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Ausgabe:

1976

Spalte:

391-392

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Krause, Reinhold

Titel/Untertitel:

Gerät, Gewand, Gestik im lutherischen Gottesdienst 1976

Rezensent:

Krause, Reinhold

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391

Theologische Literaturzoitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 5

392

Man gewinnt aus dem Studium der Referate und des
von Karl Christian Felmy besorgten Protokollborichts
den Eindruck, daß man bei diesem Gespräcli auf beiden
Seiten wohl eine Fülle von Material und Aspekten vorgetragen
bat, aber noch nicht zum kritischen Dialog
im Zentrum der Probleme hat vorstoßen können. So
wurde das Referat von Lothar Perlitt „Der Mensch
nach der Offenbarung des Alten Testaments — eine Auslegung
des 8. Psalms", mit dem in nuce eine biblischo
Anthropologie umrissen wurde, nicht als kritische Anfrage
aufgenommen, ob die hebräische Sicht von der
radikalen Geschichtlichkeit des Menschen nicht in der
Begrifflichkeit der antiken Metaphysik verdeckt worden
ist, in der die griechischen Kirchenväter doch auch verwurzelt
sind. Nur ganz verhalten hat Friedrich Heyor
in der Aussprache hinsichtlich des distinkten Gebrauchs

der Begriffe Imago und edmilitudo in der orthodoxen
Kirche die Präge gestellt (S, 115), „ob wir uns nicht
von manchem, was die griechische Philosophie in die
Theologiegeschichto eingebracht hat, auch wieder
trennen müßten". Dieser Kindruck wird verstärkt,
wenn man bedenkt, daß das Roferat von Theodor
Schober „Die christliche Existenz /.wischen Leistung
und Leiden", in dem von einer Theologie des Kreuzes
her eine Weltvorantwortung der christlichen Gemeinde
heute in Solidarität mit den Leidenden thesenartig skizziert
wurde, nicht im Für und Wider der Aussprache die
Beachtung fand, die es angesichts der in den Beitragen
von Papandreou und Timiadis geübten, zum Teil sehr
scharfen Kritik an den sozialethischen Aktivitäten der
Ökumene hätte finden müssen.

Fürstenwaldo/Spree Günter Jacob

REFERATE ÜBER THEOLOGISCHE DISSERTATIONEN IN MASCHINENSCHRIFT

Krause, Reinhold: Goriit, Gewand, Gestik im luth. Gottesdienst
. Historische Hinweise zur Praxis aus dem sächsisch
-thüringischen Raum. Diss. Leipzig. 218 S. in. 26 Abb.

Obwohl die Gottesdienste oinon Hauptteil pfarrämtlicher
Tätigkeit ausmachen, fehlten bislang ausführlichere
Anleitungen zum konkreten Vollzug agendarischer
Formulare, die durch die Luth. Lit. Konf. mehr
nach der textlichen als nach der rubrizistischen Seite
vorgelegt werden. Mit einer Untersuchung der liturgischen
Gegenstände und Geräte, der Gewänder und der
Gestik anhand einer historischen Materialsammlung,
vor allem auch nach Abbildungen, sollten Vorarbeiten
für eine gültige Formulierung agendarischer Vollzugsanweisungen
geliefert werden.

Während der Bearbeitung konnten neben den moderneren
theologischen, vor allem auch nachkonziliaren
Liturgieerwägungen humanethologischo Erkenntnisse
und Einsichten verwendet werden.

Da in der lutherischen Vergangenheit fast alle denkbaren
Liturgiemodelle von der einfachsten forma minor
bis zur inissa solemnis für kürzere oder längere Zeit in
Gebrauch waren, galt es, eine den gegenwärtigen Erfordernissen
und Tendenzen entsprechende Auawahl
von Hinweisen zu geben, die zwar fast alle hinreichend
bekannt und als richtig anerkannt sind, jedoch noch
nicht genügend praktisch verwirklicht werden.

Im Kirchenbau und seiner Einrichtung wäre zu
denken an mobilo leiebto Kirchenbänke, dio den Erfordernissen
der jeweiligen Gottesdienstform wie Messe,
Predigt, Vesper, Kirchenmusik angepaßt und auf die
Größe der Teilnehmerschar angopaßt werden kann und
don jeweils wichtigen Einrichtungsgegonstand wie Altar,
Kanzel, Taufstein und Kantoroiplatz in Altarnähe in
dio Hauptrichtung stellt. Dem meditativen Charakter
der Liturgio kommen auch möglichst einfacho Gegenstände
in der Einzahl entgegen sowie eino von bildkünstlerischen
Werken weitgehend freigehaltene helle
Vorder wand.

Als besonders wünschenswert scheint die Freistellung
des Altars zur Zelebration versus populi zu sein.

Die liturgische Gewandung, d. h. der Talar, ist ohno
Frage besonders reformbedürftig. Ein weiteres unbewegliches
Festhalten an ihm erscheint angesichts der
Tradition und ökumenischen Praxis sowie der besseren
theologischen Sinndeutung unserer Tago fragwürdig.
Hier wäre zu überlegen, ob sich die Kirchenleitungen
womöglich gemeinsam zu einer begrenzten Freigabe
liturgischer Gewandung entschließen könnton, wobei
von der bisherigen Talarform bei reduzierter Stoffmengo

und Weite ausgegangen worden könnte, aber dieser den
Körper des Liturgen umschließende Mantel die traditionelle
helle bzw. weiße Farbe erhalten müßte.

Ob sich dazu etwa die Kasel als Kueharist iokloid
oder die Stola als eine Art Rangabzeichen einführen
läßt, bliebe dahingestellt, wahrend die röten ('bor- und
Kurrendemäntel ohne besondere Schwierigkeiten ein-
führbar waren.

In der- liturgischen Gestik konnte als ausdrucksstarke
Handlung die Prozession w ieder mehr geübt Werden,
bei eucharistischen Gebeten auch die im evangelischen
Kaum bekannte Begensgebarde der Orantenhaltung
wieder in Gebrauch kommen, während das Knien im
Gottesdienst wohl weiter eingeschränkt werden konnte.

Als Leitsatz für liturgische Gestaltung sollte der
Gesichtspunkt der österlichen Kroudonvorsammlunn
gölten.

Strohiii, Stefan: Dio fraglich gewordene Intogritüt der He-
milien zu Daniel von Johannes Brenz. Diss. Tübingen
1974. 173 S.

Ein der Brenzforsohung zu klärender Themenkom-
plex bildet nach M. Brecht Brenzens Standort zwischen
Luther und Melanchthon später als 1530, der Begegnung
Brenzens mit Melanchthon, und 1531, dein Brief-
wechsel über die Rechtfertigungslehre, also nach Mc-
lanchthons großer Modifikation seines Ansatzes. Die
sich dem Verfasser beim Vergleich der Röuierkomiuen-
tare von Brenz und Melanchthon abzeichnende Freiheit
und Distanz Brenzens zu den auswählend und umschichtend
übernommenen neuenTbeologumenaMelanchthons
wäre fraglich, wenn ein Danielkommentar (Abschrift
in Niederstetten, ediert in der Brenzstudienausgabe),
wie das Titelblatt der undatierten Nachschrift es angibt
, als ganzer Brenz zuzuschreiben wäre, gar noch als
ein Werk des frühen Brenz, wie Brecht es dureb die
Methode zeitgeschichtlichen Vergleichs als Herausgober
bestimmen kann, wobei er, um ein Gutachten von
H. Rückert, wonach der Kommentar im Kern als von
Brenz erkannt wird und in die 60er Jahre datiert ist,
zu korrigieren, Hinweist' auf das Tridentinum oder
Literaturparallelen (wie vide Calviiuim, vide Brentium,
vide Sleidanum etc.) als Glossen eliminieren muß. Sein
Ansatz gibt dabei die Zeit vor dem Augsburger Reichstag
, wahrscheinlich 1527 als Entstehung an.

Den genannten erstens inhaltlichen und mit ihnen
korrespondierenden zeitlichen Bedenken zuliebe war
nun noch einmal, jedoch mit anderer Methode, der
Danielkommentar zu bearbeiten. Die dies untemeh-