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Ausgabe:

1976

Spalte:

276-278

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Meijering, Eginhard P.

Titel/Untertitel:

God being history 1976

Rezensent:

Andresen, Carl

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jenen erklärt der Täufling selber seinen Glauben, bei diesen
■wird er gefragt, ob er die ihm vorgesprochene Glaubenserklä-
rung bejahe); daraus ergibt sich die Feststellung, daß dem
Taufritus ursprünglich nur das interrogatorische Bekenntnis
eigentümlich gewesen sei, während das deklaratorische Bekenntnis
bei der traditio und redditio symboli Verwendung
fand und damit den Höhepunkt des Katechumenates dargestellt
habe. Dies gibt Gelegenheit, die Frage nach Herkunft
und Bedeutung des Begriffes Symbolum aufzuwerfen. Sie wird
nicht wirklich beantwortet und die Tatsache, daß der Vf.
in einem ihm fremden Fahrwasser laviert, ist nicht zu übersehen
. Das dritte Kapitel „Auf dem Wege zur Fixierung" betrachtet
die bekenntnisartigen Formulierungen, die sich in der
Väterliteratur von den apostolischen Vätern bis auf Origenes
finden; es kommt zu der Feststellung, daß im 2. u. 3. Jh. deklaratorische
Bekenntnisse noch nicht gebräuchlich gewesen
seien, daß aber bei den Tauffragen relativ früh die Fixierung
sichtbar werde.

Diese ersten drei Kapitel sind als Einleitung des Buches
entworfen. Die beiden folgenden Kapitel beschäftigen sich mit
dem altrömischen Bekenntnis. Der Verfasser nennt Gründe
dafür, daß das Romanum in der griechisch sprechenden
Periode der römischen Kirche entstanden sei, die er freilich
ungewöhnlich weil hinabreichen läßt. Es sei eines von mehreren
bekenntnishaften Summarien gewesen, die um 200 in der
römischen Kirche in Gebrauch gewesen seien. Entstanden sei
es durch Verschmelzung einer kurzen trinitarischen Formel
mit einer chrislologischen Zusammenfassung, und dieser Prozeß
habe sich in der 2. Halfte des 2. .Tli.s abgespielt. Daran
schließt der Vf. die nach Auswahl und Deutung etwas willkürliche
Interpretation einiger Aussagen dieses Credos an.

Das sechste Kapitel „Glaubensbekenntnisse des Westens und
Ostens" stellt die Überleitung zum nächsten Schwerpunkt dar.
Der Vf. geht zunächst auf die Arkandisziplin als Ursache der
Lücke in unsern Kenntnissen ein. Für die westlichen Bekenntnisse
sucht er zu zeigen, daß sie als Tochterbekenntnisse des
Romanuins untereinander verwandt seien. Die gegenseitige
Ähnlichkeit der östlichen Bekenntnisse erkläre sich demgegenüber
nicht aus der Ableitung von einer gemeinsamen
Vorlage, sondern aus der Gleichheit der all diesen Bekenntnissen
zugrunde liegenden Lehraussagen. Kapitel 7 und 8 wenden
sich dem Bekenntnis von Nizäa zu. Dieses Bekenntnis hat
in seinem Zweck, Lehraussagen zu normieren, Vorläufer in
den Glaubensdarlegungen der i. J. 268 gegen Paulus von Sa-
mosata in Antiochien versammelten Bischöfe und besonders
in dem 325 in Antiochien gehaltenen anliarianischen Konzil,
von dem die große Kirchenversaminlung ursprünglich beschlossen
worden war. — Für die Formel von Nizäa behauptet
bekanntlich Euseb von Cäsarea in dem Brief an seine Gemeinde
, daß ihr das Bekenntnis von Cäsarea zugrunde gelegen
habe. Der Vf. bemüht sich, diese Behauptung aus dem
Brief des Euseb hinauszuintcrprelieren. Die Tragweite dieser
Anstrengung reicht zu der Feststellung, daß das Bekenntnis
Min Cäsarea und das Nizänum nicht direkt verwandt seien.
Die nun doch vorhandene Verwandtschaft beider erklärt der
Vf., wie seinerzeit Lietzmann, das Bekenntniskomitee in Nizäa
habe das Jerusalemer Bekenntnis als Grundlage gewählt,
das demselben Bekenntnislyp zugehörte, wie das von Cäsarea.
„Es bleibt uns die magere Schlußfolgerung, daß N aus einem
örtlichen Taufbekenntnis syrisch-palästinensischer Provenienz
besteht, in welches die nizänischen Schlüsselworte etwas ungeschickt
eingefügt sind." Kap. 8 werden zunächst die aria-
nischen Anschauungen skizziert und dann auf dieser Grundlage
die antiarianischen Wendungen des Nizänum* erläutert.
Besondere Mühe beansprucht der Versuch, das „Homousios"
zu erklären. Für die überraschende Tatsache, daß die Kirche
in den ersten Jahrzehnten nach 325 den Gebrauch des Nizü-
nums vermied, kommt der Vf. mit der sehr einfachen Erklärung
aus: „Das Konzil war eine Sache der Vergangenheit: Die
Auseinandersetzung bewegte sich seither (so glaubte mindestens
eine Zeitlang die Mehrzahl der Bischöfe) auf anderen
Geleisen." Das ist angesichts der großen Zahl von Versuchen,
das Ni/.MiHim zu ersetzen, die der Vf. im folgenden Kapitel

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bespricht, eine bemerkenswerte Feststellung. Dieses neunte
Kapitel will die Bedeutung beleuchten, die das Nizänum für
die miteinander streitenden Gruppen in den nächsten Jahrzehnten
besaß. Das geschieht in einer Ubersicht über die wichtigsten
Bekenntnisse, die zwischen der Kirchwcihsynode von
Antiochien 341 und der homöischen Synode 360 in Konstantinopel
aufgestellt wurden (jener Synode, auf der die kaiserliche
Kirchenregierung den Streit durch das Verbot des Gebrauchs
der Begriffe Usia und Hypostasis zu beenden versucht
hatte). Damit bricht die Übersicht ab, was gerechtfertigt ist,
weil sich damals bereits die Anerkennung des Ni/.änums als
der Weg abzuzeichnen begann, auf dem die Kirche zur Einheit
in der Trinitälslehre finden sollte.

Kapitel 10 und 11 beschäftigen sich mit dem konstantinopo-
litanischen Bekenntnis. Der Vf. erörtert zunächst die Unterschiede
der beiden Formeln und kommt dabei zu dem Ergebnist
, daß C nicht als modernisiertes N gedeutet werden könne.
Das Konzil von Konstantinopel habe sich mit seinem Bekenntnis
zum Nizänum zu dem im Nizänum formulierten
Glauben bekannt, habe aber guten Gewissens eine vom Nizänum
verschiedene Glaubensformel übernommen. Die Synode
habe — hier folgt der Vf. A. M. Ritler — diese Formel
gewählt, um, soweit möglich, die Makedonianer für ihr Eini-
gungswerk zu gewinnen. Bei der Einzeluntersucliung des Con-
stantinopolitanums kommt der Vf. zu dem Ergebnis, als Gerüst
der Formel habe ein örtliches Taufbekenntnis gedient,
das in den siebziger Jahren in Gebrauch war und das der
antiochenischen oder jerusalemischen Familie zugehört habe.
— Die beiden letzten Kapitel 12 und 13 beschäftigen sich mit
dem Apostolicum. Der Vf. beginnt mit einer Besprechung der
über das Romanum hinausgehenden Teile des Apostolicums
und wendet sich dann der Frage nach seinen Ursprüngen zu.
Er hält es für am wahrscheinlichsten, daß das Apostolicum
in Septimanien entstanden sei und dort im 7. Jh. seine gegenwärtige
Gestalt erlangt habe. Schließlich erörtert er die Frage,
wie das Apostolicum in den römischen Taufritus gelangt sei
und zeigt, daß die Reform der Kirche durch die Sachsenkaiscr
die Voraussetzung darstellt, unter der diese Übernahme am
wahrscheinlichsten geschehen ist.

Das Buch ist umfang- und inhaltsreich. Seine Partien sind von
sehr unterschiedlichem Wert. Bei der Behandlung der Fragen,
die die Zeit nach Nizäa betreffen, zeigt der Vf. nicht nur lie-
lesenheit und Gelehrsamkeit, sondern auch Kenntnis und Verständnis
. Kt strebt nach Ausgewogenheit des Urteils; bisweilen
wägt er Wind. Der Ubersetzer war sichtlich um gutes
Deutsch bemüht. Das ist lobenswert, aber manchmal ist dadurch
die Übersetzung etwas mühsam ausgefallen. Lästig ist,
daß er die Worlgruppen in den Bekenntnisformeln regelmäßig
als „Klauseln" bezeichnet. Das englische „clause" und das
deutsche „Klausel" sind nicht bedeutungsgleich, und so hat
er der Glätte die Richtigkeit des Ausdrucks geopfert.

Kiel Heinrid» Kruft

Meijering, E. P.: God Being Hislory. Studics in Patristic Phi-
losophy. Amsterdam-Oxford: North Holland Publishing
Comp. 1975. X, 185 S. 8°. hfl. 60,-.

Wie bereits der Obcrtitel andeutet, handelt es sich bei diesem
Aufsatzband um Studien zum Piatonismus griechischer
Kirchenväter (Apologeten, Irenäus, Athanasius, Gregor von
Nazianz und Kyrill von Alexandrien). Nur der Sehlußbeitrag
„What could be the Rclcvance?" ist nicht aus früheren Aufsülzen
genommen. Er ist eher ein Schlußbekcnnlnis, mit dem
der systematisch engagierte Theologe und aktive Geistliche
einer Rcmonstralenser Gemeinde Nordhollands seine Plato-
nismusstudien heute rechtfertigt: „... wc realize only too
well what the alternative is: Activism and a Spiritual va-
cuum... Spiritual emptiness, raused by the refusal lo
think, inevitably leads to a surrender to the superficial slogans
of the day. The Piatonising theology of the Fathers rcnder.i
us a great Service if it sharpens our minds so, that we can
think and distinguish betwecn what ist profound and what

Theologische Literaturzeitung 101. Jahrgang 1976 Nr. 4