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Ausgabe:

1976

Spalte:

311-313

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Dokumente und Analysen 1976

Rezensent:

Kehnscherper, Günther

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311

Theologische Literalurzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 4

312

Georg Pichts Buch „Mut zur Utopie" (WzM 25, 1973
S. 267-277).

Strecker, Georg: Handlungsorientierter Glauhe (ZdZ 28, 1974
S. 241-257).

Strohm, Theodor: Gemeindewesenarbeit — eine sozialethische
Zwischenbilanz (ZEE 19, 1975 S. 1-14).

Styezeii, Tadeusz, und Joachim Piegsa: Ist Ethik eine Wissenschaft
? (MThZ 25, 1974 S. 317-335).

Subilia, V.: Alla ricerca di un'etica sociale evangelica (Prole-
stantesimo XXVIII Nr. 4 - 1973, S. 217-229).

Thielicke, Helmut: Anthropologische Grundtatbestände in individuellen
Konlliktsitualionen (ZEE 18, 1974 S. 129-145).

Tuck, William T.: Schweitzer's Reverence for Life (ThToday
30, 1974 S. 339-345)

Vajta, Vilmos: Der Ruf nach einem Fürsprecher. Gedanken
zu Ingmar Bergmans „Schreie und Flüstern" (LuMo 13,
1974 S. 281-283).

Veenhof, J.: Kritische Solidarität von Kirche und Welt. Zur
Bedeutung des Gedankens der Anwaltschaft des Geistes in
der Ethik Hendrik van Oyens (ZEE 18, 1974, S. 1-5).

Voigt, Gottfried: Glaube und Nachfolge (ZdZ 27, 1973 S. 441
bis 449).

Vorgrimler, Herberl: Die neuere katholische Eigentumslehre

(IntDialogZtschr 7, 1974 S. 34-41).
Wagner, Falk: Ethischer Pluralismus? Erwägungen zu Arnold

Gehlens „Moral und Hypermoral" (ZEE 18, 1974 S. 21 bis

37).

Weddle, David: Jonathan Edwards on Men and Trees, and

the Problem of Solidarity (HThR 67, 1974 S. 155-175).
West, Charles: Justice Wilhin the Limits of the Created World

(ER 27, 1975 S. 57-64).
Wewer, Heinz: Geburtenkontrolle genügt nicht. Alternative

Strategien für die Entwicklungsländer (LuMo 13, 1974

S. 277-280).

Wulf, Hans: Was ist heute Armut? (IM 64, 1974 S. 116-119).

Zaphiris, Chrysostom: The Morality of Conlraception: Au
Eastern Orthodox Opinion (Journal of Ecumenical Stu-
dies 11, 1974 S. 677-690).

Zieglcr, Josef: Menschliche Geschlechtlichkeit zwischen Emanzipation
und Integration (ThGl 64, 1974 S. 187-202).

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Jentsch, Werner: Handbuch der Jugendseelsorgc. Geschichte,
Theologie, Praxis. III: Praxis der Jugendseelsorgc: Mittel.
2. Halbband: Dokumente und Analysen. Gütersloh: Güters-
loher Verlagshaus G. Mohn [1973]. 548 S. gr. 8°. Lw.
DM 68,-.

Kurze Zeit nach dem Erscheinen des 1. Halbbandes (111,1:
Information und Interpretation) legt W. Jentsch nun eine
weitere Fortsetzung seines Handbuches der Jugendseelsorge
vor. Dieser Band 111,2 hat zum Ziel, dem bisherigen Mangel
an empirischen Untersuchungen über die wirklichen Probleme
und Interessen, Erwartungen und religiösen Vorstellungen,
Nöte und Freuden der Jugendlichen abzuhelfen.

Um es vorweg zu sagen: Die Stärke des neuen Bandes liegt
im Detail der sorgfältig erarbeiteten und interpretierten Ein-
zeluntersuchungen, Fakten und Befragungen.

Die Auswertung der zahllosen Einzelheiten ist sorgfältig
abgewogen, die Zusammenhänge sind überprüft und die Beurteilung
sachlich und gerecht. Das will für dieses schwer überschaubare
Gebiet der Situationsanalysen für F>rziehungs- und
Beratungsdienste, Jugendarbeit und Evangelische Unterweisung
schon sehr viel bedeuten; denn J. betritt hier weithin
Neuland. Um zu einer Dokumentation zu kommen, mußte
er erst Wege und Methoden der Befragung und des Tests erschließen
. Gegenüber rein statistischen Fragemethoden steht
bei ihm weniger der Prozentsatz als vielmehr der seelsorgerlich
auszudeutende Inhalt der Einzelaussage im Mittelpunkt
des Interesses.

„Jugendseelsorgc hat es mit dem einzelnen Jugendlichen
zu tun. Das liegt in der Natur der Sache. Da aber der einzelne
nicht unter Absehung von seiner gesellschaftlichen und geistes-
gesehichtlichen Situation verstanden werden kann, wird heute
die Kenntnis der jeweiligen Generationsgestalt für den Dienst

der Kirche am werdenden Menschen von immer größerer Bedeutung
" (51). Die Frage ist nur, ob mit „Sammeldiagnosen
das erzieherische Verständnis bzw. das scelsorgerliche Geleit
des konkreten Jugendlichen gefördert oder gehindert wird.
Man darf vermuten, daß die hier (in Teil 111,2) angestellten
Perspektiven tatsächlich einiges Erhellende beizutragen haben
." Aber es bedarf eines geschulten Blickes. „Dieses kritische
Sehvermögen lernt sich aber nur an einem konkreten Gegenstand
." Deshalb soll das Beispiel einer gründlicheren Analyse
von Schülerrundfragen helfen, „den jungen Menschen unserer
Zeit als solchen so intensiv wie möglich in den Blick zu bekommen
, um ihm dann um so sachgemäßer seelsorgerlich begegnen
zu können" (51).

Die erste Gruppe der bearbeiteten Texte und Aussagen (51
bis 421) stammt aus zwei Modellbefragungen, die im Abstand
von zehn Jahren unter insgesamt 580 Schülern der Gymna-
sialoberstufc in Hessen und Westfalen durchgeführt wurden.
Die Fragebögen beinhalteten zunächst einmal Themen aus
dem Bereich von Schule, Beruf, Familie, Freundschaft, Freizeit
, Vertraucnsperson, gesellschaftlichem Engagement und
Religionsunterricht. Ein zweiter Fragebogen stellte bekannte
Methoden von Sozialdiagnoscn kritisch zur Diskussion.

Die zweite Gruppe des Materials (423—539) bilden Wiedergaben
eines ausführlichen Erzähltestes, an dem 1305 Schüler
der 7. und 8. Klassen von Grund- und I lauptschulcn teilgenommen
haben. Die Fragen, auf die in erzählender Ausführlichkeit
geantwortet werden sollte, sind ursprünglich im Zusammenhang
mit der Lchrplanfoischung für den Religionsunterricht
gestellt worden. Um den Fragehorizont eines Schülers
im Konfirmandenalter besser verstehen zu können, sollte
die Gedanken- und Traumwelt von 12- bis 15jührigen anhand
ihrer Erzählungen seelsorgerlich analysiert werden. Tatsächlich
ergaben sich unerwartete instruktive Einblicke in die
Wirklichkeit des Schüleralltngs, in die psychische Eigenart der
einzelnen Jungen und Mädchen, ihre persönlichen Verbindungen
, Stimmungen und Glaubensfragen, vor allem aber auch
in ihre Träume, Bilanzen, Pläne und Motivationen ihrer
Wünsche.

Zwei ausführliche Exkurse „Vom Wesen des Traumes" sowie
„über Kinder- und Jugendträume" und eine sich anschließende
Darlegung des Testverf.ilircns und der Möglichkeiten
und Grenzen seiner Auswertung veranschaulichen das Vorgehen
. So werden neue Horizonte des Verstehens für die Seelsorge
an Jugendlichen erschlossen. Der Vf. denkt sieh das so,
daß eine Reihe von Beispielen und Falhlarstellungcn auch
Übungszwecken dienen können. „Die Texte und Teste lassen
sich noch eingehender interpretieren oder mit ähnlichen Niederschriften
aus eigenen Gruppen oder Klassen des Lehrers
vergleichen. Auf diese Weise wird den Benutzern geholfen,
selbst seelsorgerlich ,sehen', denken, mitfragen, offenhalten
und antworten zu lernen." Diese schon in Bd. 111,1 S. 15 aufgestellte
Konzeption wird im vorliegenden Band überzeugend
durchgehalten und vermag dem Praktiker wie dem Studierenden
am Beispielsfall zu helfen, die für die seelsorgcrliche
Praxis unbedingt notigen Analysen, Anamnesen und Diagnosen
zu erarbeiten.

Daß es allerdings einer sehr sorgfältigen Ausbildung bedarf,
bis Traumanalysen erstellt und ihre Auswertung sinnvoll
in die Scelsorge eingebracht werden können, sollte man
deutlicher erwähnen.

Die Untersuchungen wollen keine große Repräsentativbefragung
mit der dazugehörigen sozial- und gesellschaftswissenschaftlichen
Analyse ersetzen. Sie beschränken sich bewußt
auf einen kleinen, durchaus nicht maßgeblichen Ausschnitt der
Gesamtbevölkerung. Darin liegt die Grenze dieser Befragung.
Aber nur durch reine „Handarbeit" unter Umgehung des Computers
war es möglich, sich derart mit dem Detail zu befassen,
daß sich für den Leser tatsächlich Perspektiven scelsorgerlicheii
Verstehens und Helfcns gewinnen lassen. Die Auswertung
zeigt, daß der Vf. dem guten und dem schlechten Durchschnitt,
dem „Normalen" im Alltag der Scelsorge gegenüber dieselbe
Liebe und Achtung aufbringt wie gegenüber dem Auffälligen
und den Aiisnahmecrschcinungcn.