbar unproflllert ausgefallen : man vgl.
etwa Droysen, Historik "1974, S. 109 - Mablllon contra PaDebroch
u.a.m.); Empirismus S. 382 U.B,; Ernst August, evang. Pseudo-
bischof von Osnabrück S. 177; Febroninnlsmus S. 489: Freimaurerei
S. 382; Gesellschaft Jesu (Jesuiten) S. 30. 489 f. 528. ihre
Aufhebung S. 542; Hexenaustreibung (zu Hexenwahn) S. 7 (das
Thema ist viel zu sehr an die Seite geschoben): Herz-Jesu-Kull
S. 585; Hugenotten S. 21: Jansenismus S. 23. 98ff. 135. 144. 204.
488ff.. 513fC.. 518, 623. 628. in Italien S. 398: Jus circa Sacra S. 552
u.ö.: Kant. I. S. 578: Kongregationen ..De auxillls" S. 27 vgl. S. 44.
werden auch in Bd. IV, S. 572 nicht erklärt, vgl. dagegen K. Müller
KG H/2 S. 379; Inaulsltion S. 808 gehört zu Inquisition in Indien
(Goa). s. dazu S. 313: Labadie S. 556 Anm. 4. fast alle dort
genannten Namen fehlen im Register; Latitudinarlsmus S. 470:
Laxismus S. 59. 140. 144: Materialismus S. 382: Mystik S. 577 u.ö.;
Mollnos S. 102 und 141 sind unglücklich getrennt, s. Müller a.a.O.
S. 405ff.: Pastoraltheologte S. 591: Pfarrscelsorge S. 660: Pombai
S. 301 (der in dem Band so oft genannte Staatsmann gewinnt nirgends
ein wirklich Diastisches geistige«! Profil): Puritaner s 4"'" u
476; Nepotismus S. 76, 131, 167, 553; Paraguay S. 270; Pietismus

S. 104; Quartierfreiheit (nirgends erläutert) S. 126 u. 134; Quesnel
B. 100f.; Reichsdeputationshauptschluß S. 538: Ricci, Matteo wird
S. 331 bereits vorausgenommen, aber erst S. 335f. vorgestellt; sein
geistiges Prodi — Frage der Uroffenbarung! — fehlt; der bedeutsame
Ritenstreit, S. 321, (vgl. Bd. IV, S. 630, dazu das obengenannte
Werk von Boehmer), den H. Beckmann zur bloßen „Ritenfrage
" entschärfen will (S. 335) wird S. 337 von ihm selbst wieder
„Ritenstreit" genannt; Rousseau S. 24; Rosenkranz S. 203: Regalts-
mus S. 259ff.; Salier J. M. S. 178 Anm. 68: Seminare S. 7, 24 ff..
176 ff., 189. 205, 307 ff., 336 ff. j Spiritualität S. 18, 23, 32, 50, 56, 80,
107f., 203f.. 247, 273, 453; Staatsräson S. 14; Stolgebühren S. 175;
Testakte S. 347: Urkirche (ecclesia primitiva) S.473. 514. 564f., 585:
Uroffenbarung S. 404 ; Xaver, F. S. 374; Zegers S. 30; v. Zinzendorf
S. 47G. Allgemein ist schließlich zu sagen, daß bei den ins Deutsche
übersetzten fremdsprachigen Beiträgen, insbesondere bei
Cognet, die deutsche Formulierung wahrscheinlich nicht immer
genau den Sinn der vom Vf. intendierten Aussage trifft.

Erlangen _ Karlmann Beyschlag

Brecht, Martin: Für eine geistliche Theologie. Zur Theologiekritik
des Pietismus, dargestellt an den Reformforderungen
Philipp Jakob Speners (Una Sancta 30,
1975, S. 313-325).

Goltzen, Herbert: Ora et labora. Wilhelm Thomas zum
80. Geburtstag (Quatember 40, 1976 S. 29-38).

Hornig, Gottfried: Lehre und Bekenntnis im Kulturprotestantismus
(StTh 29, 1975 S. 157-180).

Hüttel von Heidenfeld, Konrad: Leonhard Ragaz (ZdZ
1975 S. 433-435).

Leinweber, Winfried: Der Streit um den Zölibat im 19.
Jahrhundert (StZ 100, 1975 S. 760-772).

Smylie, James H: On the Making of Many Bicentennial
Books (AThR 57, 1975 S. 288-306).

Volk, Ludwig: Pater Rupert Mayer vor der NS-Justiz.
Zum 100. Geburtstag des Münchenor Männerseelsorgers
am 23. Januar 1976 (StZ 101,1976 S. 3-23).

Wolf, Hans Martin: Dreihundert Jahre Pia Desideria.
Schicksal eines Programms (DtPfrBl 75, 1975, 552—553).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Fischer, Klaus: Der Mensch als Geheimnis. Die Anthropologie
Karl Rahners. Mit einem Brief von Karl Rahner
. Freiburg—Basel—Wien: Herder [1974]. 420 S. gr. 8°

= ökumenische Forschungen, hrsg. v. H. Küng u. J.
Moltmann unter Mitarb. v. E. Jüngel u. W. Kasper. II.
Soteriologische Abt. Bd. V. Lw. DM 49,—.

Diese Karl Rahner zum 70. Geburtstag gewidmete und
durch einen Brief Rahners (S. 400—410) gekrönte Studie
lag in ihrer ersten Fassung der Theologischen Fakultät
des Instituts Catholique de Paris als Dissertation vor. In
ihr ist das umfangreiche Werk Rahners weit über dessen
anthropologische Implikationen hinaus umsichtig und
besonnen aufgearbeitet.

In einem ersten Teil geht Fischer dem „spirituellen Ursprung
" der Rahnerschen Anthropologie nach (S. 19—80).
Aus den Ignatianischen Exerzitien erwuchs für Rahner
das „Urerlebnis" menschlichen Verwiesenseins auf den
stets größeren Gott. Vor allem O. Karrer, E. Przywara,
H. Bremond und A. Steger führten Rahner in den mystischen
Ignatius ein, dessen Glut sie unter der barock -
scholastisierenden Aszetik freilegten. Diesen mystischen
Ansatz gestaltete Rahner aus in seinen Aufsätzen zur
Herz-Jesu-Frömmigkeit (S. 45ff.), worin er das „Herz"
als Chiffre für die Ek-sislenz des Menschseins wie für
die Trans-zendenz des Geistes und damit als den „Ort...,
an dem das Geheimnis des Menschen übergeht in das Geheimnis
Gottes" (Schriften zur Theologie, Bd. VII, S. 485),
umschreibt. So kreist Rahners Besinnung lebenslang um
jene „Erfahrung, daß Gott des Menschen Herz öffnet,
über ihn liebend verfügt, ihn zu einer bestimmten Le-
bensentscheidung drängt, und ihm darin sein Heil als
ein vorher verborgenes ,ent-birgt' oder offenbart, ihm
aber damit Geborgenheit aufgrund des Einverständnisses
mit Gott und mit sich selber schenkt" (S. 54). Menschsein
vollzieht sich deshalb zutiefst als ein Sich-Zurück-