Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1976

Spalte:

294-296

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Holz, Harald

Titel/Untertitel:

Personalität als Wesen und Geschichte 1976

Rezensent:

Fritzsche, Hans-Georg

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

293

Theologische Litcraturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 4

294

sehr enger Kreis an Fachkollegen und Spezialisten allein denk- trale Zitat vom Tode Gottes" zeigt, „daß es Hegel weniger um

bar bleibt: ,Reflexion in sich'. Hierbei ist auf der einen Seite das einmalige historische Ereignis geht; der um 30 n. Chr. in

bewundernswert, wie der Vf. beinahe alle zentralen Probleme Jerusalem geschehene Kreuzestod wird hier zum Erweis, daß

heutiger Theologie und Philosophie (einschließlich sozialethi- die Idee auch in der konkreten Wirklichkeit unseres Lebens,

scher) aus seinem Thcmabcgriff herausdestilliert, andererseits die immer am Tode gebrochen ist, wahr wird . . . Tod und

wird umstritten bleiben, ob die auf ein Problem konzen- Leben dieses Gottes sind auf das Leben des Oistes in der

trierle Sachuntersuchung oder das Aufzeigen eines Wechsel- Gemeinde verwiesen; der Mensch Jesus und sein Tod werden

scitigen Geflechtes an Zusammenhängen, die innere Enzyklo- historisches Beiwerk, das in seiner .Bedeutsamkeit' . . . näm-

pädie der Probleme, zu verbindlicheren und klareren Ergeb- lieh als Geschehen des Geistes, als Darstellung der endlichen

nissen führt. Subjektivtäl darin erst zur Wirklichkeit kommt. In dogmati-

Mit .Reflexion' ist das ganze Thema des neuzeitlichen (und »eher Sprache heißt das: die Christologie ist in Pneumatologie

schon Auguslinisclicn) Subjektivismus und erkenntnistheoreti- übergegangen. Ist es für Hegel wirklich der Geist Christi oder

sehen Transzendcntalismus (Idealismus) angeschnitten: die nicht vielmehr der Ge1St mit der Christus s t r u k t u r , der

Beziehung auf sich selbst, der Blick nach innen als indirektes bis heute wirkt?" (224f.) Es geht nicht an Hegel einfach als

Widerspiegeln der zu erkennenden Wirklichkeit, hierbei auch Christologen zu reklamieren" (153) Immerhin „entwarf er die

die Widersprüchlichkeit und Zerrissenheit des Subjektes Verbindung von Unendlichem und Endlichem nach dem Mo-

selbst. Das liißt der Auseinandersetzung mit Hegel' eine .Vor- «feil der Inkarnation und der Auferstehung (162).

geschichle' voranstellen: besonders Descartcs und Kant be- Wichtig zum Verständnis Hegels ist auch „die Identifikation

IrefTend („Kants Umformung des logischen Reflexionsbe- von menschlichem Gottesbewußtsein mit göttlichem Selbst-

griffs ... in einen transzendentalen", 52). Aber noch vor dieser hewußtsein" (213) auf der Stufe der Subjekt gewordenen Sub-

gibt eine .Hinführung zum Thema' zu erkennen, daß an einem gtanz (]34ffv 204f.) — Ansatz zur Uminterpretierung des im

Schlüssel gefeilt werden soll, der den Zugang des Verstehen« Menschen erwachten Gottes zum sich selbst erkannt habenden

der ganzen „gegenwärtigen Diskussion um die Wissenschaft- Menschen. Auch sei noch darauf hingewiesen, daß die

lichkeil der Theologie" (bzw. Theoriebildung überhaupt) — Formel ,Negation der Negation' eine Vielzahl von theologi-

om Modell T. Rendlorff und Sauter — eröffnen soll. Der Sach- scnen proD|emcn im Umkreis des von Barth (285f.) sog. Nich-

«isammenhang ist die Analogie von: „Kantischem Reflexions- tjgcn heraufbeschwört, ist doch „schwer abzustreiten, daß die

modcll — Riickbozug ml die crkennlniskonstituierende Ver- Negation der Negation . . . einem christologischcn Modell der

■Uuft und dadurch Frkenntniskritik" (259). „Hat nicht Kant Entäußerung bis in den Tod als das äußerste Negative und

die Verengung der Wissenschaftsbegründung auf Methoden- ,ier Auferstehung als der Identität im Geist angepaßt ist"

Kritik .. niilverschuldct. .?" (61). „Zwar ist der Ruf ,zur Sache' (311f.). „Die Theologie ist durch Hegels Lösung des Refle-

sehr leise geworden; aber der Ruf nach Methodenkritik und xionsproblcms auf die Frage des Bösen und Gottes Verhältnis

Wissenscliaflserörtcrungen wird sehr laut. Diese Konfronta- zu jnm angesprochen" (320).

tion könnte auch deswegen so ausweglos erscheinen, weil die i v „ : . ___i „,„:rr.

U„ll„ • ,, ... ... ... , , , • ... /0(.m „„. Was das Verhältnis von Reflexion und Zeit anbetrillt,

'"'llcxionspruh cniatik nicht milbodacht ist (260). „Der vor- . , ,. ... 1 h ,„„„„i „„rfi-JUJ,,

„,,„ i , ,. , • Ii r p „ so wird dies in einer Anmerkung zu Husserl verstand beb:
ausgehenden Untersuchung ging es vor allem um die Frage '. ., . . . , ,, n i,„u„.,
n„„i i ,• i • • .i i • l i/ i i r Husserl hal die Zeilperspektivc der Reflexion besonders hernach
den Grenzen cgitimer theologischer Erkenntnis — darf »""~' „„ . v ,, , D . I i„. lT.;m^„c
rl.. . . i f . v u . ff jii.. ,„ c.,u vorschoben. Reflexion fußt auf Retention: in der Unmpres-

Qas von der ablaufenden Zeit betroffene und bedrängte Sub- wijjuiuuiu. c . «> _____„„„„„,„:;,

ipL, • , it i .1- l Tf.nl ■> " iAr. s on des Jetzt ist unmittelbar auch Vorerfahrenes gegenwar-

Jikt universalgeschiclit iche Entwürfe wagen?... (4Z5). . ... , ,. , •■ D n • j„„,

n. . , ... ... . , • j, . tig. Das wird dann ausdrücklich, wenn die Reflexion aus dem

L'ic Verklaiiinicrung von philosophischer und theologischer _ , ,__ . i ... i ,

p.„. , ... . , . i • i n j- i- j c v. Jetzt zum Relcndierten und von dort zurück zum Jetzt gehl,

Toblematik besieht aber auch darin, „daß die I'rage der bub- . „.„.l..,!,«,, n;„ Rnllovinn fnlirt

iaVtt i m . ». ,, j i u • « um das Jetzt ausdrücklich hervorzuheben. Uic Ketlexion lolgl

jcklivilat <lcr Neuzeit (des Abendlandes) nicht ohne eine — . . . , ü.l.kjm« Rntirtinidan-

w- , . , l ■ • .,. , , ,,• . ,„ damit der Langsintcntionalitat des hrlebcns . . . U.ntstlieiden-

w'e auch immer gebrochene — christliche Wirkungsgeschichte . b .,„.„„j,iü.0i„in Pmtanti&n 1 ißt

j , . .. ,. . . u l j .r u der ist aber die von Husserl vcrnaclilassigte 1 rotcnlion. i^aut

zu denken ist (.101). Das wird nun an Hegel deutlich, der , n <i„. ,. mnAti»V«il der O-

■U. D«n ■ » . . ■ n i i ■ . i • u niclit die vorauslaulende Reflexion die riuUitigKeil ner ue-

eine l'ulle von zentralen theologischen Problemen oder kiren- . , .„ ,,„„,

Ijj, ... , ... .,, ,,„»i . . . . ri__• .„ genwart deutlich werden i (riw).

"eben Motiven „formalisiert (403) hat, besonders die Christo- ■

lf>gie betreffe nd. „Denn Tod und Auferstehung Christi gaben Das Reflexionsproblem ist die innerste Seite, vielleicht die

('as Modell für Entäußerung und Rückkehr in sich, vollendete Seele, der Hegelscheu Philosophie. Ihr sich konzentriert zuzu-

Rellexion in sich durch die Negation der Negation hindurch, wenden, bedeutet Zurücksetzung seiner Geschichtsphilosophie

au- Die Christologie half Hegel, das leere Jenseits der end- (81) und damit Zurückstellen derjenigen Dinge, die Hegel-

behen Reflexion, den unbestimmten transzendenten Gott oder bücher auch für einen weiteren Kreis sehr interessant machen

•be bloße Transzendenz lebendig zu machen... (doch) — im können. Allerdings sollte ein weiterer Kreis sich auch das

Grunde war die Christologie nur für das Modell, das er kon- Nachstehende gesagt sein lassen: „Daß die Rede vom Tode

struierte, da. Die Rcflexion-in-sich, die an der absoluten Re- Gottes bei Hegel niclit als Zeuge für eine .Theologie nach dem

«exion der Wesenslogik ihre Strukturen findet, bemächtigte Tode Gottes' oder etwas Ähnliches dienen kann, dürfte die

S,<1> des einmaligen geschichtlichen Ereignisses" (428D. Analyse des Kontextes und der von Hegel dann vermittelten

. Es kann nicht Sinn dieser Besprechung sein, die Differen- Probleme deutlich gemacht haben. Im Grunde lohnt es kaum,

fangen an Hegels Begriff ,1er Reflexion zu erläutern; sie die Vertreter solcher .Theologie in dieser Hinsicht zu befra-

verhnl , •• i ■ - . .. ... „„f j;_ ereil. Denn wirk ich gründlich mit den Hegelschen Aspekten

^rt>al zu nennen, wäre keine echte Information. Aber auf die " ' , , T.",., . ». . ,

Vielzahl i u ■.. .i i • u n.„u„mn inilß des Problems scheint sich keiner unter ihnen befaßt zu haben

"•'zahl der angeschnittenen theologischen Probleme muu ™V"

"0<h aufmerksam gemacht werden. So „hat die Negation der (">0).

J-'galion nicht nur formalen, sondern ausgesprochen theologi- neriin Hnns-Ocorg Friuscho
sd,,'n Sinn, wenn sie in den religionsphilosophischen Vorle-
^"Rcu Tod und Auferstehung des Gottessohnes deutet" (179).

nolW<,rl, V°m <J°?C Goltra' ,1,<rf merbri Wcd" Holz, Harald: Personalität als Wesen und Geschichte. Mün-

<J> »p(,;,getis(h-cl.r.st(,log,sc, interpretiert werden (151 . ehen-Paderborn-Wien: Schöning!, 1974. 199 S. gr. 8°.

•^rciren 1 heologcn den Tod Gottes allein heraus, dann biet- DM ^ _

,fn sie auf du Spil/.e des entfremdeten Bewußtseins stehen, ' ' ,i„,:„„n DIU

°'">e die Entfremdung von .1er Entäußerung Gottes in den Das Buch versucht, vermittels eines spekulativen Bluks

gliche,, Geis, he zu deuten betonen andere vorschnell die Wichtiges und Wesentliches vom Menschsein des Mensdien

C "isilichkeit Hegels, n, zun Sieg Gottes in der Auferstehung - erfassen (S. 19). Als Grundkategorie erschein ihm die ,Per-

"''"zugehen, dam, olllc auch d" Hegelsche Entfaltung enl- sonalität', die in einem weiten Bez.ehungsgeHecht anderer Ka-

-'"deter Subjekliviuit in den Geist mitbedacht werden... tegorien erörtert wird - nicht biologisch od« geschieh, ich,

»^1 relativiert . . . die Härle dieses Todes" (223f.). „Das zen- sondern transzendental-analytisch, d. h. rein gedankbcli. Drei