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Ausgabe:

1975

Spalte:

134-136

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Philon d'Alexandrie, Les Oeuvres de Philon d'Alexandrie 1975

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 100. Jahrgang 1975 Nr. 2

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von Irenaus und Origenes sich nicht auf ostjordanische tums nicht unberührt lassen dürfte. Es ergibt sich hier
Judenchristen beziehen, wo Epiphanius seine „Ebioni- eine Parallele zur Gnosisforschung: die KV-Nachrichten
" ansiedelt (69). Die bei Ebioniten und Elkasaiten ten, so wertvoll sie bei kritischer Verwendung sind, tre-
nachweisbaren Praktiken (Eide, Reinigungsriten) sind ten zugunsten der Originalquellen immer mehr zurück,
aus dem gemeinsamen ostjordanischen Wurzelboden zu Die Nag-Hammadi-Texte zeigen uns, daß sie auch dafür
erklären. Epiphanius versucht alles, was ihn an dem einiges zu bieten haben. Es wird daher noch einige Zeit
überlieferten Bild der Ebioniten stört, den Elkasaiten dauern, bis das Bild des frühchristlichen Judenchristen-
und ihrem Einfluß zuzuschreiben, ohne zu wissen, daß tums, das offensichtlich keine Einheit bildete — diese von
letztere selbst noch vor Hippolyt offenbar judenchrist- den KV erzeugte Sicht ist nun endgültig verflogen -, in
Hche Lehren (bes. in der Christologie) übernommen hat- sicheren Konturen vor Augen liegt. Jedenfalls ist durch
ten. In einer eigenen Übersichtstafel lassen sich diese vorliegendes, gut durchdachtes und gut aufgebautes Buch
Zusammenhänge gut ablesen (78f.). jedem Mitforscher ein handliches, ausgezeichnetes und
Man kann daher aus den KV-Nachrichten auf die hi- bequemes Arbeitsinstrument in die Hand gegeben wor-
storische Existenz folgender vier judenchi istlicher Grup- den».

Pen schließen (71 f.): Die von Irenaus und Origenes be- Leipzig Kurt Rudolph

schriebenen Gruppen, die Nazoräer und die Gruppe, aus _

der die Epiphanius bekannten „ebionitischen" Schriften ,Vg,. dazu z. B- j, Danieiou, Theologie du Judeo-chrlstla-

stammen. Der Grund für das Vorkommen dieser Grup- nlsme, Tournai 1948, S. I7ff.; M. Simon, Verus Israel, Parls!i964,

Den Hont „rf„„u„„ :„ j„„ j„,.,„:i_______„ t7..__i s- S03ff.; Ders. in: Aspects du Judeo-Christianisme. Colloque de

Pen liegt offenbar in den jeweils verschiedenen Fund- Strasbourg 23-25 avril UM, Paris 1965 (Bibl. des Centres d'Etudes

°rten: Während Irenaus und Origenes von einem Juden- SUP- sPec- Travaux du centre d'Etudes sup. spec. d'hist. des reil-

Christor.(,,m ir, u„ii_.,:..*:-„i,__ tt^,,„«u i x „,,„,__> gions de Strasbourg), s. in*.; G. Kretschmar, ebd. S. 113fl.; R. A.

"iristentum in einer hellenistischen Umwelt (Ägypten) Kraft> In search of "Jewish Chrlstlanity" änd its "Theology".

sprechen, beziehen sich die lateinischen Autoren auf ein Problems of Definition and Mythodology, in: RechScRel 60,

vergangenes Judenchristentum; die Nazoräer, vermut- S^ifiiS?11' Th<5 StUdy °f JCWlSh chri8tlan1*' ,n:

lieh einstmals palästinische Christen, lebten ein isoliertes ' Elne frühere Sammlung und Analyse solcher Texte bietet

asein in Syrien, und die „pseudoclementinische" Ge- vgL°dieVkrtt!schene Ausführungen von j. Munck, Primitive

Heinde besaß Lehren und Praktiken, die aus älterer ju- Jewish Christlanity and later Jewish Chrlstlanity: Continuation

dpni-liri.n' u rr> j-»- _i /i.v „ • iA, °" Rupture?, In: Aspects du Judeo-Christianisme, S. 77ff.

«enchristhcher Tradition stammten (71). Von den in KV- i The Jewish Christians of the Early Centuries of chrlstlanity
Berichten auftretenden drei judenchristlichen Evange- aecording to a New Source, in: Proc.of the Israel Acad. of Scien-
lien ,j„ ■o.. __Ii.. . m_____ j , r ces and Humanitles Vol. II, Nr. 13, Jerusalem 1966. Mir Ist alleren
ist das Evangelium der Nazoräer, das entweder he- dings nicht bekannt, ob der Text inzwischen vom Autor edlen
Präisch oder aramäisch vorlag, von den Nazoräern in Be- und rekonstruiert worden ist.

roi-i j ._____i m , . „. . , _ -Die Seitenverweise auf das Buch hatten sich allerdings doch

verwendet worden (Epiph., Hieron.), das „Evange- gelohnt, da die Kolumnentitel zu wünschen übriglassen und

-'Um der Hebräer", das Clemens und Origenes zuerst er- dem Aufsuchen keinerlei Hilfe bieten.

Wiihnor, • >, .. _ ,,. . , „ .. , . , , . 'In einem eigenen Appendix (74fT.) wird gezeigt, daß die Zu-

annen, ist vermutlich das Evangelium der judenchrist- sammenhänge von Ps.-Tert., Epiphanius und Filastrius in ihren

"eilen Gemeinde der ägyptischen Kirdie, und das nur Angaben über Kerinth und Eblon nicht auf eine gemeinsame

V(m f ni-u • 4 y. _ i- j _ Quelle, das Syntagma des Hippolyt, zurückgehen (so bekanntlich

°n Epiphanius genannte Evangelium der Ebioniten ge- Lipsius), sondern daß nur Epiphanius von Ps.-Tert. abhängt,

n°rt entweder zum Kreis der Verfasser der pseudocle- während Filastrius von Epiphanius zehrt, nicht aber von Ps.-

nipnt;„i u j u t, j -u i- u <nn Tert. Uber die Quelle des letzteren können wir vorläufig nichts

'■entmischen Grundschriften oder ähnlichen Kreisen (71). welter sagen, keinesfalls war es das hippolyt. syntagma.

Jnr> Hinblick auf die Aufenthaltsorte der judenchristlichen ' v8'- zur Jüngst aufgebrochenen Diskussion um die Olaub-

Giirr,„;„j , , , _ . * , .. . _ Würdigkeit dieser Nachricht M. Simon, ua migration ä Pella. Le-

^•rneinden sind, abgesehen von Beroia (Nazoräer), Perea gende ou reallte? In: RechScRel 60, 1972 s. 37-54.

^arnpsäer) und Kochabu (Ebioniten nach Euseb, von Epi- ' Uber die Elkasaiten werde Ich mich näher in meiner Darstel-

Phnni,,- -,u > j, « , _ . . , .. lung der Jüdischen Taufsekten für die Cambridge History of

* 'onius übernommen), die Angaben von Epiphanius mit judaism (Vol. 2) äußern. Einiges dazu, bes. Im Zusammenhang

«'oßer Vorsicht zu verwenden, da sie weniger auf histo- m't dem Kölner Manl-Codex, in meinem Beitrag zu den Melan-

rtlCh«. m.,„u„ „ui i . • i i_ , „ . , „, . ges Henri-Charles Pucch, Paris 1974, S. 475ff.

«-ntn Nachncliten als vielmehr auf Schlußfolgerun- .An Druckfehlern begegneten mir bei der bisherigen Benut-

w n aus der geographischen Lage der überlieferten Orte zun« nur: 253 L Eugypplus; 255,3 1. shown; 302 b, 2 1. Epiphanius,

Und ihPm__~ C|i r .«__... 7_____. . r Anac. t. 2, 30,4 (statt 3); auf S. 116 unten beginnt mit 28,1, 1-8 na-

En k an8ebhchen Verbindungen beruhen. Die auf Ulrllcn wieder der Auszug aus dem Panarion.

USeb zurückgehende Nachricht, daß die Jerusalemer Ur-
•jemeinde nach Pella floh1, ist für Epiphanius Anlaß, alle

^uenchristen im Ostjordanland anzusiedeln. Auch über U'hüon d'Alexandrie:] Lcs Oeuvres de Philou dAlexan-

"le judenchristlichen Lehren und Praktiken verhindern rie- Publies sous le patronage de l'Universite de Lyon

Wldersprüchliche Angaben in den Quellen, ein einheit- Par R Arnaldez, C. Mondesert, J. Pouilloux. 28: Quod

Bild zu geben. Der millenaristische Zug ist ihnen omnis Probus liber sit- Introduction, Texte Traduction

"ffenbar nur sekundär zugeschrieben worden (nur bei et Notes par M. Petit. Paris: tditions du Cerf 1974. 288S.

*rmth und den Ebioniten des Hieron. zu finden). Taufe 8°- ffr 89>~

q Eucharistie werden selten erwähnt. Zentrum der In der letzten Zeit ist Philo nicht nur als Religionsphi-

Sc£meinden ist die Synagoge mit einer eigenen Vorsteher- losoph und als Schriftausleger, sondern in verstärktem

! aft (so Epiph ). Gemeinsam war ihnen die Gebetsrich- Maße auch als Geschichtsquelle gewürdigt worden. Als

„ K nach Jerusalem. Oft erwähnt wird ihre Beschäfti- nach der Erschließung der Funde von Qumran deren hi-

g . K rnit den Propheten (in negativer Hinsicht nur von storische Einordnung versucht wurde, gehörte Andre Du-

Vor nius ber'ehtet!). Die Stellung zu Jesus zeigte sich pont-Sommer zu den ersten, die für eine Gleichsetzung

^ allem in einer gesetzestreuen Nachahmung seines der Gemeinschaft von Qumran mit den Essenern eintra-

Mn ^nS' 61 wurde al-s Mensch, geboren von der Jungfrau ten. Philos Schrift Quod omnis probus liber (cap .75—91)

vur'a' aufgefaßt, der zum Sohn Gottes (in der Taufe) zählt zu den wichtigsten antiken Quellen über die Esse-

fenh d'e Lenrp von der kontinuierlich-zyklischen Of- ner, die von ihm in diesem Zusammenhang gewürdigt

nitn Ung Chl 'sti wird nur von Epiphanius für die Ebio- wurden'. In dem hier anzuzeigenden Band der französi-

en und Elkasaiten berichtet (vgl. Ps.-Clem.). sehen Philo-Ausgabe (vgl. zuletzt ThLZ 100, 1975 Sp. 44)

eine Diskussion mit den Autoren über diese Ergeb- begegnet er uns als der wissenschaftliche Betreuer von

liri oinzutreten würde hier zu weit führen. Im wesent- Madeleine Petit, die ihre Bearbeitung dieses Traktates

dürfte ihnen zuzustimmen sein». Sie sind sich auch als these vorgelegt hat. Wie durchweg bei den auf diese

<C* l' daß lle nur dem Bild des Judenchristentums bei Weise zur Edition gelangten Teilen des Gesamtwerks

wirVV^ nachgegangen sind, und hierfür haben sie einen sind Einleitung (S. 17-134) und die Text und Überset-

r*lich Weiterführenden Beitrag geleistet, der die For- zung begleitenden Anmerkungen außerordentlich gründ-

u"k Ober die anderen Quellen des JudenrhriMen- lieh und informierend gehalten.