Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1976

Spalte:

423

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Surburg, Raymond F.

Titel/Untertitel:

Introduction to the intertestamental period 1976

Rezensent:

Schneider, Carl

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

423

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 6

424

verschiedene Haltung im ganzen durch die politische Situation
beeinflußt ist (13).

Auch diese präzis gestalteten Aufsätze des Vis. bereichern
und korrigieren das Bild des Judentums insbesondere
der Zeit vom 2. Jh. v. bis zum 1. Jh. n. Chr. wesentlich
. Nicht nur in den umfassenderen Abhandlungen sind
sie für den Theologen bedeutsam, der die Anfänge des
Christentums im Rahmen seiner Umwelt zu verstehen
bemüht ist.

Halle (Saale) Gerhard Delling

1 I, Cambridge 1970, 199-231.532.
! Oxford »1967, 310-328.

3 Die Frage der Bedeutung des Ausdrucks in Judentum und
Neuem Testament ist inzwischen neu behandelt in G. Vermes, Jesus
the Jew, London 1973.

Surburgr, Raymond F.: Introduction to the Intertcsla-

mental Period. St. Louis—London: Concordia Publishing
House [1975]. 197 S. gr. 8°. Lw. $ 8.95.
Dieser kurze, oft nur stichwortartige Leitfaden der jüdischen
Geschichte und Religionsgeschichte von der Perserzeit
bis ins erste nachchristliche Jahrhundert ist wohl
vermutlich vor allem als Hilfsmittel für amerikanische
Theologiestudenten der ersten Semester und für Lehrer
an Sonntagsschulen und ähnlichen Institutionen gedacht.
Die recht umfangreiche Bibliographie vorwiegend englischer
Literatur ermöglicht es dann dem Benutzer, weiter
vorzudringen. Der Text selbst bietet natürlich nichts
Neues, auch läßt er, wie es wohl bei solchen Leitfäden
nicht viel anders sein kann, die kritischen Probleme nur
selten erkennen und begnügt sich meist mit apodiktischen
Sätzen. Vieles erscheint jedoch allzu vereinfacht,
manches fast oberflächlich und — etwa bei Zahlenangaben
— allzu unkritisch. Gut ist, daß die Diaspora neben
dem Mutterland nicht unberücksichtigt geblieben ist.
Völlig unmöglich ist aber etwa das geradezu naive Kapitel
über Alexander. Der Fall von Gaza soll die Erfüllung
einer Prophetie des Sach sein, und Alexander soll
das Buch Daniel auf sich bezogen haben, das erst 150
Jahrenach seinem Tod geschrieben wurde. Am schlimmsten
ist freilich die allzu große Leichtgläubigkeit des Vfs.
gegenüber Legenden und antiker Propagandaliteratur.
Welchen Sinn hat es ferner in einem solchen Buch, Lexikonwissen
über die einzelnen Ptolemäer oder Seleukiden
vorzutragen, das mit der jüdischen Geschichte gar nichts
zu tun hat? Nicht ungeschickt, wenn auch simplifiziert,
ist die Skizzierung der Pharisäer, Sadduzäer, Essener
und Zeloten, allzu einfach der systematische Abschnitt
über die Theologie der Epoche, doch fehlt das Wichtigste
und Bekannteste nicht. Am praktischsten sind im
dritten Teil die kurzen Paraphrasen der literarischen
Schriften nach der Gruppierung Qumran, Apokryphen,
Pseudepigraphen, die einen flüchtigen Überblick ermöglichen
. Bei jedem einzelnen Buch sind die Einleitungsfragen
recht gründlich gestreift, auch werden öfter
die abweichenden Meinungen der „scholars" auch ohne
eigene Stellungnahme genannt. In dem ansprechenden
Abschnitt über die Septuaginta wird leider die längst
widerlegte Behauptung von Septuagintazitaten in der
frühhellenistischen Literatur wiederholt. Den Abschluß
bildet ein kurzer Blick auf Philon und ein ausführlicheres
Referat über Josephus. Begrüßenswert sind die zahlreichen
Literatur- und Quellennachweise in den Anmerkungen
zu den einzelnen Abschnitten.

Speyer (Rhein) _ Carl Schneider

Chenderlin, F.: Distributed Observance of the Passover-

A Hypothesis (Bibl 56, 1975 S. 369-393).
Dahood, M.: Isaiah 19,11 hkmy and lQIs« hkmyh (Bibl

56, 1975 S. 420).
Dion, P.-E.: Deux notes epigraphiques sur Tobit (Bibl

56, 1975 S. 416-419).

Goshen-Gottstein, M. H.: The „ThirdTargum" on Esther
and Ms. Neoflti 1 (Bibl 56, 1975 S. 301-329).

Lachs, Samuel Tobias: The Pandora-Eve Motif in Rab-
binic Literature (HThR 67, 1974 S. 341-345).

Rothermund, Jörg: Zaghafte Ansätze zu einer neuen
Theologie des Judentums (MD 26, 1975 S. 84-86).

Saldarini, Anthony J.: Apocalyptic and Rabbinic Literature
(CBQ XXXVII, 1975 S. 348-358).

Skehan, Patrick W.: Jubilees and the Qumran Psalter
(CBQ XXXVII, 1975 S. 343-347).

Tosato, A.: II battesimo di Gesü e alcuni passi trans-
curati dello Pseudo-Filone (Bibl 56, 1975 S. 405-409).

NEUES TESTAMENT

Goppelt, Leonhard: Theologie des Neuen Testaments. I:

Jesu Wirken in seiner theologischen Bedeutung, hrsg.
v. J. Roloff. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
[1975]. 312 S. 8° = Göttinger Theologische Lehrbücher.

In relativ rascher Folge erschienen in den letzten Jahren
mehrere deutschsprachige Entwürfe der Neutesta-
mentlichen Theologie (Conzelmann, 1967; Kümmel, 1969;
Jeremias, 1971; Lohse, 1974). Das ist besonders bemerkenswert
angesichts der Tatsache, daß zuvor, seit dem
Ende des Krieges, nur die Theologie des Neuen Testaments
von Bultmann (1953) vorlag. Diese Situation gibt
der Analyse von Goppelt recht, daß in den Jahren um
1967—1970 in der nt.liehen Wissenschaft ein entscheidender
Umbruch vor sich gegangen sei (vgl. z. B. S. 38f.; dort
das weitreichende Urteil: „Zwischen 1967 und 1970 hat
Bultmanns Konzeption auch in ihren Abwandlungen die
historische und theologische Relevanz in der Forschung
verloren"). Andererseits freilich zeigt der Vergleich der
erwähnten nt.lichen Theologien (einschließlich der hier
zu behandelnden) mit dem Abriß der Geschichte und des
Problemfeldes der Disziplin, mit dem G. einsetzt, daß
der Umbruch kein radikaler ist, sondern zugleich ein
Aufnehmen und Weiterführen von Traditionssträngen,
die viele für endgültig fallengelassen wähnten.

Die geraffte Problemübersicht im § 1 „Der Verlauf
der Forschung" ist insgesamt instruktiv. Sie präsentiert
ein Geschichtsbild, das zugleich ja ein Bild von Möglichkeiten
des Verstehens ist, das durchaus wesentlich von
dem lange Zeit gültigen abweicht, das durch Bultmann
und seine Schule geprägt war. In ihm hat auch die „historisch
-positive Richtung", gegenwärtig nach G. vertreten
durch (E. Stauffer) J. Jeremias und W. G. Kümmel,
ihren Platz, wie vor allem „die heilsgeschichtliche Richtung
historischer Schriftforschung" ihr Recht. Die Einordnung
von Kümmel in diese — allerdings bewußt schematisierende
— Darstellung erscheint mir fragwürdig.
G. stellt sich selbst zu der „heilsgeschichtlichen" Richtung
, als deren voraufgehende Vertreter er rechnet J. Ch.
K. von Hofmann, Th. Zahn (doch wohl auch mit fraglichem
Recht), vor allem A.Schlatter, G.Kittel, J. Schnie-
wind und O. Cullmann (sowie G. von Rad; auch das ist
nicht ohne Fragen).

G. begreift die Aufgabe der nt.lichen Theologie als eine
eminent theologische, nicht nur als eine historische. Sie
soll „das Prinzip der historisch-kritischen Schriftforschung
, Kritik, Analogie und Korrelation, mit dem
Selbstverständnis des NT in einen kritischen Dialog bringen
" (S. 50). Grundlegend für das Selbstverständnis des
NT aber ist, „daß es ein von dem Gott des AT herkommendes
Erfüllungsgeschehen bezeugen will, das von Jesus
als seiner Mitte ausgeht" (ebd.). Diese Angabe des
Ziels der eigenen Arbeit unterscheidet sich in interessanter
Weise von dem, wasG. in der Auseinandersetzung mit
Bultmann als Aufgabe der Schriftforschung nennt, nämlich
drei einander widerstreitende Komponenten in Ko-